Protocol of the Session on June 13, 2019

Dann sage ich Ihnen noch etwas: Sie haben mit Sicherheit den Ländervergleich gesehen. Über so etwas kann man immer streiten, aber schauen Sie sich einmal an, wer bei

der Orthografie im Ländervergleich an der Spitze liegt. Das ist Bayern. Ich habe einmal nachgeschaut: In Bayern ist die lateinische Ausgangsschrift an den Grundschulen im Lehrplan überhaupt nicht vorgesehen.

(Zuruf der Abg. Anke Beilstein, CDU)

Das heißt, die Schrift, die Sie als Standard einfordern, wird in dem Bundesland, das da die besten Ergebnisse erzielt hat, überhaupt nicht gelehrt.

Das bedeutet, Sie vermengen zwei Dinge miteinander und stellen Zusammenhänge her, die, wenn man das intellektuell und logisch nachvollzieht, überhaupt keine sind. Das stand aber in einer Zeitung mit vier großen Buchstaben. Dann muss man versuchen, das hier zu skandalisieren. Sie tun damit den Kindern keinen Gefallen, Ihr bildungspolitisches Profil schärfen Sie damit auch nicht, aber vor allem – das hat die Kollegin schon ausgeführt – stellen Sie damit ein Misstrauenszeugnis den Lehrerinnen und Lehrern an unseren Grundschulen aus, die das jeden Tag erarbeiten,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

und die vor Ort immer wieder neu entscheiden, wie sie am besten den Kindern das Schreiben beibringen können. Ich finde, so muss Bildungspolitik sein. Wir müssen den Rahmen stecken. Wir müssen auch immer wieder um Ressourcen streiten und schauen, was notwendig ist, aber die pädagogische Kompetenz, die Frage, wie Kinder am besten etwas lernen, die sollten wir in die Hände derer geben, die sich damit auskennen. Das sind nicht Sie als Politikerin, sondern das sind die Lehrerinnen und Lehrer, die jeden Tag an unseren Grundschulen hervorragende Arbeit machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für eine Kurzintervention erteile ich dem Abgeordneten Schmidt von der AfD-Fraktion das Wort.

(Abg. Jens Guth, SPD: Jetzt gibt es einen Vortrag über altdeutsche Schrift!)

Herr Kollege Köbler, werte Kollegen der AmpelRegierungsparteien! Herr Köbler, ich verstehe nicht, wenn Sie sagen, die Politik soll einen Rahmen stecken und alles Weitere wird dann vor Ort sehr dezentral irgendwie geregelt, dass Sie in allen anderen Politikbereichen, die mir einfallen, ganz andere, sehr zentralistische Vorstellungen haben, wie zum Beispiel bei den Kommunalreformen. Normalerweise geben Sie etwas von oben vor. Bei der Sexismusdebatte haben wir auch einen zentralistischen Ansatz gehabt.

In einer Frage, zu der man einmal sinnvollerweise einen Kurs vorgeben sollte, eine gewisse Vereinheitlichung sehr

sinnvoll ist, nämlich bei der Schrift, da lassen Sie alles beliebig und sorgen für eine Verwirrung, die für alle schlecht ist.

Zu dem Hinweis, dass schon seit Jahrzehnten verschiedene Varianten gelehrt werden, kann man feststellen, das ist jahrzehntelang suboptimal gelaufen. Ich glaube, ich habe in der Grundschulzeit auch verschiedene Angebote gehabt. Dann sollte man aber zu dem Schluss kommen, dass hier eine Vereinheitlichung sinnvoll wäre. Da wo es sinnvoll ist, sind Sie aber offenbar nicht dafür. Das irritiert mich stark oder stört mich.

Danke.

(Beifall der AfD)

Es wird keine Erwiderung gewünscht.

Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, freue ich mich, dass wir weitere Gäste bei uns im Landtag begrüßen dürfen. Zum einen sind das Mitglieder des FDPKreisverbands Mayen-Koblenz. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Wir begrüßen Jugendliche, die an einer arbeitsmarktintegrativen Maßnahme der Target GmbH in Ingelheim teilnehmen. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen!

(Beifall im Hause)

Weiter begrüße ich Mitglieder der AfD Mainz. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen!

