Protocol of the Session on March 29, 2019

Ich vermute, Sie würden sich hier vorne hinstellen und mit großer moralischer Empörung darauf verweisen, dass wir damit zurückwollten in die 50er-Jahre oder noch weiter in die ganz schlimme Zeit. Sie würden dann feststellen, dass die AfD eine einfache Antwort auf eine komplexe Frage geben würde.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oder dass Sie mit arabischen Zahlen arbeiten!)

Anschließend würden Sie mit großer Empathie davon sprechen, dass eine menschenverachtende Diskriminierung der ungeraden Zahlen stattfinde

(Heiterkeit und Beifall der AfD)

und man als Partei der Vielfalt und Toleranz auch offen dafür sein müsse, dass zwei mal zwei möglicherweise auch fünf sein könne, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit und Beifall der AfD)

So machen Sie hier Politik, und das ist das, was bei den Bürgern zu der Politikverdrossenheit führt, die Sie immer beklagen. Wenn Sie einmal mit den Kommunen reden, stellen Sie fest, dort sind kaum noch Menschen bereit, sich für den Posten eines Bürgermeisters oder für den Stadt- oder Gemeinderat zur Verfügung zu stellen, und zwar genau deshalb, weil sie spüren, dass in der großen Politik nicht ernsthaft um sachgerechte Lösungen gerungen wird.

Es geht Ihnen nicht darum, die Interessen der Bürger zu vertreten, es geht um ein parteipolitisches Süppchen, das Sie kochen, und es geht so weit, dass Sie nicht einmal ansatzweise die Vorstellung zulassen können, auch die AfD als Oppositionspartei hat einmal eine gute Idee, der man schon deshalb zustimmen müsste, weil man selbst vor vielen Jahren genau die gleichen Vorschläge vertreten hat.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Heul doch! – Abg. Matthias Joa, AfD: Er macht es einfach besser als Sie!)

Die Möglichkeit zur Erwiderung nutzt die Abgeordnete Schellhammer.

Und das passiert, wenn man seine Kurzintervention anscheinend schon vorbereitet hat!

In meinem Redebeitrag habe ich mit keinem Wort erwähnt, dass wir den vorgelegten Gesetzentwurf deswegen ablehnen, weil die AfD ihn eingebracht hat, sondern auf der Grundlage, dass wir in Rheinland-Pfalz eine umfangreiche Reform durchgeführt haben, die im Sommer erst drei Jahre her ist und erst dann ihre Wirkung gezeigt hat.

Wir müssen abwarten, wie sich die Instrumente entwickelt haben und welche weiteren Maßnahmen notwendig sind, um die direkte Demokratie und die Bürgerbeteiligung vor Ort weiterzuentwickeln.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Drei Jahre warten Sie!)

Dass Sie es einzig und allein darauf reduzieren, dass es von der AfD kommt, das zeigt, Sie erwarten es auch nicht anders. Dies hat Ihre vorgefertigte Kurzintervention erneut belegt.

Ich merke von Politikverdrossenheit überhaupt nichts. Wir haben Parteimitglieder, wir haben viele Menschen, die sich auf die Listen setzen lassen, wir haben junge Menschen, die auf die Straße gehen und sich politisch engagieren.

(Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Ich merke, dass der Diskurs sehr lebendig ist.

Ich sage noch einmal, die Enquete-Kommission hat diese Position verabschiedet.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Und was haben Sie daraus gemacht?)

Wir haben uns sehr genau angeschaut, welche Gründe dafür sprechen, und dafür waren wir auch ganz offen,

(Zurufe der Abg. Michael Frisch und Uwe Junge, AfD)

aber wir haben keine unserer Empfehlungen tatsächlich mit einem zeitlichen Marker versehen. Deswegen sage ich, es gibt keinen Automatismus, keine Garantie, und wir müssen schauen, wie sich die Reform inzwischen angelassen hat, und dann können wir das neu bewerten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Matthias Lammert.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen über eine Gesetzesänderung zur Gemeindeordnung. Eine Bürgerbeteiligung nach § 17 a Gemeindeordnung über die Entscheidung auf Einleitung eines Bauleitplanverfahrens hört sich zunächst einmal unspektakulär an. Man muss aber in die Tiefe gehen.

