Protocol of the Session on September 21, 2017

Damit ist der Antrag abgelehnt.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Gegenstimmen? Enthaltung?)

Das habe ich abgefragt. Damit das klar ist, frage ich noch einmal: Wer für die Beschlussempfehlung auf Ablehnung des Antrags der CDU ist, um das klarzustellen, den darf ich um das Handzeichen bitten! –

(Unruhe im Hause)

Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Enthaltung der AfD abgelehnt.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Wer ist dafür, dass wir dagegen sind?)

Ich rufe nunmehr Punkt 14 der Tagesordnung auf:

Eine zukunftsweisende Wirtschaftspolitik für Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/4148 –

Ich erteile Frau Kollegin Wieland das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine zukunftsweisende Wirtschaftspolitik für Rheinland-Pfalz – so der Titel unseres Antrages. Ich denke, das ist ein Anliegen, das uns alle verbindet.

(Beifall der CDU)

Also lassen Sie uns darüber reden, was eine zukunftsweisende Wirtschaftspolitik ausmacht. In den vergangenen Wochen und Monaten haben sich die meisten von uns bei Sommertouren, Firmenbesuchen, in Gesprächsrunden mit Verbänden oder auf Messen überzeugen können, wie leistungsfähig rheinland-pfälzische Betriebe sind. Eine starke exportorientierte Industrie schafft Arbeitsplätze. Viele mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe können sich mit qualitativ hochwertigen Produkten in Marktnischen oder Zulieferketten für große Unternehmen erfolgreich auf dem Weltmarkt behaupten.

So weit, so gut. Und doch konnten sich die Wachstumspotenziale der rheinland-pfälzischen Wirtschaft in den vergangenen Jahren nicht voll entfalten. Steigerungsraten dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir hinter vergleichbaren Flächenländern zurückbleiben.

(Beifall der CDU)

Ja, die Arbeitsplatz- und Wirtschaftsdynamik in RheinlandPfalz ist unterdurchschnittlich. Mehrjahresstatistiken, zum

Beispiel zum Bruttoinlandsprodukt, zur Zahl der Patente, zur Zahl von Arbeitsplätzen, zeigen: Hinsichtlich wirtschaftlicher Dynamik haben wir Nachholbedarf. Das heißt also, wir müssen handeln.

(Beifall bei der CDU)

Es geht nicht um einzelne pressewirksame Maßnahmen. Es geht um ein abgestimmtes Konzept. Dazu gibt es sogar eine gesetzliche Notwendigkeit; denn viele erinnern sich, in der Debatte vor zwei Jahren wurde das Mittelstandsförderungsgesetz neu verabschiedet. Im Wesentlichen ist darin festgehalten, dass statt des Mittelstandsberichts das Ministerium jährlich einen Bericht über die Situation der mittelständischen Wirtschaft vorlegt und ein Handlungsprogramm Mittelstand für eine Legislaturperiode festgeschrieben werden soll.

Herr Guth nannte das einen wichtigen und großen Schritt. Ja, auf diesen warten wir.

(Beifall bei der CDU – Abg. Christian Baldauf, CDU: Auf den Herrn Guth?)

Nein, auf den Schritt.

Ein Drittel der Legislaturperiode ist vorbei, und da sollte ein Handlungsprogramm zu einem solch zentralen Feld als Richtschnur des Agierens abgestimmt sein. Für ein solches Handlungsprogramm sehen wir von der CDUFraktion vor allem drei Felder, die wir in dem Antrag erläutern und sicherlich im Ausschuss näher diskutieren können. Die drei Felder sind das, was uns die Unternehmen als Hauptanliegen nahegelegt haben. Das ist zum einen der Fachkräftemangel, dann das Thema Innovation oder Forschung und Entwicklung und schließlich die Infrastruktur.

