Meine Damen und Herren, da ist die gesetzlich garantierte Postzustellung ein Baustein. Wir haben aber noch viel mehr Baustellen, wenn wir zum Beispiel darüber sprechen, wie wir die ärztliche Versorgung für unsere Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum gewährleisten wollen und wie unsere Bürgerinnen und Bürger auch in kleinen Orten täglich mit Medikamenten versorgt werden können. Es gibt Apotheken, die Medikamente ausfahren. Wenn wir in das Nachbarland Frankreich schauen, geht die Post zum Beispiel ganz neue Wege. Dort werden Postzusteller auch dafür eingesetzt, kleine Hausmeisterdienste und Ähnliches zu übernehmen.
Für uns als CDU-Fraktion ist klar, dass wir in Deutschland die tägliche Postzustellung wollen. Wir müssen uns aber auch an dieser Stelle fragen, was sich noch alles in Zukunft verändert, wenn wir fordern, dass wir auch in kleinen Orten und im ländlichen Raum eine gute und schnelle Internetversorgung haben,
und darüber sprechen, dass auch im öffentlichen Nahverkehr möglichst eng getaktet Busse bis in kleine Orte
fahren sollen. Vor 15 oder 20 Jahren hatten wir eine ähnliche Diskussion, als die Telefonzellen im ländlichen Raum abgebaut worden sind. Wir konnten uns damals überhaupt nicht vorstellen, wie schnell sich die einzelnen Entwicklungsschritte überschlagen. Jetzt sind wir an einem Punkt, an dem die Deutsche Post in einem Pilotprojekt testet, ob es auch andere Wege gibt.
Meine Damen und Herren, für uns als CDU-Fraktion ist ganz klar: Wir wollen, dass dieser gesetzlich garantierte Anspruch gewährleistet ist. Es muss aber auch klar sein, dass wir uns keine Schranken beim Weiterdenken setzen dürfen.
Meine Damen und Herren, deswegen würde sich meine Fraktion und ich mir an dieser Stelle von der SPD auch wünschen, dass sie zum Beispiel bei der Frage der kleinen Grundschulstandorte in unseren Dörfern genauso kämpfen würde wie für eine tägliche Postzustellung.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Pressemitteilungen über einen Pilotversuch der Deutschen Post haben viele Bürger unseres Landes verunsichert. Offensichtlich wurden auch ein paar Abgeordnete der SPD aufgeschreckt, die nun Angst haben, dass ihre Wahlkampfpost nicht mehr rechtzeitig vor Sonntag ankommt und damit ihre letzte Hoffnung auf einen Stimmungsumschwung platzt.
Worum geht es genau? Meine Vorredner haben dies ausführlich dargelegt. Bei dem Pilotversuch können die Kunden der Deutschen Post aus drei Modellen wählen. Sie können sich ihre Post an den drei Wochentagen Dienstag, Donnerstag und Samstag zustellen oder die Briefsendungen an fünf Tagen bringen lassen, dann aber an ihren Arbeitsplatz. Schließlich können sich Postkunden für die Zustellung der gesammelten Briefpost am Samstag entscheiden und zusätzlich täglich ihre Briefe als sogenannte E-POSTSCAN schicken lassen. Dabei wird die Privatpost geöffnet, für den elektronischen Versand gescannt und als E-Mail zugestellt. Ausgeschlossen in dem Probeverlauf sind Einschreiben, behördliche Dokumente oder auch Eilbriefe, welche sofort ausgetragen werden.
Mir stellt sich zunächst eine rechtliche Frage. Vielleicht kann sie die Landesregierung in dieser Debatte beantworten. Bislang regelt die sogenannte PostUniversaldienstleistungsverordnung des Bundes, dass die Briefzustellung werktäglich zu erfolgen hat. Wie ist der
Pilotversuch mit dieser Verordnung vereinbar? Außerdem hat die Post einen Vertrag mit dem Absender der Briefe, nicht mit dem Empfänger; denn der Absender bezahlt das Porto. Mit dem Pilotversuch wird die Unsicherheit des Absenders erhöht, wann seine Briefsendungen ankommen, vermutlich vor allem dann, wenn sie in ländliche Gebiete geschickt werden.
Wichtig für uns ist, dass die ländlichen Räume bei Postdienstleistungen nicht benachteiligt werden. Spätestens wenn die tägliche Zustellung ganz abgeschafft werden soll, muss die Bundesregierung entscheiden, ob sie wirklich die Post-Universaldienstleistungsverordnung ändern will. Aber welche Handhabe hat überhaupt der Landtag in dieser Sache?
