Viertens, wir regen an, den untauglichen Notbehelf der Brückenkurse schnellstmöglich wieder abzuschaffen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Schmidt, Sie führen hier einmal wieder eine Diskussion aus der Vergangenheit.
Das sieht man an Ihrer Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, wenn Rheinland-Pfalz aus dem Bologna-Prozess aussteigen würde.Der Bologna-Prozess läuft seit mittlerweile gut 20 Jahren,
und die Umsetzung seines strukturellen Kernstücks – die zweistufige Studienstruktur von Bachelor und Master – ist mittlerweile eigentlich überall dort, wo es geplant war, schon umgesetzt.
Ja, der Bologna-Prozess hat in der breiten Öffentlichkeit auch heute immer noch mit Vorbehalten zu kämpfen, die
in erster Linie daher rühren, dass man zu Beginn der Einführung der Abschlüsse Bachelor und Master vor allen Dingen in Deutschland mit guter deutscher Gründlichkeit die Studiengänge so dermaßen „verregelt“ hat, dass sie kaum noch studierfähig waren. Aber das ist schon längst korrigiert worden, und auch diese Korrektur ist bereits zehn Jahre her. Sie kommen mit Ihrer Kritik also deutlich zu spät.
Ein Ausstieg aus dem so geschaffenen europäischen Hochschulraum, an dem 48 Länder von Portugal bis Russland beteiligt sind, wäre ein Rückschritt und ein Schritt in die internationale akademische Isolation.
Doch damit nicht genug. Auch Ihre Frage nach der Abschaffung des Kapazitätswesens zeigt, dass es Sie in noch weiter zurückliegende Zeiten drängt. Die Abschaffung der Kapazitätsverordnung wäre nicht nur verfassungswidrig, sondern auch ein Rückschritt in die Zeiten vor dem NCUrteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1972. Sie wollen also zurück in die 60er-Jahre, in die Zeit vor den sozialliberalen Bildungsreformen, in die Zeit, als die Universitäten noch einer kleinen gesellschaftlichen Elite vorbehalten waren und Bildungsaufstieg in Deutschland eigentlich so gut wie gar nicht möglich war.
Unser Hochschulsystem hat sich in den letzten Jahrzehnten international, aber auch der Gesellschaft geöffnet und ist durchlässiger geworden. Insbesondere das Land Rheinland-Pfalz ist schon seit langer Zeit ein Vorreiter in Bezug auf Durchlässigkeit, angefangen von der gebührenfreien Bildung ab der Kita bis hin zu den Möglichkeiten des Studiums für beruflich Qualifizierte.
Ihnen geht es in Ihrer Großen Anfrage vordergründig um die Brückenkurse, also um Kurse, die an den Hochschulen zu Studienbeginn angeboten werden, um alle Studienanfänger auf ein fachlich gleiches Niveau zu bringen. Wir wissen seit Jahren aus der Bildungsforschung, dass eine gute Orientierung, Beratung und Unterstützung gerade in der Studieneingangsphase wichtig für den späteren Studienerfolg ist. Angebote wie Brückenkurse sind also gute Projekte, um Studierende zu unterstützen.
Ich muss sagen, es ist auch keine Schande, einen Brückenkurs in Anspruch zu nehmen. Fachlicher Nachholbedarf
bei Teilen der Studieninhalte spricht nicht gegen den späteren Studienerfolg. Es wäre doch absurd, wenn wir im Landtag einerseits seit Monaten über eine Landarztquote diskutieren und uns einig sind, dass es sinnvoll sein kann, auch jungen Menschen das Studium zu ermöglichen, die den NC nicht geschafft haben, andererseits aber diejenigen, die einen Brückenkurs in Anspruch nehmen, als für ein Studium unqualifiziert darstellen.
Sie führen hier in diesem Hause immer und immer wieder die Abbrecherzahlen als Beleg für fehlende Studierfähigkeit an, obwohl dieses Argument schon vielfach widerlegt wurde. Ich tue es gerne noch einmal.
Zum einen beinhalten die Abbrecherzahlen auch die Fachund Hochschulwechsler. Diese Umorientierung hat nicht zwangsläufig etwas mit fachlicher Überforderung zu tun, sondern mit der Änderung von persönlichen Vorlieben, mit Umzug, aber auch mit sozialen Faktoren wie zum Beispiel der schwierigen Studienfinanzierung. Dem sollte man sich vielleicht einmal widmen und nicht der von Ihnen gewünschten Elitendiskussion.
Ihre These ist: Die Abbrecherzahlen zeigen, dass die Abbrecher in einer dualen Ausbildung besser aufgehoben wären. – Das mag für einige Studienabbrecher stimmen. Es spricht auch überhaupt nichts dagegen, dass man die duale Ausbildung bei jungen Menschen, die sich noch einmal umorientieren, besser bewirbt.
