Protocol of the Session on May 31, 2017

Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Spiegel.

Sehr geehrte Frau Präsidenten, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Abgeordnete! Lassen Sie

mich zunächst einige wichtige Klarstellungen vornehmen; denn so vehement und oft einige Aussagen getroffen werden, so sehr entbehren sie jedoch zugleich jeglicher Grundlage.

Zur Thematik der Abschiebung weise ich den Vorwurf aufs Schärfste zurück, Rheinland-Pfalz würde sich nicht an bestehende Gesetze halten und Recht brechen. Fakt ist, natürlich halten wir uns jeden Tag an die gesetzlichen Regelungen im Bund und im Land. Dies betrifft nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses, sondern im Übrigen auch die der Ausländerbehörden. Diese haben bisweilen und insbesondere in den letzten Jahren eine große Kraftanstrengung vollbracht und teils auch sehr schwierige Entscheidungen umzusetzen gehabt.

(Abg. Martin Haller, SPD: Ja, so sieht es aus! Tagtäglich!)

Dafür gebührt ihnen Dank und Anerkennung

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Martin Haller, SPD: So sieht es aus!)

und nicht die pauschale und diffamierende Unterstellung, sie würden sich nicht an Recht und Gesetz halten.

Ebenso möchte ich Ihnen etwas zur Religionszugehörigkeit sagen; denn es ist so, dass diese Frage datenschutzrechtlich schlicht nicht zulässig ist. Das heißt, wir dürfen sie aus Datenschutzgründen schlicht nicht erheben. Die Ausländerbehörden dürfen nach der Religionszugehörigkeit nur fragen und dies in den Akten vermerken, wenn dies für die konkrete ausländerrechtliche Situation erforderlich ist. Das gilt dann selbstverständlich für alle Religionszugehörigkeiten.

Zum Vorwurf, dass keine genauen Zahlen über vollziehbar ausreisepflichtige Personen vorliegen: Wir haben das hier im Plenum bereits mehrfach anhand von Zahlen erörtert. Es war auch Gegenstand – das wurde eben angesprochen – von zahlreichen Kleinen Anfragen. Die Behauptung ist schlicht unzutreffend; denn alle vorhandenen Datenquellen werden umfassend ausgewertet. Zusätzlich werden eigene Erhebungen durchgeführt.

Allerdings – auch dies ist hinlänglich bekannt und bereits mehrfach erörtert worden im Plenum, im Ausschuss und im Rahmen von Kleinen Anfragen – sind die Angaben des Ausländerzentralregisters des Bundes teilweise fehlerbehaftet. Der Bund arbeitet gegenwärtig fieberhaft daran, die Datenqualität zu verbessern. Alle maßgeblichen Entwicklungen und strukturellen Veränderungen können durch die permanente Aktualisierung durch das Land ständig nachvollzogen und bewertet werden.

Meine Damen und Herren, deswegen erledigt die Landesregierung ihre Aufgaben, wenn es um die Rückführung geht. Wir machen dies gesetzeskonform und ebenso unter humanitären Gesichtspunkten. Das zeigt unsere klare Priorität bei der freiwilligen Rückkehr.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Im Bereich der geförderten freiwilligen Rückkehr nimmt das Land sogar bundesweit eine Vorreiterrolle ein. Das hat der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration gerade kürzlich in einem Forschungsbericht hervorgehoben. Wenn eine freiwillige Ausreise nicht möglich ist bzw. nicht in Anspruch genommen wird, die Person vollziehbar ausreisepflichtig ist und keine Abschiebungshindernisse vorliegen, dann schieben wir selbstverständlich auch ab.

Eines möchte ich aber klarstellen: Wenn wir über Flüchtlingspolitik, wenn wir über Integrationspolitik sprechen, dann sprechen wir über Hunderte von verschiedenen Maßnahmen, über Projekte, Sprachkurse, Integrationskurse, die Unterbringung, den Zugang zum Bildungssystem, zum Ausbildungsmarkt, zum Arbeitsmarkt, zur gesundheitlichen Versorgung, zur psychosozialen Versorgung, über Konzepte zur Verhinderung islamistischer Radikalisierung, Gewaltschutzkonzepte, die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse, und vor allen Dingen sprechen wir über das nach wie vor große Engagement der Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen im Land Rheinland-Pfalz, die die Ärmel hochgekrempelt haben und die tagtäglich ihren Beitrag dazu leisten, dass die Integration schnell und gut vor Ort gelingen kann, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Ein kleiner, ein sehr kleiner Ausschnitt der ganz großen, vielfältigen Mammutaufgabe Integration stellt die Abschiebung dar, aber Sie fokussieren sich immer wieder und immer wieder nur auf diesen kleinen Ausschnitt. Das weitaus größere Thema ist jedoch die Integration der Menschen.

Integration findet jetzt gerade statt, jeden Tag vor Ort. Sie tun so, als ob es nur darum ginge, möglichst viele Menschen abzuschieben. Das zeigt auch Ihr Antrag zu einem sogenannten Landesausreisezentrum, über das wir später noch sprechen werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Dass es sich aber hierbei um Menschen handelt, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, kommt bei Ihnen nirgendwo zum Ausdruck.

Meine Damen und Herren, wir fühlen uns dem Grundrecht auf Asyl und dem humanitären Völkerrecht in besonderer Weise verpflichtet. Wir stehen auch ausdrücklich zu dieser Verantwortung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

In der Integration der zu uns gekommenen Menschen liegt aktuell die größte Herausforderung. Dieser Herausforderung stellen wir uns als Landesregierung und setzen sie unaufgeregt, professionell und bestmöglich um.

