Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Mehr Platz im Stall, weniger Stress auf dem Weg zur Schlachtbank, gesündere und glücklichere Tiere, Lebewesen statt Wegwerfware. Das, was das staatliche Tierwohllabel erreichen will, klingt eigentlich ziemlich gut. Bundesministerin Klöckner verspricht zudem Orientierung im Dschungel der vielen Labels. Ob das Steak von mehr oder weniger glücklichen Schweinen stamme, könne man dank ihres Labels erkennen. Das Problem ist: Das stimmt so nicht; denn in Wahrheit drückt sich die Ministerin vor ihrem Job.
Statt strengerer gesetzlicher Vorschriften für den Tierschutz gibt es ein freiwilliges Label – Herr Kollege Hartenfels hat es schon erklärt –, das in der niedrigsten Stufe 0,9 m2 für ein Mastschwein vorsieht – 0,9 m2. Liebe Kolleginnen und Kollegen als mündige Verbraucher, das ist kleiner als die Größe einer Matratze in einem Babybett.
Ich bin gespannt, welche Bilder die Bundeslandwirtschaftsministerin für die 70 Millionen Euro teure Informationskampagne auflegen wird; denn eines gibt dieses Label nicht her: glückliche Schweinchen auf Stroh, die an der frischen Luft herumrennen, bevor sie auf unserem Teller landen. Stattdessen: 0,9 m2 und Vollspaltenboden.
Die Ministerin schiebt die Verantwortung ab; denn Freiwilligkeit bedeutet eben, keiner muss mitmachen.
Kollege Hartenfels hat es auch gesagt, für 80 % der Schweine wird sich nichts ändern. Es wird sich auch nichts für die Landwirte ändern; denn die schickt man weiter ins Preisdumping. Diejenigen Bauern, die nichts für ihre Schweine tun wollen, können das auch weiterhin mit dem Verweis auf den niedrigen Preis lassen, und die, die es wollen, werden aus wirtschaftlichen Gründen zurückgehalten.
Immer mehr Bauern wollen etwas für das Tierwohl tun. Das zeigt auch die Initiative, die es schon längst zwischen Handel und Bauern gibt. Es manifestiert sich dann zu Recht die Kritik an der Bundesministerin: Mogelpackung, vertane Chance. – Klöckners Label ist eben am Schluss
Schauen wir kurz nach Rheinland-Pfalz. Die tierhaltenden Betriebe in Rheinland-Pfalz haben eher Schafe als Schweine. Schweine machen gerade einmal 31 % aus, 66,4 % der Betriebe haben Rinder. Was es gebraucht hätte, wäre ein einheitliches, verbindliches Label für Nutztiere gewesen.
Ich zitiere jetzt aus dem Koalitionsvertrag: „Wir fördern gute Lebensmittel und gesunde Ernährung.“ So heißt es dort zum Tierwohllabel.
Hier wird jetzt reichlich wenig vorgelegt, außer dem schon fast philosophisch anmutenden Ansatz der Landwirtschaftsministerin. Ich zitiere aus der Regierungserklärung: „Lebensmittel sind unsere Mittel zum Leben.
Das ist nicht banal, das ist nicht unbedeutend, das ist systemrelevant.“ Schade, dass dem Fleisch und dem Tier diese Bedeutung nicht zukommt.
Beim Label fehlt es an Kriterien und Konzeptionellem. Verehrte Kollegen von der CDU, das bekam Frau Klöckner auch von ihrem Koalitionspartner gesagt. Ich zitiere Rainer Spiering, den Sprecher der AG Ernährung und Landwirtschaft der SPD-Bundestagsfraktion. Er attestierte „Luft nach oben“
und forderte „ein Gesamtkonzept, wie wir mit den Tieren umgehen und wie wir zukünftig unsere Lebensmittel produzieren wollen“. Er fordert Frau Klöckner auf, „die im Koalitionsvertrag vereinbarte Nutztierstrategie vorzulegen“.
Diese Strategie hätte eine Marschrichtung vorgegeben. In diese Kerbe schlägt auch der Bauernverband. In Mecklenburg-Vorpommern sagt man beispielsweise: „Wir haben jetzt ein Label, brauchen aber ein System.“ Es sei unklar, wie das Label durchgesetzt werden solle. Es fehle eine Rechtsverordnung und zudem wisse keiner, wer die Einhaltung der Vorgaben kontrolliere und wer welchen Anteil an den Kosten trage.
