Protocol of the Session on May 24, 2018

Ich habe noch einmal nachgeschaut. In der 12. Wahlperiode des Landtags unter der Regierung Scharping/Brüderle wurde dann erst am 12. Juli 1994 die Urwahl der Bürgermeister und Landräte möglich, eine Erfüllung einer Forderung nach 25 Jahren.

Ich denke deshalb, wenn wir heute über das Wahlrecht mit 16 Jahren diskutieren, um unsere jungen Mitbürgerinnen und Mitbürger besonders auf der kommunalen Ebene einzubinden – darum geht es –, ist das auch ein Schritt, der sinnvoll ist und mitgetragen werden sollte. Auch hier – das haben die Debattenredner vor mir deutlich gemacht – mahlen die politischen Mühlen sehr langsam. Eine parlamentarische Mehrheit dafür wird es heute nicht geben. Aber, meine Damen und Herren, ich bin mir sicher – das Beispiel der Urwahl der Bürgermeister und Landräte hat es gezeigt –, die Zeit wird kommen.

Sie dürfen das in einigen Jahren mal wieder in den Landtagsprotokollen nachlesen.

(Beifall der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich möchte noch einen Punkt aufgreifen, den Frau Schellhammer erwähnt hat. Sie hat den Schulkontext erwähnt. Genau das ist es. In den Lehrplänen für Sozialkunde finden Sie alles, was man braucht, um Kumulieren, Panaschieren, Listenstimmen und alles andere mehr zu erlernen. Gerade dieser Schulkontext macht es den jungen Leuten doch leichter, diesen Schritt dann auch zu gehen; denn sie kennen letztendlich das Wahlsystem.

Meine Damen und Herren, ein Wahlrecht bei Landtagswahlen ausgeweitet auf EU-Bürger wäre ebenfalls ein Schritt zur Stärkung unserer freiheitlich-demokratischen Demokratie und Grundordnung, letztendlich auch ein Schritt für mehr Europa; denn wir müssen Europa als Ganzes denken.

Ich erinnere an die Debatte, die wir gestern hatten. Die F.A.Z.-Umfrage wurde mehrfach erwähnt. Immerhin haben wir 75 % der Deutschen, die sich aktuell für Europa einsetzen und sagen, wir sind auf dem richtigen europäischen Weg.

(Abg. Damian Lohr, AfD: Das wurde gar nicht gefragt!)

Meine Damen und Herren, in Schulen und auch in Kitas kommt der Demokratieerziehung eine zentrale Rolle zu. Was in jungen Jahren erfahren und eingeübt wird, ist Richtschnur für späteres Handeln.

An vielen Schulen ist der Klassenrat Teil des pädagogi

schen Konzeptes, und die Mitwirkung der Schülerinnen und Schüler im Schulausschuss und in der Gesamtkonferenz ist selbstverständlich.

(Glocke des Präsidenten)

Ich möchte zum Schluss noch sagen, – – –

Kann man noch eine zweite Runde machen?

Ihre Redezeit ist zu Ende, aber den Satz können Sie noch sagen.

Meine Redezeit ist zu Ende, aber den Satz darf ich noch sagen. Meine Damen und Herren, der Blick in andere Teile der Welt zeigt uns, wie wichtig es ist, dass wir uns für Demokratie einsetzen; denn manche haben es sich in unserem Land in der Demokratie bequem gemacht. Herr Schweitzer, Sie haben vom Burn-Out gesprochen. Aber nichts anderes ist es als Bequemlichkeit; denn Demokratie ist kein Selbstläufer.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf Gäste im Landtag begrüßen. Ich begrüße Vertreterinnen der Schülerfirma Carisimio aus der Idar-Obersteiner IGS, Hannah Vogel, Franka Kühn und ihre Schulpatin Frau Maria Drutsch. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im Hause)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Schellhammer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Im März hatten rund 100 Schülerinnen und Schüler aus vier 10. Klassen den Landtag für einen Tag übernommen. Sie haben an diesem Tag drei wichtige Beschlüsse gefasst, wie wir den ÖPNV fortentwickeln sollten, wie wir den Unterricht an unseren Schulen praxisorientierter gestalten können und wie die Schulen den Weg in die Digitalisierung beschreiten sollen.

Diese 100 Schülerinnen und Schüler haben das gelernt, was unsere Geschichte in Rheinland-Pfalz über viele Jahre schon erzählt. Sie erzählt vom Hambacher Schloss, von Bergzabern

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Jawohl!)

und von der Mainzer Republik und der Entstehung unseres

Bundeslandes. Sie erzählt vom gemeinsamen Einsatz für Demokratie.

Ich bin immer wieder begeistert, wie ausgewogen und nachdenklich, aber dennoch voller Leidenschaft die jungen Menschen hier im Schülerlandtag um ihre Ideen und Meinungen kämpfen, wie sie Kompromisse schließen und Mehrheiten erzielen. Das haben 15-Jährige und 16-Jährige geleistet und waren dabei kein bisschen weniger erfolgreich und kein bisschen weniger informiert und interessiert als ihre volljährigen Mitschülerinnen und Mitschüler.

