Meine Damen und Herren, es muss für uns alle ein Ansporn sein, das Armutsrisiko für Familien zu verringern. Es ist nicht einfach, Antworten zu finden. Wir wissen, wir haben gemeinsam große politische Anstrengungen getätigt, um Familien zu stärken. Wir haben eine gute Konjunktur und eine gute Beschäftigungslage. Wir haben einen Mindestlohn. Dennoch haben sich die Verhältnisse nicht wirklich verbessert, im Gegenteil. Herr Kollege, auch in Rheinland-Pfalz ist die Zahl der Kinder und Jugendlichen angestiegen, die im Transferbezug sind. Der Anstieg ist nicht geringer als in anderen Bundesländern. Insofern muss man nach Ihren Ausführungen ein wenig Wasser in den Wein gießen. Auch wir sind sehr gut beraten, sehr kritisch zu schauen, was wirkt und was nicht.
Meine Damen und Herren, wir hatten eine Anhörung. Wenn ich es auf einen Punkt bringen darf, was ich wirklich mitgenommen habe, so ist es das, was Frau Dr. Becker sagte. Es gibt nicht d i e eine Maßnahme – das war uns klar –, es bedarf eines Policy Mixes. Es bedarf einer Vielzahl von Maßnahmen. Es bedarf eines Ausbaus der Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur, aber es bedarf auch einer Vielzahl von unterschiedlichen passgenauen monetären Unterstützungen.
Meine Damen und Herren, es wurde auch deutlich, dass insbesondere zwei Gruppen betroffen sind. Es sind die Alleinerziehenden, aber es sind insbesondere auch die kinderreichen Familien. Wir bedauern es sehr, dass auch in Ihrem neuen Antrag, den Sie gestern eingereicht haben, wiederum kinderreiche Familien mit keinem Wort gewürdigt werden.
Ich möchte auch das nennen, was uns sehr bestürzt hat. Viele dieser Familien sind erst in die Armutsfalle getappt, als sie Kinder bekamen. Mehr als die Hälfte aller kinderreichen Familien, die im Transferbezug stehen, gehen einer regulären Erwerbstätigkeit nach. Auch das muss man sehen.
Gleichzeitig wird aber die Familienarbeit – auch das ist angesprochen und kritisiert worden – nicht ausreichend honoriert. Ich möchte sagen, alle Initiativen, die es diesbezüglich gab, wurden von der Ampelkoalition boykottiert oder sabotiert. Ich nenne einmal das Betreuungsgeld, Ihren Widerstand gegen die Mütterrente oder auch die Abschaffung des Landesfamiliengeldes, das wirklich den Fa
Ich sage hier auch an die Adresse von Rot-Grün, setzen Sie sich noch einmal mit Ihren Plänen auf Bundesebene auseinander, wenn es darum geht, die Abschaffung des Ehegattensplittings zugunsten einer Individualbesteuerung vorzunehmen. Das bedeutet laut einer Berechnung des DIW für Familien in Rheinland-Pfalz einen Mehrkostenaufwand von 750 Millionen Euro.
Ich muss Sie ernsthaft fragen: Wollen Sie das wirklich? Kein Wort zu Mehrkindfamilien. Ich möchte aber noch etwas zu den Alleinerziehenden sagen. Das ist die zweite große Gruppe, die betroffen ist. Wir hatten am Montag eine ganz tolle Veranstaltung beim Verband der Alleinerziehenden. Ich habe von dort sehr viel mitgenommen. Es gab ein tolles Projekt, das mit seinem Abschlussbericht vorgestellt wurde, nämlich der Betreuungsmonitor. Leider läuft dieses Projekt nach drei Jahren aus. Ich glaube, man braucht manchmal langen Atem. Auch solche Projekte müssen fortgesetzt werden.
Leider hat das Unterhaltsrecht, das 2008 unter einem SPDJustizministerium eingeführt wurde, eine Verschärfung für die Situation von Alleinerziehenden gebracht, gerade von Frauen, die wirklich darunter leiden. Auch das ist am Montag angesprochen worden.
Meine Damen und Herren, eines ist aber auch klar: Bildung ist der entscheidende Faktor, wenn es darum geht, Armut langfristig zu entkommen. Leider kam man auch hier der Landesregierung kein gutes Zeugnis ausstellen. Ich möchte jetzt nicht auf die Stadt-Land-Problematik eingehen und sagen, wir brauchen gute Grundschulen in der Stadt, aber auch auf dem Land. Aber ich möchte sagen, gerade die berufsbildenden Schulen sind d i e Aufsteigerschulen. Das sind oftmals die Schulen für die zweite, auch für die letzte Chance. Wenn wir uns anschauen, wie gerade bei uns auf dem Land die berufsbildenden Schulen vernachlässigt werden, dann ist das einfach unglaublich.
