Protocol of the Session on March 28, 2019

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Besonders hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang die MINT-Strategie der Landesregierung für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Auf der Grundlage eines runden Tischs – Herr Baldauf, die Sie so verteufelt haben – wurde eine Strategie erarbeitet, die insbesondere junge Mädchen und Frauen – heute ist Girls’ Day – mit diesen Fächern vertraut machen soll. Eine MINT-Geschäftsstelle wurde eingerichtet, die den Erfolg der Initiative nachhält.

Es freut mich, dass der Erfolg dieser Initiative immer wieder von Unternehmen und Wirtschaftsinstitutionen in unserem Land ausdrücklich gelobt wird.

Auch den Aspekt der Weiterbildung möchte ich noch hinzufügen, Herr Minister Wolf. Die Landesregierung bietet ein hervorragendes Weiterbildungsportal Rheinland-Pfalz an. Unter „www.weiterbildungsportal.rlp.de“ sind alle Informationen zu den verschiedensten Berufsfeldern zu finden. Fördermöglichkeiten werden aufgeführt und Kontaktstellen aufgelistet. Ob Schulabschlüsse, Ausbildungsabschlüsse, klassische Weiterbildungsmaßnahmen für Erwerbstätige, über alle Ressorts hinweg können Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer hier fündig werden.

Auch der Meisterbonus lässt sich hier finden, aber auch die QualiSchecks, auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch haben. Das ist wirklich eine tolle Plattform. Schauen Sie einmal rein.

Bildung und Weiterbildung sind zentrale Elemente einer guten Wirtschaftspolitik und ein Weg der Fachkräftesicherung, Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler. Der IHK-Konjunkturklimaindikator vom Winter 2018/2019 zeigt, dass eine deutliche Mehrheit von 59 Unternehmen aller Betriebe den Fachkräftemangel als größtes Risiko für ihren wirtschaftlichen Erfolg definieren. Sie haben noch nicht darüber gesprochen, dass es einen gibt, sehen darin aber ein Risiko.

An dieser Stelle hat die Landesregierung unter Ihrer Führung sehr früh die Zeichen der Zeit erkannt, Frau Ministerpräsidentin Dreyer. Mit dem Ovalen Tisch zur Fachkräftesicherung, der 2014 erstmals verabschiedeten Fachkräftestrategie und der Fachkräftestrategie 2018 bis 2021 haben

Sie ganz früh und vorausschauend konkrete Umsetzungsschritte bei diesen wichtigen Themen unternommen.

Ich möchte es noch einmal sagen: Runde Tische, bei denen alle Akteure zusammenkommen, gemeinsam ein Konzept vereinbaren, eine Zeitleiste dazu festlegen und gegenseitig darauf achten, dass diese Schritte umgesetzt werden, sind ein sehr effektives Steuerungselement und ein sehr effektives Element, Politik zu gestalten. Es ist einfach Phrasendrescherei, das so abzutun.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist im Übrigen eine rheinland-pfälzische Spezialität, dass die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite immer gemeinsam an diesem runden Tisch sitzen.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Genau!)

Das ist ein sozialdemokratischer Akzent, den ich loswerden muss.

Ein Baustein für wirtschaftliche Stabilität liegt unserer Überzeugung nach in einer starken Sozialpartnerschaft und Mitbestimmung. Leider hat das Statistische Landesamt keinen gesetzlichen Auftrag, Daten über das Vorhandensein von Betriebsräten zu führen. Daher kann ich einen Zusammenhang nicht statistisch belegen, sondern nur empirisch anhand von eigenen Erfahrungen.

In der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 und 2010 sind nach unserer damaligen Erfahrung Betriebe mit einem starken Betriebsrat wesentlich besser durch die Krise gekommen als solche ohne oder in denen es Konflikte gab. Manchmal waren es die Betriebsräte, die zusammen mit den Gewerkschaften den höheren ökonomischen Sachverstand bewiesen haben.

Lassen Sie mich aus eigener Erfahrung noch ein Wort zum Handwerk sagen. Das ist eine Säule, die uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ganz wichtig ist. Wie vielleicht einige von Ihnen wissen, war ich einige Jahre in der Handwerkskammer Koblenz beschäftigt und habe dort Auslandsprojekte verantwortet. Das waren vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) finanzierte Twinning-Modelle, bei denen es darum ging, unsere handwerklichen Strukturen aus dem Inland im Ausland, in damaligen EU-Beitrittskandidatenländern wie Bulgarien und Rumänien, zu implementieren.

Warum bezahlt das BMZ das? – Weil unsere Handwerksstrukturen ein Garant für wirtschaftliche Qualität und Erfolg sind. Das ist der Grund, weshalb diese Art von Entwicklungshilfe betrieben wird. Daran kann man sehen, wie heilig uns dieser Bereich sein sollte.

Der Meisterbrief ist ein Qualitätssiegel für gute Arbeit. Handwerksmeister haben in der Regel eine gesicherte Existenz. Die Insolvenzquote von Meisterbetrieben ist verhältnismäßig niedrig. Die Einführung des Meister- bzw. Aufstiegsbonus durch die Ampelkoalition bringt wirtschaftliche Prosperität. Sie ist zudem ein wichtiger Baustein – Sie haben das gesagt, Herr Minister – bei der Herstellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen. Deswegen

nehmen wir dafür im Jahr 2019 und 2020 insgesamt 12 Millionen Euro in die Hand.

Der Aufstiegsbonus dient aber auch der Fachkräftesicherung; denn der Meisterbrief beinhaltet die Befähigung zur Ausbildung. Die SPD-Fraktion tritt deshalb im Rahmen der Spielräume der Europäischen Union für eine – das ist ein schönes Wort – „Rückvermeisterung“ – das habe ich neu gelernt –, also die Wiedereinführung der Meisterpflicht in einzelnen, im EU-Bereich zulässigen Gewerken ein.

Mehr Meister heißt auch, mehr mögliche Ausbildungsverhältnisse. Die Tatsache, dass die Unternehmen in Deutschland für die Ausbildung des Nachwuchses mitverantwortlich sind, ist ein ganz wichtiges Element der Fachkräftesicherung. Mit der dualen Ausbildung sorgt der Staat durch die Sicherstellung bestimmter Bildungsstandards dafür, dass das Gesamtbild vermittelt wird. Als dritte Säule kommt die überbetriebliche Ausbildung in Verantwortung der Kammern hinzu, die sicherstellt, dass die Gesellen in einem Beruf die gesamte Bandbreite ihres Berufs erlernt haben und nicht nur die Spezialität, die in ihrem jeweiligen Ausbildungsbetrieb vermittelt wird.

Deshalb unterstützen die Landesregierung und die Ampelkoalition die überbetriebliche Ausbildung. Es war die Ampelkoalition in diesem Parlament, die in den Haushaltsverhandlungen für die überbetriebliche Ausbildung noch einmal 500.000 Euro draufgesattelt hat.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen sie hochhalten und stärken; denn sie ist auch ein wichtiges Rezept gegen Jugendarbeitslosigkeit, wenn man sich den europäischen Kontext anschaut.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Ja!)

Zum Thema „Industrie“ hat Herr Minister viel gesagt, das wir teilen. Unsere starken Industrieunternehmen sichern über die Zulieferbetriebe vielen mittelständischen Unternehmen Arbeit und Aufträge. Daher ist es auch in unserem Interesse als Sozialdemokraten, sie in Zukunft weiter zu stärken und bei ihnen mithilfe der Sozialpartner gute Arbeit zu sichern.

Nachdem sich der Arbeitskreis „Wirtschaft“ der SPDFraktion im letzten Jahr unter dem wirtschaftspolitischen Sprecher Dr. Alt schwerpunktmäßig mit der Chemieindustrie beschäftigt hat, wollen wir in den nächsten Monaten den Fokus auf die Automobil- und AutomobilZuliefererindustrie legen. Sie steht nicht nur durch den Brexit, sondern auch durch die neuen Antriebstechnologien vor ganz besonderen Herausforderungen.

Morgen werden wir uns noch ein bisschen zum Thema „Industriestrategie“ austauschen, sodass ich das jetzt nicht vorwegnehmen muss.

Unser Land wird aber nicht nur von Handwerk und Industrie geprägt, sondern natürlich auch von Handel, Dienstleistung und Landwirtschaft. Landwirtschaft und Weinbau haben für unser Flächenland eine herausragende Bedeutung.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Eine tolle Offenbarung!)

Der Erhalt unserer Kulturlandschaft ist Voraussetzung für ein attraktives touristisches Angebot. Die Produktion von hochwertigen Lebens- und Genussmitteln, aber auch die dezentrale Produktion regenerativer Energie stellen besondere Vorteile für die vor- und nachgelagerten Bereiche dar und bilden ein enormes Wertschöpfungspotenzial.

