Protocol of the Session on December 14, 2017

Für die Landesregierung antwortet Frau Staatsministerin Dr. Hubig.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Brück und Schmitt beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Digitale Bildung in der Schule soll die Schülerinnen und Schüler auf das Leben und Arbeiten in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft vorbereiten. Rheinland-Pfalz hat die Bedeutung der Digitalisierung früh erkannt und die Kompetenzvermittlung an und über digitale Medien zu einem bildungspolitischen Schwerpunkt gemacht.

All das ist ein Prozess. Das Ziel ist noch nicht erreicht. Die aktuelle Studie der Telekom Stiftung bescheinigt uns aber, dass wir auf einem sehr guten Weg sind und unsere Hausaufgaben gemacht haben.

Die Untersuchung „Schule digital – Der Länderindikator 2017“, die die Technische Universität Dortmund im Auftrag der Deutschen Telekom Stiftung zum dritten Mal erstellt hat, liefert für Deutschland länderbezogene Informationen darüber, wie Lehrkräfte das Lehren und Lernen mit digitalen Medien nutzen und bewerten. Basis dieser Studie ist eine repräsentative Befragung von Lehrkräften an allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe I ohne Förderschulen.

In der Studie werden verschiedene Themenbereiche digitaler Bildung betrachtet, von der Nutzung digitaler Medien in Lehr- und Lernkontexten, der IT-Ausstattung, der Förderung der IT-bezogenen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern bis hin zu den Kompetenzen der Lehrkräfte.

Rheinland-Pfalz steht im Ländervergleich ganz vorn, und das bereits zum dritten Mal in Folge. Damit sind wir das einzige Bundesland, das in allen drei Untersuchungen in jedem Jahr in der Spitzengruppe vertreten ist. So hebt sich Rheinland-Pfalz insbesondere darin hervor, dass Lehrkräfte nach deren eigener Aussage bei der Integration digitaler Medien im Unterricht pädagogisch und technisch sehr gut unterstützt werden.

Es wird ihnen außerdem eine breite Auswahl von passgenauen Medien bereitgestellt. Damit kann Lehren und Lernen verbessert und der Unterricht so gestaltet werden, dass Inhalte, eingesetzte digitale Medien und angewandte Lehrmethoden angemessen kombiniert werden können. Auch hier liegen wir ebenfalls deutlich über dem Durchschnitt der anderen Bundesländer.

Die rheinland-pfälzischen Lehrkräfte bescheinigen ihren Schulen erneut eine gute Ausstattung und geben an, dass der Internetzugang an ihrer Schule schnell und stabil genug ist. Darüber hinaus sind in rheinland-pfälzischen Schulen in hohem Maße detaillierte schuleigene Konzepte zur Medienbildung vorhanden. Die Lehrkräfte geben an, dass sie auch technisch gut unterstützt werden.

Zu Frage 2: Zunächst einmal muss das digitale Lehren und Lernen in den Schulen immer dem Primat des Pädagogischen folgen. Technik und Digitalisierung sind kein Selbstzweck. Gleichzeitig ist natürlich die technische Ausstattung Voraussetzung dafür, dass digitale Bildung gelingt. Beides erfordert eine fundierte Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte.

All diese Punkte umfasst unser im Jahr 2007 gestartetes Landesprogramm „Medienkompetenz macht Schule“. Damit waren wir schon vor zehn Jahren anderen Bundesländern um Längen voraus. Seither nahmen 75.000-mal Lehrkräfte an unseren Fortbildungen teil. 580 weiterführende Schulen wurden mit einer Summe von 22 Millionen Euro unterstützt. Die Schulträger bauten an diesen Schulen die digitale Infrastruktur aus und stellten gemeinsam mit dem Land Unterstützung bereit.

„Medienkompetenz macht Schule“ läuft sehr erfolgreich.

