Das tun wir, indem wir uns darauf konzentrieren, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass wir die Chancen neuer Entwicklungen nutzen können und gleichzeitig unsere Gesellschaft vor den Risiken und den Problemen neuer Entwicklungen schützen.
Die Politik gestaltet das Umfeld, in dem Ideen entstehen, aus Ideen Geschäftsmodelle werden und schließlich Unternehmen erwachsen. Die Politik, der Staat, sollte das Umfeld aber nicht alleine gestalten, sondern gemeinsam mit denjenigen, die sich in diesem Umfeld behaupten müssen und dort erfolgreich arbeiten.
Genau das machen wir, wenn es darum geht, Gründungen bei uns im Land voranzubringen. In der Gründungsallianz arbeiten wir gemeinsam mit Kammern, Verbänden, Banken und Gründerlehrstühlen der Hochschulen daran, Hürden zu beseitigen und die Förderstruktur bei uns in RheinlandPfalz passgenau für unser Land zu erneuern. Wir wollen, dass unsere Gründerinnen und Gründer das bestmögliche Umfeld bekommen, um ihre Idee umzusetzen. RheinlandPfalz soll zum Gründerland Nummer 1 werden.
(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Christine Schneider und Martin Brandl, CDU)
Wir wollen eine echte Willkommenskultur für neue Ideen etablieren. Wir wollen nicht das Land der Bedenkenträger, sondern das Land der Innovation, der Kreativität und das Land der Tat sein. In der Gründungsallianz nehmen wir alle relevanten Politikbereiche unter die Lupe. Wir beschäftigen uns mit dem Zugang zu Wagniskapital, genauso wie mit einer besseren Verzahnung von Wissenschaft, Ausbildung und Gründertum.
Ein optimales Umfeld für Gründer kann nur da entstehen, wo alle Ebenen sinnvoll ineinandergreifen. Das gilt nicht nur für die staatlichen Ebenen, sondern auch für beratende, finanzierende und für Bildungsinstitutionen. In der Gründungsallianz sind all diese Kompetenzen gebündelt.
Wir wollen das kreative Potenzial unseres Landes – das sind die Ideen und die Motivation seiner Bürgerinnen und Bürger – nicht einfach lenken, sondern unterstützen.
Die Gründungsallianz hat bereits Früchte getragen: Wir haben begonnen, unsere Förderkultur neu auszurichten und fördern jetzt auch nicht technologische Entwicklungen. Themen wie „Digitalisierung“ und „Künstliche Intelligenz“ haben wir damit zu einem festen Bestandteil der Förderpolitik gemacht.
Meine Damen und Herren, die Gesellschaft ändert sich, die Wirtschaft ändert sich, und deshalb muss auch die Wirtschaftspolitik geändert werden. Wurden früher vor allem Maschinen und Gebäude gefördert, fördern wir heute auch Ideen und Konzepte.
Um ein Beispiel zu nennen: Gerade im Bereich der Industrie 4.0 ist es wichtig, dass man nicht den Schwerpunkt oder das Anknüpfen der Förderungen an die Entwicklung neuer Technologien knüpft, sondern es muss ausreichen, wenn eine innovative Geschäftsidee mit einer etablierten Technologie, beispielsweise der IT, auf den Weg gebracht wird. Genau das ist in Rheinland-Pfalz nun möglich.
So sehr sich unsere Wirtschaft geändert haben mag, eines ist gleich geblieben: Fachkompetenz, Kreativität und Fleiß sind und bleiben die Fundamente, auf denen unser Wohlstand gebaut ist. Der BASF-Gründer Friedrich Engelhorn hatte eine Ausbildung zum Goldschmied absolviert. Er wanderte neun Jahre lang durch Europa, um zu lernen, Ideen zu sammeln und seinen Horizont zu erweitern, bevor er die Badische Annilin- & Soda-Fabrik gründete.
Warum betone ich das? Die Fundamente seines Erfolgs waren eine solide berufliche Ausbildung, offene Grenzen, Kreativität und die Fähigkeit, erworbenes Wissen in einen neuen Kontext zu setzen. Zunächst hat sich Engelhorn in seinem erlernten Handwerksberuf selbstständig gemacht und ein Juweliergeschäft eröffnet. Den Grundstein für den heutigen Weltkonzern in der Chemischen Industrie hat er erst später gelegt.
