Protocol of the Session on June 14, 2019

Zunächst hat Frau Kollegin Lerch das Wort.

Herr Staatssekretär, unsere Gesellschaft verändert sich radikal. Es wird immer weniger zu Hause gegessen. In den Ganztagsschulen essen die Kinder in der Schule, und Erwachsene essen in Unternehmen, Betrieben oder wo auch immer. Da ist dieses System außen vor, sondern es geht nur um den privaten Einkauf. Da aber die gesellschaftliche Entwicklung in eine andere Richtung zeigt, frage ich Sie: Wie könnten Sie auch diesen Bereich, der von mir dargestellt wurde, einbeziehen?

Frau Abgeordnete Lerch, es ist in der Tat richtig, dass sich das Ernährungsverhalten insgesamt ändert. Deswegen hat zunächst einmal dieses Nutri-Score-System noch nicht den Anspruch – das sage ich bewusst –, gleich alle Bereiche zu erfassen, sondern erst einmal da anzusetzen, wo die Verbraucherinnen und Verbraucher selbst einkaufen.

Eine andere Aktivität hat möglicherweise weniger mit einem Kennzeichnungssystem zu tun. Vielmehr müssen diejenigen, die in Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen das Essen zur Verfügung stellen, kraft beruflicher Qualifikation und Schulung darauf achten, dass die entsprechenden günstigen Nährwerte eingehalten werden und nicht zum Beispiel zu viel Zucker, Fett oder Salz eingesetzt werden. Der Anknüpfungspunkt, dort etwas zu erreichen, ist nicht so sehr die Kennzeichnung, sondern liegt im Personalbereich selbst. Dort ist auch Schulung und Beratung zur Verfügung zu stellen. Wir sind an verschiedenen Stellen unterwegs.

Gestern hatten wir das Thema der Senioren, der Altenpflege und der Krankenhäuser. Wir werden die Vernetzungsstelle Seniorenernährungsverpflegungseinrichtungen einrichten. Ich glaube, das habe ich gestern berichtet. Ich will sagen, da gibt es Aktivitäten, die vordringlich sind.

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Bublies-Leifert.

Herr Staatssekretär, ich habe folgende Frage: Wie schätzen Sie die Verwendung bzw. die Minderung der Verwendung von Palmfett in verarbeiteten Lebensmitteln ein? Palmfett ist dafür verantwortlich, dass der Urwald abgeholzt wird und an deren Stelle Palmölplantagen angepflanzt werden. Hat man aus Frankreich Erfahrungswerte, dass die Hersteller dieser Produkte, dieser Lebensmittel dieses Fett in den Lebensmitteln reduzieren?

Ich bitte um Verständnis, diese Frage kann ich Ihnen aus dem Stand nicht beantworten. Insgesamt ist es natürlich richtig – das will ich gerne bestätigen –, dass es unser Ziel sein muss, Palmöl soweit möglich durch andere Öle zu ersetzen. Die haben wir, zum Beispiel Rapsöl oder Pflanzenöl, in verschiedenen Konstellationen.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Zehfuß.

Herr Staatssekretär, was halten Sie von dem Ansatz, auf breiter Basis Grundlagen der Ernährungslehre zu vermitteln, um die Verbraucher selbst in die Lage zu versetzen, für sich die Speisen herzustellen und nicht auf Fertigprodukte mit den bekannten Nebenwirkungen auszuweichen?

Herr Abgeordneter Zehfuß, es ist richtig, am besten ist es, nicht nur oder vordringlich auf Fertigprodukte zu setzen. Wir müssen nur zur Kenntnis nehmen, dass solche Produkte am Markt sind. Da muss es den Verbraucherinnen und Verbrauchern möglich sein zu erkennen, wie der Nährwert dieser Produkte beschaffen ist. Dafür brauchen wir dieses System.

Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Dr. Groß.

(Zuruf der Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD)

Gut, dann Herr Kollege Frisch.

Herr Staatssekretär, wie weit halten Sie es für notwendig, das obligatorisch zu machen, oder setzen Sie eher auf die Möglichkeit, dass der Markt das regelt? Sie haben angedeutet, dass die Unternehmen selbst ein Interesse daran haben. Wenn sich das auf dem Markt etabliert, könnte es sein, dass sich auch ohne Zwangsregelung eine Skala

durchsetzt. Halten Sie es eher für notwendig, dass man das hinterher verpflichtend machen muss?

