Protocol of the Session on April 26, 2018

Es gibt in unserem Land viele Initiativen, die sich um die Geschichte der Orte, in denen sie leben, kümmern, die Gedenkstätten und Gedenkorte konzipieren, die Spenden dafür einwerben, die diese Orte dann auch pflegen oder die Bildungsangebote organisieren.

Das alles verdient unseren großen Dank. Aber man muss auch sagen, dass oftmals diese Gedenkarbeit in ihren Anfängen auch gegen große Widerstände vor Ort geleistet wurde, und zwar früher wie auch heute noch.

Manchmal mag es damit zu tun haben, dass sich die politisch Verantwortlichen vor Ort nicht das Heft des Handelns

von Bürgerinnen und Bürgern aus der Hand nehmen lassen wollten, die auf einmal selbst initiativ geworden sind. Aber es gibt auch diese Fälle, in denen das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern für die Geschichte ihrer Heimat für Unbehagen gesorgt hat, Unbehagen ausgelöst hat, weil Geschehnisse zur Sprache kommen, die man eigentlich gerne auf sich beruhen lassen würde, weil es vielleicht nicht schön ist, sich mit den geschehenen Verbrechen vor Ort auseinanderzusetzen und diese aufzuarbeiten.

Aber diese Gedenkarbeit, vor allen Dingen diese ehrenamtlich getragene Gedenkarbeit, ist dringend notwendig. Ich kann uns alle im Landtag nur dazu ermuntern und dazu aufrufen, diese Bürgerinnen und Bürger, die das tagtäglich machen und auch jetzt noch neue Orte erschließen, weiter dabei zu unterstützen, und zwar im Landtag, aber auch in den Kommunen, in denen die allermeisten von uns auch tätig sind; denn dieses bürgerschaftliche Engagement ist notwendig für eine lebendige Gedenkkultur.

Gedenkkultur entsteht dann, wenn Menschen ihr Lebensumfeld, ihr Dorf, ihre Stadt, ihren Stadtteil als einen Ort mit einer Geschichte wahrnehmen, wenn sie sich mit dieser Geschichte auseinandersetzen und diese Geschichte ins Heute übertragen.

Gedenkkultur benötigt aber nicht nur Engagement, sondern sie benötigt auch wissenschaftliche Einrichtungen, Archive, NS-Dokumentationszentren, wie wir es in Osthofen haben. Denn – auch das ist bereits gesagt worden – auch heute, 73 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus, ist noch längst nicht alles erforscht, wissen wir noch längst nicht alles, was geschehen ist und können wir noch längst nicht alles einordnen. Deswegen müssen wir auch diese wissenschaftliche Aufarbeitung weiter unterstützen.

Gedenkkultur braucht natürlich auch eine starke politische Bildung. Mit unserem heutigen Antrag zeigen wir auf, wie wir alle drei Aspekte von Gedenkkultur in Rheinland-Pfalz weiter unterstützen wollen.

Schlussendlich geht es uns bei der Gedenkkultur aber vor allem um eines, nämlich der Menschen zu gedenken, die damals zu Opfern wurden, deren Leben und Lebensleistungen vernichtet wurden. Es liegt heute an uns und geht uns mit diesem Antrag auch darum, ihrer nicht nur als Opfer zu erinnern, sondern auch ihrer Leben zu erinnern, ihrer Leistungen und ihnen wieder Namen zu geben.

Ich habe im Vorfeld auch gelesen, dass sich die AfD nicht eingeladen gefühlt hat, an diesem Antrag mitzuarbeiten. Herr Schmidt, ich habe mir dann noch einmal sehr genau Ihre Rede durchgelesen, die Sie beim ersten Mal gehalten haben. Ich habe mir auch heute Ihre Rede sehr genau angehört.

Sie haben sich darin nur sehr, sehr kurz mit dem eigentlichen Thema dieses Antrags aufgehalten, ganz am Anfang ein kurzes Bekenntnis abgegeben. Dann sind Sie aber ganz schnell zu anderen Themen übergegangen, auch heute wieder.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Er hat doch zugestimmt! Was soll er denn machen? Zustimmung reicht Ihnen nicht?)

