Protocol of the Session on June 19, 2018

Den Plänen zum National Roaming wurde von der Bundesnetzagentur bereits eine klare Absage erteilt. Darüber hinaus hätte die Praktik auch nur die Verbesserung der Netzabdeckung einzelner Anbieter zur Folge, aber keinen Effekt auf die Gesamtabdeckung.

(Abg. Jens Guth, SPD: Redezeit zu Ende, oder wie?)

Es muss also nach Alternativen gesucht werden, etwa einem landeseigenen Fördermechanismus, der Infrastruktursharing subventioniert. Den geeigneten Rahmen für eine solche Arbeit bietet unserer Meinung nach eine Enquete-Kommission.

Andere Länder, wie zum Beispiel Bayern, haben die Bedeutung der Digitalisierung längst erkannt, und sie handeln. Dort beschäftigt sich die Enquete-Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern“ an vielen Stellen mit der

digitalen Infrastruktur. Dabei steht Bayern vor ähnlichen Problemen wie Rheinland-Pfalz. Es bestehen signifikante Unterschiede zwischen der Versorgung von Stadt und Land.

Ein schneller Internetanschluss wird von der Kommission als „Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und (...) wichtiger Standortfaktor“ gesehen. Darum spricht sich die Kommission für einen flächendeckenden Glasfaserausbau bis in die jeweiligen Häuser und explizit gegen den Ausbau nur bis zum Verteilerkasten aus. Insbesondere für entlegene Höfe empfiehlt die Kommission den FTTB-Ausbau, also eben den Glasfaserausbau bis in die Wohnstube. Sie spricht von einem sogenannten Höfebonus. Das alles ist dem Land Bayern bis zu 1,5 Milliarden Euro wert. Bisher sind fast 2.000 Kommunen in das Förderprogramm eingestiegen, mehr als 97 %.

Sehen wir uns im Vergleich dazu Rheinland-Pfalz an. Unsere Große Anfrage hat Folgendes ergeben: Derzeit befinden sich 24 Breitbandinfrastrukturprojekte in 22 Landkreisen in Umsetzung,

(Glocke des Präsidenten)

zehn davon sind im Bau, vier stehen kurz vor Baubeginn, und zehn weitere befinden sich im Vergabeverfahren.

Ich komme zum Schluss. Wir brauchen eine EnqueteKommission, die als Motor fungiert, die regelmäßig in kurzen Abständen der Politik Berichte vorlegt und wertvolle Impulse setzt. Ansonsten werden wir, was Internet und Mobilfunk angeht, nicht aufholen, die Kapazitäten nicht ausbauen und die Löcher nicht stopfen können.

(Beifall der AfD)

Für die Koalitionsfraktionen spricht die Abgeordnete Schellhammer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD-Fraktion beantragt eine EnqueteKommission, die mit dem Fokus auf Mobilfunk, Breitband, Bildung, Wirtschaft und Verwaltung die Digitalisierung untersuchen möchte. Was Sie aber in Ihrem Redebeitrag nicht begründet haben, ist, warum es für den Landtag Rheinland-Pfalz notwendig sei, in einer EnqueteKommission dieses Thema zu erörtern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Generell können wir sagen, die Digitalisierung wird alle Lebensbereiche rasant verändern. Daher ist es selbstverständlich im Parlament gefordert, über die Digitalisierung aus allen verschiedenen Blickwinkeln zu sprechen und sie zu debattieren und vor allen Dingen auch Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Aber braucht es tatsächlich in diesem

Landtag Rheinland-Pfalz eine Enquete-Kommission zu diesem Thema? Ich sage für die Koalitionsfraktionen ganz eindeutig: Nein. – Ich werde es Ihnen auch begründen.

Schauen wir uns nämlich die Situation bundesweit in den Landesparlamenten an, dann ist Rheinland-Pfalz gemeinsam mit Hessen das einzige Bundesland, das einen eigenen Ausschuss für Medien, Digitale Infrastruktur und Netzpolitik hat. Ich meine mich zu erinnern, ich glaube, Sie sind sogar der Ausschussvorsitzende.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ohne meine Stimme, ich habe ihn nicht gewählt!)

Aber vielleicht ist das ein Misstrauensvotum Ihrem Ausschuss gegenüber – ich weiß es nicht –, was Sie da beantragt haben.

Außerdem ist es so, dass das Thema „Digitalisierung“ nicht vom Himmel gefallen ist, seitdem die AfD-Fraktion im Landtag sitzt, sondern dieser Landtag hat sich schon vor Ihrer Zeit im Landtag sehr grundlegend mit Fragen der Digitalisierung beschäftigt.

