Protocol of the Session on May 16, 2019

Des Weiteren begrüße ich gerne die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen aus GauOdernheim sowie die ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 33 Alzey mit dem Jägerchor aus Saulheim. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im Hause)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort dem Fraktionsvorsitzenden Junge.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Frau Demuth, herzlichen Dank für dieses beeindruckende Plädoyer für die Soldaten der Bundeswehr. Sie können sich vorstellen, es hat mir gutgetan als Stabsoffizier, der 40 Jahre lang diesem Land gedient hat. Das war sehr gut, aber eigentlich am Thema vorbei.

Ich hatte mir eine Einleitung vorgenommen, die ich jetzt streichen werde. Worauf ich hinweisen möchte, was ganz wichtig ist, wenn wir uns mit dem Thema befassen – da hat sich auch Herr Schweitzer im Grunde davongestohlen –: Frau von der Leyen ist nicht das Thema, es geht um die Bundeswehr an sich und um die Jugendoffiziere.

Ich empfehle, wirklich einmal den Jahresbericht der Jugendoffiziere der Bundeswehr zu lesen.

(Abg. Helga Lerch, FDP: Steht alles im Internet!)

Darin steht nämlich auf 15 bis 20 Seiten sehr genau, wo diesen Menschen der Schuh drückt. Dort kann man nachlesen, dass Rheinland-Pfalz im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern fast gar nicht auftaucht.

(Abg. Helga Lerch, FDP: Das stimmt aber nicht!)

Es werden dort Aktivitäten dargestellt. Die CDU hat recht, wenn sie sagt, Rheinland-Pfalz ist ein wichtiger Bundeswehr- und NATO-Standort. Das ist richtig, aber Rheinland-Pfalz hat sich da bisher nicht mit Ruhm bekleckert. Warum ist das so? Liegt das vielleicht daran, dass unser Landeskommando nur vier hauptamtliche Jugendoffiziere hat und damit vielleicht etwas zu schwach aufgestellt ist?

Oder liegt es vielleicht daran – damit komme ich zum Punkt –, dass viele Lehrer bei der Einbindung der Bundeswehr in ihren Unterricht Konflikte mit Kollegen und dem Elternbeirat befürchten,

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Haben Sie dafür Belege? – Abg. Martin Haller, SPD: Das stimmt doch gar nicht, das sind alles Spekulationen!)

wie es im Jahresbericht der Jugendoffiziere steht? Meine Damen und Herren, das habe nicht ich gesagt, sondern das sagen die.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Wer denn? Wo denn?)

Oder setzt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Lehrer möglicherweise unter Druck, wenn sie unwissend fordert,

(Abg. Martin Haller, SPD: Wer sagt das denn? Sie immer mit Ihren Verschwörungstheorien!)

die Bundeswehr muss draußen bleiben, Friedensbildung statt Militärwerbung, und damit ganz bewusst falsch informiert?

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Oder liegt es vielleicht daran, dass die Landesregierung doch eher den Kooperationsvertrag mit dem Netzwerk Friedensbildung Rheinland-Pfalz pflegt, dem altbekannte Akteure aus der Friedensbewegung – denen ich noch gegenüberstand – wie die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner angehören?

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ach Gott!)

Diese Leute haben damals Kasernen blockiert, die Bundeswehr auf das Übelste verunglimpft und bringen heute unseren Schülern Sicherheitspolitik bei. – Sehr seltsam.

Sicher scheint auch zu sein, dass außer einer grundsätzlichen ideologischen Ablehnung von Soldaten darüber hinaus kein tatsächliches Interesse und Bewusstsein für den verfassungsmäßigen Auftrag der Bundeswehr vorhanden ist.

Meine Damen und Herren, es entspricht dem Selbstverständnis unseres Grundgesetzes nach Art. 87 a, dass die äußere Sicherheit die Angelegenheit des ganzen deutschen Volkes ist. Bei der Frage, ob und in welchem Umfang Jugendoffiziere an Schulen eingeladen werden, geht es eben deshalb nicht um eine „Haltung zur Bundeswehr“, wie es in Ihrem Antrag heißt, sondern um die verfassungskonforme und sachliche Wissensvermittlung in der politischen Bildung, eben die Legitimation der Streitkräfte als Parlamentsarmee und darum, ihre Aufgaben und ihren Auftrag im Rahmen der aktuellen Konzeption der Bundeswehr und ihrer Folgedokumente zu erläutern. Das ist der Auftrag. Es geht bei der Aufgabe von Jugendoffizieren ausdrücklich nicht darum, Nachwuchswerbung und Karriereberatung für die Bundeswehr zu betreiben.