Die rechtliche Situation ist so, verpflichtend machen könnte es nur die EU. Das ist EU-Recht und deswegen der EU-Kompetenz vorbehalten.

Ich glaube, das wird man jetzt noch nicht sagen können. So, wie wir es beobachten, ist eine Bewegung im Gang, dass sich immer mehr europäische Länder diesem System anschließen, sodass es durchaus sein kann, dass am Ende mehr oder weniger alle EU-Länder dieses System eingeführt haben werden, und zwar zunächst auf freiwilliger Basis. Dann wird sich irgendwann die Frage stellen: Machen wir das obligatorisch, oder erledigt sich das Problem von selbst, weil alle anderen am Markt überhaupt keine Chance mehr haben? Die Frage muss man dann beantworten, wenn wir diese Durchdringung in Europa haben.

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Huth-Haage.

Herr Staatssekretär, wenn es jemanden in der Vergangenheit gab, der massiv gegen bisherige Nährwertampel gekämpft hat, mit ganz markigen Worten, und zwar auch im Wahlkampf, dann war es Herr Wissing. Ich frage: Ist die Diskrepanz innerhalb der Landesregierung jetzt ausgeräumt?

Frau Huth-Haage, das kann ich erstens nicht bestätigen, und zweitens habe ich vorgetragen, dass wir das System befürworten. Ich habe hier vorgestellt, was unsere Position ist.

(Zuruf der Abg. Simone Huth-Haage, CDU)

Vielen Dank. Damit ist die Frage beantwortet und die Fragestunde beendet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Wir dürfen weitere Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler des St-Willibrord-Gymnasiums aus Bitburg, die 11. und 12. Jahrgangsstufe. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Weiterhin können wir Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schule Neustadt an der Weinstraße, Berufsfachschule I begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf:

Situation der kommunalen Ordnungsdienste in Rheinland-Pfalz Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der AfD und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/8769/9220/9351 –

Für die antragstellende Fraktion spricht der Vorsitzende, Herr Junge.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Neben der Landespolizei sind die kommunalen Ordnungsdienste die maßgeblichen Garanten für Sicherheit und Ordnung in unserem Land. Im Gegensatz zur Landespolizei obliegt die Aufstellung und Unterhaltung der Ordnungsdienste ausschließlich den Kommunalverwaltungen. Diese können ihre Ordnungsdienste nach eigenem Ermessen ausgestalten; denn ein einheitliches Berufsbild für Einsatzkräfte oder gar verpflichtende Vorgaben gibt es nicht.

Lediglich eine sogenannte Landesverordnung für die kommunalen Vollzugsbeamten sowie die Hilfspolizeibeamten gibt einige wenige Rahmenbedingungen vor. Bei diesen Vorgaben handelt es sich jedoch weitestgehend um KannBestimmungen.

Daher überrascht es nicht, dass sich die kommunalen Ordnungsdienste sehr uneinheitlich in Auftritt und Ausrüstung präsentieren. Einzig die Ausbildung scheint für alle einheitlich, und zwar einheitlich unzureichend zu sein – um nicht einheitlich schlecht zu sagen.

Folgt man der Landesverordnung, dann sollten neue Mitarbeiter ohne jedwede Vorkenntnisse bereits nach einem zehnwöchigen, modular aufgebauten Crashkurs mit einem sehr anspruchsvollen Katalog an Lehrfächern einsatzbereit ausgebildet sein. Der Lehrkatalog umfasst dabei unter anderem Verwaltungsrecht, Strafrecht, Psychologie sowie Einsatz- und Situationstraining.

Meine Damen und Herren, ich habe mich ein halbes Dienstleben lang mit der theoretischen und praktischen Einsatzausbildung befasst und kann angesichts der zunehmenden Gefahrenlage, in die wir unsere zivilen Kräfte schicken, und über die tatsächlich erreichbare Einsatzfähigkeit nur den Kopf schütteln.

