Protocol of the Session on June 22, 2017

(Beifall der AfD)

Was die konkrete Ausgestaltung betrifft, so schließt unser Entwurf nahtlos an das Elterngeld an. Sobald dieses nach 12 oder 14 Monaten entfällt, erhalten Eltern, die keinen Platz in einer öffentlich subventionierten Einrichtung der Kindertagespflege nutzen, ein Landeserziehungsgeld von 300 Euro im Monat. Anspruchsberechtigt sind alle kindergeldberechtigten Kinder bis zu einem Alter von drei Jahren, die seit mindestens 12 Monaten ihren Hauptwohnsitz in Rheinland-Pfalz haben.

Im Sinne der Gesundheitsfürsorge ist die Durchführung altersentsprechender Früherkennungsuntersuchungen eine weitere Voraussetzung für den Bezug. Das Landeserziehungsgeld soll steuerfrei sein, wird aber entsprechend bundesgesetzlicher Bestimmungen auf andere Sozialleistungen angerechnet.

Natürlich wird jetzt wieder der Vorwurf kommen, wir wollten mit einer neuen Herdprämie Frauen von einer Erwerbstätigkeit abhalten. Davon kann jedoch keine Rede sein. Keine Familie wird durch ein solches Landeserziehungsgeld gedrängt oder gar gezwungen, ihre Kleinsten selbst zu betreuen. Alle Eltern können nach wie vor zu völlig unveränderten Bedingungen einen Platz in einer Kita in Anspruch nehmen. Erweitert wird lediglich ihr finanzieller Spielraum, der es ihnen ermöglicht, frei zu entscheiden, welche Betreuungsform für sie und ihr Kind die richtige ist. Jene Eltern, die bisher ganz oder teilweise vom staatlichen Transfer gelebt haben, werden sogar ausdrücklich motiviert, eine Berufstätigkeit aufzunehmen, weil sie nur so in den Genuss dieser Leistung kommen.

Meine Damen und Herren, ich zitiere aus einem am 23. Juli 2015 vom „Deutschlandfunk“ veröffentlichten Interview:

1. Das Geld sollte bei den Familien bleiben.

2. Wahlfreiheit sollte gewährleistet sein.

Ich zum Beispiel plädiere für ein Landesfamiliengeld.

Frau Klöckner, erinnern Sie sich. Das waren exakt Ihre Worte, als Sie noch im Wahlkampf waren und um die Stimmen der Familien warben.

(Beifall der AfD – Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Ihre Kollegin Demuth sekundierte Ihnen auf Ihrer Homepage wie folgt: Keine noch so professionelle Kita kann die Liebe von Vater und Mutter ersetzen. Deshalb setzen wir Christdemokraten uns ein für ein Landesfamiliengeld.

(Beifall der AfD)

Seitdem hat man von der CDU in dieser Sache nichts mehr gehört. Sie haben heimlich still und leise dieses Projekt beerdigt. Wieder einmal zeigt sich das übliche Schema. Die CDU redet und kündigt an, die AfD setzt um.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Nach unseren Vorschlägen! Lesen Sie einmal den Antrag!)

Meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU, heute haben Sie die Gelegenheit, dieses Versäumnis wiedergutzumachen, indem Sie unseren Antrag für ein Landeserziehungsgeld unterstützen.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Haben Sie unseren Antrag nicht gelesen? – Abg. Julia Klöckner, CDU: Steht nicht auf Facebook!)

Auch an die anderen Fraktionen geht unser Appell: Trauen Sie Vätern und Müttern mehr Eigenverantwortung zu! Erweitern Sie Ihre Spielräume für freie individuelle Entscheidungen zum Wohl ihrer Kinder! Geben Sie den Familien ein Stück mehr Wahlfreiheit und Gerechtigkeit!

Wir können gern im Ausschuss darüber diskutieren. Ihr Antrag ist weitgehend inhaltsleer. Deshalb habe ich gar nicht dazu Stellung genommen.

