Protocol of the Session on November 14, 2019

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie beschimpfen die Ostdeutschen wegen ihrer Wahl! – Zurufe von der SPD – Abg. Martin Haller, SPD: Wir beschimpfen Sie, aber nicht die Ostdeutschen! – Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ich verstehe Sie nicht! Haben Sie irgendetwas im Mund? Kann das sein? – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Und Sie nichts im Kopf! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Hui, jui, jui! Was willst Du denn, Du Rechtsradikaler?)

Das sollten Sie sich einmal gut überlegen.

Herr Schmidt, aus diesem Grund haben wir vollkommen recht, wenn wir sagen, wir halten zusammen, uns ist an der Einheit aller Deutschen gelegen. Wir machen kein „wir gegen die“, sondern wir machen Vielfalt und Einheit für alle. Dabei bleiben wir auch.

(Beifall der CDU, bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Für die Landesregierung hat Staatsminister Lewentz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich habe mich am 9. November sehr gefreut. Das ist ein tolles Jubiläum für Deutschland. Wir können stolz sein über diese 30 Jahre und was gemeinsam alles in allem erreicht wurde.

Ich sage hier Dankeschön an Willy Brandt, Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)

und andere, die in den 70er- und 80er-Jahren dafür gesorgt haben, dass die Mauer, jedenfalls für einige wenige, durchlässig gewesen ist, und die die schwierige Entscheidung

zu treffen hatten, diese Menschen in den freien Westen zu holen.

Ich will den Menschen danken, die den Mut hatten, im September, Oktober und November 1989 in der ehemaligen DDR auf die Straße zu gehen, wohlwissend, dass in den Seitenstraßen Panzer und bewaffnete Kräfte standen. Das sind mutige Menschen, die die Mauer von innen aufgedrückt haben. Ich bin sehr stolz, dass das Deutsche waren, die dies für uns getan haben.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU und vereinzelt bei der AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will auch all denjenigen danken, die dann nach 1989 durch ihren Fleiß mit dazu beigetragen haben, dass diese Einheit gelingen konnte, wir den Aufbau Ost hinbekommen haben. Das war eine starke Anstrengung im Westen und im Osten unserer Republik. Uns allen, den Menschen, die diese Leistung in 30 Jahren erbracht haben, ein herzliches Dankeschön.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich in Ihrer Rede, Herr Schmidt, diese Angriffe gegen freie Presse höre, ARD-Vertreter als lustige Gesellen des Staatsfunks zu beschreiben, dann kann ich nur sagen, ich empfinde dies als ideologische und dümmliche Beschreibung eines Schreiberlings der Jungen Freiheit, dieser sogenannten Jungen Freiheit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese freie Presse ist ein starkes Wesen, und die Menschen, die in der ehemaligen DDR auf die Straße gegangen sind, haben sich eines gewünscht: eine solche freie Presse, wie wir sie haben.

(Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sender Freies Berlin!)

Auch dafür sind diese Menschen auf die Straße gegangen.

(Zuruf der Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD)

Dann ist diese Begrifflichkeit für mich auch eine übersetzte Verhöhnung der Menschen damals.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei einer der zentralen Veranstaltungen des Landes Rheinland-Pfalz hat mein Kollege aus Brandenburg den jungen Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärtern an der Hochschule der Polizei, als wir aus Anlass 30 Jahre Mauerfall vor wenigen Wochen ein Mauerteil aufgestellt haben – es waren Abgeordnete dabei –, erzählt, wie diese Zeit damals war. Er hat uns zum Beispiel erzählt, dass er ins Neue Forum eingetreten ist und seine Frau, die das auch wollte, gebeten hat, dies nicht zu tun, aus Angst, wenn es schiefgeht und sie in den Lagern landen, dann wenigstens sie noch für die Kinder da wäre und nicht auch ins Lager müsste.

(Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Ja! So war das!)

Uns muss doch keiner erzählen, wie diese Zeit damals gewesen ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es! – Abg. Michael Frisch, AfD: Die SPD hat die Wiedervereinigung gar nicht gewollt!)

Willy Brandt hat gesagt, es muss zusammenwachsen und es wächst zusammen, was zusammen gehört. Keine der ehemaligen Parteien in der Verantwortung der alten Bundesrepublik Deutschland hat einen Zweifel daran gehabt, dass Deutschland eine Einheit ist und auch wieder eine Einheit werden muss, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Das ist doch Geschichtsklitterung, was Sie hier betreiben! – Abg. Martin Haller, SPD: Na, na, na! – Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Vorsicht! – Abg. Michael Frisch, AfD: Ich habe das erlebt!)

