Protocol of the Session on March 28, 2019

Dafür verlange ich eine Entschuldigung.

(Abg. Jens Guth, SPD: Kommen Sie zur Sache!)

Sie sind immer sehr hochtrabend, was die Moral angeht, und wenn Sie sich hierfür nicht entschuldigen, dann hat hier heute jeder gesehen, wie die Moral bei Ihnen selbst ist, nämlich ganz niedrig.

(Beifall der AfD)

Wir besprechen heute den Bericht des AdR vom Juli 2016 bis Juli 2017. Themen, die angesprochen wurden, sind unter anderem der Brexit, das Weißbuch über die Zukunft der EU, Jugendpolitik und Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und die Zukunft der Kohäsionspolitik nach 2020, auf die ich auch eingehen möchte.

Zum Brexit wurde gestern schon einiges gesagt, und der Status quo hat sich nicht verändert, außer dass Theresa May ihren Rücktritt angekündigt hat, sofern sie die Zustimmung für ihren Deal bekommt.

Ich komme zum Thema „Weißbuch über die Zukunft der EU“. Wir hatten hierzu eine spannende Anhörung im Europaausschuss, und generell wird seitens der EUKommission leider ein wesentlicher Risikofaktor unterschätzt, nämlich das Target2-System. Der deutsche Targetsaldo ist von 2007 mit etwa 70 Milliarden Euro Forderung

gegenüber dem Eurosystem, also den anderen Nationalbanken, auf mittlerweile ca. 1 Billion Euro angestiegen. Wir sprechen hier also fast von einem Drittel des deutschen Bruttoinlandsprodukts, was wir an Forderungen im Targetsystem haben. Alleine 400 Milliarden Euro davon schuldet uns Italien.

Es handelt sich hierbei folglich um einen öffentlichen, grenzenlosen Überziehungskredit, der, wie die Zahlen belegen, sehr gern in Anspruch genommen wird. Meine Damen und Herren, die privaten Clearingsysteme Londons zeigen, dass Überweisungen zwischen Ländern nicht zwangsläufig über die Zentralbank laufen müssen. Es würde sich hierbei um private Kredite zwischen den Bankensystemen handeln, die nicht in den Targetsaldo einfließen würden.

Was wäre hier der eklatante Unterschied zum Targetsystem? – Beim Targetsystem liegt das Kreditausfallrisiko beim Steuerzahler und beim privaten System bei Bankaktionären.

(Abg. Uwe Junge, AfD : Ja!)

Man sollte also schleunigst schauen, die Targetsalden abzubauen und das Haftungsrisiko für den Steuerzahler zu minimieren. Die Frage, was passiert, wenn die Salden fällig werden, kann man nicht einfach mit der Antwort abspeisen: Sie werden nicht fällig. Wenn sie fällig werden, dann tut das richtig weh. Also sollte man Vorkehrungen treffen. Aber vielleicht würde hier ein Wechsel einfach nur die Vorgehensweise aufdecken, dass wir unsere Exporte mittlerweile selbst bezahlen.

Ich komme zu den Themen „Jugendpolitik und Jugendarbeitslosigkeit“, die im AdR ebenfalls behandelt wurden. Griechenland über 40 %, Italien über 30 %, Spanien über 30 %, Frankreich 20 %, mit Regionen, die jedoch auch über 30 % Jugendarbeitslosigkeit erreichen.

Das sind sehr abschreckende Zahlen, und es ist ein sehr trauriges Bild, wenn man sieht, dass die Europäische Union in diesem Bereich einfach nur gescheitert ist. Man sollte an dieser Stelle gegebenenfalls die fortlaufende Überakademisierung der EU hinterfragen, die sicherlich einen Teil dazu beigetragen hat.

