Protocol of the Session on September 21, 2017

Wie im Themenkreis Verwaltungsvollzug üblich, haben wir es auch im Ausländerrecht mit einem mehrgliedrigen Aufbau zu tun. Untere Fachbehörden sind die Kreise und kreisfreien Städte, die den Vollzug der entsprechenden bundesgesetzlichen Regelungen als Auftragsangelegenheit wahrnehmen. Das bedeutet, die kommunalen Ausländerämter agieren und entscheiden im Normalfall eigenverantwortlich aufgrund fachlicher und örtlicher Kompetenz. Dies ist auch eine sinnvolle und bewährte Konstruktion; denn die Ausländerämter vereinen gleichermaßen Fachkenntnisse und Kenntnisse über den Einzelfall genauso wie über die örtlichen Gegebenheiten und Ressourcen. Die SPD-Fraktion ist daher der Auffassung, dass unsere Kommunen grundsätzlich in der Lage sind, die ihnen übertragenen Aufgaben fachgerecht umzusetzen und die erforderlichen Entscheidungen zu treffen.

Dennoch ist das System der Fachaufsicht, in dem wir uns hier befinden, nicht mit der Rechtsaufsicht, die in Fragen kommunaler Selbstverwaltung herrscht, zu verwechseln. Es ist gerade das Wesen der Fachaufsicht, dass die oberste Fachaufsicht – in diesem Fall das Land – die Möglichkeit hat, Sachverhalte in ihrer Zuständigkeit nach eigenem Ermessen selbst fachlich zu bewerten. Hierbei hat das zuständige Ministerium das Recht, den kommunalen Ausländerbehörden Weisungen zu erteilen oder gar einen Einzelfall an sich zu ziehen und im Wege des Selbsteintritts eigene Entscheidungen zu treffen. Dabei kann auch eigenes Ermessen an die Stelle des kommunalen Ermessens gesetzt werden.

Gerade hier, wo wir anscheinend mit einem besonders atypischen Fall konfrontiert sind, ist dies daher nicht zu beanstanden. Es bleibt also festzustellen, dass ein solches Vorgehen nichts, aber auch gar nichts mit einem Skandal oder falschem Handeln zu tun hat, sondern total dem geltenden Recht entspricht.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion ist es in diesem Zusammenhang wichtig, dass das Land und die Kommunen ein gutes, gedeihliches Miteinander pflegen und ein vertrauensvoller Umgang selbstverständlich ist. Aufsichtsrechte sollten so gehandhabt werden, dass die Entscheidungskraft der kommunalen Behörden, auf deren tägliche Pflichterfüllung wir alle angewiesen sind, gestärkt und grundsätzlich nicht infrage gestellt wird.

Unabhängig von Präzedenzfällen muss es aber auch darum gehen, dass kommunale und staatliche Behörden vertrauensvoll zusammenarbeiten. Daher ist es wichtig, dass die Aufsicht, also auch die Fachaufsicht, so geführt wird, dass Vertrauensverhältnisse von Land und Kommunen nicht infrage gestellt werden.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Ja, genau so! Und warum machen Sie es dann? – Abg. Michael Frisch, AfD: Das machen Sie doch! – Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

Ich möchte daher Ministerium und Landkreis noch einmal aufrufen, miteinander das Gespräch und eine einvernehmliche Lösung zu suchen.

Es ist Ihren eigenen Vorstellungen entsponnen, dass sie das macht.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Ja! – Abg. Joachim Paul, AfD: Ja, Ihren eigenen Vorstellungen entsponnen! – Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Diese Vorstellung hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun.

Danke schön.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Joachim Paul, AfD: Vorstellung bedeutet Aufenthalt! – Zurufe aus dem Hause)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 14, Bad Neuenahr-Ahrweiler, und Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Mainzer Landtagsseminar. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Joa.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!

(Abg. Martin Haller, SPD: Präsidentin!)

Aktueller Anlass ist der Fall der Armenierin Marine Nikoghosyan. Integrationsministerin Spiegel will die 30-monatige Einreisesperre verkürzen. Am 5. Mai 2017 hatte die Kreisverwaltung Bad Kreuznach wegen eines versäumten Antrags auf Ausbildungsduldung Frau Nikoghosyan abgeschoben. Später bestätigte das Koblenzer Oberverwaltungsgericht, dass die Abschiebung an sich rechtmäßig war. Die Armenierin sei gerade nicht mit dem Ziel, Asyl in Deutschland zu beantragen, zu uns gekommen, sondern sei ihrem Ehemann, einem Niederländer, gefolgt. Dieser erklärte übrigens später, es habe sich lediglich um eine Scheinehe gehandelt. So weit die Fakten.

Offenkundig also ein klarer Fall von Asylbetrug.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Das ist falsch! Das ist kein Asylbetrug!)

Leider gibt es viele solcher Fälle, in denen die Behörden systematisch ausgetrickst werden. Wir können doch froh

sein, wenn es Behördenmitarbeitern gelingt, diese Fälle aufzudecken. Es ist gerade ihre Pflicht, aufenthaltsrechtliche Konsequenzen zu ziehen und Abschiebungen durchzuführen. Die Verwaltung hat sich nach Recht und Gesetz absolut korrekt verhalten.

Ministerin Spiegel setzt sich aber über die Verwaltung und die Justiz hinweg, und so letztendlich auch über eine rechtmäßige Entscheidung. Rechtsstaatliche Verfahren werden konterkariert, Verwaltung und Justiz und ihre qualifizierten Mitarbeiter brüskiert. So war es auch, als neulich die Überstellung eines Somaliers nach Italien kurzerhand gestoppt wurde.

Frau Ministerin, Sie scheinen nach dem Motto zu agieren, „Der Staat, das bin ich“.

(Beifall der AfD – Heiterkeit des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man fühlt sich erinnert an den Stil einer autoritären Sonnenkönigin,

(Beifall der AfD – Heiterkeit des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Joachim Paul, AfD: Ja genau!)

die Privilegien verteilt und selbstgerecht definiert, wer ihre persönlichen Schutzbefohlenen sind. Nach Spiegels Ideologie darf nicht einmal in EU-Partnerländer abgeschoben werden,

(Abg. Joachim Paul, AfD: Ja genau!)

erst recht nicht in Länder außerhalb der EU. Dies ist in diesem Fall besonders absurd; denn Armenien ist EUPartnerland und seit 2001 Mitglied im Europarat.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Das muss man sich mal vorstellen!)

Abschiebungen nach Armenien zu untersagen oder rückgängig zu machen, ist durch nichts zu rechtfertigen.

(Beifall der AfD – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das macht doch gar keiner! Sie haben es nicht verstanden! – Abg. Joachim Paul, AfD: Absurd!)

Statt diese Realität endlich zu akzeptieren, versucht man über eine sogenannte Ausbildungsduldung ein permanentes Bleiberecht zu konstruieren. Jeder, der irgendwie eine Aussicht auf eine Ausbildung hat, soll bleiben dürfen. Dies ist ein bewährtes trojanisches Pferd der Grünen, um das Bleiberecht für jedermann durchzusetzen.

(Beifall der AfD – Zuruf aus dem Hause: Und der IHK!)

Letztendlich geht es um die Politik der offenen Grenzen, die schon jetzt zu einer 100.000-fachen Migration in die Sozialsysteme geführt hat.

(Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir haben schon die IHKen unterwandert! – Vereinzelt Heiterkeit im Saale)

Bitte geben Sie Ruhe!

(Heiterkeit im Hause)

Die Intervention der Ministerin gegen die 30-monatige Einreisesperre zeigt einmal mehr, dass Sie unsere Staatsgrenzen für Drehtüren halten.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Sie missbrauchen Ihr Amt unter Umgehung der Zuständigkeiten und zur Umsetzung parteipolitischer Ideologie.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das ist aber ein ganz schwerer Vorwurf! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ui! Ui! Ui! – Abg. Alexander Fuhr, SPD: Oje!)

Ich frage mich, in wessen Interesse Sie eigentlich handeln.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Aaach!)

Im Interesse der Menschen, die bereits für Tausende illegale Migranten zahlen müssen? Im Interesse der Menschen, die jeden Morgen aufstehen, die mit Mühe ihre Miete zahlen und kaum noch etwas sparen können? Oder handeln Sie im Interesse der Menschen, die sich mit mehreren Jobs über Wasser halten müssen? Oder im Interesse der Rentner, die von Altersarmut betroffen sind?

Sie und Ihre Gesinnungsfreunde beschädigen den Rechtsstaat und sorgen dafür, dass das Vertrauen in eine Ihrem Amtseid entsprechende Führung des Amtes und die Politik insgesamt auf lange Sicht gefährdet ist.

(Beifall der AfD)

Ganz unabhängig von den konkreten Umständen des Falls Nikoghosyan geht es hier um mehr. Es geht um die Akzeptanz von Zuständigkeiten und das Vertrauen gegenüber autorisierten staatlichen Stellen. Auch Sie, Frau Ministerin Spiegel, haben das Recht zu beachten und Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, wie jeder andere Minister auch. Gerade dieser Pflicht kommen Sie nicht nach.

(Beifall der AfD – Zuruf von der SPD: Unverschämt!)