Protocol of the Session on October 23, 2019

Ich bin selbst in Ludwigshafen aufgewachsen. Ich kenne Wahlbeteiligungen. Diese können regional sehr unterschiedlich sein. Wir haben es – das wissen Sie auch –, gerade wenn es darum geht, eine neue Bürgermeisterin oder einen neuen Bürgermeister zu wählen, mit Wahlbeteiligungen von etwa 10 % zu tun. Das gilt vor allem dann, wenn es um die Stichwahl geht.

(Abg. Bernhard Henter, CDU: Das stimmt doch nicht!)

Alle Parteien haben dabei quer durch die Bank das Problem zu mobilisieren und im Wahlkampf für den Stichtag noch einmal klarzumachen bzw. entsprechend dafür zu sorgen, dass Wählerinnen und Wähler an die Urnen gehen.

Ich möchte es noch einmal unterstreichen. Eine niedrige Wahlbeteiligung darf uns nie kaltlassen, sondern wir müssen alles unternehmen – das gilt nicht nur für die Beiratswahlen, sondern für alle andere Wahlen –, um viele zu mobilisieren.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Das ist doch nicht unsere Verantwortung, dass die Menschen nicht zur Wahl gehen!)

Natürlich ist das unser aller Verantwortung. Das ist doch vollkommen klar. Wir sollten alles dafür tun, dass wir eine hohe Wahlbeteiligung haben.

Das ist etwas, was in einer Demokratie entscheidend ist, nämlich dass wir es schaffen, über Mobilisierung dafür zu sorgen, dass möglichst viele Menschen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen.

Damit ist die Anfrage beantwortet, vielen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben ein kleines technisches Problem mit dem Livestream, der Untertitelung und vielem anderen. Das macht es erforderlich, dass wir die gesamte Anlage – das betrifft auch die Mikrofonanlage – neu starten. Wir gehen davon aus, dass dies in 5 Minuten abgeschlossen sein wird. Wir werden die Sitzung für 5 Minuten unterbrechen. Um 11:10 Uhr folgt die Fortsetzung mit laufender technischer Anlage. Dann startet die Aktuelle Debatte.

(Die Sitzung wird von 11:02 Uhr bis 11:11 Uhr unterbrochen)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir fahren mit der Sitzung fort. Erfreulicherweise vernehmen wir, dass die Mikrofonanlage funktioniert.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:

AKTUELLE DEBATTE

Alarmierender Waldzustand: Schützen, was uns schützt auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/10344 –

Ich erteile dem Abgeordneten Hartenfels das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schade, dass durch die Pause zu dem Thema „Wald“ das Plenum halb leergefegt ist. Nichtsdestotrotz hat der eine oder die andere von Ihnen Anfang der Woche in der RHEINPFALZ folgende Headline gelesen: Es sieht grauenhaft aus. – Das ist kein grünes Zitat, sondern ein Zitat von Herrn Teuber, Revierförster in Dannenfels.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD – Weitere Zurufe von der AfD – Glocke des Präsidenten)

Die Zwischenrufe vom Paul sind immer wieder sehr lehrreich.

(Zuruf von der AfD: „Herr“! So viel Zeit muss sein!)

Man hat noch keinen Satz formuliert, da kommt schon der erste Zwischenruf.

Von Herrn Teuber, Revierförster in Dannenfels, stammt dieses Zitat. Im Donnersbergbereich haben wir diese Situation. Er ist sich nicht zu schade zu sagen, dass es ihm zum Heulen ist. Wir haben die Situation mit Waldbildern,

bei denen nicht nur die Fichte betroffen ist. Es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass die Fichte massiv vom Waldsterben und Klimawandel betroffen ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Seit 2018 haben wir etwa 2 Millionen Kubikmeter Schadholz allein in diesem Bereich zu verzeichnen.

Herr Teuber weist auf die Situation hin, dass jetzt zunehmend Eichen betroffen sind.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Herr Baldauf, hören Sie doch ein bisschen zu. Ich habe bisher gedacht, der Wald liegt Ihnen am Herzen.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Das haben Sie mir aber nicht zu sagen, oder? – Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Wir haben die Situation, dass wir bei den Eichen- und Buchenbeständen massive Schäden bekommen. Innerhalb von wenigen Wochen sterben bei den von Trockenheit gefährdeten Standorten diese Baumarten weg. Wir hatten gedacht, dass diese deutlich stabiler sind, und zwar deutlich stabiler als die Fichte.

Bei einer Begehung, die ich mit Herrn Dr. Braun im Bopparder Wald gemacht habe – dort hat uns der Forstamtsleiter von Boppard, Herr Henke, herumgeführt –, hat er uns gezielt Waldbilder von alten Buchenbeständen, 100 bis 120 Jahre alt, gezeigt, die innerhalb von sechs bis acht Wochen abgestorben sind. Das ist ökologisch eine Katastrophe. Das ist aber auch ökonomisch eine Katastrophe. An solch einer alten Buche haben drei Förstergenerationen gearbeitet. Wenn man sich das ökonomisch anschaut, dann sind von einer solchen Buche nicht mehr 150 Euro je Festmeter zu erwarten, sondern – darauf hat Herr Henke hingewiesen – bestenfalls 40 bis 50 Euro für den Festmeter. Ökonomisch bekommen wir hier große Probleme.

Vor dem Hintergrund, dass der Wald aktuell so in die Knie geht und wir froh sein können, dass wir hoffentlich sechs/sieben feuchte Jahre bekommen werden, damit der Wald eine kurze Atempause bekommt, haben uns die Gespräche mit der Försterschaft, mit den Frauen und Männern, deutlich gemacht, wir brauchen massive Unterstützung in zwei Bereichen. Das sind einmal die Politik, Bundes- und Landespolitik, also die öffentlichen Mittel.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: 500 Millionen Euro!)

