Protocol of the Session on February 21, 2019

Werter Präsident, liebe Kollegen! Wenn wir als RheinlandPfälzer in die Zukunft schauen möchten, dann bleibt uns nur der Blick in unser benachbartes Bundesland NordrheinWestfalen. Diese Zukunft verheißt wenig Gutes. So berichtet der FOCUS von einem Fall in Duisburg. In Duisburg sprechen noch 8 % der angehenden Erstklässler fehlerfrei Deutsch, 30 % können überhaupt kein Deutsch.

Am 9. Februar berichtete SAT.1 über den Albtraum der Grundschülerin Jara. Weil sie das einzige Kind in ihrer Klasse war, das Deutsch sprach, wurde sie gemobbt, am Ende geschlagen und mit einem scharfen Gegenstand schwer am Bauch verletzt. Migrationshintergrund bei den Erstklässlern dieser Schule: 95 %.

Wir wissen, wir müssen gar nicht so weit gehen. Das sage ich auch an die Adresse der CDU, weil nämlich das CDUKlagelied wenig glaubwürdig ist. Gerade im Heimatort von Herrn Brandl bzw. in seinem Wahlkreis haben wir in Germersheim von der Kita bis in die Grundschule Zustände von 80 bis 90 % Kinder mit Migrationshintergrund. Das hat in der Vergangenheit niemanden gestört.

(Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Wie krass ist es denn, das mit Duisburg zu vergleichen?)

Entsprechende Eingaben von uns wurden niemals aufgegriffen. Was haben wir hier? Haben wir hier Überfremdung? Haben wir hier ein Zuviel? Ist ab einer bestimmten Grenze des Migrationshintergrunds regulärer Unterricht überhaupt noch möglich, und darf das überhaupt benannt werden? Wenn es nach rot-grüner Lesart geht, natürlich nicht. Alles gefühlt, alles nicht rational. Wer dennoch etwas erwähnt, gerät ganz schnell in das Visier des roten Verfassungsschutzes.

(Unruhe bei SPD und FDP)

Wie ist die Situation in Rheinland-Pfalz? In der Ludwigshafener Grundschule Gräfenau stieg der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund weiter an. Waren es 2016/2017 noch 93 %, so sind es jetzt ganze 95 %. 378 Kinder haben einen Migrationshintergrund; 377 Kinder kommen in den Genuss der vom Steuerzahler finanzierten Sprachförderung. Für die Grundschule Goetheschule Nord in Ludwigshafen liegen ähnliche Zahlen vor.

Doch sind wir einmal ehrlich: Bei den jeweils knapp 400 Kindern, welche die beiden Grundschulen besuchen, handelt es sich doch nur zu einem geringen Teil um Asylkinder. Der Großteil lebt nämlich schon länger hier, ist scheinbar von unserer Gesellschaft aber so abgeschlossen, dass eine Sprachförderung unerlässlich erscheint.

Als Beispiel verweise ich auch auf die Mainzer SchillerGrundschule in Weisenau. Migrationshintergrund: 58 %. Die AZ berichtete am 26. Januar 2018 „Vier Flüchtlingskinder hat sie in der Klasse. Fehlende Deutschkenntnisse sind

bei ihnen (...) das Kernproblem. (...) Defizite haben auch viele in Deutschland geborene Kinder aus Migrantenfamilien, die zuhause kein Deutsch sprechen (...).“ Wir sehen, unser einst vorbildliches Bildungssystem wird durch eine falsche Einwanderungspolitik zulasten des Gemeinwesens schwer beschädigt

(Beifall der AfD)

und auf Kosten vieler einheimischer Kinder, für die der Schulbesuch und auch die Wissensvermittlung mittlerweile zum Albtraum geworden sind.

Die Realitäten in Hessen und Nordrhein-Westfalen und auch die dramatischen Entwicklungen in Rheinland-Pfalz – all dies zeigt, das Konzept des Herkunftssprachenunterrichts ist nicht nur teuer, es ist auch nicht zielführend. Für Menschen mit Migrationshintergrund sollte nicht im Vordergrund stehen, die Sprache ihrer Eltern- oder Großelterngeneration zu lernen; für ihre Generation ist es geboten, schnellstmöglich die deutsche Sprache in ausreichender Weise zu beherrschen. Deshalb lehnen wir die Förderung im Bereich des Herkunftssprachenunterrichts grundlegend ab.