Immer wieder wurden und werden wir dazu von anderen Bundesländern angefragt, die von unseren Erfahrungen profitieren wollen.

Seit dem letzten Schuljahr werden nun auch Grundschulen in das Programm aufgenommen. Diese erhalten eine Förderung von jeweils 7.500 Euro und profitieren von zielgerichteten Fortbildungsangeboten und der Unterstützung bei der Entwicklung von Medienkompetenzen.

Zu Frage 3: Für die Umsetzung der Strategie der Kultusministerkonferenz zur Bildung in der digitalen Welt hat das Bildungsministerium direkt nach ihrer Veröffentlichung im Dezember 2016 einen intensiven Prozess mit fünf Arbeitsgruppen und einer Expertenkommission, diese zusammen mit dem Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, gestartet.

So haben wir die Entwicklung von Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zur Teilhabe an der digitalen Welt in allen Unterrichtsfächern verankert. Hierzu haben wir bereits den rheinland-pfälzischen MedienkomP@ss überarbeitet und an die neuen Vorgaben der KMK-Strategie angepasst. Aktuell arbeiten wir an der Verknüpfung der digitalen Kompetenzen mit den Fachkompetenzen der einzelnen Unterrichtsfächer.

Vor allem müssen aber unsere Lehrerinnen und Lehrer noch besser auf die Bildung in der digitalen Welt vorbereitet werden. Hierzu setzen wir in der Lehrkräfteausbildung schon im Studium und im Referendariat an. Wir haben dazu dank der Expertenkommission unter der Leitung von Frau Professorin Dreyer bereits sehr konkrete Vorstellungen.

Die über 40.000 im Dienst befindlichen Lehrkräfte müssen und werden wir fortbilden. Das Pädagogische Landesinstitut wird dies zusammen mit dem Bildungsministerium nicht nur durch traditionelle Fortbildungen leisten, sondern auch mithilfe von neuen Formaten wie dem Blended Learning, einer Kombination von Online- und Offline-Formaten.

Zur Frage, welche Kompetenzen Lehrkräfte künftig haben müssen, hat die Expertenkommission ein Modell ausgearbeitet, mit dem Rheinland-Pfalz anderen Ländern einen Schritt voraus ist. Das Modell werden wir im Frühjahr in verschiedenen Ausschüssen der Kultusministerkonferenz vorstellen.

Vielen Dank.

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Lerch.

Frau Ministerin, vielen Dank für die Ausführungen. Sie sind ausführlich auf die Fortbildung und auch auf die schuleigene Weiterbildung eingegangen. Meine Frage ist: Welchen Anteil hat die Digitalisierung in der Lehrerausbildung heutzutage?

Frau Abgeordnete Lerch, wir sind gerade dabei, die digitale Ausbildung – also die Vermittlung, wie ich digitale Medien in der Schule und im Unterricht pädagogisch sinnvoll einsetzen kann, welche Inhalte mit Blick auf die Medienkompetenz zu vermitteln sind – schon in der Ausbildung, in den Curricula an den Universitäten zu verankern. Wir wollen dies aber noch einmal deutlich intensivieren.

Die Expertenkommission empfiehlt unter anderem, dass an jeder Universität, die die Lehrerausbildung anbietet, ein entsprechendes Labor, ein IT-Labor sozusagen, angeboten wird, in dem die angehenden Lehrkräfte, die Studierenden, unmittelbar praktisch lernen können, wie sie Medien einsetzen können, welche Programme und welche offen verfügbaren IT-Programme es gibt, um den Unterricht entsprechend gut zu gestalten.

Im Mittelpunkt steht dabei nach wie vor die Vermittlung von Inhalten und Kompetenzen. Der Einsatz digitaler Medien soll kein Selbstzweck sein.

Eine Zusatzfrage der Kollegin Brück.

Vielen Dank, Frau Ministerin. In Rheinland-Pfalz entsteht gerade der Schulcampus. Können Sie noch einmal erläutern, was sich dahinter verbirgt und welche Bedeutung das für die Digitalisierung der Bildung in unseren Schulen haben wird?

