Protocol of the Session on June 22, 2016

Dann hat sich vor Ort die Meinung geändert. Auch Ingelheim war offen dafür, die Fusion mit Heidesheim einzugehen. Der Innenausschuss hat dann dem Bürgervotum, das in Heidesheim 2012 stattgefunden hatte und in dem sich 90,77 % für eine Fusion mit Ingelheim ausgesprochen hatten, entsprochen und das Gesetz zu einer Fusion mit Budenheim gestoppt. Damit hat er den Weg für die umfangreiche Bürgerbeteiligung im Rahmen der Fusionswerkstatt vor Ort freigemacht.

Die Rückmeldungen, die wir von den betroffenen Kommunen bekommen haben, und auch die Rückmeldungen, die wir durch die Bürgerentscheide bekommen haben, haben gezeigt, dass die Bürgerbeteiligung, die intensive Diskussion vor Ort gut vonstatten gegangen sind.

Selbstverständlich – das wurde auch erwähnt – hatte die Ortsgemeinde Wackernheim hier einen speziellen Weg

und eine spezielle Diskussion. Der Ortsgemeinderat hat sehr, sehr intensiv darüber diskutiert, wie es künftig ist, nur noch ein Stadtteil mit einem Ortsbeirat zu sein und nicht mehr die Befugnisse eines Ortsgemeinderats zu haben. Deswegen haben sie sich auf den Weg gemacht und den Bürgerinnen und Bürgern damit eine Auswahl gegeben, nämlich die Frage, gehen wir in die Verbandsgemeinde Gau-Algesheim oder werden wir Teil der Stadt Ingelheim. Das wurde dann letztendlich auch im Bürgerentscheid abgefragt.

Eben wurden grundsätzliche Dinge zur Bürgerbeteiligung erörtert. Wir haben definitiv keine Angst vor den mündigen Bürgerinnen und Bürgern. Auch im Zuge der Kommunalund Verwaltungsreform wurden extra die Hürden in der Gemeindeordnung bereits abgesenkt, damit eben Bürgerentscheide vor Ort stattfinden können. Wir haben die Hürden erneut gesenkt, die am 1. Juli dieses Jahres, also in wenigen Tagen, in Kraft treten werden.

Sie zeigt zwei Wege auf, wann eine Bürgerbeteiligung vor Ort in den Kommunen stattfinden kann. Zum einen dann, wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht damit zufrieden sind, was die betroffenen kommunalen Gremien verhandeln, können sie ihr Recht auf ein Bürgerbegehren und auf Bürgerentscheide herbeiführen. Zum anderen können, wie im Fall der vorliegenden Fusion, ein Ratsbegehren und eine Abstimmung vor Ort initiiert werden.

(Abg. Dr. Jan Bollinger: Das wissen wir! Danke!)

Wenn aber vor Ort eine Fusion nicht konfliktiv ist – das zeigen die Zahlen der Bürgerentscheide bei diesem Paradebeispiel sehr, sehr klar –, ist die Wahlbeteiligung sehr, sehr gering. So ist der Bürgerentscheid, der in Ingelheim stattgefunden hat, beinahe am Zustimmungsquorum gescheitert, weil diese Frage nicht konfliktiv wahrgenommen wurde. Deswegen war selbstverständlich die Wahlbeteiligung bei diesem Bürgerentscheid nicht so hoch. Sie lag nämlich nur bei knapp 29 %. Damals sind sie nur knapp am Zustimmungsquorum vorbeigeschliddert. Aber auch dort war die Aussage klar: 71 % für die Fusion.

In der Ortsgemeinde Heidesheim waren es 95 % Zustimmung bei einer Wahlbeteiligung von 44,69 %. In der Ortsgemeinde Wackernheim – das zeigt das eben – wurde intensiv diskutiert: Gehen wir nach Gau-Algesheim oder nach Ingelheim? Dort lag die Wahlbeteiligung bei über 75 % oder fast 76 %. Das heißt, hier wurde eine Entscheidung als konfliktiver Punkt wahrgenommen. Hier wollten die Bürgerinnen und Bürger bei der Abstimmung ganz klar ihre Aussage treffen. Das haben sie mit sehr großer Deutlichkeit, nämlich mit 64,7 %, getan.