(Beifall bei der CDU)

Zum Thema Fachkräftemangel: Wir greifen im Antrag konkret den Ansatzpunkt „berufliche Bildung stärken“ auf, weil er wahrscheinlich der entscheidende Hebel ist. Hier ist das Land in der Pflicht, seinen Beitrag zur Stärkung der berufsbildenden Schulen zu leisten. Das heißt zunächst, Unterrichtsausfall und Lehrermangel müssen auch an den berufsbildenden Schulen abgebaut werden.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die berufsbildenden Schulen haben eine weniger starke Lobby als die allgemeinbildenden Schulen, weil dort Elternund Schülervertretung weniger öffentlichkeitswirksam organisiert sind. Deshalb müssen wir uns umso mehr zu ihrem Fürsprecher machen. Wir brauchen mehr Berufsschullehrer. Dazu bedarf es Maßnahmen wie beispielsweise der Möglichkeit zeitlich befristeter Gehaltszulagen oder ein Stipendienprogramm für Lehramtsstudenten und die Anerkennung von Berufserfahrungen aus der freien Wirtschaft für die Eingruppierung.

(Beifall bei der CDU)

Eine weitere Möglichkeit zur Stärkung der berufsbildenden Schulen ist die bessere Koordination von Oberstufen. Werden zusätzliche Oberstufen an Realschulen plus und Inte

grierten Gesamtschulen unkoordiniert eingerichtet, geht das in vielen Fällen zulasten der dualen Ausbildung und der berufsorientierten Bildungsangebote an berufsbildenden Schulen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Schließlich gibt es Handlungsbedarf im Feld der Berufsund Studienorientierung. Wechseln 70 % der Schülerinnen und Schüler aufs Gymnasium, müssen wir hier früher ansetzen. Das heißt, schon bei der Entscheidung der Eltern über die Schulwahl nach der Grundschule ist Information vonnöten. Zeigen wir diesen Eltern Musterbeispiele von Handwerkskarrieren auf, wird sich manches Elternpaar für eine weiterbildende Schule entscheiden, die in Richtung Handwerkskarriere geht.

Viele Praktika, Ferienmodule und Studienorientierungen sind gut angelaufen. Sie gilt es aber noch, flächendeckend für alle Bereiche, das heißt auch für die Gymnasien, umzusetzen.

Ein zweites Feld ist das der Innovation, das heißt Forschung und Entwicklung (F&E). In der vergangenen Legislaturperiode hat die Landesregierung festgestellt, beständig geringe F&E-Aktivitäten gefährden die Wettbewerbsfähigkeit. Sie hat die unterdurchschnittlichen F&E-Ausgaben als Schwäche festgestellt. Die Steigerung dieser Ausgaben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt war schon damals und ist nach wie vor das entscheidende Thema.

Weitere Bausteine sind – das haben wir heute schon gehört – steuerliche Forschungsförderung und Wagniskapital. Es geht um Initiativen über den Bundesrat, aber auch um Erleichterungen und maßgeschneiderte Beratung zur Selbstständigkeit hier in Rheinland-Pfalz.

Ein drittes großes Themenfeld ist das der Infrastruktur. Zum einen geht es um die digitale Infrastruktur; wir haben es gerade gehört. Wir sind vorangekommen, aber nach wie vor noch weit weg vom flächendeckenden Ausbau einer leistungsfähigen Breitbandversorgung für Gewerbebetriebe. Natürlich geht es genauso um Verkehrsinfrastruktur.

Mehr dazu in den Ausschussdiskussionen. Ich hoffe, wir überweisen den Antrag an den Ausschuss.

(Beifall der CDU – Abg. Julia Klöckner, CDU: Sehr gut!)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich evangelische und katholische Kirchenvertreter des Bistums Speyer und Auszubildende zur Elektronikerin und zum Elektroniker für Automatisierungstechnik der BASF aus Ludwigshafen. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Alt das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag enthält in der Tat durchaus Sätze, denen man in ihrer Allgemeinheit absolut zustimmen kann.