Ich kenne überhaupt keinen – das sage ich Ihnen, weil ich lange dabei bin, 25 Jahre Mitglied in diesem Landtag bin –, der jemals einen Menschen der ehemaligen DDR als „Ausländer“ bezeichnet hätte, sondern es sind Deutsche. Es waren für uns immer Deutsche, vollkommen klar. Es gab nie eine andere Aufstellung, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Wenn ich mir die Geschichte anschaue und auch die Leistung des Landes Rheinland-Pfalz

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Herr Lafontaine!)

ich habe als Festredner mitwirken dürfen bei der Dankveranstaltung der thüringischen Landesregierung zu der Frage Verwaltungsaufbau, Aufbau unseres damaligen Partnerlandes Thüringen –, da haben viele mitgewirkt. Die kann man alle in Erinnerung rufen.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Ja!)

Man darf auch an Bernhard Vogel erinnern, natürlich, man darf an Rudi Geil erinnern in Mecklenburg-Vorpommern, man darf auch an die Regierung Rudolf Scharping erinnern, die das von hier nach Thüringen ermöglicht hat. Es war für uns eine Selbstverständlichkeit anzupacken, mitzuhelfen, dass das, was mit dem Grundgesetz in der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland sozusagen überschrieben ist, auch Wirklichkeit wird, Lebenswirklichkeit für die Menschen in der ehemaligen DDR. Dabei haben viele fleißige Menschen gepackt.

Für mich ist eines vollkommen klar: All diejenigen, die aus

der ehemaligen DDR nach Rheinland-Pfalz gekommen sind, teilweise ganz bestimmt unter sehr schwierigen persönlichen Bedingungen, sind unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger. Es sind Rheinland-Pfälzerinnen und RheinlandPfälzer, wie wir es alle sind. Meine sehr geehrten Damen und Herren, sie sind als Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer hier heimatlich geworden.

Ich kenne keine Verbände aus Rheinland-Pfalz, die sich jemals an mich als Innenminister gewandt hätten, weil sie sagen, wir vertreten Menschen der ehemaligen DDR aus Rheinland-Pfalz. Das gibt es auf Bundesebene, und dort ist es auch notwendig. Aber mich hat bisher keiner angesprochen, weil die Bürgerinnen und Bürger sich hier sehr gut aufgenommen gefühlt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen, ich bin stolz auf 30 Jahre Deutsche Einheit, und ich weiß auch, dass wir noch einige Jahre brauchen, um alles sozusagen zu vollenden, sodass auch Mauern in den Köpfen abgebaut werden, die schon zu einem guten Stück eingerissen sind. Aber die Leistungen, was Löhne betrifft, was Renten betrifft, was den Aufbau Ost betrifft und viele andere Dinge, das sind starke Leistungen, die auch hier im Westen ihre Begründung haben. Das ist ein starker Beitrag auf dem Weg, ein geeintes Deutschland zu sein und noch mehr zu werden.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Schmidt, Sie haben erneut das Wort zu einer Kurzintervention, wobei ich anmerken möchte, man könnte auch die Auffassung haben, in dieser Häufigkeit bei einer Debatte von dem Instrument der Kurzintervention Gebrauch zu machen, – – –

(Zurufe von der AfD: Was? Wie bitte? Das steht in der Geschäftsordnung!)

Ich lasse es ausdrücklich zu.

Herr Lohr, wenn Sie mich noch einmal in der Sitzungsleitung kritisieren, erhalten Sie einen Ordnungsruf. – Bitte, Herr Schmidt.

Verehrte Kollegen, Herr Minister! Ich fand jetzt andere Dinge grenzwertig. Ich will darauf hinweisen, dass Sie doch nicht richtig zugehört haben.

Also, die lustigen Gesellen vom Staatsfunk war ein Zitat von Herrn Klonovsky, und das hat sehr wohl eine Berechtigung gehabt, weil er auf die Parallelisierung rund um den Jahrestag des Mauerfalls im August hingewiesen hat,

(Staatsminister Roger Lewentz: Sie haben sich das doch zu eigen gemacht!)

wo die innerdeutsche Grenze gleichgesetzt wurde mit anderen Grenzen, und dass dies in keiner Weise angemes

sen ist, und er hat in dem Zusammenhang zu Recht davon gesprochen.

Ich möchte mit Ihnen auch noch einmal über die Frage sprechen, die ich beim letzten Mal schon aufgeworfen habe. Sie betreiben schon Geschichtsglitterung, wenn Sie jetzt so tun, als ob Ihre Partei direkt vor dem Mauerfall immer für diese Wiedervereinigung gewesen wäre.

(Staatsminister Roger Lewentz: Was denn sonst?)