Protocol of the Session on January 30, 2019

(Beifall der AfD)

denn Hambach und das Jahr 1832 stehen schließlich für die Symbiose aus Freiheit, Demokratie und Vaterlandsliebe. Apropos Vaterlandsliebe: In der rheinland-pfälzischen Verfassung heißt es in Artikel 33: „Die Schule hat die Jugend (...) zur Liebe zu Volk und Heimat (...) zu erziehen.“

(Beifall der AfD)

Liebe Frau Ministerin Dr. Hubig, von Heimatliebe habe ich in Ihrer Rede allerdings leider nichts gehört.

Doch erweitern wir jetzt gemeinsam unseren Blick auf die Geschichte. Um erinnerungspolitisch ein wahrhaft gesamteuropäisches Bewusstsein zu erreichen, müssen die Länder im Westen des Kontinents endlich gedanklich auf die Mittel- und Osteuropäer zugehen. Sie müssen bereit sein, ihnen zuzuhören und ihre Geschichte und Geschichten verstehen zu wollen. Der in so manchen Köpfen unterschwellig leider noch immer fortbestehende Eiserne Vorhang sollte endlich vollends gelüftet werden.

(Beifall der AfD)

Der ungarische Historiker Dr. Krisztián Ungváry hat völlig recht, wenn er darauf hinweist, dass Europa eine doppelte Vergangenheit hat und der Westen nur einen Teil der Totalitarismen des 20. Jahrhunderts erlebte. Er beklagt: „Leider haben westliche Intellektuelle mehr Deutungshoheit über die Geschichte und zeigen manchmal zu wenig Sensibilität für die Opfer des Kommunismus. Ein Demokrat müsste aber die gleiche Distanz zu allen Diktaturen behalten. Die Versuche, eine europäische Erinnerung zu schaffen, ohne die Interessen der Osteuropäer zu berücksichtigen, empfinde ich als geistige Kolonisation.“

(Beifall der AfD)

Deshalb hat das Aufstellen einer riesigen Marx-Statue in Trier die Mittel- und Osteuropäer stark irritiert. Der MarxKult im vergangenen Jahr hat Europa erinnerungspolitisch nicht versöhnt, sondern gespalten. Dies zeigte sich bei den Reisen des Ausschusses für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur nach Mittelböhmen und des Ausschusses für Bildung nach Estland mehr als deutlich.

Der Ausschuss für europäische Angelegenheiten des

tschechischen Parlaments verabschiedete sogar eine Resolution, in welcher dem in Trier am 4. Mai 2018 als Festredner aufgetretenen EU-Kommissionspräsidenten Juncker mangelnde Sensibilität und eine Verspottung der historischen Erfahrungen der ost- und mitteleuropäischen Länder vorgeworfen wird.

Gerade die Veranstaltungen am 4. und 5. Mai 2018, an denen eine Reihe hoher Vertreter der Landesregierung teilnahmen, schlugen in Europa hohe Wellen und warfen ein schlechtes Licht auf Rheinland-Pfalz. Es mangelt gerade bei der regierungstragenden SPD-Fraktion ganz offensichtlich an Mitgefühl für unsere Nachbarn. Man hat den Eindruck, dass Sie, liebe angeblich so weltoffenen Genossen, überhaupt nicht in der Lage sind, über den eigenen ideologischen Tellerrand hinauszublicken.

(Beifall der AfD)

Das zeigte sich in trauriger Deutlichkeit am 22. November 2018 im Ausschuss für Bildung. Als unser Abgeordneter Joachim Paul im Zuge einer Diskussion über islamistische Umtriebe darauf hinwies, ihm sei nicht bekannt, dass sich die Behörden in Ungarn, Polen, Slowenien oder der Slowakei mit solchen Phänomenen auseinandersetzen müssten, wurde ihm seitens der SPD entgegnet: Da will ja auch keiner hin. –

(Zuruf von der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Hört, hört!)

Das ist also das Bild, das die SPD von unseren europäischen Nachbarn zeichnet, wobei unsere rheinlandpfälzischen Partnerregionen Oppeln in Schlesien und Mittelböhmen inbegriffen sind.

(Zuruf des Abg. Michael Hüttner, SPD)

Ich sage Ihnen hier und heute mit aller Deutlichkeit: So etwas ist verletzend, engstirnig und in keiner Weise europäisch gedacht.

(Beifall der AfD)

Im Gegensatz zu einem derart beschränkten Horizont will ich festhalten, dass wir als Alternative für Deutschland gegen die EU in ihrer jetzigen Form sind und erheblichen und dringenden Reformbedarf sehen. So sehr wir jedoch gegen eine zentralistische, hyperbürokratische, bürgerferne und tendenziell undemokratische EU sind, so sind wir für das echte Europa.

(Beifall der AfD)

Die AfD tritt selbstbewusst für das Europa der Vaterländer ein, ein Europa, das durch seine landwirtschaftliche und sprachlich-kulturelle Vielgestaltigkeit begeistert, das fasziniert durch seine reiche Geschichte, seine nationale und regionale Vielfalt, ein Europa der gemeinsamen Erinnerung und Werte. Dieses Europa gilt es heutzutage zu verteidigen und ihm eine glückliche Zukunft zu sichern, eine Zukunft ohne unkontrollierte, vollends aus dem Ruder laufende Massenzuwanderung aus fremden Kulturräumen und ohne islamistischen Terror,

(Beifall der AfD)

eine Zukunft ohne Juncker, Macron und Merkel, ohne extreme Zentralisten aller Couleur und ohne jene ideologisch Verblendeten oder einfach naiven Claqueure des Establishments, ganz gleich ob sie nun rote Schals tragen oder vorgeblich den „Puls Europas“ erfühlen.