Natürlich ist es sehr wichtig, dass jeder Mensch sich für einen Beruf und einen Ausbildungsweg entscheidet, der ihm gefällt. Dennoch ist auch wichtig, dass man jungen Menschen immer die Chancen, Berufsaussichten und Zukunftsaussichten ehrlich und transparent aufzeigt. Vielleicht entscheidet sich dann der eine oder andere in seiner Wahl anders. Es muss nicht immer irgendetwas mit Medien sein.

Dann bleibt da noch das Themenfeld „Kohäsionspolitik nach 2020“. Natürlich ist es schön, wenn die Saar-LorLux-Region Geld bekommt, Geld für Rheinland-Pfalz ist grundsätzlich begrüßenswert. Die europäische Kohäsionspolitik ist jedoch nichts anderes als eine innereuropäische Entwicklungshilfe, die hauptsächlich von den Steuerzahlern in Deutschland und Frankreich getragen wird. Hier kann man also ganz klar von Umverteilungspolitik sprechen.

Es handelt sich bei dieser Art von Politik um einen alten sozialdemokratischen Taschenspielertrick. Man nimmt das Geld aus einer Hosentasche, nur nicht aus der eigenen, sondern aus der des Steuerzahlers. Verteilt wird dies überall, und der Restbetrag wird in die andere Hosentasche des Steuerzahlers gesteckt, und man klopft ihm dabei auf die Schulter und sagt: Hier hast Du auch etwas. –

Die Kohäsionspolitik wird in diesem Sinne scheitern, weil Europa nun einmal in unterschiedlichen Geschwindigkeiten funktioniert, und das wird auch durch eine Gleichmacherei nicht funktionieren. Bei der Jungen Union hätte man wahrscheinlich nicht den Begriff „Gleichmacherei“ verwendet.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der AfD)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Roth für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die politischen Themen des Ausschusses der Regionen im Zeitraum Juli 2016 bis Juli 2017 sind uns nur zu gut bekannt; denn der AdR behandelt diese Themen wie wir im Landtag, sei es im Plenum oder in den Fachausschüssen, insbesondere im Europaausschuss, und das macht Sinn.

Zu Beginn des Berichtszeitraums lag gerade das Ergebnis des britischen Referendums vor, und damit war das Thema „Brexit“ auch hier auf der Tagesordnung. Der 60. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge liest sich im Nachhinein schon fast wie eine emotionale Reminiszenz. Wir haben im Landtag versucht, mit einer Entschließung den Blick auf die Bedeutung dieser Römischen Verträge für die Mitgliedstaaten der EU zu lenken. So wertvoll die Errungenschaften innerhalb der EU für uns alle in der Vergangenheit waren, so sehr wird sich die Entwicklung der EU in der Zukunft auch auf unser aller Leben in den nächsten Jahren auswirken.

Im Ausschuss der Regionen reflektieren die 350 Mitglieder aus regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften, was Entscheidungen und Entwicklungen der EU für Europa gerade auch auf regionaler und lokaler Ebene für die Menschen bedeuten. Darüber hinaus geben sie Wasserstandsmeldungen ab, die belegen, wie die konkrete Arbeit auf der Ebene der Europäischen Union bei den Bürgern vor Ort ankommt. Die EU als Verbund muss sich weiter anstrengen, den Bürgerinnen und Bürgern ihr Handeln verständlicher zu machen.

Dazu zitiere ich hier noch einmal aus der Entschließung des AdR vom Februar 2017, aus der Staatssekretärin Heike Raab als Mitglied im AdR in ihrem Bericht bereits zitiert hat. Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren: Die EU muss in der Lage sein, „das Vertrauen seiner Bürger zu stärken, den Schwierigkeiten, die auf Europa und die Welt zukommen, besser zu begegnen, und Entscheidungen

über gemeinsame Maßnahmen im Geiste der Solidarität und unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips zu treffen.“ Dabei verpflichten sich die Mitglieder des AdR, „einen umfassenden Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern in der ganzen EU einzuleiten, um ihre Meinungen, Vorschläge und Sorgen direkt an der Basis einzuholen.“

