Es steht zu vermuten, dass die tragischen Ereignisse im Besuchsraum der JVA Diez die wirkliche Motivation für die Setzung des Themas durch die AfD heute ist, auch wenn Sie es im Titel für die Debatte verschleiern.
Dieses schlimme Verbrechen – um es deutlich zu benennen, die Vergewaltigung einer Frau durch einen Insassen der JVA Diez – dürfte es sein, was Sie bewogen hat, das Thema Justizvollzug medienwirksam in der Aktuellen Debatte zu platzieren.
Wie dieses Verbrechen quasi unter Aufsicht des Staates passieren konnte, frage ich mich heute auch, aber wissen Sie, es ist klar, dass ich mich und sicherlich die meisten von Ihnen das heute fragen; denn die Sachaufklärung läuft. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet und klärt nun die Sachlage fachlich korrekt, absolut überparteilich und ohne Beeinflussung durch das Ministerium auf.
Wie der Minister im Ausschuss erläutert hat, stehen seine Beamten und Beamtinnen bereit, im Anschluss an diese Klärung ihrerseits alle gebotenen Prüfungen durchzuführen. Das ist die einzig richtige und sachgerechte Vorgehensweise. Fachleute klären den Sachverhalt. Politik zieht daraus politische Schlüsse.
Ich greife gern die Äußerung wiederum meiner Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion aus der letzten Sitzung des Rechtsausschusses auf, der sich – zur Erinnerung – letzte Woche unter marginaler Beteiligung der AfD über mehrere Stunden mit dieser Thematik beschäftigt hat. Ich stelle fest, im Mittelpunkt steht zum jetzigen Zeitpunkt vor allem die Sachaufklärung. Wenn die AfD-Fraktion meint, mit diesem traurigen und schockierenden Geschehen vor allem Stimmungen und vielleicht Überschriften abzugreifen, oder sich verspricht, die Landesregierung in die Enge zu treiben, dann kann ich sie daran nicht hindern.
Ich komme zum Ende. Was ich aber tun kann und deshalb auch tun werde, ist, diesem durchschaubaren Manöver nicht noch einen Rahmen zu bieten, der dieses Vorgehen adelt.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Situation im rheinland-pfälzischen Strafvollzug ist aus Sicht der CDU ein wichtiges Thema. Wir haben es unter Beweis gestellt, indem wir eine Große Anfrage eingereicht haben, die auch weiter im Rechtsausschuss bearbeitet wird.
Sehr geehrter Herr Kollege von der SPD, wenn Sie im Rechtsausschuss von einer marginalen Beteiligung der AfD sprechen, dann ist das richtig. Die Regierungskoalition hat sich an der Debatte aber auch nur marginal beteiligt. Die Debatte wurde überwiegend von der CDU bestritten und Fragen von ihr gestellt. Auch das muss einmal klargestellt werden.
(Beifall und Heiterkeit bei der CDU – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Irgendwas müsst ihr halt auch machen, mein Gott!)
Zur Inneren Sicherheit gehört auch eine Gewährleistung der Sicherheit im Strafvollzug. Der Strafvollzug stellt neben der Ermittlungstätigkeit durch die Polizei, die Staatsanwaltschaften und die gerichtlichen Verfahren einen weiteren Baustein dar, der in unserem Rechtsstaat zur Durchsetzung des Rechts unerlässlich ist. Zu Recht stellt die Gesellschaft hohe Erwartungen an einen modernen Strafvollzug, der die Allgemeinheit sowohl durch eine sichere Unterbringung der Inhaftierten als auch durch die Vorbereitung der Strafgefangenen auf ein straffreies Leben schützt.
Die Belegungsquoten im Erwachsenenstrafvollzug in Rheinland-Pfalz betragen sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen nahezu 100 % oder gar mehr. Die Zahl der Insassen ist entgegen der Prognose und Erwartungen der Landesregierung nicht gesunken. Die Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vollzugsdienst steigen jedoch stetig an.
Festzustellen ist eine zunehmende Aggression und Gewaltbereitschaft der Gefangenen. Psychische Auffälligkeiten und eine wachsende Drogenproblematik sind bei den Inhaftierten zu beobachten, darunter die Konsumierung von synthetischen Drogen, deren Aufspürung große Probleme bereitet. Die Zahl der ausländischen Inhaftierten nimmt zu, was zu erheblichen sprachlichen Verständigungsproblemen führt.
ständlicherweise auf dem Weg, das Personal im Vollzugsdienst weiter zu reduzieren. Im Regierungsentwurf für den Doppelhaushalt 2017/2018 war die Streichung von 25 Stellen vorgesehen, was durch die Regierungsfraktionen auf zehn reduziert wurde. Wir als CDU haben hingegen zehn zusätzliche Stellen gefordert, die unbedingt notwendig sind.
Die Landesregierung hat weiterhin angekündigt, bis zum Jahr 2020 weitere 60 Stellen im Strafvollzug zu streichen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten bereits heute an ihrer Leistungsgrenze. Landesweit sind 156.000 Überstunden angefallen. Der Krankenstand ist beängstigend hoch. Wer wie die Landesregierung weitere Stellenreduzierungen vornehmen will, riskiert noch höhere Krankenstände, demotiviert die Bediensteten und, Herr Minister, er wird seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht gerecht.
