Wir haben immer gesagt, dass es uns wichtig ist, dass wir bei der Unterbringung und der Integration von Geflüchteten und anerkannten Asylbewerbern die jeweiligen Bedürfnisse ausgewogen im Blick behalten. Dies sind einerseits die Bedürfnisse der geflüchteten Menschen nach einer guten Unterbringung, nach guten Integrationsangeboten und einer guten Begleitung, aber andererseits auch die Bedürfnisse der Kommunen, die diese Aufgaben übernehmen und dabei unterstützt werden müssen. Insofern ist es natürlich wichtig, auch die Verteilung der geflüchteten Menschen im Land im Blick zu behalten und die Wegzugsund Zuzugsbewegungen innerhalb des Landes und zwischen den Gebietskörperschaften zu beobachten.
Dies tun wir sachlich und auch auf fundierter Grundlage. Dafür braucht es vor allen Dingen ein Zahlenwerk. Es ist
schon des Öfteren angesprochen worden, das Ministerium hat diese Zahlen angefordert, und diese Zahlen sollten wir uns gut anschauen und sie auch beobachten. Wenn wir dies heute tun – wir hatten dieses Thema auch letzte Woche im Fachausschuss diskutiert –, dann sticht besonders die Kommune Pirmasens hervor, in der der Zuzug von bereits anerkannten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern gegenüber dem Wegzug nach der Anerkennung deutlich überwiegt. In anderen Kommunen ist dieses Verhältnis nach den Zahlen, die dem Ministerium vorliegen, eben nicht zu beobachten.
Auch ich habe die Pressemitteilung des Landkreistages heute gelesen, und ich muss schon sagen, es hat mich ein wenig gewundert, wie man zu so einer allgemeinen Forderung kommt; denn die Zahlen, die dem Ministerium vorliegen, sagen uns, dass von den 24 Landkreisen überhaupt nur 12 Zahlen zurückmelden konnten. Das heißt, die Hälfte der Landkreise konnte überhaupt gar keine Zahlen vorlegen, und ich glaube, auf einer solchen Zahlenbasis ist es doch ein wenig verwunderlich, zu einer so absoluten Forderung zu kommen.
Ich habe Pirmasens bereits angesprochen. Wir wissen alle, dass es Pirmasens insgesamt aufgrund der soziodemografischen Situation mit großen Herausforderungen zu tun hat. Das war auch schon vor dem Zuzug von anerkannten Asylbewerbern der Fall. Wir sehen aber natürlich auch, dass es unter den aktuellen Umständen notwendig ist, die Stadt Pirmasens jetzt zu unterstützen.
Die CDU fordert in ihrem Antrag eine Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge, allerdings für das gesamte Land von Rheinland-Pfalz. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass in allen Kreisen und kreisfreien Städten die dort zugewiesenen anerkannten Asylbewerber verpflichtet sind, für die Dauer von bis zu drei Jahren dort wohnen zu bleiben. Sie können jedoch eine Ausnahme von dieser Wohnsitzauflage geltend machen, wenn sie oder ein Familienmitglied eine Arbeitsstelle mit mindestens einem Einkommen von 712 Euro im Monat vorweisen können oder eine Ausbildungsstelle oder einen Studienplatz. Weitere Ausnahmen können geltend gemacht werden, wenn der Ehepartner, eingetragener Lebenspartner oder ein minderjähriges Kind an einem anderen Ort wohnen.
Diese Ausnahmen werden per Antrag an die örtliche Ausländerbehörde geltend gemacht, die diese prüfen und entscheiden muss, und bei Ablehnung steht natürlich auch der Rechtsweg offen. Wir würden also eine Regelung installieren, die mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem weiteren Anstieg des Arbeitsaufkommens bei den Ausländerbehörden und auch bei den Verwaltungsgerichten führen würde, und dies zu dem Zweck, dass wir im Land Rheinland-Pfalz nur einer Kommune bei ihrer Herausforderung helfen wollen. Im Übrigen würde diese Wohnsitzauflage natürlich auch für die Stadt Pirmasens gelten, das heißt, ein Wegzug von dort wäre für anerkannte Asylbewerber also auch nicht ohne Weiteres möglich.
