Protocol of the Session on April 26, 2018

Jetzt muss man sich einmal die Zahl der Einpendler anschauen. Die Zahl der Einpendlerinnen und Einpendler ist gestiegen, und zwar, wie die Bundesagentur für Arbeit vermeldet hat, nicht etwa um 24 % wie die Auspendlerzahl, nein, sie ist um über 40 %, ja um 41 % in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. Das heißt, wir haben einen Anstieg von 24 % bei den Auspendlern und einen Anstieg von 41 % bei den Einpendlern. Also was auch diese Zahlen angeht, wird es in Rheinland Pfalz immer besser, liebe Kolleginnen und Kollegen. Auch das gefällt der CDU nicht,

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

aber für die Menschen in diesem Land ist es wirklich eine gute Entwicklung.

Wenn das Märchen von der Beschäftigungslücke wahr wäre, dann müsste es genau umgekehrt sein.

Dass sich die absoluten Zahlen übrigens unterschiedlich entwickeln, hat etwas mit den absoluten Ausgangswerten zu tun. Diese aber sind schlichtweg strukturell bedingt. Das wissen Sie auch. Sie versuchen nur, die Tatsache zu ignorieren, um ein Schlechtreden dieses Landes zu konstruieren.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Darum wollten Sie den Haushalt selbst machen?)

Rheinland-Pfalz grenzt nun einmal an Ballungsräume wie den Rhein-Neckar-Raum, das Rhein-Main-Gebiet oder

Köln/Bonn an. Die Landesregierung kann und möchte den Menschen aber nicht verbieten, bei uns zu wohnen und dort zu arbeiten. Wie bereits gesagt, das Wachstum der Einpendler liegt deutlich über dem Wachstum der Auspendler. Darauf kommt es letztlich an.

(Abg. Dr. Weiland, CDU: Nein, darauf kommt es nicht an!)

Die Entwicklung ist eine positive. Deswegen sind wir auch, was die Ein- und Auspendlerzahlen angeht, auf einem guten Weg, nämlich einer Verbesserung.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Sie sind auf dem Holzweg!)

Meine Damen und Herren, die Fraktion der CDU hat in ihrer Pressemitteilung zur Pendlerentwicklung zu einem bemerkenswerten Rundumschlag angesetzt und alles hineingepackt, was irgendwie hineinpasst,

(Abg. Simone Huth-Haage, CDU: Eine solche Rede zu halten! Das ist doch unglaublich!)

und das, was nicht passt, einfach irgendwie passend gemacht.

Dass bei so etwas die Argumentation nicht immer ganz rund ist, liegt in der Natur der Sache. So wird wieder einmal die Mär von der schlechten Infrastruktur in Rheinland-Pfalz erzählt. Dabei wird aber verschwiegen, wie die tatsächliche Entwicklung in Rheinland-Pfalz ist, dass wir nämlich im vergangenen Jahr mit einer halben Milliarde Euro mehr in die Straßen in Rheinland-Pfalz investiert haben als jemals in der Geschichte zuvor.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Jetzt muss sogar der Kollege Weiland lachen, weil er merkt, dass die Argumentation der CDU auch an dieser Stelle eine frei erfundene ist. Daran glauben Sie noch nicht einmal selbst. Deswegen finden Sie es allenfalls lustig, was Sie hier als Debatte vorschlagen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die Infrastruktur tatsächlich in einem so schlechten Zustand wäre, wie die CDU uns immer wieder einflüstert, dann müsste die Zahl der Pendler eigentlich drastisch sinken; denn eine gute Verkehrsinfrastruktur ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass man ein- und auspendeln kann. Als Wirtschafts- und Verkehrsminister lasse ich gerne auch weiterhin in gute Verkehrswege mit unseren Nachbarn investieren, auch wenn die Gefahr besteht, dass vielleicht noch weitere Menschen zu uns ziehen oder ihren Arbeitsplatz beim Nachbarn behalten. Dafür übernehme ich gerne die Verantwortung.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Der Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz ist überdurchschnittlich gut aufgestellt. Nicht umsonst hatten wir im vergangenen Jahr nicht nur im Bundesvergleich ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum. Wir sind unter allen Flächenländern am zweitstärksten gewachsen. Kein Land konnte

in der Fläche mehr an Zuwachs im Bereich der digitalen Infrastruktur haben als Rheinland-Pfalz.

Die gleichen guten Zeugnisse kann ich auch dem Arbeitsmarkt ausstellen. Auf ohnehin schon hohen Niveau werden weiterhin Arbeitsplätze geschaffen. Deswegen gibt es auch einen so starken Anstieg bei den Einpendlern nach Rheinland-Pfalz.

Rheinland-Pfalz ist ein absolut attraktiver Wohnort, der mehr Menschen anzieht. Wir sind aber auch – ich erinnere noch einmal an den starken Anstieg der Einpendlerzahlen – ein attraktiver Arbeitsort mit einem sehr dynamischen Wachstum. Das verdanken wir unseren Unternehmerinnen und Unternehmern.

Wer meint, eine Beschäftigungslücke in diesem Land herbeireden zu müssen, der redet die enormen Leistungen dieser Unternehmerinnen und Unternehmer klein. Sie haben sich durch kluges Investieren mit auf dieses hohe Niveau gebracht. Sie mögen das gerne tun, ich finde dieses Schlechtreden unfair.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU mag es befremdlich sein, dass man seinen Lebensmittelpunkt in Rheinland-Pfalz gerne behält, auch wenn man in einem der benachbarten Ballungsräume arbeitet.

Aber auch wenn Sie es nicht verstehen, ich verstehe es. Die Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer lieben dieses Land. Deshalb pendeln sie lieber, als dass sie in ein Nachbarland ziehen.

