Protocol of the Session on May 31, 2017

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Unglaublich!)

Auch Immigranten aus anderen Ländern mit niedrigen Quoten, wie Armenien oder Aserbaidschan, die zu den wichtigsten Asylherkunftsländern in Rheinland-Pfalz gehören, verbleiben trotz offensichtlich fehlender Asylberechtigung zu über 80 % im Land.

Nahezu uferlose Duldungsgründe führen dazu, dass die Quote der Geduldeten in Rheinland-Pfalz höher ist als in den Nachbarländern Baden-Württemberg, Saarland und Hessen und wesentlich höher als in Bayern. Die reguläre Erfüllung der Ausreisepflicht ist faktisch zur Ausnahme geworden.

An diesem Punkt setzt unser heutiger Antrag zur Einrichtung eines Landesausreisezentrums an. Rheinland-Pfalz ist in der Pflicht, die mit dem Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht eröffneten rechtlichen Möglichkeiten endlich auszuschöpfen. Um dies zu gewährleisten, müssen die bisher auf kommunale Ausländerbehörden

und Land verteilten Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Aufgaben für die Rückführung gebündelt werden. Das Landesausreisezentrum entscheidet über die Rückführungen, koordiniert ihre administrative Vorbereitung und führt sie in Kooperation mit den Polizeibehörden durch. Die konkreten Hindernisse, die dem häufig im Weg stehen, können dadurch deutlich besser beseitigt werden als auf kommunaler Ebene.

(Beifall der AfD – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sehr gut!)

Dies gilt beispielsweise für die Identifikation eingereister Personen, für die Beschaffung erforderlicher Dokumente, aber auch für die Bewertung der oft vorgetäuschten medizinischen Abschiebungshindernisse durch Amtsärzte.

Um die Durchführung der Ausreisen zu sichern, ist gemäß § 61 Aufenthaltsgesetz eine Unterbringungseinrichtung für vollziehbar Ausreisepflichtige einzurichten. Dazu könnten leerstehende, weiter teuer vorgehaltene Kapazitäten von Erstaufnahmeeinrichtungen genutzt werden. Auch die zurzeit kaum eingesetzten Instrumente der Abschiebungshaft und des Ausreisegewahrsams müssen endlich wieder Verwendung finden. Zu diesem Zweck sind die Kapazitäten der Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige in Ingelheim auszubauen bzw. neue Einrichtungen zu schaffen.

Sicherzustellen ist insbesondere, dass sich Straftäter und Gefährder ihrer Abschiebung nicht länger entziehen können.

(Beifall der AfD – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Bravo!)

Dies gebietet unsere Verpflichtung zum Schutz der Bevölkerung vor Terror und Kriminalität.

Meine Damen und Herren, dass sich unser an den Empfehlungen des BAMF orientierter Antrag erfolgreich umsetzen lässt, zeigt das Beispiel Bayerns, das in Bamberg und Ingolstadt ähnliche Einrichtungen unterhält. Die dort betriebene zentralisierte Unterbringung und Administration trägt wesentlich dazu bei, dass die Rückführungsquoten in Bayern deutlich höher sind als in anderen Bundesländern. Daran sollte sich die Landesregierung ein Beispiel nehmen und so ihrer politischen Verantwortung für eine effektive Rückkehrpolitik ein Stück weit mehr gerecht werden.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Rauschkolb.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Man sieht wieder vorgetäuschte gesundheitliche Risiken, Sie sprechen nur ein Wort dazu. Es gibt sicherlich Menschen, die können nicht zurückgeführt werden. Wir hatten das vorhin alles schon.

Sie sprechen im Prinzip mit dem Vorschlag, den Sie machen, den Kommunen die Kompetenz ab, ihren Auftrag richtig zu erfüllen, wenn ich Sie richtig verstanden habe.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Das finde ich nicht gut, dass Sie den Kommunen überhaupt nicht erlauben, die Kompetenz zu haben.

Wir, die Ampelfraktion, lehnen Ihren Antrag nach einem Ausreisezentrum ab. Wir sehen auch, dass es noch Herausforderungen gibt – ich habe sie vorhin angesprochen –, was Rücknahmeabkommen, Passbeschaffung und andere Dinge angeht. Wir haben die Clearingsstelle in Trier, mit der wir gute Erfahrungen gemacht haben. Ich glaube, das ist alles, was es dazu zu sagen gilt.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das war kurz und gut!)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Kessel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Am 9. Februar dieses Jahres verständigte sich die Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten im Berliner Kanzleramt auf ein 15Punkte-Paket zur Asylpolitik. Im Zentrum der Beschlüsse stand, dass erstens Asylbewerber ohne Bleibeperspektive bereits aus den Erstaufnahmeeinrichtungen zurückgeführt, zweitens vorgetäuschte Identitäten oder Straftaten künftig härter geahndet und drittens die Abschiebehaft für Gefährder ausgeweitet und ihre Bewachung erleichtert werden soll.