Ich möchte noch eines zum Thema „Bildungskette von unten anfangen“ sagen. Wir warten nach wie vor auf die Novelle des Kindertagesstättengesetzes.
Wir sind nach wie vor gespannt. Frau Ministerin, Sie haben im Sommer ein bemerkenswertes Interview gegeben, in dem Sie sagten, es wird dahin gehen, dass die Erzieherinnen bessere Fortbildungen machen können und machen müssen. Damit ist doch das Problem nicht gelöst. Es wird ohne finanzielle Unterstützung nicht gehen. Es wird nicht gehen, ohne dass wir den Personalschlüssel verbessern
und die Gruppengrößen verkleinern. Es wird nicht gehen, dass Sie sagen, die Erzieherinnen müssen sich noch mehr fortbilden. Die Leute sind top qualifiziert und top motiviert. Es hängt doch nicht an den Erzieherinnen. Es hängt an Ihren Rahmenbedingungen.
Um es zusammenzufassen: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Ampelregierung, wir brauchen eine stärkere steuerliche Berücksichtigung der Kinder. Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen, und wir brauchen eine echte Unterstützung von Alleinerziehenden, anstatt sie weiter unter Druck zu setzen.
Zu einer Kurzinterventionen auf die Ausführungen von Frau Huth-Haage erteile ich Herrn Abgeordneten Teuber das Wort.
Frau Kollegin, Sie sagen, wir tun nichts für Mehrkindfamilien. Sie sprechen auch davon, dass wir Frauen in dem Bereich noch stärker unterstützen sollten. Dann frage ich doch einmal ganz im Ernst, wer hat denn das Teilzeitbefristungsgesetz auf Bundesebene nicht zur Umsetzung gebracht?
Wer wollte denn nicht, dass Frauen bei ihrer Rückkehr von der Teilzeit in die Vollzeit unterstützt werden, um damit eine gleichwertige Beschäftigung von Mann und Frau herzustellen
Wenn Sie hier Wein predigen und nur Wasser wollen, müssen Sie aber auch so ehrlich sein, dass im Bund diese Position nicht von Ihrer Partei vertreten wird.
Ebenso das Thema „Familienarbeitszeit“. Auch das würde Mehrkindfamilien stärken. Auch das wäre ein Schritt. Und auch der dritte Punkt – um nochmals auf unseren Antrag zu kommen –, das Thema „Schulsozialarbeit“ und das Thema „Ferienbetreuung“ sind ganz entscheidende Maßnahmen für Mehrkindfamilien. Wir unterscheiden nicht, ob das Kind ein Geschwisterkind hat oder vier. Sie bekommen alle die gleiche Unterstützung.
Daran müssen wir es messen. Jeder hat die gleiche Chance, egal, was von zu Hause mitgebracht wird. So zu tun, als würden wir hier nicht darauf antworten, aber in Berlin
(Abg. Christine Schneider, CDU: Wer macht denn in Berlin die Sozialpolitik? – Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Wer macht denn die Sozialpolitik? – Weitere Zurufe von der CDU)
dann würde ich mir in dem Punkt wünschen, dass die Bundeskanzlerin ihre Richtlinienkompetenz wahrnähme und als Frau in einer Bundesregierung das täte, was Frauen als Unterstützung bräuchten. Dann können wir hier darüber weiter reden.
Lieber Kollege! Ich habe hier Ihren Antrag vorliegen. Wir haben ihn genau durchgelesen. Falls uns irgendwo entgangen ist, dass Sie in diesem mehrseitigen Antrag irgendetwas über Mehrkindfamilien geschrieben haben, dann korrigieren Sie uns. Mehrkindfamilien kommen in diesem Antrag nicht vor.
Das ist doch genau die Personengruppe, um die es hier geht. Das sind doch die, die von Kinder- und Familienarmut am allermeisten betroffen sind. Dann ist es doch absolut legitim, wenn ich das hier anspreche und sage, leider haben Sie auch in Ihrem neuen Antrag diese Gruppe mit keinem Wort erwähnt.
Ich will jetzt nicht alles noch einmal Revue passieren lassen, deshalb nur zu dem Rückkehrrecht. Es sind doch Sie, die es haben scheitern lassen. Sie waren doch nicht in der Lage, die Anzahl der Betriebe zu nennen. So war es doch.
Wenn Sie sich so für die sozialen Belange von Frauen einsetzen – das finden wir richtig, und das finden wir gut –, dann bleiben Sie doch einmal hier im Land. Setzen Sie sich doch einmal ein dafür, dass junge Lehrerinnen keine Kettenverträge, sondern ordentliche Arbeitsverträge bekommen. Das wäre doch einmal etwas, das könnten Sie hier direkt umsetzen. Hier sitzen Ihre Ansprechpartner.