Protocol of the Session on March 22, 2018

(Abg. Martin Haller, SPD: Der freihandelspolitische Sprecher!)

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Freundinnen und Freunde des weltweiten Freihandels!

(Abg. Martin Haller, SPD: Sehr gut!)

Welche Debatte werden wir heute erleben; denn gibt es jemanden, der es tatsächlich wagt, der FDP bei dieser Grundthese zu widersprechen?

(Zuruf von der FDP: Gibt es nicht!)

Gibt es hier tatsächlich jemanden, der nicht in den Chor einstimmen will, dass die US-Strafzölle der Wirtschaft schaden würden und sich Rheinland-Pfalz zum Freihandel bekennt?

Ich glaube nicht, dass es hier jemanden geben wird, der das grundsätzlich kritisch sieht. Herr Wink, deshalb bin ich Ihnen sehr dankbar für die Pointierung und die Differenzierung gerade im Hinblick darauf, dass Freihandel auch Regeln und Abkommen braucht. Das sind die konkreten Schritte, über die wir auch diskutieren müssen, und nicht nur über ein bloßes Bekenntnis. Deshalb vielen Dank für diesen Auftakt an dieser Stelle.

(Beifall der CDU und bei der FDP)

Was ist die Situation? – Trump twittert, droht und handelt wie ein Elefant im Porzellanladen. Das sieht nach plumpem Protektionismus aus. Ich glaube aber, man muss das hinterfragen. Ist es vielleicht auf den zweiten Blick nur eine Trumpsche Manier, um dann doch wieder zu verhandeln? Ist es nur ein Gehabe, um seine Klientel zu befriedigen? Ist es nur ein Teil dieser „Deal or no deal“-Politik, oder ist es tatsächlich ein Stück weit der hilflose Versuch, wieder in Verhandlungen zu klaren Abkommen einzusteigen?

(Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: Ja!)

Falls dies der Fall wäre, dann sollten wir diese Gelegenheit auch beim Schopf packen und wieder in Verhandlungen einsteigen. Herr Wink, deshalb stehen wir an diesem Punkt mit Sicherheit an Ihrer Seite.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb müssen wir hinter die schnelle Schlagzeile schauen, wenn von einem drohenden Handelskrieg und von plumpem Protektionismus die Rede ist, was ich durchaus anführe; denn was sind die Fakten? – Das durchschnittliche Zollniveau der USA liegt etwa nur halb so hoch wie in Europa. Das chinesische Zollniveau ist wiederum doppelt so hoch wie das europäische. Ist das fair und gerecht? Ist das fairer und gerechter Freihandel?

War es nicht so, dass wir bis zum letzten Jahr genau dieses Ungleichgewicht doch in Regeln kompensieren wollten? War es nicht so, dass wir mit TTIP letztendlich ein Abkommen auf dem Tisch hatten, über das wir verhandelt

haben, um das Beste für Europa, für Amerika, letztendlich die westliche Welt herauszuholen? – Ja, das war es, und das hätte man zum Abschluss bringen müssen. Dieses Abkommen muss weiter ein Ziel bleiben, wenn man diese These, dass man Freihandel haben will, weiter mit Leben, mit konkretem Leben erfüllen will.

(Beifall der CDU)

Deshalb war TTIP das Zauberwort und das Reizwort zugleich. Wer heute wie die FDP ein glühendes Bekenntnis zum Freihandel fordert, der hat recht. Wer sich diesem Ruf nach einem gerechten Freihandel aber anschließt, der darf dann in Zeiten, in denen es gilt, dieses Bekenntnis in Taten umzusetzen, auch nicht derjenige sein, der anfängt zu bremsen, Freihandelsabkommen plötzlich kritisch betrachtet oder aktiv substanzlose Stimmungsmache mit Chlorhühnchen betreibt, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Was ist der Freihandel wert ohne eine vertragliche Basis, ohne ein klar geregeltes Handelsregime, ohne einen Ausgleich der nationalstaatlichen und wirtschaftlichen Interessen? Was ist Freihandel wert, wenn er ungerecht wäre oder zumindest so dargestellt wird?

Ich will mich für meine Fraktion klar zum Freihandel, klar zu Regeln, klar zu Abkommen bekennen. Das ist nach wie vor unser Ziel. Ich kann deshalb auch nur noch einmal die F.A.Z. von heute zitieren: „Europas Wohlstand gründet auf Wettbewerb, nicht auf Abschottung.“ Genau dieser Wettbewerb braucht Regeln in einer sozialen Marktwirtschaft. Dafür steht die CDU, auch hier im Landtag von RheinlandPfalz.

(Beifall der CDU)

Ich will an dieser Stelle noch einmal ansprechen, dass genau diese Regeln und diesem Protektionismus gerade vom linken und rechten Rand zum Teil das Wort geredet wird, vielleicht aufgrund unterschiedlicher Motive, aber nichtsdestotrotz ist Protektionismus von beiden Rändern wieder hof- und salonfähig geworden.

(Glocke der Präsidentin)

Deshalb ist es wichtig, dass wir uns heute hier klar bekennen. Aber wenn man sich bekennt, dann auch zu klaren Regeln und klaren Verträgen. Zur Chinapolitik dann mehr in der zweiten Runde.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Alt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Debatte zu den drohenden Strafzöllen der USA könnte in der Tat aktueller nicht sein. Noch steht nicht fest, ob es überhaupt ge

lingt, auch die Europäische Union und damit Deutschland und Rheinland-Pfalz von diesen Maßnahmen, Strafzölle auf Stahl und Aluminium, auszunehmen, die ab morgen durch die US-amerikanischen Zollbehörden erhoben werden sollen.