Sehr gerne, Frau Abgeordnete Brück. Wir haben in der Digitalstrategie, die wir Länder gemeinsam im Dezember vergangenen Jahres verabschiedet haben, auch den Auftrag, dass wir bis zum Jahr 2021 eine digitale Lernumgebung für die Schülerinnen und Schüler schaffen.

Der Schulcampus, an dem gerade das Pädagogische Landesinstitut mit uns zusammenarbeitet, wird genau das bieten. Es wird ein Webportal sein, eine Plattform im Internet, die ganz verschiedene Dinge bietet. Sie enthält natürlich die Cloud, über die jetzt viel diskutiert wird, die Schulcloud, die dann entsprechend gesichert ist und Datenschutzbestimmungen entspricht.

Sie bietet zudem für Schülerinnen und Schüler und für Lehrkräfte, also für beide Seiten, die Möglichkeit, mit einem Zugang auf alle Angebote, die wir jetzt schon sehr reichhaltig bereitstellen und natürlich noch weiter anreichern und fördern werden, zugreifen zu können. Derzeit braucht man für jede einzelne Plattform einen eigenen Schlüssel, ein eigenes Passwort, was nach Aussage der Lehrkräfte – das kann man auch gut nachvollziehen – etwas aufwendig ist.

Den Lehrkräften und auch den Schülerinnen und Schülern ist es dann möglich, sich ein eigenes Portfolio zu erstellen, entweder an Lernmaterialien oder auch an Fortbildungen,

die sie erreichen. Sie können sich einen eigenen Bereich bilden, in dem sie diese Dinge ablegen. Sie können von dem allgemeinen Webportal Programme dorthin ziehen, die sie dann ständig nutzen können. Das heißt, sie können es sich selbst digitalisieren.

Der Schulcampus wird auch vorsehen, dass es Postfächer für alle gibt, sodass man die Lehrkräfte unmittelbar erreichen kann. Es wird Bereiche geben, in denen zum Beispiel die Stundenpläne für eine Klasse abgelegt und Hausaufgaben eingestellt werden können, also Lehr- und Arbeitsbereiche, die zentral dort abgelegt werden. Das Ganze ist, wie gesagt, datenschutzrechtlich abgesichert.

Wir gehen davon aus, wir werden im Jahr 2020 pilotieren und sind dann voraussichtlich im Jahr 2021 im kompletten Betrieb. Dabei haben wir einen Vorteil. Es gibt verschiedene Entwicklungen im Zusammenhang mit der Schulcloud. Das Hasso-Plattner-Institut arbeitet derzeit auch an einer Schulcloud. Auch dort sind wir in der Arbeitsgruppe.

Wir schauen, dass die Angebote, die andere Länder gerade entwickeln, am Ende auch kompatibel sind und die richtigen Schnittstellen zu unserem Schulcampus haben. Das haben wir jetzt schon mit im Blick, damit wir auch für die Zukunft gut aufgestellt sind.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Frisch.

Frau Ministerin, das Landesprogramm „Medienkompetenz macht Schule“ richtet sich in diesem Jahr auch an die Grundschulen. Unter anderem sollen im Rahmen dieses Programms Tablets angeschafft werden, mit denen dann schon in den ersten Klassen gearbeitet wird.

Gegen eine solche Digitalisierung der Grundschule gibt es erhebliche Bedenken seitens der Psychologie und insbesondere der Hirnforschung. So warnt der bekannte Hirnforscher Professor Spitzer ausdrücklich vor einem verfrühten Einsatz digitaler Medien in der Schule und spricht in diesem Zusammenhang von erheblichen gesundheitlichen und sozialen Risiken für unsere Kinder.