Aus diesen Gründen erscheint uns zum momentanen Zeitpunkt eine Wohnsitzauflage nicht als ein hilfreiches Instru
ment, um der Stadt Pirmasens zu helfen, auch wenn wir uns in der weiteren Debatte und in der weiteren Beobachtung der Zahlen nicht verschließen, wenn uns diese landesweit vorliegen und sie es auch landesweit hergeben. Wie bereits gesagt wurde, Frau Ministerin Spiegel hat bereits mehrfach angekündigt – in der nächsten Woche findet das Gespräch statt –, mit den kommunalen Spitzenverbänden genau über diese Frage zu reden. Es soll über die Möglichkeiten diskutiert werden, und es soll auch über die Möglichkeit einer Zuzugssperre diskutiert werden. Für unsere Fraktion ist es daher sinnvoller, die Ergebnisse dieses Gesprächs abzuwarten und danach gegebenenfalls weiter zu diskutieren.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung ist regelmäßig in Kontakt mit den Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden, um eventuelle Wanderungsbewegungen von anerkannten Flüchtlingen zu beobachten. Wir haben als Landesregierung immer gesagt, dass wir handeln werden, wenn sich im Land irgendwo signifikante Wanderungsbewegungen zeigen sollten.
Nach den uns bislang vorliegenden Meldungen der Kommunen im Land können wir sagen, ja, es gibt landesweit Wanderungsbewegungen; aber es gibt keine ungewöhnlich großen Wanderungsbewegungen in der Fläche von Rheinland-Pfalz. Allein die Stadt Pirmasens hat angegeben, größere Zuzüge zu verzeichnen. Wir haben deshalb die Daten, die uns Pirmasens zur Verfügung gestellt hat, ausgewertet.
In der Tat, aufgrund der vorliegenden Daten kann man bei Pirmasens von signifikanten Wanderungsbewegungen sprechen. Wir haben für Mitte nächster Woche ein Treffen mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart, bei dem es zu einer Entscheidung kommen soll, wie wir mit dieser Sondersituation in Pirmasens umgehen werden. Ich bin dabei offen für eine Zuzugssperre für Pirmasens. Wie gesagt, die Landesregierung hat immer gesagt, dass sie offen ist für Instrumente, wenn sich solche Wanderungsbewegungen signifikant zeigen.
Aber, sehr geehrte Abgeordnete der CDU-Fraktion, man kann das nicht einfach so nach Gutsherrenart entscheiden, worauf Sie auch immer sehr viel Wert legen; denn eine Zuzugssperre für eine Kommune bedeutet natürlich auch Auswirkungen für die anderen Kommunen im Land. Deshalb ist dies eine Entscheidung, die wir als Landesregierung nicht allein treffen können und wollen, sondern in die wir selbstverständlich die Kommunen im Land einbe
Für Sie als Opposition ist es einfach, eine Forderung nach einer allgemeinen Wohnsitzauflage aus dem Ärmel zu schütteln; aber man muss eine solche Forderung auch immer vom Ende her denken. Die Einführung einer allgemeinen Wohnsitzauflage bedeutet einen immensen Verwaltungsaufwand, den alle 36 Ausländerbehörden in den Kommunen zu schultern hätten. Dies wäre nur dann zu rechtfertigen, wenn erhebliche große Wanderungsbewegungen im ganzen Land zu verzeichnen wären. Ich wiederhole es noch einmal, aufgrund der Daten, die uns vorliegen und die wir auch gemeinsam mit den Kommunen erhoben haben, ist dies nicht der Fall.
Es ist allerdings mit den kommunalen Spitzenverbänden abgesprochen, weiterhin ein regelmäßiges Gesamtbild zu Wanderungsbewegungen von Flüchtlingen darzustellen, um die Lage weiter im Blick zu haben.
Ich möchte im Übrigen darauf hinweisen, dass gegen eine Wohnsitzauflage im Einzelfall auch rechtlich vorgegangen werden kann. Wenn eine Wohnsitzauflage eingeführt werden sollte, wird es also auch Menschen geben, die gegen solche Auflagen klagen werden.
In Nordrhein-Westfalen beispielsweise haben zwei Flüchtlinge erfolgreich geklagt, weil sie zum Studieren ihren Wohnort wechseln wollten und ihnen dies mit Verweis auf die Wohnsitzauflage verboten wurde. Eine Wohnsitzauflage bedeutet also nicht nur Verwaltungsaufwand für die Ausländerbehörden, sondern möglicherweise auch für die Gerichte.
Meine Damen und Herren, mir ist zudem wichtig klarzustellen, eine Wohnsitzauflage ist nicht das Allheilmittel für das Gelingen der Integration. Weil ich hier völlig aus dem Zusammenhang gerissen dargestellt wurde, will ich noch einmal sagen, ich habe nie gesagt, auch nicht im Ausschuss, dass ich nicht sehen würde, dass die Stadt Pirmasens Probleme und Herausforderungen sämtlicher Art hat.
