Dazu gehört Selbstbestimmung und die Entscheidung über die Frage, wie und wo ich Kindererziehung mache. Dazu gehört aber auch, dass die Verwirklichung im Beruf und natürlich auch der materielle Lebensunterhalt abgesichert sind und es eben nicht sein kann, dass in einem reichen Land wie Deutschland nach wie vor Kinderkriegen das Armutsrisiko Nummer 1 ist.
Dazu gehört aber auch, dass wir eine Arbeitswelt gestalten müssen, die so ausgestaltet wird, dass sich eben nicht der Mensch in erster Linie nach den Bedürfnissen der Wirtschaft zu orientieren hat, sondern gerade dort, wo es um Familien geht, sich die Arbeitswelt ein Stück weit den Bedürfnissen von Familien anzupassen hat; denn wenn wir heute keine Familien mehr haben, haben wir morgen keinen Nachwuchs und übermorgen keine Fachkräfte mehr. Dann ist es am Ende auch ein Standortfaktor, wie familienfreundlich eine Gesellschaft ist.
Dazu gehört auch, dass Frauen – und auch Männer, die sich trauen, die entsprechende Auszeit zu nehmen – ein Rückkehrrecht auf Vollzeit bekommen. Dazu gehört ebenso, dass wir ein Stück weit davon wegkommen, dass der Arbeitsplatz zwingend am Firmensitz sein muss und dort die Arbeitsstunden erbracht werden müssen. Deshalb müssen Möglichkeiten wie Homeoffice und anderes angeboten werden. Es muss hier flexiblere Angebote geben.
Ich bin froh, dass das Land und die Landesregierung hier mit gutem Beispiel vorangehen. Das Projekt „Lebensphasenorientierte Personalpolitik in Rheinland-Pfalz“ wird in der Großen Anfrage angeführt. Das bedeutet, dass das Land Vorbildcharakter einnimmt, was familienfreundliche Arbeitgeberinnen angeht, mit der Möglichkeit der flexiblen Vollzeit, dem Rückkehrrecht, Ausbau von Homeoffice, sodass sozusagen mit jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter versucht wird zu schauen, dass man eine möglichst passgenaue Lösung für die Lebenssituation des jeweiligen Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin findet.
Meine Damen und Herren, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht und fällt natürlich gerade dort, wo Kinder im Spiel sind, mit einer qualitativ hochwertigen und flächendeckenden Kindertagesbetreuung. Hier sind wir in Rheinland-Pfalz schon sehr, sehr stolz darauf, dass der massive Ausbau der Kindertagesstätten insbesondere zuletzt im Bereich der unter Dreijährigen erfolgreich vorangeschritten ist, wie die Antwort auf die Große Anfrage zeigt. Immerhin stehen fast 84.000 Ganztagsplätze für unsere Kinder im Land zur Verfügung. Wer das in der Praxis erlebt hat, weiß, wie wichtig das ist. Es geht eben nicht nur um einen formalen Rechtsanspruch, sondern für die Lebensqualität ist es ganz, ganz wesentlich, dass dieser Rechtsanspruch nicht irgendwie um 12:00 Uhr aufhört,
weil dadurch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf untergraben wird. Ich schlage vor, dass wir die Novelle zum Kindertagesstättengesetz dazu nutzen, um die Ganztagsbetreuung weiter auszubauen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im familienfreundlichen Rheinland-Pfalz weiter zu stärken.
Für eine Kurzintervention zu den Ausführungen von Herrn Köbler erteile ich Herrn Abgeordneten Frisch das Wort.
Liebe Kollegen, mir ist klar, dass Sie lieber ohne störende Interventionen der Opposition durchregieren würden, aber das müssen Sie sich nun einmal gefallen lassen.
Herr Kollege Köbler, ich stimme Ihrer Aussage sehr zu, dass Familien nicht bevormundet und gegängelt werden sollten. Ich unterstütze Ihr Plädoyer für eine Selbstbestimmung der Familien. Das, was wir im Moment erleben, ist aber das genaue Gegenteil. Wir wissen aus Umfragen – ich wiederhole mich da, genauso wie Sie immer mit der falschen Aussage kommen, Sie stünden für die Wahlfreiheit der Familien –, dass viele Familien gerade im U3Bereich ihre Kinder gerne selbst zu Hause eine Zeit lang betreuen würden.
Sie können es aber nicht. Wenn Sie 1.000 Euro im Monat an Steuergeldern in eine U3-Betreuung investieren, anstatt den Eltern dieses Geld zu geben, damit diese frei entscheiden können, dann gängeln und bevormunden Sie natürlich. Sie können sich doch nicht hinstellen und so tun, als ob Sie nicht dafür verantwortlich seien, dass Eltern dann doch gezwungen sind, das aus ökonomischen Gründen zu machen.
