Frau Präsidentin, werte Kollegen! Gerne beginne ich die Rede auch diesmal – wie schon bei meinen Ausführungen zum selben Thema vom 25. Januar 2018 – mit der Feststellung: AfD wirkt! – Herr Brandl, ich kann Ihre Ausführungen ausdrücklich loben und Ihnen quasi durchgängig zustimmen.
Dass dieser in weiten Teilen inhaltlich begrüßenswerte Antrag des Altparteienblocks heute so im Landtag behandelt wird, wäre ohne die Eigeninitiative, die Vorarbeit und die Beharrlichkeit unserer Fraktion im Themenfeld Aussiedlerpolitik schwerlich vorstellbar.
Es wäre schon gar nicht erklärbar ohne die großen Wahlerfolge der Alternative für Deutschland, an denen unsere rund 4 Millionen Landsleute mit Aussiedlerhintergrund, vornehmlich die Russlanddeutschen, maßgeblich beteiligt waren. Hier setzt der nur leicht veränderte CDU-Antrag unverkennbar an, indem er ausführlich und fast ausschließlich auf Belange der Russlanddeutschen und nicht beispielsweise auch auf Oberschlesier oder Donauschwaben eingeht. Der wahltaktische Aspekt ist offensichtlich. Ich würde mich aber sehr freuen, wenn das nicht nur Wahltak
Letzteres stört uns nicht nur deshalb, weil wir die Thematisierung und Bewusstmachung von Aussiedlerschicksalen, von Leistungen und Problemen dieser Bevölkerungsgruppen aus grundsätzlicher Überzeugung einfordern und eben nicht aus Wahlkalkül. Es stört uns aber auch, weil es inhaltlich deutlich zu kurz greift; denn die Heimatvertriebenen – jetzt komme ich zu unserem eigenen Antrag – sollten aus unserer Sicht unbedingt mit einbezogen werden. Schließlich sind die historisch-biografischen Übergänge zwischen diesen und den Aussiedlern fließend.
In unserem Alternativantrag verzichten wir natürlich auf Gendersprech, wie er sich in der Neufassung des Altparteienaussiedlerantrags als quasi grüne Beigabe findet.
Bezeichnenderweise wird die aufgesetzte genderkorrekte Veränderung des an sich geschlechtsneutralen Wortes „Aussiedler“ in „Aussiedlerinnen und Aussiedler“ nicht konsequent umgesetzt und findet sich nicht einmal in der Überschrift.
Ja, die Aussiedler haben eine stärkere Aufmerksamkeit für ihre Brückenfunktion nach Mittel- und Osteuropa, auch bis nach Asien hinein verdient. Tatsächlich sind sie für die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland und den kulturellen und ökonomischen Austausch mit den Herkunftsgebieten von großer Bedeutung.
Auch vor diesem Hintergrund war die Knüpfung der rheinland-pfälzischen Partnerschaft mit der oberschlesischen Region Oppeln ein wichtiger Impuls, dessen Chancen für die deutsch-polnischen Beziehungen vertieft genutzt werden sollten.
Gerade hinsichtlich eines solchen Brückenbaus zu den östlich von Oder und Neiße gelegenen Gebieten oder etwa ins Böhmische hinein muss die große Gruppe der deutschen Heimatvertriebenen erwähnt und gewürdigt werden.
In Rheinland-Pfalz war 1953 jeder zehnte Einwohner ein solcher sogenannter Neu-Rheinland-Pfälzer. Laut Volkszählung stellten die deutschen Vertriebenen mit 361.000 Personen auch 1970 noch rund 10 % der Landesbevölkerung. Diese Würdigung vermissen wir, wenn im Faltblatt des Integrationsministerium „Lebenswege – Das Migrationsmuseum Rheinland-Pfalz im Internet“ zu lesen ist – ich zitiere –: „Andere gelangten nach Ende des Zweiten Weltkriegs aus dem Osten zu uns.“
Die deutschen Heimatvertriebenen werden im Gegensatz zu allen anderen aufgeführten Gruppen weder mit ihrem Namen genannt noch in Bezug zum deutschen Wirtschaftswunder der 50er- und 60er-Jahre gesetzt. Das ist ein Skandal. Es kommt einer zweiten Vertreibung gleich, nämlich
Vielleicht ist die Nichtberücksichtigung der Heimatvertriebenen im vorliegenden Altparteienantrag aber auch nur dem Umstand geschuldet, dass sich das Wort „Vertriebene“ so schlecht gendern lässt.
