Ich bin der Auffassung, es ist richtig, darüber zu reden und sich ernsthaft Gedanken zu machen. Diese Diskussion um ernsthafte Gedanken unterstütze ich.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wende mich direkt an Herrn Baldauf, und ich frage Sie: Wie hätten Sie sich als Integrationsminister verhalten? Hätten Sie hier gar nichts unternommen?
Man muss sich vor Augen halten, der Fall entfaltete schnell ein starkes mediales Interesse. Er erfuhr sogar bundesweite Aufmerksamkeit. Es gab viele, die sich mit der Bitte an uns gewandt haben, hier aktiv zu werden, nicht zuletzt auch der DEHOGA-Präsident Haumann. Er hat die Ausländerbehörde öffentlich aufgerufen, die junge Frau schnellstmöglich zurückzuholen. Auch deshalb schauen wir uns den Fall noch einmal an.
Meine Damen und Herren, ich möchte klarstellen, wir haben mitnichten die Zuständigkeit an uns gezogen. Wir haben uns lediglich entschlossen, den Sachverhalt und damit die Akte mit zu prüfen.
Zweitens möchte ich klarstellen, dass die Abschiebung rechtens war und wir das nie infrage gestellt haben. Ein Gericht hat das eindeutig festgestellt. Das ist nicht der Grund, weshalb wir hier diskutieren. Es geht nicht um Dinge, die in der Vergangenheit passiert sind, es geht in die Zukunft gerichtet um die Frage der Wiedereinreisesperre, wie sie nach einer Abschiebung verhängt wird.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Abg. Joachim Paul, AfD: Zu Recht verhängt worden!)
Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot kann in bestimmten Fällen aufgehoben oder die Frist verkürzt werden. Hierzu hat die Ausländerbehörde im Einzelfall zu prüfen, ob die Anordnung noch erforderlich ist, und berücksichtigt dabei, ob schutzwürdige Gründe vorliegen. Daher wird nun zu prüfen sein, wie viele Monate die Einreisesperre unter Abwägung aller Gesichtspunkte andauern muss.
Zum einen hat der Rechtsanwalt der betroffenen Frau es versäumt, der Ausländerbehörde die neue Ausbildungsstelle mitzuteilen. Zum anderen hat die Ausländerbehörde auch kein Ausreisegespräch geführt, in dem womöglich hätte geklärt werden können, dass sie mittlerweile ein neues Ausbildungsverhältnis begonnen hatte. Die junge Frau hätte einen Anspruch auf eine Ausbildungsduldung gehabt, wenn die Ausländerbehörde von dem Wechsel der Ausbildungsstätte gewusst hätte. Der Fall hat somit einige Besonderheiten.
Dass es jetzt so gelaufen ist, wie es gelaufen ist, ist für alle zum Nachteil. Die junge Frau musste ihre Ausbildung unterbrechen. Ihr Ausbildungsbetrieb hat die Stelle derzeit nicht besetzt. Daher ist es legitim zu schauen, ob es Gründe gibt, die mit der Abschiebung verbundene Wiedereinreisesperre zu verkürzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber ich möchte in aller Deutlichkeit klarstellen, dass wir natürlich als Land die kommunalen Hoheiten achten und respektieren. Wir arbeiten mit den Kommunen gut und vertrauensvoll zusammen. Das wollen wir selbstverständlich weiter so handhaben.
Es ist dabei auch möglich, dass sich das Integrationsministerium als Fachaufsicht Akten zur Mitprüfung vorlegen lässt, wenn es besonders prüfenswerte Fälle gibt. Wir haben im Fall eines Kirchenasyls in Büchenbeuren im RheinHunsrück-Kreis von unserer Fachaufsicht Gebrauch gemacht. Das hat damals dazu geführt, dass das Alter eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings durch eine Geburtsurkunde festgestellt werden konnte. Dadurch konnte der Jugendliche nun das Asylverfahren in Deutschland durchlaufen und wurde nicht aus dem Kirchenasyl heraus abgeschoben. Es hat durchaus seinen Sinn, wenn das
Meine Damen und Herren, auch im vorliegenden Fall werden wir zu einer guten Lösung mit der Kommune kommen und selbstverständlich das Gespräch mit der zuständigen Landrätin suchen, sobald wir den Fall gründlich geprüft haben; denn wir wollen zu einem gemeinsamen und sachgerechten Ergebnis kommen.
Wir waren immer und sind weiterhin an einer einvernehmlichen Lösung interessiert. Daran arbeiten wir konstruktiv und im Dialog mit der Landrätin Dickes und ihrer Ausländerbehörde.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Spiegel, Sie haben mich gefragt, wie ich mich verhalten hätte. Ich kann Ihnen das sagen. Ich hätte sofort den Dialog mit den kommunal Verantwortlichen gesucht.
Ich wäre vor Ort gefahren, hätte mir das angehört, hätte mit ihnen gesprochen und Fragen gestellt, um mich sachkundig zu machen, wo der Fehler liegt.
Herr Kollege Dr. Braun, jetzt passiert Folgendes – da ist der Irrtum, der hier immer wieder suggeriert wird –: Ich unterstelle niemanden in diesem Raum, dass es jemand gibt, der nicht Härtefälle kennt, die sehr schwierig sind. Das Recht ist nicht immer fair. Aber das Recht ist auch keine Einzelfallentscheidung.
Die Fachaufsicht führe ich aus. So ist es vorgesehen. Es gibt die beim MDK und in vielen anderen Bereichen, die man auch noch erwähnen könnte. Die Fachaufsicht führe ich aus, wenn vor Ort rechtswidrig etwas nicht in Ordnung war, ein Ermessen falsch ausgeübt wird oder Ähnliches.
Frau Spiegel, wo ist das hier der Fall? Das ist das Problem. Das ist wirklich ein Problem. Sie suggerieren mit Ihrer Vorgehensweise, dass es eine politisch motivierte Aktion wäre, auch wenn Sie das nicht wollen.
(Beifall der CDU und vereinzelt bei der AfD – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sind Sie jetzt hingefahren oder nicht?)
(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das suggerieren Sie! – Zuruf der Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Verehrte Frau Spiegel, wenn Sie hier sagen, Sie arbeiten gut und vertrauensvoll mit den Kommunalen zusammen, dann freut sich Herr Dr. Braun schon auf das Stichwort; denn er kann gleich noch etwas dazu sagen.
Bei der Härtefallkommission haben Sie ein Vorgehen an den Tag gelegt, dass sich die kompletten kommunalen Spitzenverbände verabschiedet haben.
(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der AfD – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stimmt doch gar nicht, ist doch gelogen!)
Da ist die Frage zu stellen, wie Sie mit den Kommunen und den kommunalen Vertretern umgehen. Dann gehen wir auf die Kostenerstattung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ein. Sie lassen die Kommunen über Jahre auf Millionen Euro Kosten sitzen und kümmern sich nicht darum, wie es sich wieder geradezieht. Im Übrigen ist das aufgrund einer klaren Rechtslage nicht finanzielle Aufgabe der Kommunen.
(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Glocke der Präsidentin)
Ich könnte Ihnen zum Schluss ganz viele Fälle erzählen, die nicht unter die Schweigepflicht fielen und aus meiner eigenen beruflichen Praxis stammen, bei denen keine Englischkurse genehmigt wurden und er deshalb keine Arbeit findet, bei denen es beispielsweise vorkommt, dass Menschen mit Behinderungen keine Grundsicherung bekommen, weil sie nicht alle Nachweise erbringen können.
(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da ist doch die Kanzlerin, die schuld ist! – Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)