(Beifall der AfD)

Dieses Europa und nicht das real existierende EU-Europa muss in Gegenwart und Zukunft seinen internationalen Einfluss daraus gewinnen, seine Kräfte zu bündeln, ohne die Besonderheiten der vielen Glieder übermäßig zu vereinheitlichen. Beim Verweis auf die hehren Güter der Subsidiarität und einer möglichst dezentralen Bürgermitbestimmung bekennen wir uns als AfD zu Einigkeit und Recht und Freiheit. Wir bekennen uns zu demokratischer Selbstbestimmung, Demokratiebildung und Erinnerungskultur sowie zur Besinnung der Deutschen auf ihre besondere Aufgabe als Land der Mitte und der christlichabendländischen Völkerfamilie.

(Zuruf von der SPD: Oh je!)

Unser Grundgesetz betont neben den Menschenrechten und den unveräußerlichen Werten der Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetz die freie Selbstbestimmung des deutschen Volkes. Es ist durchdrungen von den geschichtlichen, ja auch ethnisch-kulturellen Bezügen zu jenen Menschen, die schon länger hier leben, nämlich als gewachsene, von guten und schlechten Zeiten des gemeinsamen Erlebens zutiefst geprägte Kulturgemeinschaft.

(Zuruf des Abg. Michael Hüttner, SPD)

Darüber hinaus ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker samt der Kategorie des Ethnokulturellen ein integraler Bestandteil des Völkerrechts.

(Zuruf des Abg. Michael Hüttner, SPD)

Als solches begründet es ganz wesentlich die Arbeit der Vereinten Nationen

(Glocke der Präsidentin)

ich komme zu Ende –, der OSZE und anderer wichtiger internationaler Organisationen. Wer diese Rechtsgüter infrage stellt, handelt gegen das Völkerrecht,

(Abg. Michael Frisch, AfD: So ist es!)

das selbstverständlich auch für den EU-Apparat in Brüssel gilt und ebenso für nationale Regierungen und Gerichtshöfe aller Art.

(Glocke der Präsidentin)

Mein letzter Satz. Ob diese letztgenannte kritischen Bewertung in den rheinland-pfälzischen Schulen vor dem Hintergrund des Gebots der Meinungsvielfalt und einer vitalen Diskussionskultur gebührend Berücksichtigung findet? Ich habe da meine Zweifel.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Die „letzten Sätze“ haben eine ganz schöne Länge!)

Wir sind gespannt und hoffen auf die Zukunft.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Lerch das Wort.

(Abg. Helga Lerch, FDP, überreicht den Abgeordneten der AfD-Fraktion das auf dem Rednerpult liegen gebliebene Manuskript von Abg. Martin Louis Schmitt, AfD – Abg. Joachim Paul, AfD: Vielleicht sollte man es direkt dem Innenminister zur Begutachtung geben! – Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Gute Idee! – Weitere Zurufe aus dem Hause)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wer im Brockhaus unter dem Stichwort „Demokratie“ nachschlägt, erhält dort folgende Information: Staatsform, die in der klassischen Staatsformenlehre, besonders der Antike, als Alternative zur Monarchie und zur Aristokratie gesehen wurde, heute jedoch vor allem als Gegensatz zur Diktatur begriffen wird. –

Meine Damen und Herren, Geschichte wird jedoch erst verständlich, begreifbar und authentisch, wenn menschliche Schicksale diese lebendig machen. Eine Definition im Brockhaus prägt sich nur schwerlich in unser Gedächtnis ein, aber ein Leben, das die Höhen und Tiefen unserer Existenz in Verbindung mit historischen Gegebenheiten bringt, bleibt haften. Dies gilt im besonderen Maße, wenn es sich um Biografien handelt.

Mein Großvater, Jahrgang 1895, erlebt als Junge in seiner Familie mit zwölf Geschwistern das Kaiserreich. Als junger Mann, der das Leben noch vor sich hat, wird er im Ersten Weltkrieg durch einen Kopfschuss schwer verwundet. Er wird Zeit seines Lebens unter der Verletzung und ihren Folgen leiden. Er heiratet zur Zeit der Weimarer Republik und wird, bereits 50 Jahre alt, im Zweiten Weltkrieg wieder an die Front geschickt. Meine Oma hatte öffentlich gegen Hitler gewettert, und wenige Tage später kam der Einberufungsbescheid.

Ein Leben, das durch zwei Kriege geprägt war, ein Mensch, der durch zwei Kriege gezeichnet war. Aufbegehren, demonstrieren, Recht einklagen: für die Generation meiner

Großeltern Theorie – oder mit drastischen Folgen verbunden.

Die junge Demokratie der Bundesrepublik tut sich anfangs schwer. Zerstörung, Tod und Schuld sind allgegenwärtig. Das Trauma des Krieges zeichnet die Menschen. Diejenigen, die den Krieg überlebt hatten, sind verängstigt. Das Dach über dem Kopf, das Essen für den nächsten Tag und ein warmes Zimmer im Winter sind die großen Herausforderungen.