Wir haben dies in einem eigenen Antrag zum Thema Antisemitismus zum Ausdruck gebracht oder werden es noch zum Ausdruck bringen.
Die zweite wichtige Institution – darauf zielt Ihr Antrag ab –, die Vergangenes in der Gegenwart wachhält, um es für die Zukunft zu bewahren, sind Gedenkstätten. Auch sie haben als Lernorte des Gedenkens eine besondere Verpflichtung zur Weitergabe der Erinnerung. Hier sind neue museumspädagogische Ansätze gefragt, die zeitgemäße Konzepte des Erinnerns für unterschiedliche Besuchergruppen vermitteln.
Den Besuch von NS-Gedenkstätten für Schülerinnen und Schüler halten wir grundsätzlich für wünschenswert, allerdings – das sage ich jetzt auch aus meiner Erfahrung als Lehrer – gebe ich zu bedenken, man kann Gedenken nicht pauschal verordnen.
Es wäre eine Illusion zu glauben, dass ein singulärer und zugleich verpflichtender Besuch einer Gedenkstätte allein ausreicht, um ein demokratisches Erinnerungsbewusstsein zu schaffen. Ein solcher Besuch ist nur dann pädagogisch sinnvoll, wenn er didaktisch vor- und nachbereitet wird. Ansonsten wird es leider nur ein Wandertag zum KZ. Das wäre Gedenken ohne Wissen, und ich füge hinzu: ohne Gewissen.
Gedenken braucht aber Wissen. Ich wiederhole mich, aber ich finde es ganz wichtig: Ausstellungen, Mahnmale, Stolpersteine und andere Formen des Erinnerns sind vom Betrachter nur dann zu entschlüsseln, wenn er weiß, was dahintersteckt und wenn zumindest ein Basiswissen über den Holocaust und Antisemitismus vorhanden ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Erinnerungskultur entsteht aus dem differenzierenden Diskurs über die historische Wahrheit. Dies gilt für das historisch singuläre Verbrechen des Holocaust ebenso wie für das Unrechtssystem der DDR-Diktatur und andere Ereignisse aus unserer Geschichte.
Wir alle sind aufgerufen, uns gegen das Vergessen einzusetzen, so wie es Roman Herzog 1996 vor dem Deutschen Bundestag sagte. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: Wir erinnern nicht, um unser Entsetzen zu konservieren. Wir erinnern uns, um Lehren zu ziehen, die auch künftigen Generationen Orientierung geben, damit aus der Erinnerung immer wieder lebendige Zukunft wird. –
Erlauben Sie mir bei aller grundsätzlichen Zustimmung eine kleine kritische Anmerkung zu Ihrem Antrag. Es fehlt uns ein bisschen der rote Faden, sodass insgesamt der Eindruck entsteht, dass vielleicht etwas mit heißer Nadel gestrickt wurde; denn wir haben drei Fragen: Zielt Ihr Antrag auf den Holocaust, auf die gesamte Zeit des Nationalsozialismus? Wenn Sie zum Beispiel den Westwall als ein militärisches Mahnmal erwähnen, fehlen vielleicht
nicht auch Soldatenfriedhöfe und Kriegsgefangenenlager? Gehören zu einer zeitgemäßen Gedenkkultur mit Blick auf den Holocaust und Antisemitismus vielleicht nicht auch ehemalige oder aktive Synagogen und zahlreiche Judenfriedhöfe?
Meine Damen und Herren, wenn wir Gedenkkultur als Ganzes begreifen wollen – darauf zielt Ihr Antrag richtigerweise ab –, dann sollten und wollen wir das tun, aber bitte mit der nötigen Stringenz und Nachhaltigkeit. Ich bin guter Hoffnung, dass wir im Ausschuss eine gemeinsame Konkretisierung der Zielrichtung Ihres Antrags hinbekommen.
Herr Präsident, verehrte Kollegen! Die Verzweiflung der SPD-geführten Landesregierung angesichts einbrechender Umfragewerte muss schon groß sein.
Anders lässt sich dieser Ampel-Schaufensterantrag zur Gedenkkultur und der völlige Verzicht auf Konkretisierung nicht erklären.
Hier wird nicht nur nichts Neues gebracht, sondern die sich aufdrängenden, aktuellen Bezüge zum Gedenkjahr 2018 werden völlig ausgespart – doch dazu später.
Immerhin, den zentralen inhaltlichen Grundlinien stimmen wir als AfD selbstverständlich ausdrücklich zu, so dem im ersten Absatz neben dem Gedenken an alle Weltkriegstoten formulierten antitotalitären Konsens, der sich von den Verbrechen der nationalistischen Sozialisten der NSDAPDiktatur bis zum Unrechtsregime der kommunistischen SED spannt.