Sie dürfen hier im Landtag debattieren, aber im Gegensatz zu den meisten anderen 16-Jährigen in Deutschland werden Sie im nächsten Jahr nicht bei der Kommunalwahl wählen dürfen.

Dass unsere jungen Menschen, die so motiviert Demokratie mitgestalten, nicht die gleichen Werte und die gleichen Rechte wie die jungen Menschen in Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, NordrheinWestfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen, Berlin oder Hamburg haben, muss ihnen die CDU erklären.

Wir werden weiter für das Wahlalter mit 16 kämpfen. Wir werden Sie mit Ihrer Blockadehaltung nicht in Ruhe lassen. Wir werden weiter dafür kämpfen, dass die 16- und 17-Jährigen wählen dürfen. Liebe CDU, es ist Zeit, und wir bleiben dran.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der SPD)

Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Das haben wir in der Debatte gehört. Das haben uns die letzten Monate und Jahre sehr deutlich vor Augen geführt. Wir müssen dafür nicht in die Türkei, nach Russland oder Ungarn schauen. Wir haben auch hier in Deutschland selbst für die Zukunft unserer Demokratie zu kämpfen.

Wir genießen ein starkes Demonstrations- und Versammlungsrecht und haben eine umfassende Meinungsfreiheit in Deutschland. Darauf können wir stolz sein.

Aber wir merken auch, wie diese Rechte gezielt genutzt werden, um immer mehr die Grenzen des Sagbaren zu verschieben, um gezielt gesellschaftliche Gruppen mit Unwahrheiten und mit Hass zu diskreditieren.

Aber wir merken auch hier in Rheinland-Pfalz, dass die Demokratiegeschichte von den Menschen gelebt wird. In vielen Gegendemonstrationen, vielen Gegenmeinungen und vielen Feste für Europa, für ein buntes und gerechtes Land, für Gleichheit und Toleranz kommt der Geist von Hambach in vielen von uns zum Vorschein. Bei uns wird Demokratie und Vielfalt gelebt. Das sind die Werte, für die wir stehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir dürfen aber in unseren Anstrengungen nicht nachlassen, in den Anstrengungen für die politische Bildung, für die Jugendbeteiligung,

die Transparenz und die Verbesserung von Beteiligungsmöglichkeiten auf allen staatlichen Ebenen.

Hier wurde eben behauptet, dass es keine Verbesserungen im Hinblick auf die direkte Demokratie in RheinlandPfalz gegeben hätte.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Auf Landesebene!)

Ich habe dies schon mehrfach auch an dieser Stelle betont. Das hat das Landesgesetz zur Verbesserung der direktdemokratischen Möglichkeiten auf kommunaler Ebene und auf Landesebene gemacht.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Auf Landesebene!)

Wir haben alle Regelungen getroffen, die wir hier mit einer einfachen Mehrheit beschließen konnten,

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Volksentscheid! Da hat sich nichts geändert!)

die Eintragung, die offene Sammlung für Unterschriften auf offenen Plätzen und auch die Transparenz- und Finanzierungsregelungen für Volksbegehren und Volksentscheide. Das heißt, das sind einmal wieder Fake News seitens der AfD gewesen, dass hier nichts passiert sei.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der SPD – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Nein, nein!)

Wir werden auch nicht nachlassen, die anderen Forderungen, die wir auch im Rahmen der Enquete-Kommission getroffen haben und die sich auch in unserem Koalitionsvertrag wiederfinden, durchzusetzen. Das bedeutet den Ausbau der politischen Bildung in Rheinland-Pfalz, der Demokratieerziehung in Kitas und den Schulen, aber auch der Mitbestimmungsrechte – wir haben es gehört –, das Wahlrecht für Drittstaatlerinnen und Drittstaatler bei Kommunalwahlen.

Da möchte ich auch den Hinweis geben, es haben sich zahlreiche Kommunalparlamente auch in Rheinland-Pfalz für das Wahlrecht für Drittstaatlerinnen und Drittstaatler entschieden. Das heißt, es ist nicht nur die Diskussion, die wir hier auf Landesebene führen, sondern es gibt Resolutionen, die in dieser Hinsicht auf kommunaler Ebene verabschiedet worden sind. Es ist wichtig, dass wir Initiative ergreifen, genauso was die EU-Bürgerinnen und EU-Bürger bei Landtagswahlen anbelangt.

Wir brauchen ein modernes Wahlrecht, ein Wahlrecht, das die modernen Lebensbedingungen in Rheinland-Pfalz und auch bundesweit widerspiegelt. Deswegen finde ich es gut, dass sich das in einem demokratiepolitischen Antrag, der die Maßnahmen beschreibt, auch wiederfindet.

Rheinland-Pfalz ist ein Land mit viel Geschichte, mit viel Herz für Demokratie und mit viel Zukunft und mit viel Beteiligung und Mitbestimmungsrechten. Daran arbeiten wir weiter.