Das sagt viel aus über das enorme Potenzial der beruflichen Bildung. Nicht nur damals, auch heute noch gilt: Die berufliche Bildung ist ein Fundament, auf dem sich aufbauen lässt. Sie kann Türen öffnen und neue Wege ermöglichen. Deswegen muss ein Augenmerk auf die berufliche Bildung gelegt werden. Da bin ich mir mit meiner Kollegin, Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig, vollkommen einig.
Ein Meister und eine Meisterin in einem Handwerksberuf sind mehr als nur Experten ihres Fachs. Sie sind Ausbilder und Unternehmer. Für mich ist es deshalb ein Kernanliegen, die berufliche Bildung zu stärken, junge Menschen für diesen Berufsweg zu begeistern. Wir arbeiten entschlossen gegen das Klischee, wer eine berufliche Ausbildung ergreife, besitze nicht die Fähigkeiten für ein Hochschulstudium.
Kaum eine Ausbildung bereitet so schnell und qualifiziert darauf vor, in ein eigenes Unternehmen einzusteigen und es zu führen, wie die klassische berufliche Ausbildung einschließlich des Meisterbriefs. Hier werden nicht nur berufliche, sondern auch unternehmerische Fähigkeiten und Fertigkeiten gelehrt und trainiert – in einer unglaublichen und bewundernswerten Tradition.
Gerade in der beruflichen Ausbildung und ganz besonders im Handwerk ist der Gang in die Selbstständigkeit keine Ausnahme, sondern eine selbstverständliche Option; eine Option, die wichtig ist für unser Land. Es sind nämlich diese Unternehmen, die später zur Wertschöpfung beitragen, die ausbilden, die Arbeitsplätze schaffen und einen ganz entscheidenden Beitrag zum Wohlstand unserer Gesellschaft leisten.
Auch hier gilt: Es ist Aufgabe der Politik, Neues groß werden zu lassen. Als Wirtschaftsminister habe ich deshalb den Aufstiegs- bzw. Meisterbonus I und II eingeführt. Mit dem Meisterbonus I fördern wir den Abschluss der Meisterprüfung und damit die fachliche Professionalisierung, mit dem Meisterbonus II die Gründung eines Unternehmens. Wir haben damit begonnen, die berufliche Ausbildung auf die Ebene der akademischen Ausbildung zu heben.
Für den Staat darf es keinen Unterschied machen, wer sich für welchen Weg entscheidet. Er muss allen Bürgerinnen und Bürgern auf ihrem Weg die bestmögliche Unterstützung gewähren. Gemeinsam mit den Kammern werbe ich für die duale Ausbildung, nicht nur hier in Rheinland-Pfalz, nicht nur in Deutschland, sondern auch und gerade in Europa. Vergangene Woche hatten wir uns zuletzt dafür starkgemacht, das ERASMUS-Programm auf die berufliche Bildung auszuweiten. Menschen in der beruflichen Bildung, gerade unsere hervorragende Jugend, dürfen von diesem Programm nicht ausgeschlossen und übersehen werden.
Aus dem gleichen Grund haben wir gemeinsam mit den Handwerkskammern und der Bundesagentur für Arbeit das Programm „Coaches für betriebliche Ausbildung“ ins
Die Coaches unterstützen junge Menschen, einen Ausbildungsplatz zu finden und gut ins Berufsleben zu starten. Wir wollen in Rheinland-Pfalz beste Chancen für alle, und unsere Coaches für betriebliche Ausbildung setzen diesen Anspruch ganz konkret mit ganz konkreten Maßnahmen um.
Wenn wir über die berufliche Bildung reden, sollten wir im Hinterkopf haben: Es war ein Goldschmied, ein Handwerker, der das Fundament für einen unserer innovativsten und größten Konzerne, die BASF SE, gelegt hat. Der Gründer der BASF war kein Professor, kein Ingenieur, er war Handwerker.
Deshalb muss die Politik bei der Bewertung von Lebensentwürfen zurückhaltend sein. Ein moderner Staat begreift, einen Lebensweg wie den Friedrich Engelhorns kann man nicht planen, aber ermöglichen. Ein moderner Wirtschaftsstandort und eine moderne Gesellschaft leben von der Vielfalt: der Vielfalt der Fähigkeiten, der Interessen und der Lebensentwürfe.
Gerade für Rheinland-Pfalz als Flächenland hat der Meisterbonus ein enormes Potenzial. Unsere ländlichen Wirtschaftsräume sind geprägt von Handwerk, Mittelstand, Landwirtschaft und Weinbau. Wenn wir diesen ländlichen Regionen Stärke und Lebensqualität erhalten wollen, müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen dort eine gute Wohlstandsperspektive behalten.
Wer eine berufliche Ausbildung absolviert, hat in der Regel die Möglichkeit, sich nah der Heimat zu qualifizieren. Wir erleichtern mit unserem Aufstiegsbonus jungen Menschen damit immer auch das Bekenntnis zu ihrer Heimat und unserem wunderschönen Bundesland Rheinland-Pfalz. Diese Standorttreue finden wir bei vielen mittelständischen Unternehmen wieder. Deswegen gilt für uns: Heimatbezug ist nie Ausdruck von Provinzialität, sondern immer von Identität.
(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr richtig!)
Die rheinland-pfälzischen Unternehmen sind hier verwurzelt, aber sie sind auf den Weltmärkten zu Hause. Unsere Unternehmen sind international ausgerichtet, so wie es schon BASF-Gründer Friedrich Engelhorn von Anfang an war. Er hat Europa bereist, kennengelernt und von Europäern gelernt. Das Urprodukt seiner Badischen Anilin& Sodafabrik, die Synthese von Anilin-Violett aus Steinkohlenteer, geht auf eine Erfindung des Engländers Henry Perkin zurück. Sie sehen, schon damals setzte der europäische Austausch von Waren und Ideen die entscheidenden Impulse für das Wirtschaftsleben bei uns vor Ort.
fügen. Einen Reichtum aber haben wir: unsere einmalige Lage im Herzen Europas. Rheinland-Pfalz braucht Europa als ein Projekt der Freiheit und der Sicherheit, als einen Garanten für wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität. Die rheinland-pfälzische Wirtschaftspolitik ist heute auch eine europäische: Zahlreiche Projekte in unserem Land, insbesondere in den ländlichen Regionen, werden durch die Europäische Union gefördert.
Betriebe im Land erhalten Unterstützung für Investitionen, was auch dazu beiträgt, bestehende Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen. Wenn wir uns manchmal über Bürokratie aus Brüssel ärgern, sollten wir häufiger die Chancen erwähnen, die uns Europa bietet. Es sind wahrlich große Chancen.
Die Bürgerinnen und Bürger Großbritanniens haben sich mit dem Ausstieg aus der Europäischen Union für ein gewagtes volkswirtschaftliches Experiment mit ungewissem Ausgang und Konzept entschieden. Gegen Europa, gegen freien Handel und gegen eine freie Gesellschaft zu sein, ist kein Zukunftskonzept; es ist in Wahrheit Zukunftsverweigerung.
Wer in Deutschland mit der Europäischen Union oder mit Europa hadert, sollte die wirtschaftliche und auch gesellschaftliche Entwicklung in Großbritannien genau beobachten. Sie ist eine Warnung vor einem erstarkenden Populismus, wie wir ihn in Deutschland und auch zum Teil hier im Landtag erleben müssen.
Allen, die meinen, die Axt an die Europäische Union legen zu wollen, sei nochmals in Erinnerung gerufen: RheinlandPfalz profitiert vom freien Handel in Europa und mit der Welt. Rheinland-Pfalz ist ein starkes Gewinnerland der Globalisierung. Deshalb sollten wir uns auch beim Freihandel an die Spitze der Befürworter stellen. Es ist schade, dass in der Vergangenheit so viel über mögliche Nachteile und so wenig über die Vorteile des Freihandels gesprochen wurde.