Meine Frage dazu: Hat sich die Landesregierung mit dieser wissenschaftlich fundierten Kritik auseinandergesetzt, und falls ja, inwieweit hat sie dieser Kritik in ihren Konzepten Rechnung getragen?

Herr Abgeordneter Frisch, natürlich ist uns die Kritik von Herrn Professor Spitzer bekannt, der – das muss man sagen – immer wieder in diesem Zusammenhang zitiert wird. Wenige oder kaum andere Forscher gibt es, die ähnlich pointiert diese Position vertreten. Diese Position ist durchaus nicht unumstritten. Auch das ist Ihnen sicherlich bekannt.

Im Gegenteil, es gibt mindestens genauso viele Forscher und auch Entwicklungspädagogen, die sagen, es ist wich

tig, dass man auch kleine Kinder, jüngere Kinder, an den Umgang mit Medien heranführt; denn ihre Realität ist nicht anders, als dass sie Medien heute schon nutzen. Genau das machen wir mit „Medienkompetenz macht Schule“.

Wir haben „Medienkompetenz macht Schule“ natürlich konkret für die Grundschulen verändert, weil es jüngere Kinder als die ab der fünften Klasse sind. Wir haben darauf geachtet und achten darauf, dass ein altersgerechter Umgang mit den Medien erfolgt.

Deshalb ist es so, dass zunächst einmal die Grundschulen, die sich für das Programm „Medienkompetenz macht Schule“ bewerben, selbst ein Medienkonzept erstellen müssen. Bei dieser Erstellung des Medienkonzepts werden sie durch das Pädagogische Landesinstitut beraten. Danach entscheiden sie selbst, was sie mit den 7.500 Euro, die wir ihnen im Rahmen des Programms zur Verfügung stellen, anfangen.

Es gibt Grundschulen, die sich dafür entscheiden, Tablets zu nehmen. Es gibt aber auch Grundschulen, die sagen: Wir nehmen LEGO WeDo, weil wir möchten, dass die Kinder mit diesen Legosteinen, die man auch programmieren kann, lernen.

Es gibt auch welche, die sagen: Wir möchten Notebooks haben. – Das stellen wir den Grundschulen vollständig frei. Ziel ist dabei immer – wie ich das vorhin schon gesagt habe –, dass das Pädagogische im Mittelpunkt steht und es nicht darum geht, einen Informatikunterricht in den ersten bis vierten Klassen zu machen. Es geht vielmehr darum, die Kinder pädagogisch an die Dinge heranzuführen und ihnen vor allen Dingen Kompetenz im Umgang mit Medien schon sehr früh zu vermitteln. Nach unserer Ansicht laufen da insoweit die Bedenken von Herrn Spitzer ins Leere.

Es liegen mir jetzt noch sechs Zusatzfragen vor. Danach betrachte ich die Mündliche Anfrage als beantwortet. – Zunächst Herr Kollege Schmidt.

Frau Ministerin, meine Frage bezieht sich auch auf die Grundschulen, insbesondere die Lesefähigkeit und die Fähigkeiten, Texte zu erfassen. Da wurden am 5. Dezember die für Rheinland-Pfalz wenig schmeichelhaften Ergebnisse der IGLU-Studie, also der Internationalen GrundschulLese-Untersuchung, veröffentlicht. Bei der Ursachenforschung hat der Philologenverband Rheinland-Pfalz den Punkt der extensiven Mediennutzung gerade bildungsferner Schichten genannt. Wie bewerten Sie das in Bezug auf die Ausweitung der IT-Nutzung gerade an den Grundschulen? Ist das aus Ihrer Sicht ein Problem?

Vielen Dank.

Herr Abgeordneter Schmidt, es geht uns genau darum, eine extensive Mediennutzung egal welcher Schichten zu unterbinden und einen verantwortungsvollen Umgang mit

Medien zu ermöglichen. Deshalb machen wir „Medienkompetenz macht Schule“ an den weiterführenden Schulen wie auch an den Grundschulen.