(Glocke des Präsidenten)

Sie schreiben nichts im Detail zu dem, wie Sie sich ein solches Landesfamiliengeld vorstellen. Sie haben den jetzt eingebracht, weil wir mit dieser Sache vorgeprescht sind. Das ist schön, weil wir in der Angelegenheit vielleicht ein Stück weiterkommen. Deshalb würde ich mich freuen, wenn wir über das Thema im Ausschuss zusammen diskutieren könnten.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Bevor ich Frau Abgeordneter Simon das Wort erteile, darf ich als Gäste auf der Zuschauertribüne Studierende 50+ des Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung, Gruppe Medienpolitik, der Uni Mainz begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Nun hat Frau Abgeordnete Simon von der Fraktion der SPD das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der AfD ist nun wirklich nichts Neues. Sie haben den Betrag erhöht und den Titel geändert. Das Landesfamiliengeld der CDU aus der letzten Legislaturperiode, das sogar im Wahlkampf noch eine gewisse Rolle spielte, ist wieder da.

Der Antrag aus dem Oktober ist es nicht. Ich habe von Ihnen einen Entschließungsantrag gefunden. Dieser war

aber aus dem Jahr 2015. Mir ist aber aufgefallen, dass bei den Haushaltsberatungen weder von der CDU noch von der AfD ein Deckblatt kam, um dies umzusetzen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das ist richtig!)

Insofern bezweifle ich, dass das Ganze ernst gemeint war.

Interessanterweise fordert jetzt die CDU ein Konzept in ihrem Alternativantrag von der Landesregierung. Ich denke immer, das ist eigentlich die Aufgabe der CDU selbst, weil erwartungsgemäß die Mehrheit in diesem Landtag diesen Anträgen nicht zustimmen wird. Warum sollen wir dann die Landesregierung damit befassen lassen, ein Konzept für Sie auszuarbeiten?

Wie Herr Frisch gesagt hat, haben Sie zu den 300 Euro überhaupt nicht Stellung genommen und geäußert, ob Sie diese gut finden. Man weiß auch nicht, ob die Dynamisierung dieses Betrags, den Sie nicht genannt haben, nach oben oder nach unten gehen soll. Insofern ist der Alternativantrag relativ unkonkret.

Meine Damen und Herren, unsere Position ist bekannt und klar. Der Erfolg gibt uns recht. Die Nachfrage nach Kita- und Krippenplätzen unter drei Jahren ist ungebrochen hoch und kann insbesondere in den Städten noch nicht befriedigt werden. Daher ist es richtig, dass die 48 Millionen Euro aus dem Betreuungsgeld in den weiteren Ausbau und in die Qualität der Kinderbetreuung und in die Tagespflege in den Kommunen gehen.

Die Wahlfreiheit besteht aus unserer Sicht darin, dass Eltern Rahmenbedingungen erhalten, um sich entscheiden zu können. Dafür braucht man aber entsprechend viele Plätze, eine gute Entlohnung für Arbeit und bezahlbaren Wohnraum für alle.

Herr Frisch, übrigens werden bereits jetzt schon die Kosten für die geschulte Kindertagespflege übernommen. Sie haben in Ihrem Antrag geschrieben, dass die Kindertagespflege von den Betreuungsgeldern oder dem Erziehungsgeld bezahlt werden sollte. Das wird jetzt schon getan, wenn keine Plätze in der Kita angeboten werden können. Wir legen aber hier den Schwerpunkt auf die Qualität. Deswegen wird nur die öffentlich geförderte Kindertagespflege von uns bezuschusst, weil wir dann wissen, dass entsprechend Stunden von den Beschäftigten abgeleistet wurden, die Kenntnisse im rechtlichen Rahmen erworben haben. Das ist der Unterschied zu uns.