(Beifall der AfD)

Unsere Polizeihochschule vermittelt ähnliche oder gleiche Ausbildungsinhalte über drei Studienjahre hinweg. Es ist eigentlich unglaublich, dass dann auch noch unter bestimmten Voraussetzungen für Neuzugänge Module oder gar Abschlussprüfungen ganz entfallen können.

Ebenso beklagenswert sind die Kann-Regelungen zur Ausrüstung. Die Kommunen können ihre Ordnungsdienste zwar mit Schlagstock, Handfesseln und Reizstoffsprühgeräten ausstatten. Eine Verpflichtung hierzu besteht allerdings nicht. Es liegt auf der Hand, dass dies bei den

chronisch unterfinanzierten Kommunen zu einer der jeweiligen Finanzlage angepassten Ausstattung führen kann, aber nicht die Finanzlage, sondern der Auftrag muss die Mittel bestimmen, meine Damen und Herren. Manche Bedienstete sehen sich gezwungen, ihr Pfefferspray selbst zu kaufen, ähnlich wie die Töchter des Herrn Innenministers, wie er einmal vor nicht allzu langer Zeit gesagt hat.

Meine Damen und Herren, dabei schlagen Bürgermeister, Mitarbeiter und auch die Deutsche Polizeigewerkschaft seit Längerem – leider ungehört – Alarm. Einige Bürgermeister haben sogar unlängst angesichts der gestiegenen Gefahrenlage gefordert, dass auch die Ordnungsdienste mit sogenannten Tasern ausgestattet werden sollen.

Innenminister Lewentz wischte diese Forderung jedoch in diesem Hause mit dem Argument vom Tisch, es gäbe schließlich Diensthunde als Alternative. Das ist interessant; denn die Frage, wo und wie viele Diensthunde den Kommunalen Ordnungsdiensten zur Verfügung stehen, konnte der Herr Minister auch auf Nachfrage nicht beantworten. Das ist nachvollziehbar, weil es diese tatsächlich flächendeckend gar nicht mehr gibt.

Meine Damen und Herren, besonders hervorzuheben ist die fehlende Bezeichnung als Polizeivollzugsbeamter, beispielsweise als Stadt-, Hilfs- oder Kommunalpolizei. Das sind Bezeichnungen, mit denen die Sonderbefugnisse der Verwaltungsgerichtsordnung wie für Polizeibeamte auch für die Ordnungsdienste eröffnet würden. Hessen bedient sich bereits dieser Möglichkeit und hat darüber im Jahr 2018 eine umfangreiche Gefährdungsanalyse für die Ordnungsdienste erstellt. Für Rheinland-Pfalz sucht man das vergeblich.

Dennoch bleibt: Unzureichend ausgerüstet und oberflächlich ausgebildet sollen die Einsatzkräfte unter anderem Einsätze in den Abend- und Nachtstunden fahren, Ruhestörungen beenden, Veranstaltungen mit viel Alkoholkonsum befrieden und in sogenannten Einsätzen mit erhöhtem Gefahrenpotenzial bestehen können. Darunter fallen laut der Antwort auf unsere Große Anfrage auch Einsätze nach dem Waffengesetz, Gaststättenkontrollen, Schulzuführungen – die sind freitags neuerdings öfter notwendig –, Kontrollen größerer Personengruppen, Zwangsräumungen von Wohnungen – eine sehr, sehr diffizile Angelegenheit – und Unterstützung bei Abschiebungen.

Meine Damen und Herren, glauben Sie wirklich, dass zwei angebrütete Mitarbeiter, mit Schlagstock und Pfefferspray bewaffnet, in der Lage sind, solche Einsätze ohne Zuhilfenahme der Landespolizei wirkungsvoll wahrnehmen zu können? Wohl kaum!

Was tun wir unseren Leuten eigentlich an? Ich habe einmal gelernt, die beste Fürsorge ist eine umfassende und fordernde Ausbildung. Für unsere Ordnungsdienste leider Fehlanzeige.

(Unruhe im Hause)

Doch Innenminister Lewentz sieht keinerlei Notwendigkeit zur Verbesserung und beharrt auf einem Weiter so.

(Fortgesetzt Unruhe im Hause)

Er sieht die Verantwortung ausschließlich bei den Kommunen.

(Glocke des Präsidenten)