Auch die Vorstellung, dass diese Menschen unsere Gesellschaft mit ihren Talenten und Fähigkeiten bereichern können, scheint überhaupt keine Rolle zu spielen. Fragt man jedoch in Bäckereibetrieben, Metzgereien oder den Unternehmen in der Hotel- und Gaststättenbranche und

in vielen anderen Branchen mehr, warum Anstrengungen unternommen wurden, Flüchtlinge in Ausbildung zu bringen, dann erhält man als Antwort ganz einfach, weil wir händeringend Fachkräfte in unseren Betrieben brauchen, meine Damen und Herren.

Die Flüchtlinge qualifizieren sich und treten in den Arbeitsmarkt ein. Manche haben sich sogar selbstständig gemacht. Als Landesregierung unterstützen wir diesen Prozess nach Kräften.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die überwiegende Mehrheit der zu uns geflohenen Menschen erhält einen Schutzstatus. 2016 lag die Schutzquote für die Asylsuchenden in Rheinland-Pfalz bei rund 66 %.

Lassen Sie sich uns auch angesichts dieser Tatsache lieber auf die wirklich große Aufgabe der Integration der zu uns geflüchteten Menschen konzentrieren. Die Landesregierung geht diese Integration der Menschen jedenfalls mit Elan und Power an. Die ersten Erfolge, etwa im Bereich der Sprachkurse oder der Eingliederung in den Arbeitsmarkt, geben uns recht. Wir werden diesen Weg gemeinsam mit den vielen haupt- und ehrenamtlich Engagierten im Land und mit den Unternehmen in unserem Land weiter beschreiten.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Durch die verlängerte Redezeit der Landesregierung stehen den Fraktionen jeweils noch zwei Minuten zur Verfügung. – Für eine Kurzintervention hat Herr Joa das Wort.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber wenn er jetzt nichts dazu sagt!)

Ich finde es doch positiv, dass darüber inhaltlich einmal eine Debatte geführt wird, wobei Ihre Annahmen sind aus meiner Sicht zum Großteil naiv, Frau Spiegel. Natürlich flieht ein Teil vor Verfolgung. Natürlich kommen auch Leute aus Syrien zu uns, aber der Großteil nicht. Man muss auch noch sehen, dass der Großteil durch zig sichere Länder gerade nach Deutschland kommt. Warum die Menschen alle nach Deutschland wollen, hat natürlich einen Grund. Das sind nämlich die finanziellen Anreize, die Wohnung, Gesundheitssystem und in den meisten Fällen Sozialhilfe heißen.

Sie sollten sich wirklich einmal überlegen, ob die Bürger, ob die deutschen Bürger, ob Ihre Wähler, ob unsere Wähler das mehrheitlich befürworten, ob die wollen, dass Deutschland eine erhebliche Masseneinwanderung erfährt, die sich natürlich auch auf Kitas, Schulen, die langfristige Statik unserer Gesellschaft auswirkt. Die bisherigen Erfahrungen

gerade aus dem islamischen Kulturkreis sind nicht positiv.

Dann noch ein Punkt zum Thema „Arbeitnehmerfreizügigkeit“. Wir haben innerhalb der EU die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Das ist auch gut so. Wir haben in Südeuropa gerade bei Jugendlichen relativ hohe Arbeitslosenraten. Das heißt, wir brauchen keine Fachkräfte von außerhalb der EU.

Denken Sie einmal 10, 15, 20 Jahre in die Zukunft, Thema „Industralisierung 4.0“. Wir werden immer mehr hoch qualifizierte Menschen brauchen und immer weniger gering qualifizierte. Das, was jetzt hier aktuell läuft, widerspricht dem komplett, weil wir eine Zahl von knapp 10 % haben, die wohl für unseren Arbeitsmarkt qualifiziert wäre. Aus den Gründen, die ich genannt hatte, ist das aber einfach unverantwortlich.

Sie spielen immer wieder die gleiche Schallplatte ab. Das habe ich alles schon einmal gehört. Das haben auch alle Kollegen zigmal gehört.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sollten endlich einmal inhaltlich diskutieren. Da helfen auch keine lächerlichen Anfeindungen von der Seite, Herr Braun. Warum gehen Sie nicht auf die Argumente ein, die ich nenne? Sie lächeln das alles weg, und dann geht es weiter.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Doch, wir haben Argumente, aber Sie wollen sie nicht hören. Das ist der Unterschied.

(Beifall der AfD)

Zu einer Erwiderung spricht Frau Ministerin Spiegel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Abgeordnete! Ich möchte an dieser Stelle klarstellen – das mag Ihnen politisch nicht passen –, nach wie vor zählen zu den Hauptherkunftsländern Syrien, Afghanistan, Eritrea und Somalia. Insbesondere aus Syrien haben wir nach wie vor hohe Zugangszahlen. Das betrifft nicht nur Rheinland-Pfalz, sondern alle Bundesländer. Deswegen kann ich dem von Ihnen in den Raum gestellten Fakt so nicht zustimmen, sondern muss dem widersprechen. Wir haben nach wie vor aus dem Kriegsgebiet Syrien hohe Zugänge, wenn man sich das Herkunftsland anschaut.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:

Ganztagsschule familienfreundlich gestalten – mehr Freiheit und Qualität für Schüler und Eltern Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/3105 –