Protocol of the Session on January 29, 2020

Wir stimmen dann insgesamt über den Gesetzentwurf – Drucksache 17/10488 – ab. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke schön. Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der

SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD und der Abgeordneten Bublies-Leifert, fraktionslos, angenommen.

Wer dem Gesetz in der Schlussabstimmung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke schön. Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD und der Abgeordneten Bublies-Leifert, fraktionslos, angenommen.

Damit haben wir Punkt 6 der Tagesordnung abgeschlossen. Ich rufe nun Punkt 7 der Tagesordnung auf:

...tes Landesgesetz zur Änderung des Landesarchivgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/10671 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur – Drucksache 17/11091 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart.

Ich darf Sie noch kurz über das Ausschussverfahren informieren. Die erste Plenarberatung fand in der 94. Sitzung am 11. Dezember 2019 statt, allerdings ohne Aussprache. Das Gesetz wurde dann an den Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur – federführend – und mitberatend an den Rechtsausschuss überwiesen. Die Ausschussempfehlung lautet auf unveränderte Annahme.

Gibt es Wortmeldungen? – Die Abgeordnete Giorgina Kazungu-Haß hat sich für die SPD-Fraktion gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Landesarchivverwaltung mit dem Landeshauptarchiv in Koblenz und dem Landesarchiv in Speyer sind das Langzeitgedächtnis unseres Landes. Der eine oder andere in diesem Saal, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird dabei verstaubte Akten, vergilbte Briefe und verschwommene Schwarz-Weiß-Fotos im Kopf haben, wenn er das Wort „Archiv“ hört, und das ist auch nach wie vor ein Teil dieser Arbeit dort.

Das Ordnen von Millionen von Daten – denn nichts anderes ist dies alles schlussendlich –, um das Erinnern möglich, Verbindungen sichtbar zu machen und aus der Geschichte Schlüsse zu ziehen, ist die systemische Aufgabe der Landesarchivverwaltung.

Die Menge an Daten nimmt dabei besonders in den letzten Jahrzehnten immer weiter zu. Hinzu kommt nun auch noch die Notwendigkeit der Digitalisierung alter Bestände, die Kassettierung der Originale mitgedacht, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Archive vor ganz besonders große Herausforderungen stellen.

Wir haben dies als Haushaltsgesetzgeber gemeinsam im aktuellen Doppelhaushalt nachvollzogen und die Mittel in diesem Bereich erhöht. Den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Archiven möchte ich an dieser Stelle einen ganz besonderen Dank für ihren unermüdlichen Einsatz sagen.

(Beifall der Abg. Alexander Schweitzer und Alexander Fuhr, SPD)

Die Datenschutz-Grundverordnung soll Bürgerinnen und Bürgern vor Datenmissbrauch in der Gegenwart schützen. Schon jetzt gehen die Archive deshalb mit klaren Regeln vor, persönliche Daten dürfen oft erst viele Jahrzehnte später für die Öffentlichkeit einsehbar gemacht werden.

Um aber die Archivierung unserer Geschichte, die nun zum überwiegenden Teil digital erfolgt, weiter möglich zu machen, werden Archiven bestimmte Ausnahmeregelungen zugestanden. Von denen machen wir durch diese Gesetzesänderung dann auch Gebrauch, damit unser Langzeitgedächtnis des Landes Rheinland-Pfalz eben lückenlos bleibt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Schneid.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um die Anpassung des Landesarchivgesetzes an die Datenschutz-Grundverordnung. Logischerweise werden beim Archivieren Daten erfasst und aufgenommen. Deswegen ist die Anpassung notwendig.

Die Datenschutz-Grundverordnung, die im Mai 2018 in Kraft getreten ist, hatte, wie Sie alle wissen, große Auswirkungen auf den Umgang mit Daten, auch auf den Umgang mit der Veröffentlichung von Daten, insbesondere personenbezogenen Daten.

Daraus erschließt sich, dass es unmittelbare Auswirkungen auch auf die Archive hat, auf die Arbeit der Archive. Zweck eines Archives ist es, Daten dauerhaft zu erhalten. Dies kann man nicht gleichsetzen mit einer Datenverarbeitung in laufenden Verwaltungen. Das hatte auch der europäische Gesetzgeber schon im Blick.

Neben einer grundsätzlichen Nichtanwendung einiger Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung auf öffentliche Archive räumt Artikel 89 Abs. 3 die Möglichkeit einer Derogation für die Artikel 15, 16, 18, 19, 20 und 21 ein. Das heißt, der Gesetzgeber kann geltendes Recht durch andere Gesetze ersetzen.

Die Landesregierung macht in dem vorliegenden Gesetzentwurf von dieser Derogationsmöglichkeit Gebrauch, um die sachgerechte Arbeit der Archive weiter gewährleisten zu können.

Die vorhin genannten Artikel betreffen folgende Rechte: Artikel 15 betriffet das umfassende Auskunftsrecht betroffener Personen. Das ist bereits im Landesarchivgesetz vorhanden.

Artikel 16 ist das Recht auf Berichtigung fehlerhafter personenbezogener Daten. Das könnte zu einer verfälschten Überlieferung führen. Deswegen geht es dabei um Glaubhaftmachung und nicht um eine Änderung.

Artikel 18 – Recht auf Einschränkung der Verarbeitung personenbezogener Daten. Dafür gibt es jetzt schon dezidierte Sperrfristen.

Artikel 19 – Mitteilungspflicht bei Berichtigung oder Löschung. Das würde die Aufgabe der Archive komplett sprengen.

Artikel 20 – Recht auf Datenübertragbarkeit. Das ist generell nicht die Aufgabe von Archiven.