Der vorliegende Fall einer Fusion ist ein Paradebeispiel für eine konstruktive Bürgerbeteiligung bei der Kommunalund Verwaltungsreform. Kein bloßes Nein, sondern die Möglichkeit von Alternativen wurde ausgelotet und durch Entscheide abgedeckt. Jeder Kommune steht die Möglichkeit frei, bei der Kommunal- und Verwaltungsreform vor Ort über eine Bürgerbefragung oder einen Bürgerentscheid diese Dinge abzufragen. Damit diese Möglichkeiten stattfinden, haben wir die Hürden extra gesenkt, damit es für die Bürgerinnen und Bürger leichter wird, darüber abzu

stimmen.

Ich finde, es ist ein richtiger Schritt, dass die Fusion jetzt in dieser Form vorliegt. Ich wünsche mir eine positive Begleitung bei der weiteren Beratung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schellhammer von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Ich darf nun Herrn Minister Lewentz das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Minister.

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Frau Klinkel, liebe Frau Schäfer, liebe Frau Schellhammer, liebe Frau Lerch, Herr Klein! Ich möchte mich zunächst einmal dafür bedanken, dass wir zeigen, dass wir in der Lage sind – offenkundig auch einstimmig –, Voten der Bürgerschaft zu übernehmen und auf den Weg zu bringen. Auch dieses Beispiel zeigt, dass bei der Kommunal- und Verwaltungsreform intensiv gerungen wird. Die Beispiele mit den verschiedenen Ergebnissen der Bürgerentscheide zeigen auch, dass sich die Menschen das zum Anliegen gemacht haben. In einem Fall haben sie sich das sogar zum Anliegen gemacht, obwohl aus dem Gemeinderat heraus eine andere Weichenstellung erfolgen sollte.

Deshalb kann ich nur sagen – das gilt wieder für die Experten im Innenministerium, aber auch für meine Person, und ich will ausdrücklich den Kollegen Professor Barbaro einbeziehen –: Wir haben viele Gespräche geführt, mit der Frau Ortsbürgermeisterin, mit dem Herrn Ortsbürgermeister, mit Bürgermeister Bormann.

Natürlich grüße auch ich den Oberbürgermeister der „armen Landgemeinde“ Ingelheim, Herrn Claus. Lieber Ralf, ich freue mich sehr, dass du heute hier bist; denn ich will dieses Wortspiel dazu nutzen, um zu sagen: Nicht nur zwei Ortsgemeinden haben gesagt, wir machen uns auf den Weg, Part einer reichen Gemeinde zu werden. – Das kann man nachvollziehen. Aber auch in Ingelheim hat man gesagt, wir haben gemeinsam große Entwicklungschancen in diesem neuen Dreierbündnis, das dann die neue Stadt bilden wird. Ich glaube, das ist der Beleg dafür, dass das eine richtige Entscheidung ist.

Ich stehe ebenfalls dazu, dass eine Landesregierung auch Diskussionsprozesse anzustoßen, dann Argumente aufzunehmen und zu sagen hat: Okay, wenn das mit Budenheim so nicht geht, erscheint uns der andere Weg auch sinnvoll. – Er ist sinnvoll, und er ist zukunftsträchtig. Dann gehen wir mit unserer Expertise an der Seite den Weg der diskutierenden Gemeinden mit und unterstützen ihn. Ich glaube, am Schluss haben wir auch bei diesem Beispiel gemeinsam etwas hinbekommen, das in diesem Bereich eine kommunale Landschaft zukunftsfähig arrondiert.

Natürlich ist es immer am Schönsten und am Besten, wenn wir diese Dinge sozusagen in einem großen Konsens auf der Basis der Freiwilligkeit hinbekommen. Sowohl in den

weiteren Gesetzen der KVR I – da, wo sie nicht freiwillig sind, werden sie in der Regel von der Regierung vorgelegt – als auch im Prozess KVR II werden wir aber in diesem Parlament Entscheidungen treffen müssen. Wir werden erleben, dass nicht alles im absoluten Konsens möglich ist.