Neben den rechtlichen Fragen stellen sich auch wirtschaftliche Fragen. Die Gewerkschaft ver.di befürchtet Arbeitsplatzverluste, wenn die tägliche Zustellung abgeschafft wird. Andererseits wird behauptet, dass auch im Postkonzern bei der DHL viele Paketauslieferer fehlen und alle frei werdenden Briefzusteller sofort dort anfangen können. Kann die Landesregierung hierzu etwas sagen?
Über eine eventuelle Änderung der Post-Universaldienstleistungsverordnung sollte letztendlich der Bürger entscheiden. Wie wichtig ist unseren Bürgern, dass die Zustellung täglich erfolgt, und wie wichtig ist es ihnen, dass auch zukünftig garantiert wird, dass 80 % der Briefe am ersten Tag nach der Einlieferung und 95 % der Briefe spätestens am zweiten Tag nach der Einlieferung zugestellt werden? Der beste Weg, um herauszufinden, wie die Deutschen darüber denken, ist meiner Meinung nach eine Bürgerbefragung. Wir schlagen genau diese vor.
Falls die Landesregierung unsere Fragen heute nicht befriedigend beantworten kann, werden wir das Thema im zuständigen Ausschuss erneut ansprechen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zeiten, in denen früher der Postbote zumindest auf dem Land zu einem Plausch am Gartenzaun stehen geblieben ist, die Neuigkeiten des Nachbarn diskutiert hat oder aber auch – ich spreche aus eigener Erfahrung – bei meinem Großvater ab und zu ein Schnäpschen getrunken hat, sind leider vorbei. Trotzdem sind wir es gewohnt, dass wir von montags bis samstags unsere Post von den fleißigen Postbotinnen und Postboten zugestellt bekommen. Täglich sehen wir die Zustellerinnen und Zusteller, die schwer bepackt mit Briefen, Päckchen und Zeitschriften durch die Straßen unsere Post zu uns tragen. Dies ist
Es ist für uns Alltag, seit wir denken können. Dies soll sich nun nach den Plänen der Post ändern. Die Zustellung soll reduziert werden. Hintergrund seien rückläufige Zahlen bei der Menge der Zustellung. Ein Großteil werde zwischenzeitlich elektronisch abgewickelt. Auch der Umfang an Postsendungen nimmt kontinuierlich ab.
Deshalb läuft bereits ein entsprechendes Pilotprojekt der Deutschen Post, welches derzeit in verschiedenen Zustellbezirken unter anderem auch in Rheinland-Pfalz neuartige Formen der Zustellung mit sich bringt. Dabei wird die Post etwa nur noch an drei Wochentagen oder sogar nur noch einmal in der Woche gesammelt zugestellt. Auch bei mir zu Hause ist über Monate hinweg montags keine Post angekommen. Umso erstaunter bin ich gewesen, dass diesen Montag der Postbote wieder vorbeigekommen ist. Das hat mich wirklich gefreut; denn eine tägliche Zustellung folgt nicht nach den Argumenten von Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit, auch wenn Unternehmen wirtschaftlich arbeiten müssen. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren.
Wir brauchen gerade – das ist das Anliegen der Freien Demokraten – eine Wirtschaftlichkeit. Das ist klar; denn wir brauchen die Arbeitsplätze und das Auskommen einer Vielzahl von Menschen. Deshalb ist für uns der Erhalt der Arbeitsplätze der Zustellerinnen und Zusteller in diesem Zusammenhang besonders wichtig. Ebenso birgt die Reduzierung von Zustellungen neben einer Vielzahl von weiteren Problemen vor allem die Gefahr der Rechtsunsicherheit.
Die Postzustellung hat in Deutschland Verfassungsrang. In Artikel 83 des Grundgesetzes ist festgeschrieben, dass der Bund eine flächendeckende, angemessene und ausreichende Dienstleistung im Postwesen zu gewährleisten hat. Im deutschen Recht gilt an einer Vielzahl von Stellen die sogenannte Zustellungsfiktion.
Es wird davon ausgegangen, dass ein gerichtliches oder behördliches Schreiben innerhalb von drei Tagen nach dessen Aufgabe bei der Post beim Empfänger eingetroffen ist.