Auf der einen Seite brauchen wir nämlich einen nachhaltigen Waldumbau.

Was meine ich mit der Aussage, öffentliche Mittel? Wir sind froh, dass der Bund 480 Millionen Euro bereitgestellt hat. Dazu kommen 320 Millionen Euro vonseiten der Länder. Wir sind froh, dass es diesen Feuerwehrtopf, so will ich ihn einmal nennen, für die nächsten vier Jahre gibt und wir die Unterstützung bekommen, um vor allem die vorhandenen Schadholzbestände aus dem Wald zu bekommen und halbwegs sinnvoll aufbereiten zu können. Zum anderen bekommen wir damit die Chance, wieder den Wald im

Bestand neu zu begründen. Ich sage Feuerwehrtopf dazu, weil es vorwiegend Maßnahmen sind, um mit der aktuellen Schadsituation klarzukommen.

Wir brauchen aber – ich habe darauf hingewiesen, dass der Holzertrag in den nächsten Jahren nicht die Einnahmen bringen wird, wie wir sie erwarten –,

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Das haben Sie auch schon erkannt?)

um das gegenzufinanzieren, einen Waldklimafonds auf Bundesebene. Wir brauchen da natürlich sehr stark eine nationale Unterstützung. Aus der Sicht der Grünen bräuchten wir in einem Waldklimafonds im Prinzip 1 Milliarde Euro für die nächsten fünf Jahre, um mit diesen öffentlichen Mitteln deutlich zu machen, in welcher Notsituation sich der Wald befindet und dass das keine kurzfristige Geschichte ist, sondern wir mittelfristig den Waldumbau hinbekommen müssen.

Damit bin ich bei der zweiten Seite der Medaille, beim nachhaltigen Waldumbau. In Rheinland-Pfalz sind wir Gott sei Dank schon lange in dieser Richtung unterwegs. Wir haben die flächendeckende FSC-Zertifizierung in Landesforsten. Wir sind da auch im Ländervergleich sehr, sehr gut aufgestellt. Inzwischen haben wir schon bis zu 90 % Mischwaldbestände. Es muss aber natürlich weitergehen, um mit diesen Herausforderungen klarzukommen.

Deshalb bin ich froh, dass wir schon vor der Sommerpause über die Walderklärung gemeinsam mit den Kommunen und Privatwaldbesitzern Leitplanken festgelegt haben, über die wir reden müssen. Über sie müssen wir im politischen Raum reden, weil uns die Forstwirtschaft hier als Partner braucht. Da geht es natürlich um die Naturverjüngung. Da geht es um eine deutlich intensivere Bejagung, weil unsere Wildbestände viel zu hoch sind, um eine vernünftige Naturverjüngung hinzubekommen.

Wir brauchen über den Finanzbereich auch einen neuen Blick auf die Personalsituation. Wir müssen überprüfen, ob das Personal bei Landesforsten im Jahr 2020 noch ausreicht, um das zu bewältigen, was aktuell im Raum steht. Wir brauchen natürlich auch im Forschungsbereich deutlich mehr Finanzmittel, um den Fragen nachzugehen, welche Baumarten in Zukunft klimafest und klimarelevant angepflanzt werden können, um den Stresssituationen zumindest ein Stück weit begegnen zu können.

Alles Weitere dann in der zweiten Runde.

Schönen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Steinbach.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Forstwirtschaft ist praktischer Klimaschutz. Das

sage ich in unserem Land Rheinland-Pfalz, das relativ gesehen das waldreichste Bundesland ist; denn 42 % unserer Landesfläche, sagenhafte 840.000 Hektar, sind mit Wald bedeckt.

Unsere Landesforstverwaltung ist glücklicherweise auf nahezu der gesamten Fläche tätig. Landesforsten bewirtschaftet unsere eigenen Wälder und ist Dienstleister für die Bewirtschaftung des kommunalen Waldes sowie für die Betreuung des privaten Waldeigentums und hat die hoheitliche Aufsicht.

Rheinland-Pfalz war allerdings nicht immer so stark bewaldet. Blicken wir in den Jahrhunderten zurück, dann sehen wir Ende des 18. Jahrhunderts einen nahezu zerstörten, kahlgeschlagenen Wald. Aus den Erfahrungen von damals hat sich die heutige Forstwirtschaft entwickelt, aus denen sich auch der Begriff der Nachhaltigkeit ableiten lässt. Das ist ein sehr prominenter Begriff, der gerade in der Diskussion um Klima- und Umweltschutz sehr häufig nachhaltig – wie durch den Namen geprägt – Verwendung findet.

Nachhaltigkeit bedeutet nämlich, dass alle Erzeugnisse und Leistungen des Waldes, wie beispielsweise das Holz, auch künftigen Generationen in gleichem Umfang und in gleicher Menge und Qualität zur Verfügung stehen sollen, der Wald in seinem Bestand geschützt wird und nicht mehr entnommen wird als nachwächst. Um dieses Ziel zu erreichen, baut Landesforsten verstärkt auf klimastabile Mischwälder und bewirtschaftet diese naturnah. Das heißt, dass Baumarten gefördert werden, die dem Klima angepasst sind und auf den vorhandenen Böden gut wachsen. Diese Leistungsbeschreibung der Forstverwaltung ist allerdings nicht erst in den zurückliegenden beiden Kalamitätsjahren entstanden, sondern gilt bereits seit vielen Jahrzehnten.