Sie haben über Max geredet. Sie haben über den Dreißigjährigen Krieg geredet. Sie haben heute dem Bibelturm in Mainz mindestens eine Minute Ihrer Redezeit gewidmet. Wenn es aber so wäre, wie Sie sagen, dass es hier einen Konsens gäbe, was die Wichtigkeit dieses Themas angeht, dann verstehe ich nicht, warum es Ihnen nicht gelingt, fünf Minuten Ihrer Redezeit auch diesem Thema zu widmen.

(Beifall der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da sage ich Ihnen, das ist auch der Grund, warum Sie nicht eingeladen werden, an einem solchen Antrag teilzunehmen; denn unser Schwerpunkt liegt in diesem Antrag auf dem Gedenken an die Schrecken des Nationalsozialismus. Da bin ich froh, dass CDU, SPD, FDP und Grüne gemeinsam zusammen sind.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und bei der CDU – Abg. Martin Louis Schmidt, AfD, meldet sich zu einer Kurzintervention)

Herr Kollege Schmidt, es tut mir leid, Sie müssen sich während der Rede zu einer Kurzintervention melden.

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Staatssekretär Professor Dr. Barbaro das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal geht mein Dank an die antragstellenden Fraktionen und ihre Rednerinnen und Redner, denen ich mich seitens der Regierung vollumfänglich anschließen möchte. Wenn ich nicht allzuviel ergänze, dann deswegen, weil in der Tat alles gesagt ist, auch vieles Richtige gesagt worden ist.

Ich möchte mich im Namen jener bedanken, die hauptamtlich an der Gedenkkultur im Land arbeiten. Dieser Antrag ist eben auch eine hohe Wertschätzung ihrer Arbeit und ein starkes Signal, dass ihre Arbeit eine Wertschätzung erfährt und als wichtig anerkannt wird. Damit meine ich die Kolleginnen und Kollegen beispielsweise in der Landeszentrale für politische Bildung, aber narürlich auch die Kolleginnen und Kollegen im Institut für geschichtliche Landeskunde, die sehr stark und intensiv die Geschichtsvereine, die auch schon erwähnt worden sind, im Land unterstützen.

Ich möchte mich auch im Namen all jener bedanken – sie sind das Gros jener, die die Gedenkarbeit im Land machen –, die ehrenamtlich an dem Thema arbeiten, in Vereinen tätig sind, vor Ort tätig sind, die eben viel Zeit investieren, um etwas zu tun, von dem der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker einmal sprach, als er 40 Jahre nach Kriegsende am 8. Mai 1985 diese so beachtete Rede gehalten hat.

Er sagte: „Wir Älteren schulden der Jugend nicht die Erfüllung von Träumen, sondern Aufrichtigkeit. Wir müssen den

Jüngeren helfen zu verstehen, warum es lebenswichtig ist, die Erinnerung wachzuhalten. Wir wollen ihnen helfen, sich auf die geschichtliche Wahrheit nüchtern und ohne Einseitigkeit einzulassen, ohne Flucht in utopische Heilslehren, aber auch ohne moralische Überheblichkeit.Wir lernen aus unserer Geschichte, wozu der Mensch fähig ist. Deshalb dürfen wir uns nicht einbilden, wir seien nun als Menschen anders und besser geworden.“

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU und des Abg. Martin Louis Schmidt, AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zur Abstimmung über den gemeinsamen Antrag von SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/6021 –. Wer dem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Danke schön. Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der AfD angenommen worden.

Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:

Situation der Physiotherapie in Rheinland-Pfalz Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 17/5127/5608/5935 –

Die Fraktionen sind übereingekommen, dass die Große Anfrage und die Antwort der Landesregierung in der kommenden Plenarsitzung beraten werden soll. – Ich sehe keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:

Entwicklung der Verkehrswende: Umstieg auf E-Mobilität in Rheinland-Pfalz Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksachen 17/5296/5746/5970 –

Die Fraktionen sind übereingekommen, diese Große Anfrage und die Antwort der Landesregierung an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zu überweisen. – Widerspruch sehe ich nicht, dann verfahren wir so.