Aber ich habe stets gesagt, dass eine Zuzugssperre nur ein Baustein, ein mögliches Instrument sein könnte, aber dieses Instrument eben kein Allheilmittel ist, um alle gesellschaftspolitischen Probleme zu lösen, die die Stadt Pirmasens hat und mit der die Landesregierung intensiv im Gespräch ist, um diese Probleme zu lösen.
Meine Damen und Herren, wenn man durch eine allgemeine Wohnsitzauflage im ganzen Land Menschen dazu zwingen würde, an bestimmten Orten zu bleiben, dann gehört zur Wahrheit auch dazu, dass das auch negative Folgen für die Integration haben könnte. Ich möchte deshalb auch dem in dem Antrag der CDU erweckten Eindruck entschieden entgegentreten, dass die zu uns geflüchteten Menschen ohne Zwang keine Integrationsleistungen erbringen würden; denn das stimmt so nicht.
Meine Damen und Herren, die ganz überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge will sich integrieren, die Sprache lernen, eine Arbeit finden und ein Teil dieser Gesellschaft werden. Dafür braucht es gute Rahmenbedingungen im ganzen Land. Wir wollen sicherstellen, dass überall im Land die erfolgreiche Integrationsarbeit vor Ort weitergeht, ohne den hier lebenden Schutzberechtigten unnötige Beschränkungen aufzuerlegen und ohne unseren Verwaltungen unnötige Mehrarbeit aufzubürden.
Dabei ist es mir ein besonderes Anliegen, eine für alle Städte und Landkreise angemessene und tragbare Lösung zu finden.
Geehrter Präsident, liebe Kollegen! Liebe Frau Spiegel, ja, Sie haben recht, eine Auflage ist kein Allheilmittel. Sie haben auch recht, wenn Sie sagen, denken wir vom Ende her.
Wenn wir vom Ende her denken, müssen wir uns fragen, bis zu welcher Zahl eine Integration überhaupt noch funktionieren kann. Denn es ist so, dass immer weitere Flüchtlinge hinzukommen. Jeden Monat gibt es neue Migranten. Wir sehen jetzt, dass es in Pirmasens Probleme macht. Aber Pirmasens für sich zu betrachten, greift zu kurz. Sie müssen insbesondere die Situation in den Schulklassen und Kindergärten betrachten. Da sehen wir ganz klar, dass im Übergang von den Kindertagesstätten auf die Grundschulen in den nächsten Jahren erhebliche Lasten auf die Lehrer und auch auf die Schüler, die ja lernen wollen, zukommen werden.
Sie sagen, die Menschen wollen sich integrieren und versuchen alles. Aber es wird faktisch auch für unsere Lehrer und unsere Erzieher irgendwann nicht mehr möglich sein.
Dann frage ich mich darüber hinaus, warum Sie den Städten keine Zahlen an die Hand geben. Warum weiß eine Stadt wie Germersheim oder Pirmasens selbst nicht, wie viele Migranten innerhalb des Stadtgebiets leben? Das widerspricht geradezu der Integration; denn wie sollen die Städte auf die Menschen zugehen, wie sollen sie sie integrieren, wenn sie nicht einmal wissen, wer kommt und woher die Menschen kommen?
Die Botschaft ist, machen Sie es sich nicht so leicht. Mit Einzelmaßnahmen werden wir das nicht mehr in den Griff
bekommen. Gehen Sie der Sache auf den Grund, liefern Sie endlich entsprechendes Zahlenmaterial, und lassen Sie die Städte nicht einfach im Regen stehen ohne Schutz.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich klarstellen, dass wir hier vielleicht auch divergierende Auffassungen davon haben, was es heißt, Dinge vom Ende her zu denken. Vielleicht sieht mein vom Ende her Gedachtes etwas anders aus als bei anderen hier im Hohen Hause; denn wenn wir uns die Rahmenbedingungen im Land ansehen, dann hatten wir 2015 53.000 Flüchtlinge, die nach Rheinland-Pfalz gekommen sind, 2016 etwa 16.000, 2017 etwa 8.000 Flüchtlinge, und im Moment bewegen wir uns auf einem stabilen niedrigen Niveau.
Insoweit ist das vom Ende her Gedachte, dass irgendwann immer mehr Flüchtlinge kämen, zahlenmäßig überhaupt nicht zutreffend.
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sie haben keine Ahnung von der Wahrheit! Das ist Ihre Fantasie! – Zuruf der Abg. Uwe Junge und Joachim Paul, AfD)
(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Nehmen Sie den Finger einmal runter! – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD – Glocke des Präsidenten)