(Beifall der AfD)

Was auch nicht funktioniert – ich habe es am Beispiel der Mainzer Schiller-Schule illustriert –, ist die sofortige Einbindung von Kindern mit Migrationshintergrund in den Regelunterricht. Vor einem Jahr hat die AfD hierzu einen Antrag ins Plenum eingebracht mit dem Titel: „Von Österreich lernen – Deutsch vor Regelunterricht“. Durch die Ergebnisse dieser Großen Anfrage sehen wir uns bestätigt und erneuern noch einmal unsere Forderung: Bei unzureichenden Deutschkenntnissen darf es keine Einbindung in den Regelunterricht geben.

Es ist durchaus sinnvoll, nach Österreich zu schauen. Dort werden seit diesem Jahr Schulanfänger mit mangelhaften Deutschkenntnissen nach eigenem Lehrplan in eigenen Klassen unterrichtet. Der parteiunabhängige, von der ÖVP nominierte Bildungsminister Heinz Faßmann begründet die Maßnahme folgendermaßen: „Wir wollen nichts anderes als Startnachteile ausgleichen und langfristig für mehr“ – nicht weniger – „Chancengerechtigkeit sorgen.“

Die schwarz-blaue Regierung hat sich – dies gegen den Widerstand der SPÖ – durchgesetzt, und diese Entscheidung ist richtig. Der über geringe Deutschkenntnisse verfügende Schüler wird sich bei sofortiger Einbindung in den Regelunterricht, auch wenn dies schrittweise geschieht, nur mehr schlecht als recht durch die Schullaufbahn hangeln und viel Frust schieben.

Warum nimmt man den Betreffenden nicht für ein Jahr zur Seite? Warum macht man ihn nicht fit für die deutsche Sprache, damit er wirklich und ernsthaft eine Chance auf Gerechtigkeit und auf eigene Leistungsentfaltung hat?

(Beifall der AfD)

Darüber hinaus geht es nicht nur um die zugewanderten Kinder. Wir dürfen auch unsere einheimischen Schüler nicht aus dem Blick verlieren. Sie werden in ihrer Ent

wicklung und in ihrem Lernfortschritt nämlich selbst beeinträchtigt, wenn kein ihren Bedürfnissen entsprechender Unterricht mehr erteilt werden kann.

Wir wollen in Rheinland-Pfalz keine Duisburger Verhältnisse, und wir wollen auch nicht die Germersheimer Verhältnisse auf ganz Rheinland-Pfalz ausweiten. Deshalb müssen wir rechtzeitig die notwendigen Konsequenzen ziehen und diese Veränderung endlich auf den Weg bringen, bevor unser Bildungssystem – wir haben in Deutschland keinerlei nennenswerte Rohstoffe,

(Glocke des Präsidenten)

wir haben nur die Bildung – vollends an die Wand gefahren wird.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht Abgeordnete Lerch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Joa, Sie haben eine Beschreibung der aus Ihrer Sicht vorherrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse gegeben. Sie haben auch gesagt, dass Sie ein Einwanderungsgesetz fordern. Das fordern wir auch, und das wird auch kommen.

Aber Sie haben zugleich auch jene angesprochen, die schon sehr lange hier in Deutschland sind und einen Migrationshintergrund haben. Dann sind Sie doch so ehrlich und sagen Sie: Alle Ausländer raus und keine neuen rein, und dann weiß jeder, was Sie wollen.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Falsch interpretiert!)

Ich möchte auch eine andere Quelle zitieren, in der es um das Sprachförderkonzept des Landes geht. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat eine Presseinformation herausgebracht, in der es heißt: „‚Ein neues verbindlicheres Sprachförderkonzept brauchen wir nicht‘, äußert sich Klaus-Peter Hammer (...) zu der jüngsten Forderung der CDU Rheinland-Pfalz.“

Weiterhin wird Frau Professor Dr. Kammermeyer vom Institut für Bildung der Universität Koblenz-Landau zitiert: „Um den jetzt erreichten Stand werden wir bundesweit beneidet.“ Das ist vom 19. Februar 2019.