Jugendoffiziere stehen aber nicht nur für den Unterricht von Schulklassen zu Verfügung, sondern auch zur Ausund Fortbildung von Referendaren und Lehrern. Aus dem letzten Jahresbericht geht in diesem Zusammenhang hervor: So gut wie keiner der Referendare kann auf praktische

Erfahrung mit der Bundeswehr aus eigener Dienstzeit als Soldat zurückgreifen. – Natürlich nicht. Mit der regelmäßigen Einberufung großer Teile der wehrfähigen jungen Männer war die Bundeswehr fest im öffentlichen Bewusstsein der Gesellschaft verankert. Auftrag und Dienst der Streitkräfte waren den Bürgern aus eigener Erfahrung oder aus dem familiären Umfeld wohlbekannt.

Mit Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011, dem Ende der bipolaren Bedrohungsszenarien und der Umstrukturierung zur Einsatzarmee mit weltweiten Einsatzgebieten hat sich auch das Bild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit stark gewandelt und liegt heute viel mehr im Nebel der Spekulation und der Unwissenheit.

Das zeigt in der Regel die Diskussion über die Bundeswehr: Wer setzt die Bundeswehr ein? Warum sind wir in Afghanistan oder in Mali? Was ist die NATO, was ist Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) , und was sind die Vereinten Nationen? Was ist mit der persönlichen Schutzausrüstung? Wie gehen unsere Soldaten und die Familien mit der Bedrohung sowie mit Tod und Verwundung um?

In diesem komplexen Umfeld ist die Bildungsarbeit von Jugendoffizieren noch wichtiger denn je: Deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Herausforderung von Auslandseinsätzen, das Verhältnis von Bundeswehr und Gesellschaft, der Staatsbürger in Uniform und die Innere Führung sind wichtige Themen. Damit unterstützen wir die Jugendoffiziere. Die Verantwortung für den Unterricht und die Lernziele trägt dabei immer der Lehrer. Es sind also nicht die Soldaten, die in die Schulen gehen und irgendetwas erzählen, was mit den Lehrern nicht vorher abgestimmt ist. Herr Schweitzer, das haben Sie dankenswerterweise auch so gesagt.

Mit unserer Kleinen Anfrage vom 26. April, die wir also gerade gestellt haben – Frau Demuth, vielleicht hätte man die noch abwarten können –, wollen wir die Situation der Jugendoffiziere speziell in Rheinland-Pfalz klären. Herr Schweitzer, ich glaube, das ist doch ein Thema für Rheinland-Pfalz. Das werden die Antworten zeigen.

Dabei interessiert uns nicht nur, wie viele hauptamtliche und nebenamtliche Jugendoffiziere und Jugendunteroffiziere – die gibt es nämlich auch – in Rheinland-Pfalz zur Verfügung stehen oder wie viele Schulen in RheinlandPfalz in den Jahren 2017 und 2018 einen Besuch durch Jugendoffiziere angefordert haben, sondern auch, ob es in Rheinland-Pfalz Schulen und Organisationen gibt, die sich aktiv gegen den Besuch von Jugendoffizieren an Schulen einsetzen. Auf die Antworten der Landesregierung bin ich durchaus gespannt.

(Glocke der Präsidentin)

Ich komme zum Schluss. Die bestehenden Kooperationsverhandlungen zwischen dem Kultusministerium und der Bundeswehr, die im Übrigen der Kollege Köbler in der letzten Legislaturperiode infrage gestellt hat, werden wir sehen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter Junge, kommen Sie bitte zum Schluss.

Meine Damen und Herren, bis dahin wünsche ich ihnen, den Jugendoffizieren, viel Erfolg bei ihren wichtigen Arbeiten im Parlament und für ihre neutrale Bildung und wünsche ihnen als alter Kamerad viel Soldatenglück.

Danke schön.

(Beifall der AfD – Zuruf aus dem Hause: Eieiei!)

Ja, das ist etwas, das Sie nicht kennen!