Ebenso verurteilen wir ohne jedes Wenn und Aber den – Zitat – häufig als Israelkritik verbrämten wachsenden Antisemitismus in unserem Land,
der im Übrigen ganz wesentlich mit der Massenzuwanderung aus islamischen Kulturkreisen verknüpft ist. Auch die Alternative für Deutschland bekennt sich, wie am Schluss des Antrags formuliert, zu einer gesellschaftlich breit verankerten, in wesentlichen Teilen ehrenamtlich getragenen
Gedenkkultur. Deren Sichtbarmachung an den Schulen unseres Landes unter Einbeziehung von Zeitzeugen und mit Verweisen auf historische Orte muss einen hohen Stellenwert haben.
Wir als AfD stehen als patriotische Partei für ein größtmögliches, Jahrhunderte umfassendes ganzheitliches Geschichtsbewusstsein und die Erkenntnis, dass die Historie aller Länder und Völker von Höhen und Tiefen geprägt ist. Beide gilt es, vor dem Hintergrund der jeweiligen konkreten zeitlichen Rahmenbedingungen zu beleuchten, aber auch die Folgen für die nachkommenden Generationen herauszustreichen. Ein kollektives Verantwortungsgefühl für die eigene Nationalgeschichte, für die schlechten wie für die guten Zeiten, sollte gesamtgesellschaftlicher Konsens sein.
Ebenso gilt für alle Völker die Ablehnung von Kollektivschuld. Bezeichnenderweise spielen die wahrlich bedeutsamen Herausforderungen des Gedenkjahres 2018 in diesem Ampelantrag keine Rolle. Da ist zunächst die Erinnerung an den 200. Geburtstag von Karl Marx, die in Trier und ganz Rheinland-Pfalz naturgemäß besonders große Bedeutung hat. Hier kritisieren wir als AfD den skandalös verharmlosenden Charakter des Gedenkens;
denn man wird den verbrecherischen Folgen der Marx’schen Lehren ganz sicher nicht gerecht, wenn die Spätfolgen der kommunistischen Ideologie im 20. Jahrhundert, in der Zeitgeschichte, weitgehend ausgeklammert sind. Es ist mehr als bezeichnend, dass in Trier am 5. Mai ein mit Geldern aus der Volksrepublik China finanziertes riesiges Marx-Monument aufgestellt wird und die große Mehrheit der politischen Entscheidungsträger in diesem Zusammenhang lediglich die möglichen Chancen für den Tourismus beklatscht.
Das ist nicht nur historisch gesehen höchst unsensibel. Es ist ein geschichtspolitischer Skandal und eine massive Infragestellung des eingangs betonten antitotalitären Konsenses.
Im November jährt sich zum 100. Mal das Ende des Ersten Weltkriegs, der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, wie sie der US-Historiker und Diplomat George F. Kennan benannt hat. Das Ende der blutigen Grabenkämpfe und Schlachten sowie der daran anschließende harte Friedensvertrag von Versailles hatte für das gesamte Deutsche Reich und in besonderer Weise für die preußische Rheinprovinz und die bayerische Pfalz schwerwiegende Konsequenzen; noch weitaus verheerende Ausmaße hatte der mit dem Böhmisch-Pfälzischen Krieg 1618 begonnene Dreißigjährige Krieg, den ins breitere öffentliche Bewusstsein zu rücken ein Gebot ganzheitlicher Geschichtsbetrachtung ist,
Oder denken wir – um zeitlich wieder nah an die Gegenwart heranzurücken – an unsere Partnerregionen in Polen und Tschechien und deren kollektive Erinnerungen an die revolutionären Ereignisse des Jahres 1988, die den Zusammenbruch des Sowjetimperiums und die deutsche Wiedervereinigung wesentlich vorbereitet haben.
So brachen beispielsweise in Polen im August 1988 landesweite Streiks aus, die erst eingestellt wurden, nachdem die Wiederzulassung der Gewerkschaft Solidarno´s´c zugesichert worden war. Das völlige Fehlen solcher konkreter inhaltlicher Bezüge legt die ganze Dürftigkeit dieses Schaufensterantrags der Ampel bloß und degradiert die Erinnerungskultur zum zweckgeleiteten parteipolitischen Instrumentarium.
Obwohl wir den im Antrag dargelegten Grundzügen der Gedenkkultur wie eingangs betont voll und ganz zustimmen, wird sich die AfD-Fraktion wegen der nicht hinreichend klaren Distanzierung von jedwedem Linksextremismus gerade im Marx-Jahr der Stimme enthalten.
Wie notwendig historische Bildung und eine niveauvolle Gedenkkultur sind, unterstreicht der gestrige Auftritt von Innenminister Lewentz, der offenkundig nicht weiß, dass der Begriff Lumpenproletariat von Karl Marx geprägt wurde.
Marx hat ihn prominent in „Der Achtzehnte Brumaire des Louis Napoleon“ verwendet, veröffentlicht erstmals im Mai 1852.
Abschließen möchte ich mit einem Appell. Machen wir uns, wenn es uns um das so wichtige Thema Gedenkkultur und Erinnerungskultur geht, ein Zitat des dänischen Schriftstellers, Theologen und Philosophen Søren Kierkegaard zu eigen: „Das Leben kann nur in der Schau nach rückwärts verstanden, aber nur in der Schau nach vorwärts gelebt werden.“