Protocol of the Session on May 16, 2019

und sorgen für einen Ausgleich der Interessen und damit für Frieden seit mehr als 70 Jahren.

(Beifall bei FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Lasst uns also diese Wahlen nutzen und wieder laut Ja zu Europa sagen.

(Zuruf der Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU, und Matthias Joa, AfD)

Meine Damen und Herren, das ist leider keine Selbstverständlichkeit mehr. Ich darf zunächst daran erinnern, dass die EU im Jahr 2012, und zwar zu Recht, den Friedensnobelpreis für ihren Einsatz für Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte in Europa verliehen bekam. Vor allem gilt diese Erinnerung all denjenigen, die das Rad der Geschichte zurückdrehen wollen,

(Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Man kann die Geschichte nicht „zurückdrehen“, Herr Kollege!)

denjenigen, die von Nationalstaaten träumen, um sich dann angeblich nur noch um ihre eigenen Interessen zu kümmern brauchen. Das ist ein fataler Trugschluss, meine Damen und Herren.

Das Drama um den Brexit deutete uns doch an, das wäre der Beginn einer ganzen Reihe von völlig unabsehbaren Problemen. Selbstverständlich ist es harte Arbeit, den Frieden zu sichern. Der Friede in Europa muss gepflegt und umsorgt werden, wie wir es mit den Gräbern der Gefallenen tun, so formulierte es einst Bundespräsident FrankWalter Steinmeier. Er hat recht.

Daneben profitieren doch gerade wir Rheinland-Pfälzer vor allen anderen Vorteilen stark von der florierenden Wirtschaft. Wir haben gestern bereits in diesem Hohen Hause in der Aktuellen Debatte darüber gesprochen. Das liegt im Wesentlichen daran, dass unsere Produkte im EUBinnenmarkt sehr stark nachgefragt sind. Vor allem die Ausfuhren in unsere Nachbarländer sind der Garant für unser Wirtschaftswachstum und unseren Wohlstand.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, „Rheinland-Pfalz in Europa – Europa in Rheinland-Pfalz“. Die umfangreiche Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bietet uns zum Abschluss der EU-Legislaturperiode noch einmal Gelegenheit, auf die vielfältigen Beiträge unseres Bundeslandes zu verweisen. Auf 95 Seiten finden wir eine Vielzahl von Aktivitäten und Erfolgen.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Herr Kollege Hartenfels hat schon einige erwähnt. So möchte ich mich auf vier beschränken.

Erstens die Förderung des ländlichen Raums, zweitens die 64 Europa-Schulen im Land verteilt auf alle Schularten, drittens: die ERASMUS- und Erasmus+-Programme für Schülerinnen, Studenten und Berufstätige.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Viertes freut mich natürlich besonders als Westerwälder die neue Koordinierungsstelle zur Begleitung der Europaschulen. Ab Sommer wird es sie geben, angeschlossen an das Europahaus in Bad Marienberg bei uns im schönen Westerwald. – Ende der kurzen Werbeeinblendung.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung wirkt in Sachen Europa auch nach außen aktiv mit. Allein zwischen 2016 und 2019 hat sich Rheinland-Pfalz an 33 Bundesratsinitiativen mit europapolitischem Bezug beteiligt. Darüber hinaus hat der Bundesrat unter Mitwirkung von Rheinland-Pfalz Stellungnahmen zu über 380 Dossiers abgegeben und damit den europapolitischen Positionen der Länder Nachdruck verliehen.

Natürlich wird es auch künftig viele neue Aufgaben und Herausforderungen geben. Diese gilt es anzugehen. Als Freie Demokraten möchten wir ein Europa der Vielfalt, der Begegnung, ohne Schlagbäume, weder auf den Straßen noch in den Köpfen. Deshalb appelliere ich an alle Bürgerinnen und Bürger des Bundeslandes Rheinland-Pfalz: Geben Sie am 26. Mai Ihre Stimme für Europa.

Haben Sie vielen Dank.

(Beifall bei FDP, SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu den Ausführungen des Abgeordneten Roth liegen mir zwei Kurzinterventionen vor, von Herrn Abgeordneten Schmidt und Herrn Abgeordneten Joa, jeweils AfD. Herr Schmidt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, lieber Kollege Roth! Die AfD will ein Europa der Vielfalt, wie Sie es auch gesagt haben, aber wir verstehen darunter etwas anderes. Sie haben sich in Ihrer Rede leider, wie etliche Vorredner auch, reihenweise Zerrbilder bedient. Ich möchte eines aufgreifen, um es zu korrigieren.

Wenn Sie sagen, dass die Parteien, die Kräfte in Europa, die sehr stark sind, Kritik an der EU üben, wie sie sich heute darstellt, dann sagen Sie, Sie wollen zurück ins 19. Jahrhundert zu den Nationalstaaten, die nicht mehr miteinander zusammenarbeiten. Das ist ein bizarres Zerrbild, das mit der Realität nichts zu tun hat.