Naturgemäß muss dies bei einem Bundesland mit einer Exportquote von 55 % die Aufmerksamkeit aller wirtschaftspolitischen Akteure beanspruchen und auf sich ziehen. Deswegen danke ich der FDP-Fraktion für die Anmeldung dieses wichtigen Themas.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, in unserem Bundesland sind Unternehmen sowohl im Handel als auch in der Weiterverarbeitung von Stahl- und Aluminiumprodukten und -komponenten aktiv. Landesweit sind – in der Weise weit gefasst – mehrere tausend Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den entsprechenden Bereichen tätig.

Es ist gar nicht leicht zu verstehen, warum die USA eigentlich dieses Mittel einsetzen. Erklärungsversuche scheinen der Erkenntnis zu widersprechen, die wir bereits mehrfach gehört haben, dass nämlich Freihandel ganz generell das Potenzial dazu hat, den Wohlstand aller an ihm beteiligten Volkswirtschaften zu erhöhen. Warum also?

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich betone, Freihandel hat das Potenzial dazu. Es gibt keinen Automatismus.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Einen Automatismus dafür, dass diese Wohlfahrtsgewinne auch tatsächlich bei breiten Bevölkerungsgruppen ankommen, gibt es nicht. Wir wissen aber, dass es eine wichtige Voraussetzung ist, dass eine vernetzte Wirtschaft mit hoher internationaler Arbeitsteilung eine Voraussetzung darstellt für hohe Arbeitsproduktivität und für hohe Löhne in der Industrie, die wir haben möchten, meine Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die möglichen Vorteile freien Handels sind uns zumindest in der Theorie seit David Ricardo und seinen Ausführungen zum komparativen Kostenvorteil bekannt. Wir sehen es auch ganz praktisch daran, dass sich immer mehr Staaten ganz freiwillig durch Freihandelsabkommen auf Zollfreiheit und den Abbau anderer Handelshemmnisse, die mindestens genauso wichtig sind wie die Zollfragen, festlegen.

Sie kennen alle die teilweise aussprechlichen, teilweise unaussprechlichen Abkürzungen: NAFTA, CAFTA, Mercosur, CETA, GAFTA usw. Das sind Beispiele von mittlerweile rund 200 Freihandelsabkommen auf der Welt, mit denen Staaten Erleichterungen über die allgemein geltenden WTO-Regelungen vertraglich festschreiben.

Was also kann die Erklärung sein? – Vielleicht kann ein anderer Erklärungsansatz helfen; denn in der handelspolitischen Debatte wird allzu häufig der widersinnige Eindruck

erweckt, Exporte seien etwas Gutes und Importe etwas Schlechtes für die Beteiligten. Vielleicht ist das überhaupt ein Grund dafür, dass man auf die Idee kommen kann, die eigene Industrie mit Zöllen schützen zu müssen, und vielleicht auch noch auf die Idee kommt, so etwas könnte in Teilen der Bevölkerung auf Zustimmung stoßen.

Tatsächlich profitieren natürlich Verbraucherinnen und Verbraucher und die Industrie selbst massiv auch vom Import, von Endprodukten und Vorleistungen, die im Inland entweder gar nicht oder nur zu deutlich erhöhten Kosten zu beziehen wären. Wenn es anders wäre, würde das Importgeschäft nicht stattfinden.

Deswegen schaden sich die USA natürlich auch selbst, wenn sie auf die protektionistische Karte setzen. Es setzt einerseits die Klugheit voraus, das zu erkennen, und die haben viele Menschen in den USA sicher auch und nicht nur wir in Europa, es setzt aber auch den Mut voraus, gegenüber jenen einheimischen Branchen diese Marschrichtung zu vertreten, die ihr eigenes Interesse an Abschottung mit den Interessen der gesamten Nation gleichsetzen. Das ist ein Fehler, da muss Politik dann aktiv werden.

(Beifall der SPD und bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren, im Übrigen scheint es von der rechtlichen Seite her wirklicher Hohn zu sein, dass hier gegenüber NATO-Partnern Schutzzölle unter Berufung auf angebliche Sicherheitsaspekte eingeführt werden sollen. Dass das die WTO so nicht durchgehen lassen kann und wird, liegt auf der Hand. Man muss darüber hinaus die Sorge haben, dass vielleicht diese Zölle nur ein erster Schritt sein könnten, auch Importe von europäischen Kraftfahrzeugen – insbesondere deutsche Kraftfahrzeuge sind einigen in den USA ein Dorn im Auge – mit diesen Zöllen zu versehen.

Deswegen müssen wir kurzfristig die Bemühungen der Bundesregierung unterstützen, eine Befreiung unseres Landes von den US-Zöllen zu erreichen. Doch damit wären auch für Deutschland und Rheinland-Pfalz noch nicht alle Probleme im Handelsbereich gelöst. Übermäßige Zölle führen auch gegenüber anderen Staaten als gegenüber uns selbst zu kaum kalkulierbaren Umlenkungseffekten im internationalen Handel.

Langfristiges Ziel muss es deswegen trotz aller Schwierigkeiten mit dem aktuellen US-Präsidenten sein,

(Glocke der Präsidentin)

ein Freihandelsabkommen zu etablieren, das wirtschaftlichen Austausch fördert und dabei ökologische und soziale Aspekte umfassend mit betrachtet.

Vielen Dank.