Ich will noch einmal auf die Zahlen zurückkommen. Frau Nieland, Sie hatten sich noch einmal zu Wort gemeldet. Auch am Beispiel Kusel waren alle mündigen Bürger beteiligt, und sie konnten sich beteiligen. Dann kann es unterschiedliche Meinungen geben. Am Schluss haben aber wir die Verantwortung, dass wir im Zweifelsfall dort, wo man nicht freiwillig mitgehen will, Landeseinheitlichkeiten vorgeben. Das sind dann noch intensivere Diskussionsprozesse. Ich glaube aber, es ist keine großartige Prophezeiung, wenn ich uns sage: Es wird auch Beispiele geben, bei denen wir hier die Hand heben müssen, um unserer Verantwortung gerecht zu werden, selbst wenn das auf den ersten Blick nicht dem folgt, was man sich vor Ort vorstellt.

Ich habe an vielen Beispielen erlebt, dass auch in diesem Fall, wenn erst einmal mit einem sanften Zwang von oben eine Fusion auf den Weg gebracht wurde, man sich vor Ort sehr schnell eingefunden hat.

(Abg. Martin Haller, SPD: Da gibt es prominente Beispiele!)

Nach meiner Einschätzung war das sogar der Fall bei dem einzigen Rechtsstreit, den wir verloren haben; denn am Abend des Urteils hatte ich eher den Eindruck, man hatte sich vor Ort durchaus damit arrangiert, und man hat sich offensiv auf den Weg gemacht, dort etwas positiv Neues zu bilden.

Das ist entschieden worden. Alle anderen Auseinandersetzungen vor dem Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz haben wir gewonnen. Das Grundlagengesetz hat Bestand. Auf dieser Basis werden die weiteren Vorlagen aus der Mitte des Hauses oder aus der Landesregierung dann auch in die Diskussion eingebracht. Ich würde mich freuen, wenn wir weitgehend immer diese breite Zustimmung gemeinsam erarbeiten könnten. Demokratie lebt aber davon, dass manchmal auch mehrheitlich entschieden werden muss. Ich glaube, heute ist es jedenfalls auch für diese Fusion eine gute Entscheidungsgrundlage zur Diskussion vermutlich im Innenausschuss. Wenn wir dann zeitgerecht, so wie es unsere Vorstellungen sind, auch dieses Gesetz auf den Weg bringen und verabschieden, steht der Umsetzung nichts im Wege. Dann wird der Herr Oberbürgermeister übernehmen müssen, und er hat dann gemeinsam mit den mitwirkenden Damen und Herren die Aufgabe, das zu einem guten weiteren Ende zu führen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Sie haben für die Landesregierung gesprochen. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor.

Wir kommen dann zur Überweisung, da es sich um die erste Beratung gehandelt hat. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf federführend an den Innenausschuss und mitberatend an den Rechtsausschuss zu überweisen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Somit ist so beschlossen.

Wir nähern uns dem Ende unserer heutigen Plenarsitzung. Bevor ich Ihnen noch ein paar Hinweise gebe, darf ich auf der Tribüne den ehemaligen Landtagsvizepräsidenten und Europaabgeordneten Jürgen Creutzmann willkommen heißen. Lieber Herr Creutzmann, schön, dass Sie heute zeitweise der Plenardebatte beigewohnt haben!

(Beifall im Hause)

Am Beginn der Plenarsitzung hat unser Präsident zu einem gemeinsamen Foto aller weiblichen Abgeordneten eingeladen. Es hat sich herausgestellt, dass die Terminierung wohl etwas kurzfristig war. Die Fotoaufnahme entfällt

heute. Sie wird neu terminiert und Ihnen frühzeitiger bekanntgegeben.

Zum Dritten darf ich Sie noch einmal darauf hinweisen, dass der Präsident für heute Abend um 19:00 Uhr zu einem Parlamentarischen Abend in das Forum des Landesmuseums hier in Mainz aus Anlass des Wechsel von der 16. zur 17. Wahlperiode eingeladen hat. Er wird dort die ausgeschiedenen Abgeordneten verabschieden. Es wäre schön, wenn möglichst viele aktive Kolleginnen und Kollegen diesem Parlamentarischen Abend beiwohnen würden.

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der heutigen Sitzung. Ich lade Sie ein für morgen früh um 09:30 Uhr zur 5. Plenarsitzung des Landtags. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Die Sitzung ist geschlossen.