Selbstverständlich sind wir für eine Zusammenarbeit zwischen den Staaten. Wir wollen nur die Gewichtung ändern. Wir wollen keinen europäischen Zentralstaat, keinen Bundesstaat, sondern im Kern einen Staatenbund von Ländern, die selbstverständlich möglichst eng zusammenarbeiten. Man müsste darüber reden, in welchen Bereichen man wie eng zusammenarbeitet.

Es stört mich schon sehr, wenn Europa immer mit der EU gleichgesetzt und die Kritik mit solchen Zerrbildern beantwortet wird. Versuchen Sie doch einfach, eine sachliche Diskussion zu führen und uns nicht immer so unqualifiziert abzubügeln.

Danke.

(Beifall der AfD – Abg. Michael Frisch, AfD: Sehr gut! Dexit! – Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Ihr wollt aus der EU austreten! – Zuruf der Abg. Christine Schneider, CDU – Abg. Michael Frisch, AfD: Als Ultima Ratio! – Zuruf der Abg. Christine Schneider, CDU)

Zu einer weiteren Kurzintervention erteile ich das Wort Herrn Abgeordneten Joa.

(Unruhe im Hause)

Jetzt konzentrieren wir uns auf den Abgeordneten Joa am Rednerpult.

Herr Präsident, liebe Kollegen, lieber Herr Roth! Ich möchte es jetzt nicht mehr so lange herausziehen, aber wir sollten noch einmal auf die Details eingehen.

(Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Sie haben gesagt, Sie sagen Ja zu Europa. Auch die AfD sagt Ja zu Europa.

(Abg. Thomas Roth, FDP: Nein! – Zurufe der Abg. Martin Haller und Alexander Schweitzer, SPD)

Der einzige Unterschied ist, wir lassen Ihnen diese Art und Weise des politischen Dialogs in Zukunft nicht mehr durchgehen. Wir lassen das so auch nicht mehr zu.

Wenn Sie Ja zu Europa sagen, müssen Sie uns sagen: Ja zu was? Ja zur Gleichmacherei? Ja zu immer mehr Umverteilung? Ja zur Transferunion? Ja zu immer höhe

ren Target-Salden oder zu immer höherer Migration von außerhalb der EU?

Das sind existenzielle Fragen, die sich die Gemeinschaft stellt. Wir müssen uns die Frage stellen: Soll sich die EU zu einem Zentralstaat, der zentral gelenkt wird, entwickeln oder nicht? Da sagen wir ganz klar Nein. Sie sagen Ja, zumindest nach meinem heutigen Eindruck, den ich von dem habe, was Sie sagten.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Das stimmt doch überhaupt nicht! Das hat er doch gar nicht gesagt! – Abg. Christine Schneider, CDU: Zuhören!)

Wenn Sie sämtliche Kritikpunkte immer versuchen abzubügeln – und ich höre „Dexit“ –, dann ist das dummes Zeug.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Das habt Ihr doch im Programm stehen! – Zuruf des Abg. Thomas Roth, FDP)

Was bedeutet Dexit? Dexit bedeutet, wir haben 1 Billion Euro Forderungen an andere Zentralbanken, die ungedeckt sind, Bundesbank an das europäische Zentralbanksystem. Wenn Deutschland morgen sagen würde – nur theoretisch –, wir treten aus dem Euro aus, dann wären wir in der Staatspleite. Warum ist das so? Das ist so, weil am Ende die Kriterien, die man den Bürgern damals bei Maastricht versprochen hatte, nicht eingehalten worden sind und wir deswegen jetzt auf Gedeih und Verderb faktisch an den Euro gekettet sind.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Das müsst Ihr doch nicht uns sagen! Abg. Christine Schneider, CDU: Wir haben den Dexit doch nicht im Wahlprogramm stehen! – Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Tun Sie doch bitte nicht so, als wäre alles in Ordnung, als gäbe es überhaupt keine Probleme und wirklich nichts zu kritisieren. Das ist falsch.

Ich hoffe, dass wir in künftigen Debatten etwas mehr differenzieren können. Am Ende werden nämlich Sie das sein, was Sie uns vorwerfen, nämlich die Pro-Euro-Populisten, die gar nicht differenzieren können und nicht mehr fähig sind, wirklich zu argumentieren.

(Beifall der AfD – Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Zu einer Erwiderung erteile ich Herrn Abgeordneten Roth das Wort.

Natürlich haben wir Vorstellungen von Europa. Das habe ich vorhin schon deutlich gemacht.

(Zuruf von der AfD: Aber welche?)

Friede, Freiheit, Wohlstand – das können wir nur in die

ser Europäischen Gemeinschaft realisieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei FDP, SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der AfD)