Selbst einzelne Strafgefangene beklagen gegenüber dem Bürgerbeauftragten eine zu geringe Personalausstattung im Strafvollzugsdienst, eine sicherlich etwas kuriose Situation. In der Antwort auf die Große Anfrage der CDUFraktion zur Situation des Strafvollzugs in Rheinland-Pfalz – Drucksache 17/2333 – führt die Landesregierung zu Frage 58 aus: „In Rheinland-Pfalz wird ein humaner, konsequent am Gedanken der Resozialisierung und Eingliederung der Gefangenen in die Gesellschaft ausgerichteter Strafvollzug praktiziert. Hierzu bedarf es einer intensiven Betreuung sowohl um Risikofaktoren zu minimieren und schützende Faktoren zu stärken, als auch um Perspektiven für ein Leben in Freiheit zu eröffnen.“
Herr Minister, wenn Sie und die Landesregierung sich an Ihren eigenen Aussagen – intensive Betreuung – messen lassen wollen, hätten Sie keine Personalkürzung vornehmen dürfen. Die von Ihnen postulierte intensive Betreuung der Gefangenen zum Zwecke der Resozialisierung unter Beachtung der Sicherheit erfordert im Gegenteil zusätzliches Personal.
Wir sehen hier einen diametralen Widerspruch zwischen einem Gesetz, das Sie erlassen haben, mit den Intentionen des Gesetzes und der Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Sie zur Verfügung stellen, um das Gesetz durchzusetzen und zu verwirklichen.
Herr Minister, noch ein letzter Gesichtspunkt, bevor wir in die zweite Runde kommen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bei denen Sie die Kürzungen vornehmen wollen, sind nicht die am besten bezahlten im Land RheinlandPfalz. Es sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des mittleren Dienstes, und diese soziale Landesregierung will mit Kürzungen bei diesen Mitarbeitern den Landeshaushalt sanieren. Ich denke, das hat mit sozial nichts zu tun.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die AfD hat beantragt, dass wir uns heute mit der Situation in rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalten beschäftigen. Lassen Sie mich vorwegschicken, wir sprechen über ein sehr sensibles Thema, mit dem wir verantwortungsvoll umgehen müssen.
Wir haben eine Fürsorgeverpflichtung gegenüber den Bediensteten in unseren Justizvollzugsanstalten und tragen als Parlament aber auch Verantwortung gegenüber den Gefangenen, deren Resozialisierung ein wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel ist, das wir und das Justizministerium mit Nachdruck verfolgen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, daher warne ich an dieser Stelle ausdrücklich davor, zu polarisieren, zu skandalisieren oder gar populistisch zu werden.
Dafür ist die Angelegenheit zu ernst. Ich möchte zunächst ein wenig die Situationen beleuchten, mit denen sich die Justizvollzugsanstalten gegenwärtig auseinandersetzen müssen. Es ist bedauerlicherweise so, der Justizvollzug steht regelmäßig vor Unwägbarkeiten, mit denen das Personal umgehen muss. Meine Damen und Herren, es ist kein Geheimnis, die Personalsituation ist angespannt, und gleichzeitig sind die Belegungszahlen nicht planbar. Gegenwärtig steigen diese wieder. Dies hat wiederum zur Folge, Bedienstete wie auch Insassen müssen mit einer hieraus resultierenden Enge umgehen.
Dies stellt für alle Beteiligten keine einfache Situation dar. Insbesondere im geschlossenen Vollzug der erwachsenen Männer und Frauen haben wir derzeit eine Überbelegung zu beklagen. Mit dieser Situation gehen die Anstalten aber vorbildlich um und sorgen dennoch dafür, dass sie ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen. Zu begrüßen ist in diesem Zusammenhang, die in der vergangenen Legislaturperiode zunächst beschlossenen Stelleneinsparungen im Doppelhaushalt 2017/2018 konnten zunächst abgebremst werden.
Dies ermöglicht der Justiz, Stellen nachzubesetzen. Meine Damen und Herren, wir sind uns auch alle bewusst, gute Bedienstete wachsen nicht auf Bäumen und müssen zunächst ausgebildet werden. Daher werbe ich an dieser Stelle einfach um etwas Geduld.
Wir kennen die Situation von der Polizei und haben dies in ähnlicher Weise schon häufig diskutiert und zielführende Lösungen gefunden. Auch hier wird seitens des Justizmi
nisteriums alles getan, was möglich ist. Doch obwohl wir hier keine sechsmonatige Wiederbesetzungssperre wie in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes haben, können aus der letzten Legislaturperiode stammende Personalplanungen in Zeiten der Schuldenbremse nicht mit einem Federstrich beseitigt werden.
Doch unser Justizminister hat bezüglich der Personalsituation in der Justiz das Heft des Handelns in die Hand genommen und bemüht sich nach Kräften, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten Entlastung zu schaffen. Wir erinnern uns daran, erst vor wenigen Monaten sprachen wir hier wie auch im Rechtsausschuss über die neuen Stellen für Richter und Staatsanwälte, aber auch für Unterstützungskräfte. Gegenwärtig werden seitens des Ministeriums die konkreten Bedarfe im Justizvollzug analysiert und in die Planungen und Verhandlungen über den nächsten Doppelhaushalt eingebracht.
Hierbei werden wir – ich denke, ich spreche da für die gesamte Koalition – das Justizministerium nach Kräften unterstützen.
Zum Schluss noch ein Wort zu dem Vorkommnis in der Justizvollzugsanstalt in Diez vor einigen Wochen, das uns alle sehr betroffen gemacht hat, mit dem wir aber offensichtlich sehr unterschiedlich umgehen, wie die Fragestunde heute Morgen gezeigt hat.