Artikel 21 – die Möglichkeit des Widerspruchs betroffener Personen gegen die Archivierung von Daten. Das wäre ein erheblicher Eingriff in die generelle Archivierungsarbeit.

Um in geeigneter Weise die Rechte und Freiheiten betroffener Personen zu garantieren, sind bereits in § 3 Abs. 3 Satz 2 Landesarchivgesetz personenbezogene Sperrfristen festgelegt. Das hatte ich vorhin schon erwähnt. Zum Beispiel dürfen Daten natürlicher Personen erst, wenn sie zehn Jahre tot sind, für ein Archiv genutzt und in dieses Archiv aufgenommen werden.

Der künftige § 8 a verpflichtet die Archive unmittelbar dazu, angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrnehmung der Interessen von betroffenen Personen vorzunehmen. Mit eingeschlossen ist eine Sensibilisierung der an den Verarbeitungsvorgängen Beteiligten, dass keine Daten irgendwie in irgendeiner Form missbraucht werden.

Mit den angedachten Veränderungen des Landesarchivgesetzes werden die Bestimmungen der DatenschutzGrundverordnung mit den notwendigen Regelungen des Archivierens in Einklang gebracht. Insofern glauben wir, dass die Datenschutzvorschriften ausgiebig berücksichtigt wurden. Insofern tragen wir den Gesetzentwurf mit.

Danke schön.

(Vereinzelt Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht Abgeordneter Schmidt.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen! Der römische Staatsmann Markus Tullius Cicero stellte fest – ich zitiere –: „Das Gedächtnis ist die Schatzkammer und der Bewacher von allen Dingen.“ So füge ich hinzu, Archive sind mit die wichtigsten Räume unseres gemeinschaftlichen Gedächtnisses. Angesichts dessen stimmen wir als AfD diesem Gesetz selbstverständlich zu, weil wir verhindern wollen,

dass die Datenschutz-Grundverordnung in Gänze gilt und die Archive dadurch in größte Schwierigkeiten geraten.

Die Landesarchivverwaltung hat in einer Stellungnahme betont, dass der Gesetzentwurf vollumfänglich ihre Auffassung widerspiegeln würde. Das freut uns; denn uns ist die Arbeit der Archive, wie gesagt, sehr wichtig.

Das hat meine Fraktion nicht zuletzt bei den Haushaltsberatungen gezeigt. Für den Doppelhaushalt 2017/2018 beantragten wir eine Aufstockung um 35.300 Euro für das Jahr 2017 und um 30.300 Euro für das Jahr 2018. Leider vergeblich.

Für den Doppelhaushalt 2019/2020 forderten wir dann eine Erhöhung um 50.000 Euro für das Jahr 2020. Leider erneut ohne Erfolg.

Wir haben die Mittelerhöhung gut begründet. Es besteht in diesem Bereich tatsächlich Nachholbedarf. Man bedenke nur die nach Jahrzehnten noch immer nicht aufgearbeiteten Kriegsschäden, die Sisyphusarbeit der Instandhaltung der gedruckten Bestände sowie die noch relativ neue Herkulesaufgabe der Digitalisierung.

Die im Haushalt dafür vorgesehenen Mittel müssen schrittweise ausgebaut werden. Darauf werden wir auch in den nächsten Haushaltsberatungen pochen.

Nun aber zurück zum Landesarchivgesetz. Wenn wir uns anschauen, warum dieses Gesetz überhaupt erst notwendig wurde, so kommen wir nicht umhin, deutliche Kritik zu üben. Wir hatten nämlich eine gute Regelung. Dann kommt die EU und zieht Sachen an sich, die sie nichts angeht, und schafft mit der Datenschutz-Grundverordnung ein Bürokratiemonster.

Dieses zieht dann weite Kreise, und plötzlich sehen sich Bund und Land gefordert. „Derogation“ heißt das Zauberwort. Hektisch wird versucht, eine Ausnahmeregelung zu schaffen, um wieder den Ursprungszustand herzustellen.

Die EU-Verehrer werden nun sagen, man sei sich in Brüssel von Anfang an durchaus bewusst gewesen, dass einzelne Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung für öffentliche Archive so nicht gelten können. Deshalb wurde bereits sichergestellt, dass einzelne Bestimmungen keine Anwendung finden.

Allerdings gibt es darüber hinaus auch eine KannBestimmung, das heißt, es kann die Geltung anderer Bestimmungen für Archive ausgeschlossen werden. Und da setzt unser Kritikpunkt an: Die EU hat, wie so oft, auch mit der Datenschutz-Grundverordnung weitreichende Regelungen getroffen, und um diesen massiven Eingriff abzuwehren, müssen nun die jeweils zuständigen Gesetzgeber des Mitgliedsstaates tätig werden. Das ist das Gegenteil von Subsidiarität. Aus unserer Sicht als AfD sollte die EU nur das Nötigste regeln und den Mitgliedsstaaten dann Freiräume für die weitere Ausgestaltung überlassen.

In diesem Fall aber bestimmt die EU erst einmal alles, und dann müssen die Mitgliedsstaaten schauen, wie sie sich von nicht sinnvollen Bestimmungen befreien können. – Was für eine Verschwendung von Ressourcen!

Immerhin besteht nun die Möglichkeit, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf den größten Unsinn abzuwehren. Weil die Möglichkeit einer Derogation, also einer Ausnahmeregelung, besteht, können die Artikel 15, 16, 18, 19, 20 und 21 entschärft werden. In der Begründung wird festgehalten, dass das Gesetzesvorhaben die bisherige Verwaltungspraxis in der Landesarchivverwaltung sichert.

Ich fasse zusammen: Viel Aufwand, um am Ende den Ursprungszustand zu erreichen. Das sind Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für eine immer größer werdende Bürokratie.

Danke sehr.