Protocol of the Session on September 19, 2019

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es freut mich, dass sich in den letzten Jahren bei diesem Thema viel getan hat. Es freut mich, dass nicht mehr allein die Laufbahn des Akademikers oder der Akademikerin gesellschaftliche Achtung genießt, sondern dies mehr und mehr auch für die beruflichen Ausbildungen gilt. Meine Damen und Herren, eines ist sicher: Egal an welcher Stelle junge Menschen sich und ihre Talente in die Gesellschaft einbringen möchten, wir brauchen sie alle und sollten es ihnen so leicht wie möglich machen, ihren Berufsweg, der letztendlich auch ein Lebensweg ist, zu verfolgen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Aufgrund der Redezeit der Regierung würden den Fraktionen noch 1,5 Minuten zustehen. Ich sehe aber keine Wortmeldungen.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst ab über den Antrag der CDU-Fraktion „Berufliche Bildung gleichstellen – Gebühren für Meister-, Fachwirt-, Technikerausbildung streichen“– Drucksache 17/9201 –. Die Ausschussempfehlung lautet auf Ablehnung. Wer stimmt dem Antrag zu? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der CDU-Fraktion mit den Stimmen der SPD, der AfD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Völlig unverständlich!)

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen „Berufliche Fortbildung als gleichwertige Alternative zum ersten akademischen Abschluss“ – Drucksache 17/9224 –. Die Ausschussempfehlung lautet auf Annahme. Wer dem Antrag zustimmt, den darf ich um das Handzeichen bitten! – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Koalitionsfraktionen mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD angenommen.

Wir kommen dann zur Abstimmung über den Alternativantrag der AfD-Fraktion „Kostenfreie Meisterausbildung und Aufstiegsfortbildung sofort umsetzen“ – Drucksache 17/10054 –. Wer dem Antrag zustimmt, den darf ich um das Handzeichen bitten! – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Wir kommen damit zu Punkt 13 der Tagesordnung:

Geburtshilfe und Hebammen in Rheinland-Pfalz stärken Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/10039 –

dazu: Gemeinsam für Geburtshilfe und Hebammen in Rheinland-Pfalz Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU – Drucksache 17/10093 –

Für die antragstellenden Fraktionen spricht die Abgeordnete Binz.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein guter Start ins Babyleben, ein guter Start ins Familienleben, ob mit dem ersten Kind oder einem Ge

schwisterkind: Das ist es, was sich alle Familien wünschen und was gesellschaftlich richtig und notwendig ist.

Dazu gehört insbesondere eine gute gesundheitliche Versorgung in der Schwangerschaft, während der Geburt und im Wochenbett. Ganz grundsätzlich ist das System der Geburtshilfe und Schwangerschaftsvor- und -nachsorge in Deutschland sehr gut geregelt. Dieses System gerät aber momentan in eine bedrohliche Schieflage. Das liegt vor allen Dingen an den Schließungen von Geburtshilfestationen in den letzten Jahren sowie am Fachkräftemangel bei den Hebammen aufgrund immer schlechterer Arbeitsbedingungen sowohl für freiberufliche als auch angestellte Hebammen.

Folgender Verlauf einer Schwangerschaft ist leider heute bereits Realität: Eine Frau in der 13. Schwangerschaftswoche findet keine Hebamme mehr, die Zeit hätte, sie während der Schwangerschaft und im Wochenbett zu betreuen. Von einer Beleghebamme, die sie persönlich während der Geburt betreut, ist nur zu träumen. Viele Hebammenpraxen geben auf ihrer Homepage an, ab wann sie wieder freie Kapazitäten haben. Oftmals liegen diese Daten bereits acht oder neun Monate in der Zukunft. Daran sieht man, wie früh man sich heute um eine Hebammenbetreuung kümmern muss, um überhaupt eine Chance zu haben.

Dabei ist es im Übrigen vollkommen unerheblich, ob man auf dem Land oder in der Stadt lebt. Ein Krankenhaus mit Geburtsstation für diese beispielhafte Schwangere ist eventuell weit weg und bei Problemen in der Schwangerschaft zu Zeiten, wenn der Gynäkologe zu hat, nur umständlich zu erreichen.

Das führt am Ende eventuell zu einer verfrühten stationären Aufnahme der Schwangeren, eventuell auch zu einer Geburtseinleitung und weiteren, darauf folgenden Interventionen. Wir wissen aus Studien, dass frühe stationäre Aufnahmen öfter zu einem Kaiserschnitt oder anderen Interventionen führen.