(Beifall der CDU und der AfD)

Für die Landesregierung erteile ich Staatsministerin Stefanie Hubig das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einmal eines festhalten: Schreibschrift, das Schreiben mit der Hand, ist wichtig. Es ist genauso wichtig, dass die Schreibschrift flüssig und vor allen Dingen leserlich ist.

Herr Abgeordneter Schmidt hat dazu freundlicherweise schon verschiedene Aussagen von mir im Bildungsausschuss zitiert. Wir wollen, dass unsere Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz in der Grundschule eine gut lesbare Handschrift erlernen. Dazu gehören, je nach Lernstand, verschiedene Methoden.

Alle in der Grundschule eingesetzten Ausgangsschriften, auch die Grundschrift, führen zu einer verbundenen Schrift, die das flüssige Schreiben fördert. Je besser die Kinder schreiben können, desto mehr kommen sie zu einer verbundenen Schrift.

Jetzt möchte ich einmal deutlich machen, worüber wir ei

gentlich diskutieren: Die Ausgangsschrift wird in RheinlandPfalz – wie übrigens überall – in den 1. und 2. Klassen gelehrt. Ab der 3. und 4. Klasse wird nur noch in Schreibschrift geschrieben. Frau Beilstein, das gilt auch für die 20 Grundschulen, die Sie als Anfang vom Ende sozusagen zitieren und als Beweis dafür anführen, dass wir kurz vor dem Untergang der Welt stehen. Das gilt auch für die 20 Grundschulen von über 960 Grundschulen in RheinlandPfalz, die gemeinsam mit den Eltern beschlossen haben, dass die Ausgangsschrift, also das, womit die Kinder beginnen, bei ihnen die Grundschrift ist, also eher Druckbuchstaben als eine verbundene Schrift von Anfang an. Ausgehend von dieser Schrift – deshalb heißt sie auch Ausgangsschrift – lernen die Kinder dann die Schreibschrift ab der 3. und 4. Klasse. Darüber reden wir. Das versuchen Sie zum Skandal zu machen. Das finde ich, ehrlich gesagt, unglaublich.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt fachwissenschaftlich und auch fachdidaktisch kein eindeutiges Votum für eine bestimmte Ausgangsschrift. Wir haben auch schon mehrfach den Teilrahmenplan Deutsch zitiert, der auch sagt, es gibt keine bestimmte Ausgangsschrift.

Dann wird – damit komme ich zur AfD – über einen Gesamtkonferenzbeschluss in der Schule jeweils festgelegt, welche Ausgangsschrift diejenige ist, die in der Schule Anwendung findet. In der Gesamtkonferenz sind die Eltern vertreten. Sie halten doch sonst den Elternwillen immer so hoch. Die entscheiden zusammen mit den Lehrerinnen und Lehrern, wo sie anfangen wollen. Wo wir hinkommen, nämlich zu einer gemeinsamen Schreibschrift, das wissen wir alle. Da kommen wir auch alle hin. Warum das ein Problem ist, weiß ich nicht. Ich verstehe es einfach nicht. Ich muss wirklich einmal sagen, dass ich diese Diskussion nur begrenzt verstehe; denn wir wollen alle, dass die Kinder gut schreiben lernen. Das lernen sie auch in RheinlandPfalz.

Sie haben die STEP-Studie 2019 angeführt. Wissen Sie eigentlich, wie viele Lehrkräfte aus den Grundschulen in Rheinland-Pfalz daran teilgenommen haben? Wissen Sie das? – 35 Lehrkräfte und 31 aus der Sekundarstufe I haben daran teilgenommen. Das heißt, wir haben 66 Lehrkräfte von 21.500 Lehrkräften aus Rheinland-Pfalz in der Grundschule und in der Sekundarstufe I, die das so angegeben haben.

(Zuruf der Abg. Helga Lerch, FDP)

Ich frage Sie: Ist das repräsentativ und das, was Sie schon als besorgniserregend bezeichnen? Ich finde, man muss auch ein Stück weit die Kirche im Dorf lassen.