Dann stimmen Sie doch unserem Vorschlag zu, einen Paradigmenwechsel in der Familienpolitik vorzunehmen, den Eltern die finanziellen Mittel an die Hand zu geben, anstatt nur auf den Ausbau von Kita- und Ganztagsschulplätzen zu setzen und die Eltern damit in gewisser Hinsicht zu zwingen, ein bestimmtes Verhalten an den Tag zu legen, was sie nicht wollen.
Es kann mir niemand erzählen, dass es im Sinne des Kindeswohls und der Wahlfreiheit von Familien ist, wenn Sie ein Kind morgens um 06:00 Uhr in der Kita abgeben und es vielleicht abends um 21:00 Uhr wieder abholen, oder wenn wir jetzt über 24-Stunden-Kitas diskutieren.
Das ist für mich kein Zeichen von Freiheit und Selbstbestimmung. Das ist das genaue Gegenteil. Das ist das, was Sie zu Recht kritisiert haben, nämlich dass die Wirtschaft heute das Familienleben bestimmt. Das ist so. Es sind reine Lippenbekenntnisse, die Sie hier ablegen, solange Sie nicht bereit sind, einen grundsätzlichen Wechsel in der Familienpolitik herbeizuführen.
Zu einer Erwiderung erteile ich das Wort dem Abgeordneten Köbler von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Es tut mir leid, aber das hat mit der Realität in unserem Land überhaupt nichts zu tun. Ich könnte jetzt viel sagen, aber erklären Sie mir einmal, wenn das stimmt, was Sie sagen, wenn die Wahlfreiheit für die Eltern in der Praxis gewährleistet ist, warum muss dann beispielsweise die Stadt Mainz 1 Million Euro in den Haushalt einstellen, weil sie mit dem Bau von Kindertagesstätten gar nicht so schnell nachkommt, wie der Bedarf bei den Familien wächst?
Sie haben mit Ihrem Beitrag eben gezeigt, dass Sie überhaupt keine Ahnung von der Alltagsrealität der Familien in unserem Land haben.
Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 14 – Bad NeuenahrAhrweiler. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die persönliche Zufriedenheit ist kein Bereich so wichtig wie die Familie. Familien sind für die meisten von uns der Ort, an dem wir Kraft tanken. Sie sind idealtypischerweise ein Ort gegenseitiger Unterstützung und sozialen Zusammenhalts, der Bildung, Wertevermittlung und des Austauschs über Werte.
In Familien verbringen wir viel Zeit, gerade jetzt wieder an Weihnachten. In Familien wachsen Kinder auf, und Angehörige werden gepflegt. Damit leisten Familien einen unschätzbaren Beitrag für unsere Gesellschaft.
Die Förderung von Familien und die Verwirklichung familien- und kinderfreundlicher Lebensbedingungen sind ein zentrales Anliegen der Landesregierung. Eine gute Politik für Familien ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die wir nur meistern, wenn alle an einem Strang ziehen. Dazu gehören auch Kommunen, die Familien selbst sowie nichtstaatliche Organisationen und Institutionen.
Wir wollen, dass Familien sich in Rheinland-Pfalz wohlfühlen. Niemand soll sich dafür rechtfertigen müssen, dass er oder sie eine Familie welcher Form auch immer hat, gründen will oder nicht. Diesem Anspruch können wir nur gerecht werden, wenn die unterschiedlichen Familienmodelle und ihre spezifischen Bedürfnisse von uns wahrgenommen, respektiert, akzeptiert und angemessen berücksichtigt werden.
Familie ist für uns, wo in verbindlichen persönlichen Beziehungen Verantwortung füreinander übernommen wird,
Das Ziel der rheinland-pfälzischen Landesfamilienpolitik ist es, die Rahmenbedingungen für ein gutes Familienleben und das Aufwachsen von Kindern für alle Familien stetig zu verbessern. Dabei haben wir im Blick, was Familien wirklich brauchen. Das ist nach Aussage der Familien in erster Linie eine gute Infrastruktur, Zeit und Geld.
Zeit ist eine wichtige Ressource für Familien. Nur wer ausreichend Zeit für sich und die Familie hat, kann Familie leben und am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilnehmen.
Gemeinsam mit unseren Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartnern gestaltet die Landesregierung deshalb eine Familienpolitik, die dazu beiträgt, dass Familien weniger unter Zeitnot leiden und stressfreie Zeit mit- und füreinander verbringen können.
