Protocol of the Session on January 24, 2018

Bemerkenswert ist, dass das Kommunalwahlgesetz im Weiteren dahin gehend geändert werden soll, dass es Mitgliedern von Wahlausschüssen und Wahlvorständen untersagt werden soll, bei Ausübung ihres Amtes ihr Gesicht zu verhüllen. In diesem Fall soll der Wähler wissen, mit wem er es im Wahllokal zu tun hat. Dies wird mit dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl und der Verpflichtung der Wahlorgane zur unparteiischen Wahrnehmung ihrer Ämter begründet. Das Verschleierungsverbot soll im Weiteren der vertrauensvollen und offenen Kommunikation zwischen den Bürgern und Mitgliedern des Wahlausschusses dienen. Um eine solche Kommunikation sicherzustellen, sei es daher notwendig, das Gesicht nicht zu verhüllen. Damit werde auch die weltanschaulich-religiöse Neutralität von Wahlorganen dokumentiert.

Bereits am 15. Juni 2017 trat das Bundesgesetz zu bereichsspezifischen Regelungen der Gesichtsverhüllung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften in Kraft. Es verbietet, bei Ausübung des Dienstes bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug in Ausübung eines Amtes an dienstlichen Orten das Gesicht zu verhüllen. Insofern orientiert man sich an den entsprechenden Regelungen für die Mitglieder von Wahlausschüssen und Wahlvorständen bei Wahlen zum Deutschen Bundestag.

Weitere Änderungen sind, dass die Möglichkeit gegeben wird, dass auch nicht wahlberechtigte Gemeindebedienstete und Bedienstete von Bundesbehörden, welche auch für die Bundestagswahlen verpflichtet werden können, nun eingesetzt werden können. Dies wird in vielen Fällen helfen, die nötige Anzahl von Helfern zusammenzubekommen.

Eine weitere Neuerung sieht vor, dass in kreisfreien Städten und großen kreisangehörigen Städten die Auszählung zentral durchgeführt werden kann und somit die aufwendige, zeitintensive personalisierte Verhältniswahl in gemeindeeigenen Räumen durchgeführt wird und die Wahllokale somit am nächsten Tag auch für ihre ursprüngliche Benutzung zur Verfügung stehen.

Als letzten Punkt möchte ich die Änderung nennen, in welcher es darum geht, dass in Zukunft Wahlen und Bürgerentscheide gemeinsam durchgeführt werden können. Hiervon verspricht man sich eine höhere Wahlbeteiligung und eine Kostenreduzierung für die Kommunen, was heut

zutage sehr erforderlich ist.

Die AfD-Fraktion wird diesem Gesetzentwurf wohlwollend gegenüberstehen, insbesondere weil keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen. Alles Weitere wird in den Ausschüssen zu besprechen sein.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht Frau Abgeordnete Becker.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! An dieser Stelle und zu später Stunde – so ganz spät ist es noch nicht – beschäftigen wir uns mit einem Entwurf eines Landesgesetzes zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes: meine Damen und Herren, ein Gesetzentwurf, der eigentlich wichtiger ist, als der Titel und die Platzierung auf der Tagesordnung vermuten lassen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, freie und unabhängige Wahlen sowie die Beteiligung an diesen sind die Antriebsfeder der Demokratie, in der wir leben. Wir sind dankbar, dass wir diese haben, nicht nur, weil wir sonst hier nicht zusammenkämen, um unser schönes Land zu gestalten, sondern auch weil wir stolz darauf sein können, in einem Land zu leben, in dem dieses Gut hochgehalten und der unermessliche Stellenwert solcher Wahlen auch erkannt und gelebt wird.

Meine Damen und Herren, ein Blick auf die Weltkarte zeigt uns immer wieder, dies ist bei Weitem nicht selbstverständlich, und wir müssen alles daransetzen, dieses Gut zu pflegen, weiterzuentwickeln und zu leben. Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund sind die angestrebten Änderungen nicht nur zu begrüßen, sondern auch notwendig. Es ist bedauerlich, dass die Kommunen zwischenzeitlich derartige Probleme haben, Beisitzer für die Wahlvorstände zu gewinnen. Auch hier tut offensichtlich weitere Aufklärung not. Die Arbeit in einem Wahlvorstand sollte nicht als lästige Pflicht, sondern vielmehr als Wahrnehmung eines Rechtes empfunden werden. Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe für uns alle, verstärkt hierfür zu werben.

