Protocol of the Session on September 19, 2019

Herr Paul, weil Sie Zahlen genannt haben, was die Übertrittsquote anbelangt, will ich das von dieser Stelle aus sagen: Meine Damen und Herren, im Schuljahr 2018/2019 sind 42,5 % und nicht 60 % der Schülerinnen und Schüler nach der 4. Klasse auf ein Gymnasium gegangen, 31,7 % auf eine Realschule plus – die Schulart, die Sie abschaffen wollen – und 17,4 % auf eine IGS. Die Schülerinnen und Schüler, die auf eine IGS gehen, machen nicht alle Abitur. Da sind auch andere dabei. Ich wollte es einfach zu Beginn noch einmal klarstellen.

(Zuruf von der SPD: Die Fakten!)

In erster Linie geht es hier um die Realschulen plus. Das war im Hohen Hause schon mehrmals Thema. Das ist eine Schulart, die Sie abschaffen wollen. Ich sage Ihnen, die Realschulen plus sind eine tragende Säule unseres Schulsystems.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will ausdrücklich den über 7.000 Lehrkräften Danke sagen, die an dieser Schulart jeden Tag engagierte und gute Arbeit leisten. Ich will den Eltern Danke sagen, die dieser Schulart vertrauen und ihre Kinder dorthin schicken. Sie haben die Diskussion, die Sie führen, nicht verdient.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will noch einmal auf den Tagesordnungspunkt 12 zurückkommen. Er hat mit dieser Diskussion zu tun. Das kommt auch in Ihrem Antrag vor. Es geht um Berufs- und Studienorientierung.

Die Landesregierung will die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung. Wir wollen und werben alle für die duale Ausbildung. Ich glaube, Frau BlatzheimRoegler hat es gesagt, duale Ausbildung und Studium gegeneinander auszuspielen, führt nicht weiter, weil wir beides brauchen. Deshalb werben wir für die duale Ausbildung auch im Rahmen unserer Berufs- und Studienorien

tierung, die bundesweit beispielhaft ist.

Meine Damen und Herren – auch das kam in Ihren Beiträgen nicht vor –, Sie wollen nicht nur die Realschulen plus abschaffen, sondern gleichzeitig auch die Fachoberschulen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Die Beiträge waren eine Zumutung!)

Auch die brauchen wir für unsere Fachkräftesicherung gerade im ländlichen Raum, für den Sie sich immer so einsetzen.

Insgesamt kann ich wirklich nur bestätigen: Wir brauchen keine rückwärtsgewandte Debatte – die führen Sie nämlich –,

(Abg. Martin Haller, SPD: Mittelalter!)

sondern wir setzen auf individuelle Förderung,

(Abg. Uwe Junge, AfD: Mittelalter?)

auf Durchlässigkeit und auf die Aufstiegsorientierung,

(Abg. Martin Haller, SPD: Stände und Zünfte, das ist Euer Thema!)

damit jede Schülerin und jeder Schüler den Weg findet, der zu ihm passt. Das ist unser Anspruch. Im Bildungsmonitor 2019 haben wir gesehen, dass uns das in RheinlandPfalz sehr gut gelingt. Auch darauf wurde heute schon hingewiesen.

Ich muss auch noch etwas zur verbindlichen Schullaufbahnempfehlung sagen, meine Damen und Herren. In Rheinland-Pfalz haben wir diese seit nunmehr 26 Jahren. Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht, weil niemand besser als die Eltern weiß, welche weiterführende Schule für ihr Kind infrage kommt. Die Eltern treffen diese Entscheidung sehr verantwortungsbewusst, und zwar nach einer intensiven Beratung durch die Grundschulen. Wir wollen, dass das weiter so gehandhabt wird.

Sie verweisen auf das Beispiel in Bayern. Dazu sage ich Ihnen, schauen Sie sich die Studie von Professor Reinders aus dem Jahr 2015 an, der nachgewiesen hat, dass diese Verbindlichkeit bei den Grundschülerinnen und Grundschülern in Bayern zu einer großen Stressbelastung führt. Das wollen wir nicht.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Ich habe mir die Ergebnisse der Bildungspolitik in Bayern angeschaut!)