Die Geburt dieser Schwangeren findet dann eventuell statt, wenn in den Kreißsälen Hochbetrieb herrscht. Daher gibt es nur eine mangelnde Begleitung im Kreißsaal durch eine Hebamme. Von der eigentlich wünschenswerten Einszu-eins-Betreuung während der Geburt sind wir in den meisten Fällen weit entfernt.

Laut einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags geben viele Hebammen an, meistens zwei bis zu vier Frauen gleichzeitig zu betreuen und noch dazu mit Aufgaben wie Reinigungstätigkeiten belastet zu werden, wodurch ihnen Zeit für ihre eigentliche geburtshilfliche Arbeit fehlt.

Die beispielhafte Frau und ihr Partner fühlen sich dann während der Geburt alleingelassen. Die Geburt ihres Kindes wird so zu keinem Erlebnis, an das sie sich später besonders gerne erinnern. Nach der Geburt folgt die Entlassung aus dem Krankenhaus ohne Wochenbettbetreuung. Bei Problemen, beispielsweise beim Stillen, ist die junge Familie auf sich selbst gestellt.

Dieses Beispiel zeigt, wir müssen Zweierlei tun. Wir müssen unsere Möglichkeiten hier im Land nutzen, um das

Netz an Geburtshilfestationen zu erhalten, und wir müssen unsere Möglichkeiten im Land nutzen, um Maßnahmen zu ergreifen, um für die Hebammen bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Das liegt aber nicht nur in unserer Hand. Die Finanzierung des Personals beispielsweise liegt auf Bundesebene. Es wäre zum Beispiel richtig gewesen – und es bleibt weiterhin richtig –, die Hebammen auch in das PflegepersonalStärkungsgesetz aufzunehmen, damit mehr Hebammen von den Krankenhäusern angestellt werden können, die Arbeitsdichte damit abnimmt und gleichzeitig die Betreuung von Frauen während der Geburt besser wird. Somit würde die Arbeit im Kreißsaal für Hebammen wieder attraktiver.

Beim Sicherstellungszuschlag muss nachgebessert werden, wenn wir nicht in absehbarer Zeit wieder das Problem haben wollen, dass die Hebammen vor steigenden Haftpflichtprämien kapitulieren und den Beruf aufgeben. Um attraktivere Arbeitsbedingungen für Hebammen in Krankenhäusern zu schaffen, wollen wir auf Landesebene die Einrichtung von Hebammenkreißsälen fordern. In einem Hebammenkreißsaal findet die Geburt unter der Leitung der Hebamme und nicht der Ärzte statt. Da sich ein Hebammenkreißsaal aber räumlich in einer Klinik befindet, ist es in notwendigen Fällen immer möglich, Ärzte hinzuzuziehen.

Hebammenkreißsäle sind damit nicht nur ein attraktives Arbeitsumfeld für Hebammen, sie stärken auch die Selbstbestimmung der Frau. Sie führen zu weniger unnötigen medizinischen Eingriffen bis hin zu einer Senkung der Kaiserschnittrate.

Die Ausbildung der Hebammen ist leider ebenfalls eine vom Bund länger versäumte Baustelle. Die von den Berufsverbänden lange geforderte und durch EU-Recht notwendige Akademisierung muss jetzt schnell umgesetzt werden. Dazu gehört auch die Umstellung unserer bereits existierenden Studiengänge in Rheinland-Pfalz, welche bereits im Gange ist. Wichtig hierbei ist natürlich, dass wir landesweit am Ende so viele primärqualifizierende Studienplätze haben wie bislang Ausbildungskapazitäten.

Das alles sind Maßnahmen, die wir mit unserem Antrag vorschlagen und angehen wollen. Geboren mit der Hilfe einer Hebamme: Dieses Privileg hat wohl jeder hier im Raum gehabt. Setzen wir uns gemeinsam dafür ein, dass alle Kinder in Rheinland-Pfalz auch weiterhin diese Möglichkeit haben.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Brandl das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns ist ein technischer Fehler passiert. Deshalb ist im Moment unser

Alternativantrag in der Zuleitung. Es tut uns leid, er wird jetzt verteilt. Wenn er bis zum Ende der Debatte verteilt ist, gilt er als eingereicht. Der Kollege Gensch wird auf die Inhalte eingehen. Das wollte ich einfach zu Beginn der Debatte sagen. Das war ein technischer Fehler, aber der Antrag ist in der Zuleitung.