(Beifall der FDP)

Es ist wichtig, dass die Kinder Schreiben lernen. Es ist ebenfalls wichtig, dass die Kinder auch im Zeitalter der Digitalisierung mit der Hand Schreiben lernen. Es wird eine große Herausforderung werden, dass die Kinder alle nicht nur noch tippen, sondern sie auch richtig mit der Hand schreiben können. Das ist zunehmend schwieriger gewor

den. Das Schreiben mit der Hand hat hohe Bedeutung. Das ist hier schon mehrfach erwähnt worden. Das stellt auch überhaupt niemand in Abrede. Es ist wichtig für die Motorik; es ist wichtig für die kognitiven Fähigkeiten; es ist wichtig dafür, dass man sich konzentrieren kann. Deshalb müssen Kinder in der Schule Schreiben lernen. Deshalb wollen wir das auch so.

Es ist aber nicht so, dass dann, wenn 35 Grundschullehrkräfte sagen, alles ist schlechter geworden, das die Wahrheit ist und das besorgniserregend ist. Nein, das ist es nicht. Wir unterstützen die Lehrkräfte mit Fortbildung und entsprechenden Lehrmaterialien dabei. Es gibt Elternabende zur Bewegungsförderung, damit auch die Feinmotorik besser wird, die nicht mehr so ist, wie sie früher war – das ist völlig richtig, das ist richtig hier gesagt worden –, weil sich Kinder zu Hause nicht mehr so viel bewegen wie sie das früher getan haben. Sie basteln nicht mehr so viel. Sie handarbeiten nicht mehr so viel. Das müssen zum Teil die Kitas auffangen.

Frau Beilstein, da muss ich schon einmal sagen, was in den Kitas passiert, ist schon ein bisschen mehr als das, was Sie hier dargestellt haben. Da basteln und musizieren die Kinder. Da bewegen sich die Kinder. Wir haben Bewegungs-Kitas. Da lernen die Kinder schon ziemlich viel. Da gibt es natürlich keinen Lehrplan, weil es eben Kitas und noch keine Schulen sind, aber das ist wichtig. Deshalb haben wir gesagt, wir brauchen den Übergang von der Kita in die Grundschule.

Da setzt man sich zusammen und schaut, welche Fähigkeiten die Kinder brauchen. Sie müssen nämlich zum Beispiel in der Grundschule auch schon die Schnürsenkel binden können. Die Kitas sollen die Kinder ganz gezielt dazu bringen, dass sie das können, wenn sie in die Grundschule kommen. Das passiert doch alles auch. Das Bild, das Sie hier malen, sieht so aus, als ob die Kinder weder in den Kitas noch in den Grundschulen irgendetwas beigebracht bekommen, und das, weil es keine Lehrkräfte gibt. Dazu möchte ich auch noch etwas sagen.

Wir stellen zu diesem und zum nächsten Schuljahr zusätzlich 340 Lehrkräfte in Rheinland-Pfalz ein. Wir haben in den Grundschulen ein Betreuungsverhältnis von Lehrkräften zu Kindern, das besser ist als es jemals war. Wir sind uns alle einig, dass es immer noch besser werden kann und muss, aber es ist besser, als es jemals war. Außerdem haben wir noch Stellen für Sprachförderlehrkräfte. Auch da gibt es noch einmal zusätzlich 50 Stellen. Das heißt, wir geben mehr Ressourcen in die Grundschulen, und wir kümmern uns darum, dass Grundschulen ordentlich unterstützt werden.

Wir wollen auch mehr Verbindlichkeit. Wir wollen, dass wir gemeinsam einen Kanon haben und sagen: In die Richtung wollen wir uns bewegen. Das müssen Kinder können, wenn sie aus der Grundschule kommen. – Das haben wir getan. Wir haben einen Grundwortschatz, der zu diesem Schuljahr eingeführt wird, und viele andere Dinge mehr, mit denen Grundschullehrerinnen und -lehrer die hervorragende Arbeit, die sie leisten, noch besser leisten können.

Vielleicht noch ein Punkt zum Schluss: Ich habe gestern einen Brief von der Brüder-Grimm-Schule, Klasse 3 b, in

Diedesfeld bekommen. Die haben mir handschriftliche Briefe geschickt. Wenn Sie sich diese Briefe anschauen – ich will Ihnen das einfach einmal zur Beruhigung zeigen –,

(Die Rednerin hält handschriftliche Briefe hoch)

dann sehen Sie, dass diese Kinder schon in der 3. Klasse ganz hervorragend mit der Hand schreiben. Die schreiben nicht nur kluge Briefe, sondern die schreiben auch sehr schöne Briefe.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile dem Abgeordneten Schmidt von der AfDFraktion für eine Kurzintervention das Wort.