Ich selbst komme aus der Südpfalz. Ich kann gut verstehen, dass die Menschen lieber in der Südpfalz wohnen, auch wenn sie bei Siemens in Karlsruhe arbeiten. Die Lebensqualität ist bei uns höher. Ich finde, es ist ziemlich kleinstaaterisch gedacht, wenn Sie meinen, dass wir den Menschen vorschreiben sollen, wo sie ihren Lebensmittelpunkt haben sollen.

Rheinland-Pfalz ist ein Grenzland. Wir haben viele benachbarte Bundesländer. Wir leben im Grenzraum auch mit dem Elsass und mit Luxemburg. Wir finden es gut, dass die Menschen auch über die Grenzen hinaus pendeln. Das ist etwas ganz Normales und Natürliches. Das verbindet auch Völker. Wenn wir wieder an Landesgrenzen einen Stopp oder Halt machen sollten, sollten wir das auch an internationalen Grenzen tun.

(Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Ich sage es noch einmal: Wenn die Menschen gerne hier wohnen und den Weg zur Arbeit in Kauf nehmen, spricht das für und nicht gegen dieses Land.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aufgrund der verlängerten Redezeit der Landesregierung

stehen den Fraktionen weitere drei Minuten Redezeit in der zweiten Runde zu.

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Baldauf das Wort.

Es ist eine besondere Ehre, einer der ersten Redner bei der neuen Landtagsvizepräsidentin zu sein.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Wissing, wenn man sich Ihre Ausführungen anhört, dass wir hier im Paradies leben, dann verstehe ich das vielleicht sogar falsch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, man müsste aber dann meinen, dass man, damit es auch beim Paradies verbleibt, dafür Sorge tragen muss, dass die Arbeitsplätze nicht in unmittelbarer Nähe sind, sonst würde das Paradies zerstört werden.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich kann Ihnen nur sagen– das meine ich mit vollem Ernst –: Sie müssen sehr aufpassen, ob Sie bei den Dingen, die Sie als Beispiele anbringen, nicht furchtbar höhnisch auf Menschen zugehen, die ihren Arbeitsplatz gerne in Rheinland-Pfalz hätten, ihn aber nicht bekommen. Um die geht es uns, und nicht um diejenigen, die drei Stunden am Tag fahren wollen.

(Beifall der CDU)

Ich beginne einmal mit einem Kronzeugen, der nicht verdächtig ist, immer schon der CDU angehört zu haben, nämlich mit Dietmar Muscheid vom DGB Rheinland-Pfalz. Muscheid: Politik muss dringend reagieren, um Nachwuchs im Land zu halten, sehr geehrter Herr Kollege Wissing. –

Gestern hatten wir als Überschrift, wenn Polizeidienststellen mit nur zwei Megabit in der Sekunde im Netz unterwegs sind, was im Übrigen auch für viele Unternehmen gilt, was Sie wissen. Dann haben wir heute in der Allgemeinen Zeitung den Artikel, dass wir Letzter bei den Lehrern bei der Bezahlung sind.

Sehr geehrter Herr Kollege, alle diese Dinge führen unabhängig von der Geschichte, dass es nicht so einfach ist, über marode Brücken in andere Bundesländer zu kommen, um dort zu arbeiten, dazu, dass es eine ganze Menge Menschen in Rheinland-Pfalz gibt, die lieber hier arbeiten würden, dies aber nicht können, weil hier keine ausreichende Bezahlung erfolgt und nicht ausreichend Sorge für die Menschen getragen wird.

(Beifall der CDU)

Ich kann nur eines sagen: Ich kenne Sie lange. Natürlich schätze ich Sie auch bei den Dingen, die Sie verändern. Sie können doch nicht hinwegleugnen, dass 138.000 Menschen mehr aus- als einpendeln. Das ist doch nicht in Ordnung. Fragen Sie doch einmal die Familien. Fragen Sie einmal diejenigen, die zwei Stunden am Tag eine Strecke zur Arbeit fahren, und die die ganze Zeit auf der A 6, als die Rheinbrücke nur einspurig war, noch einmal zusätzlich

Staus in Kauf genommen haben, ganz zu schweigen von der Ökobilanz, Herr Kollege Dr. Braun, und vielen anderen Dingen.

Ich finde, Ihre Aufgabe, die Sie wahrnehmen müssen, ist diejenige, dafür Sorge zutragen, dass die Infrastruktur sowohl über als auch unter der Erde und im Wissenschaftsund Forschungsbereich die ausreichenden Kapazitäten geschaffen werden und es nicht schöngeredet wird. Wir haben eine Milliarde Stau bei der Sanierung bei den Straßen. Ich finde, Ihre Aufgabe ist es, einmal klar und deutlich zu sagen: Das ist ein Problem für Rheinland-Pfalz. Das will ich lösen. –

Dann hätte ich gerne gewusst, wie und wann Sie es tun. Sie müssen immer auch bedenken, welchen volkswirtschaftlichen Schaden Sie diesem Land zufügen, indem Sie Menschen hochqualifiziert ausbilden, die dann ihre Arbeitsplätze in anderen Bundesländern nehmen und dort für die Wertschöpfung sorgen.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist die Aufgabe, die Sie zu erledigen haben. Dazu habe ich leider nicht viel gehört, außer dass wir im Paradies wohnen. Das würde ich sogar als Pfälzer unterstreichen. Das hat nichts mit Ihrer Landespolitik zu tun, sondern mit den Menschen, die dort leben. Wenn Sie diese ernst nehmen und denen helfen wollen, dann sorgen Sie dafür, dass sie kurze und keine langen Wege zum Arbeitsplatz haben.