Doch im Ernst: Die Aussiedler ebenso wie unsere heimatvertriebenen Landsleute aus dem Osten gehören untrennbar zu Deutschland, zu unserer Gesellschaft und zu unserer gemeinsamen Geschichte und Kultur.
Deshalb fordern wir die Landesregierung nachdrücklich auf, im Haushaltsplan für die Haushaltsjahre 2019 und 2020 die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen sowie den Bund der Vertriebenen, Landesverband RheinlandPfalz, jährlich mit jeweils 25.000 Euro zu unterstützen.
Das haben wir bereits im Haushaltsplan für die Haushaltsjahre 2017/2018 in einem Antrag gefordert. Bezeichnenderweise wurde dieser Antrag auch von der CDU abgelehnt.
Aber zurück zu unserem Haushaltsantrag. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg wurde die Förderung der Kulturarbeit nach § 96 des Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetzes allein für 2017 mit über 1 Million Euro veranschlagt. Die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen wird durch das Land Baden-Württemberg institutionell gefördert, aber auch durch das Land Hessen.
Bayern stellt für 2017 knapp 9 Millionen Euro bereit. In Rheinland-Pfalz werden 50.000 Euro verweigert. Das sollte zu denken geben.
Wenn es also konkret wird mit der Wertschätzung für Heimatvertriebene und Aussiedler, dann kneifen die Altparteien in Rheinland-Pfalz. Viele Heimatvertriebene und Aussiedler wissen daher längst, die einzig ehrliche und konsequente Vertretung ihrer Interessen ist die AfD.
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Die SPD ist eine alte Partei, das stimmt! Ich hoffe trotzdem, dass ich niemals so alt werde, wie Sie im Denken! – Abg. Joachim Paul, AfD: Sie haben nur die drei Buchstaben von der SPD von früher!)
(Weitere Zurufe des Abg. Alexander Schweitzer, SPD, und des Abg. Joachim Paul, AfD – Glocke der Präsidentin)
Jetzt hat Herr Kollege Brandl das Wort. Wenn Sie bitte die Gespräche draußen in der Lobby vornehmen.
Danke, Frau Präsidentin. – Lieber Herr Kollege Schmidt, ich möchte auf einen Punkt zum Schluss eingehen. Ich glaube, das ist tatsächlich noch einmal ein essenzieller Unterschied. Wir sind mit diesem Antrag angetreten, um die Geschichte und die Leistungen dieser Menschen zu würdigen.
Wir sind angetreten, um an der Stelle Respekt zu zollen, diese Geschichte in der Bildungspolitik auch stärker zu verankern und diesen Gedenktag stärker in den Vordergrund zu rücken.
Das, was Sie heute daraus machen, gerade mit Ihren letzten Absätzen, ist eine reine Politisierung, weil Sie sich letztendlich als Vertretung dieser Menschen darstellen wollen.
Sie instrumentalisieren dieses Thema für Ihrer eigenen Zwecke. Das war nicht Sinn des Antrags. Das war nicht Sinn unserer Initiative. Deshalb ist die Zielrichtung, die Sie zum Schluss hier vorgetragen haben, schlicht und ergreifend falsch. Es geht um diese Menschen und die Leistung der Menschen. Diese gilt es zu würdigen, meine Damen und Herren.
(Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Louis Schmidt, AfD, meldet sich zu einer Kurzintervention)
Herr Kollege Schmidt, Sie können jetzt keine weitere Kurzintervention vornehmen. Sie können erwidern.
(Abg. Benedikt Oster, SPD: Die Geschäftsordnung kann man – downloaden! – Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Es muss aber irgendwo hinkommen!)