Meine Damen und Herren, wir wollen, dass sich unsere Schulen weiterentwickeln und noch besser werden. Dafür stehen wir, aber dazu brauchen wir auch zukunftsfähige Konzepte und keine bildungspolitische Rolle rückwärts; denn das genau ist Ihr Antrag. Deshalb kann ich Ihnen nur empfehlen, lehnen Sie diesen Antrag ab.

(Abg. Jens Guth, SPD: Mit Sicherheit!)

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für eine weitere Kurzintervention auf die Ausführungen von Herrn Staatssekretär Beckmann hat sich Herr Abgeordneter Paul gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

(Abg. Michael Hüttner, SPD: So, jetzt hören wir etwas über die IGS!)

Vielen Dank für das erteilte Wort. – Herr Beckmann, dazu zwei Bemerkungen. Den größten Stress verursachen Sie bei Schülern, die an einer Schule sind und dort nicht mitkommen,

(Beifall der AfD)

die da sein müssen, weil die Eltern wollen, dass das Kind auf die Hochschule geht, um im Freundeskreis renommieren zu können – das werden Sie jetzt wieder mit höhnischem Lachen quittieren oder vielleicht auch nicht –, bei denen aber eigentlich eine andere Begabung und Neigung vorliegt. Diese Kinder stehen unter Stress. Diese Kinder sind unglücklich, weil sie haptisch und praktisch begabt sind.

Sie können einen Widerspruch nicht auflösen: Fakt ist, dass wir einen Nachwuchsmangel in der dualen Ausbildung haben und die Zukunft der dualen Ausbildung auf dem Spiel steht, weil sich nicht mehr genügend Auszubildende bewerben und in die Arbeitsprozesse integriert werden können. Wir haben aber eine Rekordhöhe an Einschreibungen. Meines Erachtens kann man nicht über beides als gute Ergebnisse jubilieren und sie gutheißen, sondern man muss überlegen, ob es hier nicht eine Fehlsteuerung in der Gesellschaft gibt.

Wir wissen, dass an der Universität – Sie können sich dieser Realität nicht dauernd verweigern – viele sind, die zwar de facto eine Hochschulzugangsberechtigung haben, die aber nicht die Hochschulreife haben, wie es vorher hieß. Sie müssen mit Kursen aufgefangen werden. Fragen Sie Dozenten an der Universität, die oft sagen, dort gibt es viele Leute, die es gut meinen, die aber nicht das dafür notwendige Rüstzeug mitbringen. Wie viele Meister und Tüftler verlieren wir, weil Verlegenheitsstudien ergriffen werden?

Schauen Sie sich die Patentanmeldungen an. Das ist auch immer ein Zeichen dafür, ob das Haptisch-Praktische in der Gesellschaft wertgeschätzt wird und zur Innovation beiträgt. Da muss ich Ihnen einfach sagen, in dem Punkt geht Deutschland einen schweren Gang in der Auseinandersetzung mit anderen Wirtschaftsmächten.

Wir brauchen nicht mehr Akademiker. Das war falsch, das ist immer noch falsch, und das wird auch in Zukunft falsch sein.

(Abg. Martin Haller, SPD: Grundlegend nicht verstanden!)

Sie sollten sich da umorientieren.

(Beifall der AfD)

Für eine Erwiderung auf die Kurzintervention erteile dem Staatssekretär Beckmann das Wort.

Herr Paul, Sie stellen ein Modell vor, das von Trennung und Sortierung ausgeht.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Nein!)

Unsere Integrierten Gesamtschulen gehen einen anderen pädagogischen Weg. Ich habe gebeten, dass Sie im Zuge Ihrer Kurzintervention zur Integrierten Gesamtschule eine Aussage machen. Die habe ich vermisst.

(Abg. Martin Haller, SPD: Kann er aber nicht! Nichts druff! Kein Fett auf der Kett’!)

Sie sollten der Öffentlichkeit sagen, ob Sie nicht nur die Realschule plus, sondern eventuell auch die Integrierten Gesamtschulen abschaffen wollen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag.

Wer dem Antrag der AfD-Fraktion – Drucksache 17/10036 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Für Enthaltungen keinen Raum. Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:

Staus vermeiden – 24-Stunden-Baustellen nutzen Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/10040 –

dazu: Schneller bauen – Staus vermeiden Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der AfD – Drucksache 17/10080 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Zur Begründung des Antrags der CDU erteile ich der Abgeordneten Wieland das Wort. Bitte schön.