Die nunmehr hier gefundene Lösung ist jedoch zweckmäßig und gut. Sie gewährleistet, dass die Wahlen ordnungsgemäß durchgeführt werden können. Meine Damen und Herren, gleichwohl bedauere ich, dass derartige gesetzliche Maßnahmen zur Durchführung der Kommunalwahlen notwendig sind.

(Staatsminister Roger Lewentz: Ja, das stimmt!)

Was die Verhüllung des Gesichts anbelangt, welches den Wahlvorständen und Wahlausschüssen bei deren Tätigkeit untersagt werden soll, so ist auch dies an dieser Stelle richtig. Meine Damen und Herren, hier geht es ausschließ

lich und allein darum, Transparenz im Wahlvorgang zu schaffen.

Ich warne davor, eine Grundsatzdebatte über das Verbot von Gesichtsverschleierung zu beginnen. Dabei geht es mir nicht darum, ob dies gut oder schlecht, richtig oder falsch, begründet oder unbegründet ist. Es gehört einfach nicht hierher. Das sage ich an dieser Stelle in aller Deutlichkeit, um zu verhindern, dass dieser Punkt in irgendeiner Art und Weise zu populistischen Zwecken missbraucht wird.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr gut!)

Wir begrüßen die Lösung, Auszählvorstände zu bilden. Genauso, wie ein großes Interesse an der ordnungsgemäßen Durchführung von Wahlen besteht, besteht naturgemäß ein noch viel größeres Interesse an den Ergebnissen, und das so zügig und schnell wie möglich.

Meine Damen und Herren, gleichzeitig mit diesen Änderungen, die wir unterstützen, sehen wir aber auch die Notwendigkeit der steten Weiterentwicklung der Wahlgesetze, sei es auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene. Es muss stets den Gegebenheiten, die wir vorfinden, angepasst werden. Hierfür wurde hier nun ein erster Schritt gemacht.

Im Lichte des zuvor Gesagten kann dies gleichwohl nur der Anfang des Weges sein. Weitere Themen müssen diskutiert werden, beispielsweise die Absenkung des Wahlalters bei Kommunalwahlen oder das Wahlrecht für Drittstaatsangehörige. Doch ich bin zuversichtlich, dass auch diese Punkte durch uns und die Koalitionäre erfolgreich angegangen und konstruktiven Lösungen zugeführt werden.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kollegin Schellhammer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Vor jeder Kommunalwahl ist es notwendig, dass wir uns die Erfahrungen der vorangegangenen Kommunalwahl ansehen, um gegebenenfalls Verbesserungen in unserem Wahlrecht zu diskutieren. Der vorliegende Gesetzentwurf ist nun der Anlass, dass auch der Landtag über verschiedene Regelungen diskutiert.

Wir alle kennen die Situation aus unseren Kommunen. Es werden ehrenamtliche Leute gesucht, die in den Wahlvorständen am Sonntag helfen. Den Kommunen fällt es immer schwerer, hierfür Menschen zu finden. Deswegen

ist es wichtig und richtig, dass der vorliegende Gesetzentwurf Verbesserungen vorsieht. Neben den Wahlberechtigten können auch Nichtwahlberechtigte, die sich aber im Gemeindedienst befinden, für die Wahlvorstände berufen werden, und es kann eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, dass auf die Datengrundlage zugegriffen werden kann, die für die Wahlvorstände bei den vorangegangenen Bundestagswahlen zur Grundlage der Auswahl für die Wahlvorstände gedient hat.

Das ist sehr wichtig, weil so die Gesamtgruppe, die für einen Wahlvorstand infrage kommt, größer wird. Damit verbinden wir die Hoffnung, dass bei der nächsten Kommunalwahl das Besetzen der Wahlvorstände für die Kommunen leichter wird.

Ich kann aber an dieser Stelle nur appellieren, dass man an einem Wahlvorstand teilnimmt und sich sonntags bereit erklärt, für unsere Demokratie einen Dienst zu leisten. Wir versuchen die Grundlage dafür zu erleichtern, aber unser Appell gerade als Demokratinnen und Demokraten muss an die Bürgerinnen und Bürger gehen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Gleichzeitig sieht der vorliegende Gesetzentwurf eine Erleichterung bei der Ergebnisermittlung vor. Auch das wurde schon erläutert. Ich möchte aber noch auf ein paar andere Punkte eingehen.

Wenn wir uns anschauen, der Frauenanteil in kommunalen Gremien lag bei der letzten Kommunalwahl bei 18,7 %, und nur 5,2 % der hauptamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie 9,7 % der ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind weiblich, dann steht der Frauenanteil auf der kommunalen Ebene nicht repräsentativ für unsere Bevölkerung. Für uns als Grüne ist es eine bittere Pille, dass wir die geschlechtsparitätischen Angaben streichen müssen. Selbstverständlich ist das Urteil sehr klar, und wir haben daraus gelernt.