Wenn sich ein rheinland-pfälzisches Unternehmen im Ausland engagiert, dann geht es schon lange nicht mehr darum, die Produktion in billigere Länder zu verlagern. Viel wichtiger ist es, für die eigenen Produkte neue Märkte zu erschließen und die eigene Innovationsfähigkeit durch Kooperationen mit dem Ausland zu stärken.
Ich habe vor wenigen Tagen mit Freude den neuen Vorwärmeofen der Firma Aleris in Koblenz – eine Millioneninvestition – mit in Betrieb genommen. Die Geschichte ist schnell erzählt. Das Unternehmen wurde identisch kopiert und genau so, wie es in Koblenz steht, in China aufgebaut. Das ist aber nicht passiert, um Arbeitsplätze bei uns zu gefährden oder zu verlagern, sondern um die engen Lieferverknüpfungen mit den Kunden von Aleris in der Luftfahrtindustrie weltweit überall bedienen zu können.
des Standorts in Koblenz, nein, es führte dazu, dass das Unternehmen langfristige Lieferverträge mit seinen Kunden abschließen konnte. Das wiederum führte zu dieser großen Millioneninvestition in Koblenz mit der Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze. Das ist ein positives Beispiel für internationalen wirtschaftlichen Austausch, wie wir ihn in Rheinland-Pfalz wollen, wie wir ihn leben und wie er zum Wohlstand und zur Sicherung unseres Sozialstaats bei uns beiträgt.
Wir exportieren Dienstleistungen und Waren, wir importieren Wohlstand und soziale Stabilität für uns. Frieden, Wohlstand und Sicherheit kann es nur geben, wo Nationen sich nicht als Konkurrenten begreifen, sondern auch als Partner verstehen. Dahinter dürfen wir nicht zurückfallen, und deshalb sollte sich gerade ein Land mit unserer Geschichte und unserer hohen Exportquote konsequent für Frieden und Freiheit einsetzen. Dafür steht diese Landesregierung ohne Wenn und Aber,
für die Freiheit des Handels genauso wie für die Freiheit der Gesellschaft sowie für die Freiheit eines jeden einzelnen Individuums. Alle drei Formen sind untrennbar miteinander verbunden. Ein freier Handel ist ohne Freizügigkeit für die Bürgerinnen und Bürger nicht denkbar, und diese wiederum setzt eine freie und offene Gesellschaft voraus.
Meine Damen und Herren, der Westen, unsere Demokratie, aber auch unsere Form der sozialen Marktwirtschaft werden durch andere Staatsmodelle heute herausgefordert. Man kann China dafür bewundern, wie schnell dort Flughäfen gebaut und Infrastrukturmaßnahmen umgesetzt werden. Man kann aber auch erschrocken darüber sein, wie wenig die Individualrechte der Bürgerinnen und Bürger geachtet werden.
Wer deshalb in solchen staatsgesteuerten Modellen ein Zukunftsmodell sieht, hält Freiheit für ein Auslaufmodell. China ist ohne Zweifel ein wichtiger Markt für unsere rheinlandpfälzischen Unternehmen, und wir sollten dem Land mit Respekt, aber auch mit Selbstbewusstsein gegenübertreten. Der Staatskapitalismus spielt seine Stärken durch staatliche Vorgaben, zwangsweise Durchsetzung und das enorme Kapital von Staatsfonds aus. Wir können und wir wollen hier nicht mithalten.
Wir können dem aber auch eigene Stärke entgegensetzen, und zwar die Stärke einer freien Gesellschaft mit ihrer Kreativität, Innovationsfähigkeit und ihrem sozialen Zusammenhalt. Meine Damen und Herren, Innovationen entstehen nicht in den Ländern mit Staatskapitalismus. Sie entstehen in freien, offenen und pluralistischen Gesellschaften, die Räume für Kreativität und Innovation schaffen. Sie entstehen in Ländern wie Deutschland und ganz besonders in Rheinland-Pfalz. Darauf sind wir stolz. Deswegen stehen und kämpfen wir für eine weltoffene Gesellschaft, für Migration, für einen Austausch mit unseren Partnern in der Welt und eben auch für Kreativität bei uns in Rheinland-Pfalz.