Mit Erlaubnis des Präsidenten möchte ich aber auch noch aus einer Studie – anders als eine Umfrage – zitieren, über die durch „SPIEGEL ONLINE“ am 11. Januar 2016 berichtet wurde. Sie wurde vom Deutschen Jugendinstitut in Zusammenarbeit mit der TU Dortmund durchgeführt und hatte die Überschrift „Betreuungsgeld hatte nur begrenzten Effekt“. Ich zitiere: „Insgesamt gab es einen Zusammenhang zwischen dem Angebot an öffentlicher Kinderbetreuung und dem Bezug von Betreuungsgeld. In Regionen, in denen es schon vor der Einführung der Leistung flächendeckend viele Kitas und Tagesmütter gab, haben weniger Eltern Betreuungsgeld bezogen. (...) Mütter mit hohen Bildungsabschlüssen (Fachhochschulabschluss oder Univer

sitätsabschluss) haben seltener Betreuungsgeld bezogen.“ Das heißt: „Betreuungsgeld wurde vor allem in Familien mit verheirateten Eltern bezogen.“ Also traditionelle Rollenverteilung. „Alleinerziehende haben diese Leistung unterdurchschnittlich häufig bekommen. Der Bezug zu Hartz IV bei dem Thema ‚Kinderarmut‘ wird hier noch einmal deutlich. Unter den Beziehern waren überdurchschnittlich viele Familien, in denen zu Hause nicht Deutsch gesprochen wurde.“

Das haben wir auch schon bei einer Studie in Norwegen mitbekommen. Norwegen hatte das Betreuungsgeld eingeführt und es wieder abgeschafft, weil es die falschen Zielgruppen erreicht hatte.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Über 10 % hatten das Betreuungsgeld als Übergang zum Kitaplatz genutzt. Über 87 % hätten ihre Kinder auch ohne Betreuungsgeld zu Hause betreut, weil sie sich dafür entschieden hatten.

Wir halten fest, dass unser Weg durch diese Studie untermauert wird, weil wir somit Kinder- und Altersarmut verhindern können.

1. Die Kommunen erhalten mehr Geld für den Ausbau der Betreuungsangebote.

2. Die Familien erhalten echte Wahlfreiheit, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

3. Wir wollen Frauen und Familien aus der Armutsfalle helfen. Frühzeitige Hilfen stärken die Selbstbestimmung von Familien, und der Staat ist nicht nur in der Wächterfunktion. Uns ist das gute Aufwachsen von Kindern wichtig. Wir begleiten und unterstützen sie von Anfang an. Erwartungsgemäß lehnen wir Ihre beiden Anträge ab.

Danke schön.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen der Frau Abgeordneten Simon erteile ich Herrn Abgeordneten Frisch das Wort.

Frau Kollegin Simon, ich muss noch einmal etwas zu dem Thema „Wahlfreiheit“ sagen. Sie sprechen immer davon, wir garantieren Wahlfreiheit durch die Rahmenbedingungen. Aber diese Wahlfreiheit ist nicht gegeben. Was wollen denn Familien machen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation darauf angewiesen sind, dass beide Eltern arbeiten gehen müssen? Das ist doch genau der Punkt. Sie investieren 1.000 Euro monatlich in den Krippenplatz, und die Eltern, die die gleiche Erziehungsleistung zu Hause gewährleisten, bekommen nichts. Das ist einmal ein ungerechter Zustand, und natürlich führt er dazu, dass viele

Eltern sich eben nicht frei entscheiden können. Das hat genau diese Umfrage in der Zeitschrift „Eltern“ erbracht.

Ich finde es schon bemerkenswert, wenn Sie hier so andeutungsweise unterstellen, Eltern würden keine Qualität in ihrer Erziehung haben. Sie wollen sicherstellen, dass Kinder gut erzogen werden, und deshalb sollen sie in die Kita gehen. Was ist das für ein Eltern- und Familienbild, das dahintersteht!

(Beifall der AfD)