Ich möchte die Enquete-Kommission „Verantwortung in der medialen Welt“ von 2009 bis 2011 erwähnen, in der sehr, sehr explizit auf die Grundlagen Medienverantwortung, Medienwirkungsforschung, die Frage von Medienkompetenz in unseren Schulen, die Frage von Konvergenz von Medien, Gewalt in den Medien, Jugendmedienschutz, Datenschutz, Datensicherheit und vieles, vieles mehr,

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

eingegangen wurde. Auch die Enquete-Kommission „Bürgerbeteiligung“ hat zu den Themen der digitalen Verwaltung und digitalen Demokratie grundlegende Dinge erarbeitet. Die AfD tut so, als wäre das alles nicht schon erarbeitet. Aufgabe einer Enquete-Kommission ist es nämlich, Grundlagen zu erarbeiten, und nicht sofort konkrete Maßnahmen, die direkt zum konkreten Handeln führen, umzusetzen. Deswegen ist Ihr Ansatz komplett falsch.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Es ist auch nicht so, dass sich die Ausschüsse zu wenig mit dem Thema „Digitalisierung“ beschäftigen würden. Zuletzt hat beispielsweise der Bildungsausschuss eine Anhörung zum Thema „Digitale Berufsbildende Schulen“ durchgeführt.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Oder: Allein in dieser Legislaturperiode haben fünf Ausschussreisen stattgefunden.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Mit Ausschussreisen verlegt man keine Glasfaserkabel!)

Ich erinnere Sie noch einmal daran, der Ausschuss für Medien, Digitale Infrastruktur und Netzpolitik ist nach London gefahren, um sich die Digitalisierung beim Rundfunk

anzuschauen. Der Innenausschuss war in Lettland und Estland zu den Themen „E-Government“ und „Digitale Polizeiarbeit“. Ich könnte das weiter ausführen. Allein fünf Ausschussreisen zum Thema „Digitalisierung“.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Die Leute brauchen aber keine Reisen, sie brauchen Anschluss!)

Und tatsächlich: Was macht eine Enquete-Kommission?

(Glocke des Präsidenten)

Entschuldigung, Frau Schellhammer. – Liebe Kollegen, der Lärmpegel ist zu hoch. Wir schaffen das noch, die nächsten 20 Minuten.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Wir schaffen das, genau!)

Also, etwas ruhiger bitte. Frau Schellhammer hat das Wort.

Sie erarbeitet Grundlagen. Das macht eine EnqueteKommission. Was stattdessen diese Landesregierung macht: Sie handelt. Nur so kann man erklären, dass wir bundesweit zum Jahreswechsel vorne lagen, was den Zubau anbelangt. Sie haben genau erwähnt, wie viele Projekte jetzt bereits in der Förderung sind. Das umfasst 22 Landkreise. Bei einigen Projekten rollt schon der Bagger. Andere sind anberaumt.

Sie machen hier einen absoluten Denkfehler. Sie wollen den Menschen vorgaukeln, dass sich durch diese EnqueteKommission irgendetwas schneller bewegen würde. Eine Enquete-Kommission ist dazu da, dass sich dieses Parlament grundlegend mit Fragen beschäftigt. Dieses Parlament hat sich bereits mit diesen Grundlagen beschäftigt, und deswegen würde sich nach der Logik der AfD bis 2021, bis der Abschlussbericht vorliegt, nichts bewegen. Dazu sind wir eindeutig anderer Auffassung. Die Landesregierung hat zum Mobilfunk einen runden Tisch gemacht, auch hier wird sich einiges bewegen. Und beim Breitbandausbau rollen die Bagger. Hier brauchen wir wirklich keine Enquete-Kommission.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Martin Haller, SPD: Sehr gut, Pia!)

Zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Paul das Wort.

Frau Kollegin Schellhammer, ich kann nur eines sagen: Sie scheinen sich ertappt zu fühlen. Mehr kann man dazu eigentlich gar nicht mehr sagen.

Die Enquete-Kommission – sie soll in regelmäßigen, kurz

en Abständen Bericht erstatten – soll für viele Problemfelder ein Motor sein.

Sie haben von Reisen gesprochen, von runden Tischen. Die Leute brauchen eckige Anschlüsse, sie brauchen schnelles Internet.

(Beifall der AfD)

Mobilfunklöcher müssen gestopft werden, damit sie an die digitale Welt angeschlossen werden.

Sie haben die ganzen Probleme offenkundig aus dem Blick verloren. Wir haben eine EU-weite Ausschreibungspflicht, mit der die Kommunen nicht zurechtkommen. Wir haben ein Problem mit National Roaming. Die Mobilfunkkonzerne sagen nämlich, nein, machen wir nicht. –

Autonomes Fahren ist in Rheinland-Pfalz aktuell nicht möglich.

(Zuruf von der SPD: Stimmt doch gar nicht!)

Natürlich, das ist doch gar nicht möglich! Das wurde sogar im Medienausschuss gesagt. Natürlich, dafür sind die Voraussetzungen nicht da.