In diesem Bereich hat sich inzwischen schon einiges getan. Ein gutes Beispiel ist die Reihe der Bürgerdialoge, bei der Abgeordnete des europäischen Parlaments mit Bürgerinnen und Bürgern bei Gesprächsrunden zusammenkommen, so geschehen etwa in Mainz und Cochem. Diese Veranstaltungen werden gut angenommen. Entgegen mancher Unkenrufe interessieren sich sehr viele Menschen für das Thema „Europa“. Das zeigen nicht nur Umfragen, sondern auch die Besucherzahlen bei den Bürgerdialogen oder auch bei den Demonstrationen von „Pulse of Europe“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die FDP-Fraktion dankt Heike Raab, die Rheinland-Pfalz als Mitglied im Ausschuss der Regionen vertritt, sowie auch Heike Scharfenberger als ihre Vertreterin für das Engagement im Ausschuss der Regionen. Es ist eines von vielen kleinen Mosaiksteinchen, die das Gesamtbild der Mitwirkung am Bau und Ausbau der Europäischen Union prägen. Der AdR hat nicht den ganz großen Einfluss auf die Institutionen der EU, aber ohne dieses Muster, das für die Regional- und Kommunalparlamente der Mitgliedsländer steht, wäre die Gemeinschaft wesentlich ärmer.

Haben Sie vielen Dank.

(Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Hartenfels für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass ich hier heute über die Aktivitäten des AdR sprechen kann, weil der AdR im Konzert der verschiedenen Institutionen Europas gerade als Fürsprecher für den Blickwinkel der Regionen und der Städte in Europa eine ganz wichtige Funktion hat.

Er nimmt eine ganz wichtige Rolle ein, und er ist vor allem von unschätzbarem Wert aus rheinland-pfälzischer Sicht betrachtet. Wenn man sich die Themenpalette vor Augen führt, die im AdR besprochen worden ist, dann sind das wichtige Themen, die auch heute nach wie vor aktuell sind. Es wurde natürlich über das Weißbuch der Zukunft Europas gesprochen, bei dem in Europa darüber diskutiert worden ist, was die wichtigsten Erneuerungen sind, die wir bräuchten, um Europa in eine gute Zukunft zu führen.

Wir haben Gespräche geführt und Berichte gehört über den mehrjährigen Finanzrahmen, der ein ganz wichtiges Instrument ist, mit dem sich der AdR beschäftigt hat.

Natürlich wurden auch so große Themen wie der Weltkli

mavertrag in Paris angesprochen und konkretisiert. Das Thema „Asylpolitik“ war ein wichtiges Thema, aber auch so „kleine Themen“, wie es mit der EU-Radverkehrspolitik weitergeht. Dazu wurden Aktionsprogramme beschlossen.

Ein weiteres Thema, das uns auch hier im Plenum immer wieder beschäftigt, war, wie wir zu einer nachhaltigen Ernährungspolitik in Europa kommen.

Das sind alles ganz viele und wichtige Stichworte, die in diesem Ausschuss besprochen worden sind. Aber aufgrund der Kürze der Zeit will ich mich vor allem auf ein Thema fokussieren, das ein originäres Thema des AdR ist, glaube ich, das ist die Kohäsionspolitik. Das ist das zentrale Thema für den AdR, aber auch zentrales Thema für Rheinland-Pfalz, weil es darum geht, das Zusammenwachsen der Regionen in Europa zu unterstützen, zu fördern, nach vorne zu bringen und vor allem Disparitäten, Unterschiede zwischen den Regionen auszugleichen und nicht gegeneinander auszuspielen. Das konnte man gerade bei Herrn Lohr wieder bewundern, wie das die AfD so gerne macht, ein Ausspielen statt ein Miteinander zu organisieren.