Meine Damen und Herren, Sprachen öffnen das Tor zur Welt. Dieser Satz gilt umso mehr für junge Menschen, die aus einem anderen Sprach- und Kulturkreis kommen,

(Abg. Martin Brandl, CDU: Sagen Sie doch einmal etwas zur Kita!)

um eine realistische Bleibeperspektive zu haben; denn nur wer die deutsche Sprache beherrscht, hat eine schulisch und beruflich zufriedenstellende Perspektive, und das

muss auch das Ziel für uns als aufnehmendes Bundesland sein.

Sprache ist und bleibt ein wesentlicher Baustein für eine gelungene Integration. Wir wollen und müssen junge Menschen integrieren, um keine Parallelgesellschaften in unserem Land entstehen zu lassen. Dass dies gelingen kann, auch im Bereich der kulturellen Annäherung, habe ich bei einem neuerlichen Besuch in einer Grundschule erfahren dürfen. Dort bereiten türkische Frauen am „Tag des Lehrers“, so wie es ihn in der Türkei gibt, ein türkisches Frühstück für die Lehrerinnen und Lehrer der Schule vor. Die Kinder haben eine Schülerzeitung, in der über fremde Länder berichtet wird, in den Klassen lernen deutsche Kinder und Kinder mit Migrationshintergrund gemeinsam Lesen und Schreiben und lernen auch viel über die Kultur des anderen.

Rheinland-Pfalz besitzt ein Sprachförderkonzept im Rahmen der schulischen Sprachförderung, das kontinuierlich an die Bedarfe angepasst wurde. Die veranschlagten Mittel in den Haushalten der vergangenen Jahre spiegeln das auch wider. Das gestufte Förderkonzept ermöglicht eine individuelle Förderung je nach Förderbedarf der Schülerin oder des Schülers.

Das, was die CDU hier sagt, dass nach dem Gießkannenprinzip das Geld verteilt wird, ist falsch. Es gibt klare Kommunikationsstränge zwischen der ADD und den Grundschulen.

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

In den berufsbildenden Schulen wurde das Berufsvorbereitungsjahr Sprachförderung (BVJ-S) geschaffen, das einen besonderen Schwerpunkt auf das Erlernen der deutschen Sprache legt. Das neu geschaffene Berufsvorbereitungsjahr Erwachsene (BVJ-E) ist für den Personenkreis mit sprachlichem Unterstützungsbedarf, der bereits die Volljährigkeit erreicht hat.

An den allgemeinbildenden Schulen reicht das Konzept von Deutschintensivkursen über Feriensprachkurse bis hin zur qualifizierten Hausaufgabenhilfe. Ich möchte an dieser Stelle allen Lehrerinnen und Lehrern und den Schulleitungen meinen Dank aussprechen; denn das Sprachförderkonzept verlangt von allen Beteiligten ein hohes Maß an Flexibilität und Einsatz. Vielen Dank dafür.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Herkunftssprachenunterricht – darin unterscheiden wir uns elementar von der AfD – geben wir den Schülerinnen und Schülern eine Möglichkeit, ihre Muttersprache weiter zu pflegen und ihre Kenntnisse auszubauen. Für 16 Herkunftssprachen gibt es dafür ein Angebot. Wir begrüßen das sehr; denn das sprachliche Band zu den eigenen Wurzeln muss erhalten bleiben und ist wichtig für die Findung der eigenen Identität.

Meine Damen und Herren, das Sprachförderkonzept orientiert sich am Europäischen Referenzrahmen. Ich möchte auch auf das verweisen, was Frau Ministerin Spiegel heute Morgen gesagt hat: Bei der Einbürgerung haben wird das

Level B1 zugrunde gelegt. Wenn wir aber Lehrlinge oder Auszubildende übernehmen wollen, dann verlangen wir das Level B2. Ich möchte, dass hier eine Veränderung passiert. Das kann keine unterschiedliche Qualifizierungsmaßnahme sein. Darüber müssen wir nachdenken.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Ende. Ob am Ende der Erfolg über Sprachen steht, hängt natürlich auch von dem Willen des Einzelnen ab, der Leistungsbereitschaft zu lernen und zu üben. Aber Rheinland-Pfalz bietet den Rahmen.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Joa das Wort.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt geht das wieder los!)