Ändert die Post nun diesen Zustellungsrhythmus, führt das zwangsläufig in einer erheblichen Zahl von gerichtlichen, aber auch behördlichen Verfahren zu Rechtsunsicherheiten. In der Folge würde dies zu einer nicht absehbaren Mehrbelastung von Justiz und Behörden führen. Außerdem würde dies vor allem die Notwendigkeit einer Vielzahl von Gesetzesänderungen nach sich ziehen. Ob dies hinnehmbar ist, bedarf der genauen Prüfung und kann keinesfalls allein von Argumenten der Deutschen Post abhängig sein.
Neben den rechtlichen Herausforderungen sehen wir Freien Demokraten die Wahrung der Privatsphäre der Bürge
rinnen und Bürger als ein zentrales und schützenswertes Gut. Für uns ist der Vorschlag, zukünftig die Post an den Arbeitsplatz der Menschen zu senden, nicht diskutabel. Private Sendungen gehören ins Private und nicht an den Arbeitsplatz.
Es ist weder den Arbeitgebern zuzumuten, analoge private Postfächer für jeden Mitarbeiter anzulegen, noch ist es im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzte theoretisch die Absender der privaten Post in Erfahrung bringen können oder gar über Inhalte von Postsendungen, angefangen von Rechnungen über Mahnungen bis hin zu Einschreiben, spekulieren.
Gerade wir Freien Demokraten stehen der Digitalisierung optimistisch gegenüber. Dass damit auch ein Umdenken oder große Herausforderungen verbunden sind, ist uns bewusst. Doch wir wissen ebenfalls, dass die heutigen Probleme die Chancen für morgen sind. Solange die digitale Zustellung unserer Post noch nicht für alle flächendeckend, rechtssicher und barrierefrei möglich ist, benötigen wir die tägliche Postzustellung durch die Postbotin und den Postboten.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist vollkommen klar und unbestritten. Auch für uns gilt, dass es absolut nicht hinnehmbar ist, wenn sich die Post aus ihrem gesetzlichen Auftrag der flächendeckenden Grundversorgung, wenn auch nur durch die Hintertür, in irgendeiner Form verabschieden will.
Ich gebe es ganz offen zu. Als ich die Schlagzeile gelesen habe, dass Briefe nur noch an ausgewählten Tagen zugestellt werden sollen, habe ich spontan gedacht: Briefe nur noch von ausgewählten Absendern, okay – aber der tägliche Gang zum Briefkasten ist schon sehr wichtig. Es ist nicht nur irgendein gesetzlicher Auftrag zur Grundversorgung, sondern Ausfluss eines Bürgerrechts, kodifiziert in unserer Verfassung in Artikel 87 Grundgesetz, nach dem diese Grundversorgung per staatlichem Auftrag gewährleistet werden muss.
Meine Damen und Herren, das Recht auf Kommunikation – dabei spielt das Recht auf Zustellung der Post eine ganz
entscheidende Rolle – ist ein ganz wesentliches Bürgerrecht, das in unserer Zeit der Kommunikationsgesellschaft von seiner politischen Bedeutung eher zunimmt als abnimmt. An diesem Grundrecht darf nicht gerüttelt werden.
Natürlich wird seitens der Gewerkschaften befürchtet, dass durch die Beschneidung dieses Grundrechts auch Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Ich würde da noch einen Schritt weitergehen. Wenn sich die Deutsche Post aus dieser flächendeckenden Grundversorgung verabschieden will, dann sägt sie an dem Ast, auf dem sie selbst sitzt. Es ist nämlich dann auf Dauer nicht mehr hinzunehmen, warum sie die Vorteile eines Universaldienstleisters weiterhin für sich in Anspruch nimmt – das betrifft auch das Monopol beim Porto, das betrifft aber auch die Mehrwertsteuerbefreiung –, wenn sie sich gleichzeitig aus dieser gesetzlichen Grundversorgung verabschieden will.
Deswegen ist es auch im Sinne des Unternehmens Deutsche Post, dass es nach wie vor diesen Anspruch auf diese Universaldienstleistung gibt, weil ich der festen Überzeugung bin, dass das auch eine Frage ist, die sich nicht dazu eignet, per Mehrheitsentscheidung unter der Bevölkerung entschieden zu werden, weil das Grundrecht auf Zustellung eines Briefes auch für diejenigen gelten sollte, selbst wenn sie eventuell in manchen Regionen keine Mehrheit darstellen, die aber eben nicht sozusagen anders ihre Kommunikation gestalten; denn selbst wenn eine Mehrheit sagt, das reicht mir, wenn ich meine E-Mail bekomme, sollten die anderen immer noch das Recht haben, ihren Brief jeden Tag bekommen zu können.