Für die FDP-Fraktion erteile ich Abgeordneter Lerch das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Um es gleich am Anfang zu sagen: Jugendoffiziere leisten einen wertvollen Beitrag zur politischen Bildung an unseren Schulen, und das schon seit Jahrzehnten. Sie haben eine mehrjährige Ausbildung sowie ein Universitätsstudium absolviert. Jeder Jugendoffizier verfügt über langjährige Führungserfahrung. Viele waren in gefährlichen Auslandseinsätzen, zum Beispiel in Afghanistan, im Kosovo oder woanders auf der Welt. Im März 1977 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Bundeswehr als staatliche Institution einen Beitrag zur politischen Bildung leisten muss und auch darf.

Alle Fragen rund um die Sicherheitspolitik inklusive des internationalen Terrorismus sind Themen, die der Jugendoffizier an Schulen anbieten kann. Insgesamt gibt es 61 Standorte von Jugendoffizieren in der Bundesrepublik Deutschland.

Wenn wir heute im Parlament über die Einsatzmöglichkeiten von Jugendoffizieren reden, so müssen wir das in enger Verbindung mit unserer Haltung zur Bundeswehr sehen. Da es offenbar in bestimmten politischen Kreisen nicht mehr selbstverständlich ist, sich zur Bundeswehr und damit auch zum Bildungsauftrag von Jugendoffizieren zu bekennen, sei noch einmal klar daran erinnert, was die Bundeswehr im Einzelnen und im Wesentlichen zu leisten hat: internationale Konfliktverhütung, den Kampf gegen den internationalen Terrorismus, die Unterstützung von Bündnispartnern, den Schutz der Bürgerinnen und Bürger sowie Rettung und Evakuierung, um nur einige der wichtigsten Aufgabenfelder zu benennen.

Meine Damen und Herren, im heutigen Pressespiegel vom 16. Mai 2019 wurde das GEW-Mitglied Achim Müller im Zusammenhang mit den Jugendoffizieren zitiert. Er soll gesagt haben: „Gewalt als Mittel der Politik (ist) nicht mit dem Schulgesetz vereinbar.“ Natürlich ist Gewalt nicht mit dem Schulgesetz vereinbar, aber Jugendoffiziere und Gewalt gleichzusetzen, ist wirklich der falsche Schluss.

(Vereinzelt Beifall im Hause)

Meine Damen und Herren, die Jugendoffiziere verstehen sich als Staatsbürger in Uniform, und im Sinne des Beutelsbacher Konsenses für die politische Bildung stellen Jugendoffiziere Politik kontrovers dar. Jede Einseitigkeit verbietet sich. Es gilt das Verbot der Indoktrination und das Gebot der Vielfalt und Gegensätzlichkeiten, um Schülerinnen und Schülern eine freie Meinungsbildung zu ermöglichen.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, ich war Sozialkundelehrerin. Ich habe in Absprache mit meinen Leistungskursen gern Jugendoffiziere eingeladen. Meine Erfahrungen über all die Jahre waren durchaus positiv: einerseits wegen der hohen fachlichen Kompetenz der Jugendoffiziere, aber auch im Hinblick auf das Auftreten und die Persönlichkeit. Immer habe ich auch Wert darauf gelegt, einen Vertreter einzuladen, der für den Ersatzdienst sprach: einen Vertreter der Kirchen oder Vertreter ziviler Friedensarbeit, auch zu einer Zeit, als die Bundeswehr noch eine Wehrpflichtarmee war.

Gerade diese Kombination beider Gruppen garantiert noch einmal Vielfalt der Meinungen und Positionen und eröffnet damit Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich eine eigene Meinung zu bilden.

Meine Damen und Herren, zum Schluss noch einmal ganz deutlich: Die Verantwortung trägt der Lehrer. Gerade der Sozialkundelehrer steht sehr schnell am Pranger, wenn er politisch einseitig ist, sei das parteipolitisch, sei das sicherheitspolitisch oder friedenspolitisch oder wie auch immer. Er hat die Verpflichtung zur Neutralität. Der Sozialkundelehrer, der das nicht beachtet, wird allergrößte Schwierigkeiten bekommen. Wenn sie das im Auge behalten, dann können sie auch den Einsatz von Jugendoffizieren und damit die geschlossene Kooperationsvereinbarung zwischen den Schulen und dem Land Rheinland-Pfalz würdigen.

Wir, die FDP, stehen hinter den Jugendoffizieren und auch hinter dem Auftrag der Bundeswehr.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall im Hause)