Dazu gehört auch, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Männer wie für Frauen selbstverständlich werden muss. Aktuell hat mein Haus ein Projekt „Zeit für Familie in Rheinland-Pfalz“ bei der Prognos AG in Auftrag gegeben, das untersucht, welche Ansätze es in Kommunen zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt, die gleichzeitig auch dazu beitragen können, dass Familien mehr Zeit füreinander zur Verfügung steht.
Außerdem fördert das Familienministerium das Projekt „Online-Beratung“, ein niedrigschwelliges Angebot für Alleinerziehende in Rheinland-Pfalz des Verbandes Alleinerziehender Mütter und Väter, mit dem eine flexible Beratung angeboten wird, die von zu Hause aus in Anspruch genommen werden kann. Das ist ein besonders wertvolles Angebot, insbesondere für die ländlichen Räume in Rheinland-Pfalz.
Wir schätzen alle Familien gleichermaßen wert. Deshalb wollen wir allen Familien die Chance eröffnen, sich als Familie ohne existenzielle Nöte verwirklichen zu können. Dazu brauchen Familien Geld, um ihre Existenz zu sichern. Damit bin ich bei einem wichtigen Punkt. Jedes Kind und jeder Jugendliche muss uns gleich viel wert sein. Das muss sich auch in der finanziellen Förderung von Familien widerspiegeln.
Frau Huth-Haage, Sie haben die Stiftung Familie in Not angesprochen. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Stiftung immer dann greift, wenn Familien in einer existenziellen Notsituation sind – davon gibt es leider immer wieder welche in Rheinland Pfalz – und schnell und unbürokratisch finanzielle Hilfe brauchen.
Selbstverständlich aber kann sie nicht dazu beitragen – dafür war die Stiftung auch nie konzipiert –, dass die Symptome, die zum Entstehen führen, damit angegangen werden können. Hier brauchen wir einen Paradigmenwechsel auf Bundesebene. Ein Instrument, um dies zu erreichen, könnte beispielsweise die Kindergrundsicherung sein. Hier müssen wir uns endlich auf Bundesebene auf den Weg machen, ernsthafte erste Schritte zu gehen.
Kommen wir aber zurück ins Land. Die Landesregierung stärkt Orte der Beteiligung und Begegnung und eine familiengerechte soziale Infrastruktur. Diese muss die unterschiedlichen Lebenslagen der Familien und gerade diejenigen im Blick haben, die der besonderen Unterstützung bedürfen. Das sind in allererster Linie Alleinerziehende, aber es sind auch kinderreiche Familien, erwerbslose Familien und Familien mit Migrationshintergrund.
Im Übrigen hatten wir dieses Jahr auch im Landesbeirat Familienpolitik den Schwerpunkt arme Familien und haben uns sehr intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt und damit, wie wir als Landesregierung die Rahmenbedingungen weiter verbessern können, um gerade die von Armut betroffenen Familien besser unterstützen zu können.
Mit mehr als 100 Häusern der Familie, Familienbildungsstätten, lokalen Bündnissen für Familie und Familienzentren gibt es in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt mindestens einen Ort, an dem sich Familie treffen, anregende Angebote, Informationen und Unterstützung finden, sich austauschen und mit ihren Stärken einbringen kann.
Frau Huth-Haage, ich muss Ihnen widersprechen: Die Landeszuschüsse für die Familieninstitutionen in RheinlandPfalz stehen mitnichten zur Debatte. Ganz im Gegenteil, wir überlegen vielmehr intensiv, wie wir sie auf eine solide, gute, zukunftssichere Basis stellen können.
Kinder, insbesondere die, die in prekären Lebenslagen aufwachsen, brauchen gute Chancen für ein gesundes Aufwachsen von Anfang an. Daher unterstützt die Landesregierung Familien präventiv und stärkt ihre Erziehungskompetenz.
Rheinland-Pfalz war im Jahr 2008 eines der ersten Bundesländer, das ein Landeskinderschutzgesetz verabschiedet hat. Seitdem unterstützen wir alle unsere Jugendämter im Aufbau lokaler Netzwerke für Frühe Hilfen mit jährlich 1,4 Millionen Euro.
Gute Bildungsangebote von Anfang an für alle Kinder sind ein weiteres wichtiges Element zur Stärkung von Kindern. Schon vor zehn Jahren haben wir die Elternbeiträge für Kitaplätze ab dem zweiten Lebensjahr abgeschafft. Heute gehen 97 % der Zwei- bis Sechsjährigen in RheinlandPfalz in die Kita.