(Beifall der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Sie können ruhig einmal bei mir klatschen. Auch ich habe vorhin bei einem Satz der Kollegin Wieland geklatscht.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

Ich will zwei Beispiele nennen. „Die Innovationsfähigkeit der industriellen Großunternehmen und des Mittelstands haben unseren Wohlstand entscheidend mitbegründet. Viele mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe können sich mit qualitativ hochwertigen Produkten in bestimmten Marktnischen oder in Zulieferketten für Großunternehmen erfolgreich auf dem Weltmarkt behaupten.“ Das schreiben Sie. Das ist richtig. Das könnte auch in einem Antrag der Koalitionsfraktionen stehen. Was Sie natürlich unterschlagen, ist, dass diese Erfolge auch auf eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik in Rheinland-Pfalz zurückzuführen sind. Es ist unsere Aufgabe, das gern anzufügen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Des Weiteren haben Sie natürlich nicht die Arbeitslosenquote angesprochen, die auch im Jahr 2016, um das es in dem Antrag im Wesentlichen geht, einen ganzen Prozentpunkt unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Das ist im Vergleich der Bundesländer seit Jahren der drittniedrigste Platz. Überlegt man sich, für wen wir eigentlich Wirtschaft machen – auch damit Menschen davon ihre Familie ernähren können, ein Einkommen haben –, ist dies für uns eine ganz zentrale und wichtige Größe. Sie ist keine Selbstverständlichkeit in einem Land, das von einer schwierigen und einer ländlichen Topografie geprägt ist, sondern auch Ergebnis einer Kraftanstrengung von Wirtschaft und Politik.

Meine Damen und Herren, 2016 war für die stark exportorientierte Wirtschaft in Rheinland-Pfalz ein schwieriges Jahr. Sie wissen, wir sind bundesweit die Nummer 2, was die Exportquoten in den Flächenländern angeht. Das ist etwas Positives und spricht für Wettbewerbsfähigkeit. Es hat aber auch eine Kehrseite. Wer exportstark ist, der ist von den Weltmärkten stärker abhängig als andere.

Im vergangenen Jahr 2016 hat der internationale Kontext – Stichworte Brexit-Entscheidung, Wahl von Donald Trump usw. – für Verunsicherung gesorgt. Dennoch ist die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz robust um 1,5 % real gewachsen. Nach den Daten, die bislang vorliegen, haben Beschäftigte und Unternehmen in Rheinland-Pfalz eine Wertschöpfung von 139 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das waren 4 Milliarden Euro mehr als im Jahr zuvor. Auch die Zahl der Erwerbstätigen war in Rheinland-Pfalz noch nie so hoch, wie sie heute ist, meine Damen und Herren. Es spricht für die Robustheit der rheinland-pfälzischen Wirtschaft, diese Daten in einem solch schwierigen Jahr wie 2016 hinzulegen.

Ansonsten muss ich leider sagen, dass Ihr Antrag sehr viel mehr Fragen aufwirft, als er beantwortet. Deswegen überweisen wir ihn gern an den Ausschuss, um dort noch der einen oder anderen Frage näher nachzugehen. Bis dahin können Sie vielleicht die Gelegenheit wahrnehmen, die Zahlen, die Sie verwendet haben, noch einmal zu überprüfen, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion. Ich halte sie in Teilen für veraltet, aber das soll nur als kollegialer Hinweis gemeint sein. Wir stehen deutlich besser da als von Ihnen behauptet.

Man muss sagen, Sie erkennen in einigen Bereichen des Antrags die richtigen Handlungsfelder, unterschlagen aber, dass Ihre Forderungen großteils von der Realität schon überholt sind, Stichwort Berufs- und Studienorientierung an allgemeinbildenden Schulen. In Rheinland-Pfalz gehört die Unterstützung der Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen bei ihrer Berufswahl und bei der Studienwahl seit Langem zum Allgemeinbildungsauftrag der Schule. Neue Instrumente sind gewählt worden, zum Beispiel der Tag der Berufs- und Studienorientierung. Dies kann man auf dem Bildungsserver des Landes RheinlandPfalz nachlesen. Das ist sehr aufschlussreich.