Aber die Abbrecherzahlen im Studium taugen hier einfach nicht als Argument oder als Beleg; denn wenn wir uns zum Beispiel einmal die Abbrecherzahlen in der dualen Ausbildung anschauen, kommen wir auf ganz ähnliche Durchschnittswerte. Junge Menschen können sich heute umorientieren. Dafür haben wir ein Bildungssystem, das den Menschen umfassende Chancen und Zugänge bietet, und das ist auch gut so.
Wir werden dieses System immer gegen Ihre nostalgischen Gefühle für die guten alten Zeiten, als das Elternhaus noch den Bildungsweg vorbestimmt hat, verteidigen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Rahmen des Qualitätspakts Lehre werden vom Bund Mittel zur Verfügung gestellt, um die Studienbedingungen zu verbessern und die Qualität in der Lehre zu erhöhen. Hieraus ergibt sich auch die Möglichkeit, Brückenkurse einzurichten. Nur vier Hochschulen in Rheinland-Pfalz bieten im Rahmen dieses Programms Brückenkurse oder soge
nannte Vorbereitungskurse an, die jeweils zu Studienbeginn Studierende individuell zusätzlich unterstützen sollen.
Für die Jahre 2016 bis 2020 stehen insgesamt rund 53 Millionen Euro für die Förderung der Qualität der Lehre, die Förderung von Frauen in der Wissenschaft und die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung bereit.
Laut Landesregierung setzen die Hochschulen nur einen ganz geringen Teil dieser Mittel für Brückenkurse ein. Was der Antwort der Landesregierung allerdings fehlt, ist die tatsächliche Höhe, in der diese Mittel eingesetzt werden. Wir glauben, dass eine Analyse, wie viele Mittel eingesetzt und welche Ergebnisse und Erfolge damit erzielt werden können, für uns sehr wichtig ist, weil wir daraus letztendlich Schlüsse ziehen.
Auch wurden in der Antwort der Landesregierung keine Kriterien oder Standards dargestellt, wer tatsächlich an diesen Brückenkursen teilnehmen kann. Auch hier denken wir, dass es vielleicht noch einmal dargelegt werden müsste.
Die Anzahl der Brückenkurse – wenn man auf die Beantwortung eingeht – schwankt zwischen den Jahren 2011 und 2018 zwischen 19 und 37 Kursen. Es zeichnet sich nicht ab, dass in den letzten Jahren besonders viele Kurse gebraucht wurden, um die Studierfähigkeit aufzuarbeiten, sondern es ist von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich. Auch eine Beurteilung aufgrund der teilnehmenden Studierenden oder der Anzahl der Studierenden im Kurs selbst kann man hier schwer herausziehen. Insofern glaube ich nicht, dass man sich in diesem Punkt auf eine besondere Argumentation festlegen sollte.
Der Qualitätspakt Lehre wird zwar seit dem Jahr 2013 vom Bundesministerium programmbegleitend evaluiert – sogar hier in Mainz am Zentrum für Qualitätssicherung und -entwicklung –, aber auf Landesebene hat die Landesregierung leider keine Evaluation angestoßen. Wir glauben, dass das sehr, sehr wichtig ist, um die Wirkung eines Förderprogramms für die teilnehmenden Hochschulen, aber auch für die teilnehmenden Studierenden im internen Vergleich für Rheinland-Pfalz und im Vergleich von RheinlandPfalz mit anderen Bundesländern darstellen zu können.
Die Große Anfrage bezieht sich zusätzlich auf die Eignungsprüfungen. Es gibt Eignungsprüfungen nach § 66 des rheinland-pfälzischen Hochschulgesetzes. Danach können die Hochschulen für Bachelorstudiengänge, die neben den allgemeinen Zugangsvoraussetzungen besondere Eignungen und Fähigkeiten erfordern, durch Satzung eine Eignungsprüfung vorsehen. Das betrifft tatsächlich die Fächer Musik, Sport und Kunst. Da erschließt sich natürlich, dass es besondere Anforderungen im Hinblick auf Talent oder Begabung geben muss.
Des Weiteren gibt es die Eignungsprüfungen nach § 35 des Hochschulgesetzes: „Am weiterbildenden Studium (...) kann teilnehmen, wer ein Hochschulstudium erfolgreich abgeschlossen oder die erforderliche Eignung im Beruf (...) erworben hat.“ Durch die Eignungsprüfung wird die
Gleichwertigkeit der beruflichen Qualifikation mit der eines abgeschlossenen Studiums festgestellt. In beiden Fällen erachten wir die Möglichkeit von Eignungsprüfungen als absolut sinnvoll.