(Heiterkeit bei der AfD)

Die Kohäsionspolitik ist ein gutes Beispiel dafür, dass man das auch gut hinbekommen kann. Ich bin dankbar, dass Herr Barth die Zahlen schon genannt hat, die etwa 600 Millionen Euro, die wir über die verschiedenen Strukturfonds gerade hier in Rheinland-Pfalz in den letzten Jahren nutzen konnten, um den Menschen konkret vor Ort die Zukunftsthemen nahezubringen und ihnen bei der Umsetzung dieser Zukunftsthemen zu helfen, ob das die nachhaltige Wirtschaftspolitik betrifft, es um Fragen des Tourismus oder Innovationsfragen geht, wie sich ländliche Regionen gut aufstellen können usw. Überall dort gibt uns die Kohäsionspolitik Hilfestellungen.

Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir ein Gremium haben, das nach Europa signalisiert, bei dieser Kohäsionspolitik dürfen keine Abstriche gemacht werden, weil sie so wertvoll ist, so wertvoll ist für Europa, damit Europa erfahrbar wird, und erfahrbar wird Europa über diese Strukturfonds, über die die Bürgerinnen und Bürger, auch zum Beispiel in Rheinland-Pfalz, ganz konkret erfahren, dass es einen Mehrwert gibt, einen Mehrwert, den es auf der einen Seite zu verteidigen, auf der anderen Seite aber auch weiterzuentwickeln gilt.

Dass das so wichtig ist, zeigen die populistischen Tendenzen, die wir in Europa haben, die eine ganz andere Idee verfolgen, nämlich die Abschottung. Da wird dann von den Vaterländern in Europa gesprochen. Ich bin froh, dass wir das Europa der Vaterländer überwunden haben. Der ungeheure Gräuel, den das Europa der Vaterländer über die Menschen in Europa gebracht hat, spottet jeder Beschreibung und hat mich als junger Mensch entsetzt, nachdem ich die ersten Filme zu diesem Thema gesehen habe.

Ich bin so froh, dass wir uns in eine Richtung entwickeln, in der man eher von einem Europa der Regionen spricht. Das ist das Bild, das wir erreichen wollen. Wir in RheinlandPfalz stehen für ein Europa der Regionen, gerade in der

Grenzregion. Ein schöneres Beispiel kann es gar nicht geben: Über 200.000 Menschen in unserer Region, in der Region hier in Rheinland-Pfalz, pendeln hin und her zwischen den Beneluxstaaten und umgekehrt nach Rheinland-Pfalz. Wenn man die Familien mit hinzunimmt, die daran hängen, dann reden wir über weit eine halbe Million Menschen, die darauf angewiesen sind, dass es eine Kohäsionspolitik gibt, die sich mit den alltäglichen Fragen auseinandersetzt, mit guten Verbindungen, zum Beispiel im ÖPNV-Bereich, mit guten wirtschaftlichen Verflechtungen usw.

Von daher kann ich nur zusammenfassend sagen, ich bin sehr froh, dass wir diesen Ausschuss haben. Wir können diese Arbeit dort gar nicht genug wertschätzen. Wir können gerne noch darüber nachdenken – Herr Barth hat es angedeutet –, wie wir das noch besser auch in die Bevölkerung hinein kommunizieren, damit klar ist, welche Arbeit dort geleistet wird.

Ich bin auf jeden Fall froh und dankbar und bringe das hiermit gern noch einmal zum Ausdruck.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Damit sind wir am Ende der Debatte dieses Tagesordnungspunkts; denn weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Der Bericht über die Arbeit und die Arbeitsergebnisse des Ausschusses der Regionen (AdR) im Zeitraum Juli 2016 bis Juli 2017 hat damit seine Erledigung gefunden.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, darf ich Gäste auf unserer Besuchertribüne willkommen heißen. Wir freuen uns über die Anwesenheit von Mitgliedern der CDU Senioren-Union Maifeld und Mitgliedern des CDU Gemeindeverbands Maifeld. Herzlich willkommen bei uns im Landtag!

(Beifall im Hause)