(Zuruf von der SPD: Passiert, macht nichts!)

Es ist unbestreitbar möglich. Notfalls muss er verlesen werden, wenn es technisch nicht funktioniert.

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Christoph Gensch das Wort.

Ich danke Ihnen, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir diskutieren heute die Anträge der Regierungsfraktionen und unseren Alternativantrag, was die Geburtshilfe und die Situation der Hebammen in Rheinland-Pfalz angeht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will einen anderen Schwerpunkt wählen als Frau Binz und Ihnen noch einmal die Ziele des Landeskrankenhausgesetzes vor Augen führen. Dort steht, dass eine qualitativ hochwertige patienten- und bedarfsgerechte sowie wohnortnahe Versorgung mit leistungsfähigen, qualitativ hochwertigen und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern sicherzustellen ist.

Die Gewährleistung der Versorgung mit Krankenhäusern ist eine öffentliche Aufgabe des Landes, der Landkreise und der kreisfreien Städte. Eine ausreichende Investitionsfinanzierung gehört gerade hinsichtlich der Sicherung von Geburtshilfestandorten zu den primären Pflichten des Landes.

(Beifall bei der CDU)

Dieser Verpflichtung kommen Sie seit vielen Jahren nicht nach. Eine Konsequenz dieser fehlerhaften Politik ist, dass eine Geburtsstation nach der anderen geschlossen wird, alleine seit dem letzten Landeskrankenhausplan 17 Geburtsstationen, aktuell haben wir noch 32.

Sie verkennen bei all Ihren Punkten im Antrag, Ihren Feststellungen, Ihren Forderungen das zugrunde liegende Problem. Das ist, wie schon in den letzten Jahren häufiger thematisiert, die desaströse Finanzlage der rheinlandpfälzischen Krankenhäuser, maßgeblich bedingt durch eine mangelhafte Krankenhausinvestitionsförderung.

(Beifall der CDU und der Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD)

Sie bringen die Kliniken in existenzielle Nöte und fördern dadurch bedingte Fehlentwicklungen. Diese Fehlentwicklungen lassen sich ganz klar aufzeigen. Es sind die Querfinanzierungen von Investitionen aus dem operativen Geschäft heraus, weil die Investitionen unzureichend sind.

Es gibt einen immensen Sanierungsstau der rheinlandpfälzischen Kliniken, den die Krankenkassen vor wenigen Jahren mit über eine halbe Milliarde Euro quantifiziert haben.

Sie bemerken auch in Rheinland-Pfalz, dass sich immer mehr Krankenhäuser von medizinischen Abteilungen trennen, wenn sie nicht mehr rentabel sind, auch wenn sie einen wichtigen Beitrag zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung geleistet haben, weil sie unter Umständen das Gesamtklinikum gefährden.

Finanzspielräume, um auch Abteilungen zu finanzieren, die keine Cashcow darstellen, um das einmal so salopp zu formulieren, fehlen komplett. Das gilt, meine Damen und Herren – deswegen merken wir das in diesem Bereich wie in keinem anderen –, insbesondere für die betriebswirtschaftlich oft schwierig zu führende Gynäkologie und Geburtshilfeabteilung. Sie haben durch eine ausreichende Krankenhausinvestitionsförderung dafür zu sorgen, den Krankenhäusern die Handlungsspielräume zur Weiterführung ihrer medizinischen Fachabteilungen zu geben.

(Beifall der CDU)

Diese Unterversorgung treibt zum Teil seltsame Blüten. Wir haben in Rheinland-Pfalz in Krankenhäusern keine Unterversorgung von Kassenpatienten, sondern durch diese mangelnde und desaströse Finanzlage eine Überversorgung von Privatpatienten. Früher sind Sie ins Krankenhaus gegangen, da durften Sie einem Chefarzt die Hand geben. Heute müssen Sie drei Chefärzten die Hand geben, wenn Sie als Privatpatient in ein Krankenhaus kommen.

Wenn Sie als Privatpatient aus einem rheinlandpfälzischen Krankenhaus kommen, dann haben Sie oftmals mehr Untersuchungen erhalten, als Sie überhaupt Organe im Körper haben.