Beim Thema „Landwirtschaft“ hat Herr Minister Wissing auf die große Zukunftsaufgabe der Digitalisierung hingewiesen. Der Ausbau der Infrastruktur hin zur Gigabitgesellschaft ist, da werden Sie mir zustimmen, Herr Minister Lewentz – der gerade nicht da ist, aber er stimmt mir trotzdem zu –,

(Heiterkeit bei SPD und bei CDU – Abg. Martin Haller, SPD: Sehr gut, das soll er auch machen!)

neben dem Straßenbau die wichtigste Infrastrukturaufgabe für den ländlichen Raum.

(Beifall der SPD)

Hören Sie sich noch die Zahl an! Deswegen ist dafür im Haushalt die gigantische Summe von 300 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen.

Zum Thema „Weinbau“ haben Herr Minister Wissing und ich sowie eine Reihe weiterer Kollegen im Raum in der letzten Woche einen bemerkenswerten Vortrag bei einer Veranstaltung des Vereins Deutscher Ingenieure gehört. Dr. Ulrich Matthies vom Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen Rheinland-Pfalz berichtete über die Folgen des Klimawandels für den Weinbau.

Die Tatsache, dass wir absehbar in Mainz ein Klima wie in Mailand haben werden, führt dazu, dass hier Trauben wie Merlot und Cabernet Sauvignon gedeihen, führt aber auch zu schlimmen Wetterkapriolen und Großschadensereignissen wie Hagel, Überschwemmungen oder eben langen Dürreperioden. Das Schlimmste: Es führt dazu, dass sich neue Schädlinge wie die Kirschessigfliege ungehindert ausbreiten können.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Das liegt aber auch am Handel, dass wir immer neue Schädlinge bekommen!)

Das wird zur Folge haben, dass wir der Sache eigentlich nur mit verstärkten Schädlingsbekämpfungsmitteln Herr werden können, die dann wiederum im Grundwasser landen.

Natürlich trifft der Klimawandel – das war nur ein besonders plastisches Beispiel – auch andere Wirtschaftsbereiche mit voller Wucht, wenn die Pariser Klimaziele nicht eingehalten werden. Herr Minister Wissing hat es gesagt, bei hitzebedingtem Niedrigwasser sind unsere großen Wasserstraßen nicht voll nutzbar. Das hat unglaubliche wirtschaftliche Folgen für die Großunternehmen wie die BASF. Umweltpolitik ist also auch Wirtschaftspolitik.

Zum Schluss möchte ich ein paar Worte zum Thema „Eu

ropa“ verlieren. Herr Minister Wissing hat in seiner Regierungserklärung im Zusammenhang mit dem Brexit ein Bekenntnis zum Freihandel abgegeben, aber auch zur EU als Stabilitätsanker für die Demokratie. Dem schließen wir uns als SPD natürlich aus vollem Herzen an. Aufgrund unserer geographischen Lage im Herzen Europas und den engen Beziehungen zu unseren Nachbarn ist eine starke Europäische Union für unsere Wirtschaft essenziell.

Rheinland-Pfalz ist in besonderem Maße von Außenhandel und Exporten abhängig. Auf die hohen Exportraten hatte ich bereits hingewiesen, die bei Unternehmen in allen großen Branchen überdurchschnittlich sind. Es muss unser Ziel sein, stabile außenwirtschaftliche Beziehungen zu unseren Partnern innerhalb und außerhalb der EU zu erhalten.

Rheinland-Pfalz ist ein kleines Land, aber das ist die Bundesrepublik auch. Wie soll sich ein Markt von 81 Millionen Menschen gegen den chinesischen Markt mit 1,4 Milliarden Menschen behaupten?

(Abg. Joachim Paul, AfD: Alles Analphabeten!)

Mir ist es ein Rätsel, worauf Großbritannien mit seinen 66 Millionen Menschen eigentlich hofft.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Das ist allen ein Rätsel! – Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Die Schulden Europas nicht bezahlen zu müssen!)

Der Markt der Europäischen Union umfasst immerhin 512 Millionen Einwohner. Damit lassen sich ganz andere Bedingungen eines gleichberechtigten Wettbewerbs aushandeln, mehr Nachdruck auf die Einhaltung von Sozialund Umweltstandards legen, als es ein kleines Land alleine könnte.

Wir Sozialdemokraten betrachten deshalb die Europawahl auch für unser Bundesland als Schicksalswahl und kämpfen entschieden für ein demokratisches Europa. – Jetzt müsstet Ihr klatschen, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei der SPD – Abg. Simone Huth-Haage, CDU: Die sind alle am Schlafen!)