Wir kommen nun zu Punkt 23 der Tagesordnung:

Für die Energieversorgung vor Ort: Eigenstromnutzung stärken Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/6022 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Ich bitte um Wortmeldungen. – Herr Kollege

Rahm, Sie haben für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Produzieren Sie auch Ihren eigenen Strom auf dem Dach? In Zukunft wird die unabhängige Stromgewinnung zunehmend noch mehr an Bedeutung erlangen. Doch unabhängig davon, wie wir jetzt und in Zukunft nachhaltig Energie produzieren, die Eigenstromerzeugung in Industrie, Handwerk und Gewerbe sowie in den privaten Haushalten spielt für eine kosteneffiziente Umsetzung der Energiewende und als wirksamer Beitrag zum Klimaschutz eine wichtige Rolle.

Die zunehmende Digitalisierung unserer Lebens- und Arbeitswelt benötigt immer mehr Energie. Wer selbst erzeugten Strom nutzen kann, senkt nicht nur seine Kosten für den Einkauf von externem Strom, sondern sorgt letztendlich – ganz wichtig – auch dafür, dass der benötigte Netzausbau gerade auf der Ebene der Übertragungsnetze im Umfang reduziert werden kann, und dezentrale Anlagen erhöhen die Stabilität der Stromversorgung.

Dazu kommt, dass Eigenstromerzeugungsanlagen auf der Basis erneuerbarer Energien und hoch effizienter KraftWärme-Kopplung (KWK) zu einer Verminderung energiebedingter Treibhausgasemissionen beitragen. Sie leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Erreichung unserer energie- und klimaschutzpolitischen Zielsetzungen in Rheinland-Pfalz.

Aber, meine Damen und Herren, wir müssen uns hier und heute auch darum kümmern – deswegen der Antrag der Koalition –, dass die Rahmenbedingungen für die eigene Stromgewinnung stimmen. Der Anteil der Eigenstromerzeugung in Rheinland-Pfalz ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Aktuell liegt er bei ca. 40 %. Wir gehören damit im Bundesvergleich in die Spitzengruppe. Davon profitieren nicht nur die Industrie, der Handel und Gewerbe, sondern auch die privaten Haushalte, die Bürgerinnen und Bürger.

Die Zahlen des Statistischen Landesamts und der Energieagentur sprechen klar für sich und die rheinlandpfälzischen Betriebe und privaten Haushalte.

Jetzt kommt aber wieder ein Aber. Trotz der hohen Nachfrage des Engagements vor Ort ist die Eigenstromnutzung in den vergangenen Jahren in Deutschland zunehmend erschwert worden. Durch die Neufassung der Regelung zur Befreiung von eigenerzeugtem Strom von der EEGUmlage – im Rahmen der 14 % und 17 % – hat die letzte Bundesregierung die Rahmenbedingungen für den Neubau sowie die Modernisierung und Erweiterung bestehender Eigenstromerzeugungsanlagen erheblich verschlechtert. Erschwert werden Investitionen darüber hinaus mit wachsenden bürokratischen und technischen Vorschriften.

Die EU-Kommission hat die Ende des Jahres 2017 auslaufende Befreiung von der EEG-Umlage für Bestandsanlagen bei der Eigenversorgung zwar verlängert, aber Anlagen, die nach dem 1. August 2014 in Betrieb gegangen sind, davon ausgenommen. Sie müssen seit 2018

damit die volle EEG-Umlage bezahlen. Für die Betreiber hat das ganz klar erhebliche finanzielle Folgen.

Mit einem von Thüringen und Rheinland-Pfalz Anfang März des Jahres 2018 herbeigeführten Bundesratsbeschluss soll die Bundesregierung bei ihren Bemühungen unterstützt werden, die EU-Kommission von einer neuen Regelung zur Begrenzung der EEG-Umlage für neue KWKEigenversorgungsanlagen zu überzeugen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Sehr gut!)

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, den regulatorischen Rahmen für KWK-Neuanlagen insgesamt neu zu justieren und beilhilferechtlich abzusichern.

(Abg. Martin Haller, SPD: Auch gut!)

Dazu gehört auch, das KWK-Gesetz zügig anzupassen, um industrielle KWK wieder zu stärken und gesicherte KWK-Leistungen im Bereich der öffentlichen Versorgung zur Verfügung zu stellen.

Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, dass sich die rheinland-pfälzische Landesregierung weiterhin vehement für den Abbau von Hemmnissen und den weiteren Ausbau der Eigenstromerzeugung in Industrie, Handwerk und Gewerbe sowie in den privaten Haushalten engagiert.