Im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir übernehmen eine Vorreiterrolle beim Tierwohl.“ Dort ist auch zu lesen, beim Tierschutz werde „eine Spitzenposition“ angestrebt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wird mit dieser Landwirtschaftsministerin ziemlich schwierig werden.
(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, freue ich mich, dass wir Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 33 – Alzey sowie Bürgerinnen und Bürger aus Gabsheim und Gau-Heppenheim bei uns begrüßen dürfen. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder rheinland-pfälzische und jeder deutsche Bauer – mit Ausnahme der berühmten schwarzen Schafe – bemüht sich, seine Tiere ordnungsgemäß und dem Tierwohl entsprechend zu halten.
Ich sage Ihnen das im vollen Bewusstsein dessen, dass zum Beispiel der Betrieb GbR Billen seine Kühe besser versorgt als der rheinland-pfälzische Landtag seine Abgeordneten, die er in Käfighaltung in seinen Zimmern hält. Das ist ganz sicher. Meine Kühe haben mehr Platz, mehr frische Luft und mehr Bewegungsraum. Das ist ganz sicher. Ich sage das nur, um einiges ein bisschen zu relativieren.
Lieber Herr Kollege, es ist schon sehr mutig, sich hier vorne hinzustellen und zu sagen, die Bauern verlieren. – Mit Ihrer Politik verlieren die Bauern. Das ist ganz sicher. Aber nicht nur die Bauern, sondern auch die Verbraucher und die Einzelhändler. Nur damit wir ganz klar miteinander reden.
Es gibt doch die unterschiedlichen Angebote in jedem Handel. Die gibt es doch. Ich nenne Ihnen als Beispiel das Strohschwein, weil wir eben von Schweinen gesprochen haben. Vielleicht können Sie mit dem Begriff etwas anfangen. Das ist das Schwein, das die Bewegungsfreiheit, die Sie gerne hätten, hat. Es kann auch noch ins Wasser schwimmen gehen. Dieses Strohschwein kostet aber pro Kilo dreimal so viel wie das konventionelle bzw. auch das Bioschwein. Dreimal so viel.
Der Verbraucher, der bei Ihnen der Gewinner sein soll, müsste dann in den Laden gehen und sagen, ich kaufe nur
Strohschweine. Die müssten ständig ausverkauft sein, und alle Bauern würden Strohschweine halten. Es ist leider andersherum, ganz andersherum. Das wissen Sie, und das mache ich Ihnen zum Vorwurf.
Es ist so, dass vor dem Geschäft jeder Verbraucher sagt, ich will Bioeier, ich will Biofleisch, ich will gesundes Fleisch aus gesunder Tierhaltung, aber wenn er rauskommt und Sie prüfen, was er in seinem Wägelchen hat, dann hat er zu über 80 %, zu 85 % das Billigste, das er gefunden hat, in seinem Wägelchen.
Das ist das Problem, wenn wir über Tierwohl reden, und das ist das Problem, wenn wir über Tierlabel reden, das wir nur über Freiwilligkeit lösen können. Es hilft doch nichts, wenn wir mit Gewalt ein staatlich verordnetes Tierlabel machen und losmarschieren, wir aber im europäischen oder weltweiten Wettbewerb – ich sage, nur im europäischen – überhaupt nicht mehr mithalten können, der Verbraucher das Billige kauft und der deutsche Bauer mit einem staatlich verordneten Tierlabel kaputtgeht. Davon haben sie nichts. Dann können sie nichts mehr verkaufen.
Dann müssen wir darüber reden, was wir machen. Jawohl, wir machen eine Freiwilligkeit. Die Freiwilligkeit wird zuerst gemacht. Das weiß auch die SPD, die in Berlin mit in der Regierung ist. Ich habe hier immer das Gefühl, sie ist in Berlin überhaupt nicht mehr in der Regierung und spielt da schon Opposition.
Wir machen zuerst die Freiwilligkeit beim Tierlabel Schwein. Dann machen wir die Freiwilligkeit bei den anderen Tierlabeln, Rinder, Hühner oder auch Schafe. Eben kam so wunderbar der Hühnervergleich. Das wäre so einfach. Nach dem Motto klappt das. Ein Verbraucher kann sich unter einem Huhn etwas vorstellen.