Nach dem Treffen betonte die Bundeskanzlerin, dass die konsequente Rückführung notwendig sei, um denjenigen, die einen rechtlichen Anspruch auf humanitären Schutz haben, weiterhin helfen zu können.

(Beifall bei der CDU)

Die Bundeskanzlerin stellte dabei klar, dass Bund und Länder sehr stark auf freiwillige Ausreisen setzen. Freiwillige Ausreisen erfolgen aber nur dann, wenn die Menschen wüssten, dass es ansonsten eine verpflichtende und gegebenenfalls zwangsweise durchgesetzte Rückführung in ihr Heimatland gibt. Die Freiwilligkeit hängt damit untrennbar von der Entschlossenheit ab, das Recht durchzusetzen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der AfD)

Die Forderung, dass die Rückführung möglichst aus den Erstaufnahmeeinrichtungen erfolgen sollte, begründete die Kanzlerin mit der Feststellung, dass, wenn die Menschen erst einmal durch ehrenamtliche Helfer in den Kommunen integriert seien, die Rückführung sehr viel schwerer und

schwieriger sei.

Beim Evangelischen Kirchentag am vergangenen Wochenende verteidigte die Kanzlerin ihren restriktiven Kurs in der Asylpolitik. Sie wies dabei auf das Dilemma der Kluft zwischen christlichem Mitgefühl und Realpolitik hin. Der ehemalige US-Präsident Obama pflichtete der Kanzlerin bei.

(Abg. Alexander Fuhr, SPD: Ach, der Obama!)

Als Staats- und und Regierungschef, so Obama, gelte es, Barmherzigkeit gegenüber Flüchtlingen zu zeigen, aber es gebe auch eine Verpflichtung gegenüber der eigenen Bevölkerung, was zugegebenermaßen nicht immer einfach sei.

(Beifall bei CDU und AfD – Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: Oh!)

Soweit zum Kirchentag und jetzt wieder zurück zum 15Punkte-Paket und dem daraus resultierenden und am 18. Mai vom Bundestag beschlossenen Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der AfD, wenn Sie dieses Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht in Ihrem Antrag zum Anlass nehmen – jetzt zitiere ich aus dem Antrag –, „eine Unterbringungseinrichtung für ,vollziehbar Ausreisepflichtige‘ zu schaffen“ und zudem die „Gewahrsamseinrichtung“ – auch das ein Zitat – „für Ausreisepflichtige in Ingelheim zu erweitern oder ggf. weitere entsprechende Einrichtungen zu schaffen“, dann ist Ihr Antrag mehr als gefährlich, weil Sie damit Ihre wahren Absichten verschleiern.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Es geht Ihnen nicht um eine humane und gerechte Flüchtlingspolitik, sondern darum, Ängste zu schüren, Stimmungen anzuheizen und Menschen auszugrenzen.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei der FDP – Heiterkeit des Abg. Michael Frisch, AfD, und Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Wir brauchen keine Internierungslager, sondern Strukturen, wie wir sie in unserem Entschließungsantrag „Sicherheit und Zuversicht – Missbrauch verhindern – konsequent abschieben“ unter der Drucksache 17/1750 bei den Beratungen zum Landeshaushaltsgesetz gefordert haben.

(Beifall bei der CDU)

Unsere damalige Forderung, die Rückführung landesweit zu zentralisieren, bezog sich auf die Verlagerung der Zuständigkeit für die Rückführungen von den Landkreisen und kreisfreien Städten auf das Land. Es ging nicht darum, bestehende Einrichtungen zu erweitern oder neue Einrichtungen zu bauen, wie im Antrag der AfD gefordert.

Mit der Verlagerung der Zuständigkeit auf das Land wären Städte und Kreise finanziell und personell vom Vollzug der konfliktträchtigen Rückführungen entlastet worden. Durch

die beim Land konzentrierte Aufgabenerfüllung wären zudem die Rückführungen kosten- und personaleffizienter durchzuführen gewesen.

Leider fanden unser Antrag und die damit verbundenen Haushaltsdeckblätter keine parlamentarische Mehrheit.

Der heute vorliegende Antrag der AfD verfolgt eine vollkommen andere Zielrichtung. Wir werden ihn deshalb logischerweise ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Spiegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es von vornherein ganz klar zu sagen: Die Landesregierung lehnt die Einrichtung eines Landesausreisezentrums ab. –

Das Land unterstützt die Ausländerbehörden bereits seit mehr als zehn Jahren durch die Zentralstelle für Rückführungsfragen in Trier. Die Zentralstelle unterstützt die Kommunen bei allen Fragen zu Rückführungen und übernimmt Teilaufgaben, etwa bei der Passbeschaffung. Dieses System hat sich bewährt. Es gibt daher keinen Grund, dieses bestehende System zu ändern.