Die Kollegin hat das schon gemacht und gesagt, in der vergangenen Legislaturperiode gab es eine EnqueteKommission, die sehr lange zum Thema „Bürgerbeteiligung“ getagt hat. Ich war selbst als Obmann in dieser Enquete-Kommission dabei. Es gab durchaus kontroverse Debatten. Auch zu diesem Thema gab es kontroverse Debatten. Am Ende stand dann ein Abschlussbericht. Dieser hat keine zwingenden Auswirkungen, sondern enthält Handlungsempfehlungen mit Hinweisen. Wir als Union hatten dazu abweichende Meinungen. Deshalb haben wir nicht allen Punkten zugestimmt und das dezidiert ausgeführt, was in einem Bericht einer Enquete-Kommission ganz normal ist. Das gehört dazu.

(Beifall bei der CDU)

Das zunächst einmal zu den sachlichen Dingen.

Grundtenor unseres Ansatzes war und ist, wir als Repräsentanten der Demokratie sollten immer bemüht sein, demokratische Prozesse zu stärken. Ich denke, darin sind wir uns einig. Mehr Partizipation und zugleich die Stärkung des repräsentativen Systems sind zwei Seiten unserer Demokratiemedaille. Ich denke, auch das ist konsensfähig.

Wenn Sie aber in Ihrem Gesetzentwurf – das fand ich dann schon spannend – unter der Überschrift „Problem und Regelungsbedürfnis“ im dritten Absatz formulieren „Eine lediglich auf Information und Anhörung beschränkte Beteiligung, die in vielen Fällen mit einem dem Willen der Wählermehrheit zuwider laufenden Beschluss des Gemeinderates endet“, bestätigen Sie damit genau den Populismus, den man Ihnen immer wieder vorwirft.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Sie stellen sich nämlich grundlegend gegen das System des Gemeinderats und der repräsentativen Demokratie. Es ist Ihre typische Art und Weise, dass Sie immer wieder versuchen, das zu penetrieren und zu diskreditieren. Das lassen wir Ihnen so nicht durchgehen.

(Beifall der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das haben wir als CDU in einer abweichenden Meinung zum Ausdruck gebracht.

Ich denke, auch darin sind wir uns einig. Ja zur Bürgerbeteiligung, das ist gar keine Frage. Dazu ist auch einiges

in der Gemeindeordnung verändert worden. Die Kollegin hat das schon gesagt. Die Gemeindeordnung ist verändert worden. In ihr gibt es durchaus Prozesse, aber immer unter Wahrung des Rechtsstaatsprinzips. Auch das sind Punkte, die uns immer wichtig waren; denn hier sind auch schützenswerte Positionen Einzelner im Spiel. Auch das gehört dazu. Nicht dem Willen aller, sondern allenfalls dem gemeinsamen Willen müssen diese weichen.

Ich kann auch nicht feststellen, dass in der letzten Zeit das Thema an uns besonders herangetragen wurde. Ich habe das in meinen Bürgersprechstunden nicht erlebt. Das gilt auch für die Kolleginnen und Kollegen. Ich muss ganz ehrlich sagen, Gemeinderäte müssen auch ein Stück weit gestalten können. Bürger können sich durch Eingaben, über Fragestunden und bei der Auslegung der Pläne über Eingaben zu Wort melden. Das ist doch gar keine Frage.

Über die Kommunalwahl gibt es jetzt auch wieder Beteiligungsmöglichkeiten. Dazu sind die Menschen aufgefordert.

Vielleicht liegt das auch ein Stück weit daran – ich habe noch einmal in den Abschlussbericht der EnqueteKommission geschaut –, dass bürgernahe Politik in den Gemeinden in Rheinland-Pfalz funktioniert. Vielleicht liegt die Tatsache, dass es so wenig Kritik gibt, auch daran, dass wir wirklich eine gute bürgernahe Politik vor Ort haben und unsere vielen Ehrenamtlichen, die dort in den Gemeinderäten und Stadträten unterwegs sind, sehr gute Arbeit leisten und diese transparent gestalten.

(Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

Ich denke, auch das ist vielleicht ein Punkt, weshalb so wenige Bürgerentscheide kommen.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Frau Ministerpräsidentin, im Übrigen hat Ihr Mann Klaus Jensen, der damals als Anzuhörender anwesend war, als er noch Oberbürgermeister von Trier war, gesagt, dass wir eine bürgerfreundliche Politik betreiben.

(Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Das ist immer noch mein Mann!)

Ja, das meine ich ja. Damals war er Oberbürgermeister. Jetzt ist er Ihr Mann. Gott sei Dank. Alles ist gut. Ich will keine Gerüchte streuen. Ich freue mich immer über Menschen, die verheiratet bleiben.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Heiterkeit bei der CDU)

Das ist zumindest auch mein familienpolitischer Status.

Jetzt zitiere ich noch Konrad Adenauer, weil das ganz gut passt; man muss noch etwas aus der tiefen Trickkiste hervorholen können.

(Heiterkeit im Hause)