Nichtsdestotrotz müssen wir auch im Sinne der Frauenpolitik, die in den kommunalen Parlamenten eine Rolle spielen muss, daran appellieren, bei der nächsten Kommunalwahl Schwung zu holen und mehr Frauen zu motivieren, für die kommunalen Gremien und für kommunale Wahlämter zu kandidieren, weil Frauenpolitik auch vor Ort anfängt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Für uns Grüne ist es ein Kernanliegen, unsere repräsentative Demokratie mit direktdemokratischen Elementen zu verbinden. Wir haben in der letzten Legislaturperiode die Hürde für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide gesenkt. Nun gehen wir mit dem Kommunalwahlgesetz einen weiteren Schritt, beteiligungsfreundlicher zu werden.

Bei der Vorbereitung der Bundestagswahlen hat sich gezeigt, in vielen Gemeinden besteht das Interesse, gleichzeitig allgemeine Wahlen mit Bürgerentscheiden zu verknüpfen. Das geltende Kommunalwahlgesetz sieht aber keine entsprechende Verordnungsermächtigung vor. Diese Regelungslücke hat bei mir vor Ort im Landkreis Mainz

Bingen – ich weiß aber auch in anderen Kommunen – zu einer Diskussion geführt. Hierzu habe ich mich in einem Schreiben an den Innenminister mit der Bitte gewandt zu prüfen, inwieweit es möglich ist, dass allgemeine Wahlen mit Bürgerentscheiden verknüpft werden können.

Deswegen freue ich mich sehr, dass dieser Schritt auch im Regierungsentwurf enthalten ist. Das ist eine Stärkung unserer Demokratie. Es erleichtert die gleichzeitige Durchführung. Das ist der richtige Weg, repräsentative Demokratie mit direktdemokratischen Elementen zu verbinden. Das begrüßt auch meine Fraktion ausdrücklich.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Ich muss auch das Wahlrecht ab 16 Jahren ansprechen. Wir wissen, viele Bundesländer haben sich hier schon auf den Weg gemacht. Wenn wir uns anschauen, gerade Rheinland-Pfalz, das so viele historische Orte der Demokratiegeschichte hat, kommt in die Situation, in Sachen Wahlrecht die rote Laterne zu bekommen, dann ist mein Appell, sich noch einmal – dies ohne Vorwurf gemeint – in den Bundesländern die tollen Impulse mit den Informationsangeboten für junge Wählerinnen und Wähler, sich dafür zu interessieren, was bei der Kommunalwahl vor Ort in der Gemeinde zur Wahl steht, anzuschauen. Das sind tolle Programme; es sind tolle bildungspolitische Maßnahmen in den Bundesländern gefahren worden. Ich würde einfach noch einmal appellieren, sich das genau anzuschauen und sich teilweise das Wahlverfahren anzuschauen.

Es wird immer das potenzielle Wahlverhalten der 16- und 17-Jährigen als Gegenargument genommen. Es ist mitnichten so, dass sie sich extremeren Parteien anschließen, und sie haben auch eine überdurchschnittliche Wahlbeteiligung an den Tag gelegt. Von daher ist noch einmal mein Appell, wenn wir uns sachlich mit dem Wahlgesetz auseinandersetzen, sich auch diese Beispiele anzuschauen!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und vereinzelt bei der SPD – Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Letzter Punkt ist das Wahlrecht für Menschen mit Behinderung. Wir haben heute das Schreiben erhalten. Es liegt die Forderung vom Landesteilhabebeirat – auch eine Forderung, die wir Grünen unterstützen – auf dem Tisch.

(Glocke des Präsidenten)

Wir müssen im Innenausschuss selbstverständlich über den Impuls, mit dem uns der Landesbeauftragte für die Rechte von Menschen mit Behinderung angeschrieben hat, diskutieren. Insgesamt wird das ein spannender Diskussionsprozess. Ich glaube aber, ein Wahlgesetz erfordert auch, dass wir immer wieder darüber diskutieren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich gehe davon aus, eine Überweisung an den Innenausschuss

federführend – und an den Rechtsausschuss wird beantragt. Ist jemand dagegen? – Enthält sich jemand? – Dann wird so verfahren.

Ich rufe die Punkte 8 und 9 der Tagesordnung, die gemeinsam beraten werden, auf: