Protocol of the Session on September 21, 2017

Der Ausbau der Stromerzeugung in Rheinland-Pfalz ist insbesondere durch zwei Entwicklungen geprägt: zum einen durch das starke Wachstum der erneuerbaren Energien und zum anderen durch das starke Wachstum von hoch effizienten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen insbesondere auf Gasbasis. –

Zum ersten Punkt, zu den erneuerbaren Energien: Inzwischen werden etwa 9 Milliarden Kilowattstunden an erneuerbarem Strom hier im Land produziert und auch hier im Land verbraucht. Hinzu kommt noch eine etwas größere Menge aus den hoch flexiblen Kraft-WärmeKopplungsanlagen, die in diesem Zeitraum insgesamt die Strommenge, die erzeugt worden ist, verdoppelt haben und die als hoch flexible Anlagen in der Lage sind, schwankende Energieproduktion aus Wind und Sonne auszugleichen.

Zugenommen hat insbesondere auch die Eigenstromnutzung, also der Umstand, dass Betriebe, aber auch Haushalte den Strom, den sie brauchen, gleich selbst erzeugen und sofort wieder nutzen. Die Eigenstromnutzung hat inzwischen einen Anteil von über 40 % in unserem Land.

Durch diese dezentrale Eigenstromversorgung auf der Basis erneuerbarer Energien – ob dies nun PhotovoltaikDachanlagen sind, ob es Klärgasanlagen sind oder hoch effiziente Gas-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen – wird Strom lokal erzeugt und lokal auch wieder verbraucht. Das senkt nicht nur den Strombezug, das senkt vor allem auch die Kosten für Betriebe wie auch für Verbraucherinnen und Verbraucher, und es verringert die Notwendigkeit des Netzausbaus, insbesondere des Übertragungsnetzausbaus. Wir brauchen nicht so viele Netze, je mehr eigenen Strom wir selbst produzieren und, ohne Inanspruchnahme des Netzes, gleich wieder verbrauchen.

Hier ist soeben das Thema bilanzielle Energiewende angesprochen worden und damit die Vorstellung transportiert worden, als würde ein erheblicher Teil des erneuerbaren Stroms gar nicht im Land selbst verbraucht, sondern müsste im Überschussfall, wenn zu viel vorhanden ist, exportiert werden und über die Übertragungsnetze außer Landes geschafft werden. Das ist nicht richtig.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

95 % des erneuerbaren Stroms bleiben im Verteilnetz und werden hier regional direkt wieder verbraucht.

Ich will noch etwas zu den Kosten sagen, weil auch dies soeben in der Debatte ein Thema war. Auch dazu möchte ich einige Vergleichszahlen nennen. 2013 haben die Strombeschaffungskosten ihren Höchststand erreicht mit 10,55 Eurocent pro Kilowattstunde. Seither sind sie gesunken auf 9,56 Eurocent pro Kilowattstunde. An der Strom

börse sind die Preise im Intraday-Handel von noch 5,57 Eurocent im Jahr 2007 auf jetzt 3,71 Eurocent pro Kilowattstunde im Jahr 2017 gesunken. Das ist nicht nur der Bezugspreis, sondern das hat sich auch ausgewirkt auf die Strompreise bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern und in den Betrieben. Es wird ja zum Teil die Mär verbreitet, als hätten wir es mit ständig steigenden Strompreisen zu tun.

(Zuruf von der AfD: Natürlich!)

Das stimmt nicht. Ich darf Ihnen die offiziellen Zahlen des BDEW für die Zeitspanne von 2013 bis 2017 sagen. Der Haushaltsstrompreis für die normalen Haushalte ist nahezu unverändert geblieben. Er hat sich von 28,8 Eurocent pro Kilowattstunde auf 29,2 Eurocent pro Kilowattstunde bewegt, ist also fast unverändert geblieben, und lag damit in den vier Jahren ganz deutlich unter der Inflationsrate.

Für industrielle Großabnehmer hat der Strompreis, den sie am Ende zahlen mussten, im Jahr 2016 deutlich unter dem Preisniveau von 2008 gelegen. Es ist also schlicht und einfach nicht richtig, wenn immer wieder behauptet wird, wir hätten es mit ständig steigenden Strompreisen zu tun, im Gegenteil. Die Kostenvorteile, die mittlerweile durch die erneuerbaren Energien entstanden sind – es gibt dort enorme Sprünge, und die Zuschläge bei den Ausschreibungsrunden weisen auch aus, für wie wenig Geld Photovoltaik und Windstrom angeboten werden können –, zeigen, dass die erneuerbaren Energien nicht zur Strompreissteigerung, sondern jetzt zur Strompreissenkung beitragen.

Ich möchte abschließend noch sagen, dass die Anlagenund Komponentenhersteller im Bereich der erneuerbaren Energien in unserem Land einen Umsatz von rund 210 Millionen Euro im Jahr 2015 erzielt haben und bei diesen Komponenten- und Anlagenherstellern damit insgesamt knapp 10.000 Arbeitsplätze bestehen, auf die wir stolz sein können.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Ich möchte abschließend sagen, dass wir weiterhin die Umsetzung der Energiewende vorantreiben, auch die Potenziale nutzen wollen, die eben noch einmal zum Thema Bioenergie genannt worden sind, die ich ausdrücklich ansprechen möchte und für die wir uns eingesetzt haben. Mit dem Klimaschutzkonzept, mit der Wärmewende, mit der Verkehrswende und der Sektorkopplung wollen wir auf dem Weg in eine regenerative Energieversorgung vorankommen. Nur so können wir unsere ambitionierten Klimaschutzziele erreichen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Aufgrund der verlängerten Redezeit der Landesregierung stünde allen Fraktionen noch eine zusätzliche Redezeit von zwei Minuten zur Verfügung.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Wir haben doch noch einen Tagesordnungspunkt!)

Ich sehe nicht, dass davon Gebrauch gemacht werden soll. Damit ist die Besprechung der Großen Anfrage und der Antwort der Landesregierung zum Thema Energiewende in Rheinland-Pfalz – Sachstand und Herausforderungen erledigt.

Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf:

Voraussetzungen und Folgen der Energiewende in Rheinland-Pfalz Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der AfD und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksachen 17/3270/3665/4124 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Ich erteile Herrn Abgeordneten Joa von der Fraktion der AfD das Wort.

Geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen! Herr Dr. Griese, vorab möchte ich noch ein Wort zur Eigenstromversorgung machen. Sie kommt vor allem von der BASF. Wenn Sie mit solchen Zahlen hantieren, dann erwähnen Sie dieses Detail vielleicht noch.

(Staatssekretär Dr. Thomas Griese: Das ist doch schön, oder?)

Vielen Dank an die Landesregierung für die Beantwortung unserer Großen Anfrage. Es gibt keinen Zweifel, dass Sie die Fragen nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet haben. Trotzdem sind Ihre Antworten unbefriedigend; denn sie bestätigen in der Gesamtschau nachfolgende vier Thesen:

Erstens. Es gibt für die weitere technische Umsetzung der Energiewende keinen Plan.

Zweitens. Es gibt keine Vorstellung darüber, wie stark die Belastungen für Haushalte und Unternehmen durch die Energiewende ausfallen. Eine Kostenobergrenze ist offensichtlich nicht vorgesehen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Ihr braucht immer Obergrenzen, gelt?)

Drittens. Sicher ist dagegen, dass die Energiewende bereits jetzt zu enormen Belastungen für Haushalte und Unternehmen geführt hat.

Viertens. Die fundamentale Kritik des Bundesrechnungshofs an der Durchführung der Energiewende lässt sich auf Rheinland-Pfalz übertragen.

Lassen Sie mich jede der vier Thesen kurz begründen.

Erstens. Es gibt keinen Plan für die Umsetzung. Wir wissen alle, die Energiewende kann nur funktionieren, wenn ausreichende Speichermöglichkeiten zur Verfügung stehen. Aus den Antworten auf die Große Anfrage geht hervor,

dass sich die Landesregierung hierum aber gar nicht kümmert.

Auch der Verweis auf Marktlösungen überzeugt nicht, wenn gleichzeitig das marktwirtschaftliche System Energiemarkt kaputtgemacht wird. Das Desaster bei den Plänen für die Pumpspeicherkraftwerke in Rheinland-Pfalz zeigt dies klar.

Meine Damen und Herren, das Land muss die Stromspeicher nicht selbst bauen. Aber solange weder die wirtschaftlichen noch die technologischen Rahmenbedingungen gegeben sind, kann eine ungebremste Fortsetzung der Energiewende nur ins Chaos führen.

Wenn dann auch noch vorgeschlagen wird, dass zukünftig für den Wärmebedarf Strom aus Windkraft und Photovoltaik eingesetzt werden soll, frage ich mich: Soll nach dem „Zappelstrom“ nun auch noch die „Zappelheizung“ kommen?

Den grünen Utopien zufolge soll all dieser Strombedarf künftig durch Wind- und Sonnenenergie gedeckt werden. Doch die einfache Frage, wie viele Windkraftwerke wir für Rheinland-Pfalz dann überhaupt benötigen, kann die Landesregierung natürlich nicht beantworten – siehe die Antwort auf Frage 25 –.

Überhaupt – siehe die Antwort auf Frage 27 zum Thema Wärmewende – gibt es keine Pläne, die über das Jahr 2020 hinausgehen.

Zweite These: Es gibt keine Vorstellung davon, wie stark die Belastungen für die Verbraucher weiter ansteigen werden. So kann die Landesregierung auf unsere Fragen keine konkreten Angaben zu den volkswirtschaftlichen Kosten eines Ausstiegs aus fossilen Brennstoffen machen. Der Hinweis, dass das Bruttoinlandsprodukt steigt, wenn man funktionierende Altanlagen auf den Müll wirft und durch neue ersetzt, ist doch einfach nur irreführend.

Gleichzeitig kann die Landesregierung auch im sechsten Jahr des Merkelschen Energiesaltos noch keine belastbare Kostenschätzung machen. Dies bestätigt die Antwort auf die Frage 8.

Auch zum Thema Effektivität möchte ich zum Punkt Powerto-Gas noch etwas sagen. Wir haben einen Wirkungsgrad von 30 %, ohne dass Sie es für nötig halten, wirklich dezidiert darauf einzugehen. Ein Effektivitätsnachweis der Förderprogramme der Landesregierung findet gar nicht statt, geschweige denn eine Fortschrittskontrolle über die gesamte Energiewende, die anhand fundierter Kennzahlen hinterlegt, wie diese etwa die Beratungsgesellschaft McKinsey entwickelt hat.

Dritte These: Die Energiewende führt bereits jetzt zu enormen Belastungen für Haushalte, Unternehmen und die öffentliche Hand. Seit Inkrafttreten des EEG im Jahr 2000 ist der Strompreis nämlich von 13,9 Eurocent auf 29,2 Eurocent für den deutschen Durchschnittshaushalt gestiegen. Dies bestätigt im Übrigen auch die Landesregierung. Das zeigt bereits, wie sehr die Kosten aus dem Ruder laufen; denn ohne die EEG-Umlage und die weiteren Umlagen wie Netzentgelte, Stromsteuer usw., wäre der Strom für den Durchschnittshaushalt um 11,5 Eurocent oder ganze

40 % günstiger.

Selbst wenn man dem gegenrechnet, dass der Börsenstrompreis seit 2011 gesunken ist, bleibt immer noch ein Kostenanteil von 9,5 Eurocent oder fast einem Drittel.

Die vierte These schließlich lautet: Die Kritik des Bundesrechnungshofs an der Durchführung der Energiewende lässt sich auf Rheinland-Pfalz übertragen. Diese These ergibt sich aus den drei vorhergehenden. Ich zitiere den Rechnungshofbericht vom Dezember 2016. Zitat: „Elementare Fragen wie ‚Was kostet die Energiewende den Staat?‘ oder ‚Was sollte die Energiewende den Staat kosten?‘ werden nicht gestellt und bleiben unbeantwortet.“ Neben dem Ziel der Umweltverträglichkeit werden die anderen beiden Ziele bei der Umsetzung der Energiewende nicht gleichrangig berücksichtigt.

Deswegen brauchen wir ein sofortiges Moratorium für die Energiewende. Insbesondere der Ausbau der Windanlagen, die unsere Landschaft verschandeln und zeitgleich zahlreiche Vögel gefährden, muss massiv abgebremst werden.

(Beifall der AfD)

Alles andere belastet nur die Verbraucher, macht Großinvestoren glücklich, und die Landesregierung macht es noch unglaubwürdiger, als sie ohnehin beim Thema Energie ist.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)