Protocol of the Session on May 31, 2017

Sie wollen in populistischer Art und Weise Ängste schüren.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Wir wollen die Fakten kennen!)

Sie wollen ein Feindbild in der Bevölkerung stilisieren, doch dafür ist hier kein Platz, und dafür darf auch kein Platz sein.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich an dieser Stelle etwas zu dem von Ihnen geforderten Landesausreisezentrum sagen. Ein solches lehnen wir als Freie Demokraten aus tiefster Überzeugung ab, und zwar nicht zuletzt vor dem Hintergrund unserer historischen Erfahrung.

Darüber sollten Sie auch einmal nachdenken.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Was hat das damit zu tun?)

Die Landesregierung tut alles in ihrer Macht Stehende, um Ausreisepflichtige zum Verlassen des Landes zu bringen. Das ist richtig und notwendig. Die FDP steht dabei hinter der Linie des zuständigen Ministeriums, wonach Freiwilligkeit vor Verpflichtung steht, zumal sich diese Entscheidung als Erfolgsmodell zeigt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das tun sie aber nicht!)

Auch die weitergehenden Fragen, die Sie in Ihrer Anfrage stellen, können bei uns nur ein Kopfschütteln auslösen. Ich möchte keinesfalls Ihre Rechte als demokratisch gewählte Parlamentarier infrage stellen oder Ihnen diese gar absprechen, gleichzeitig frage ich Sie aber ernsthaft nach der Sinnhaftigkeit dieser Großen Anfrage. Die Ihnen so zur Verfügung gestellten Informationen – darum kann ich Sie nur bitten – sollten Sie nicht zum Schüren von Ressentiments verwenden.

Wir befinden uns in einer äußerst fragilen Situation. Die Frage, wie mit den Menschen umzugehen ist, die bei uns Schutz und Hilfe suchen, kann nur mit äußerstem Fingerspitzengefühl angegangen werden. Das sollte auch für die AfD gelten.

Ich betone nochmals, für Populismus darf hier keine Bühne geschaffen werden, meine Damen und Herren. Ich möchte an dieser Stelle auch sagen, dass die Antworten auf die Große Anfrage sicherlich von Interesse sind, von Interesse für alle Fraktionen und Parteien. Lassen Sie uns diese Erkenntnisse, für deren Zusammenstellung das zuständige Ministerium offensichtlich keine Mühen gescheut hat, sinnvoll und zum Wohle der bei uns Hilfe suchenden Menschen nutzen.

(Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Was ich eingangs sagte, sage ich auch zum Ende noch einmal: Rheinland-Pfalz ist ein weltoffenes Land. Das wird und soll so bleiben.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: So sieht es aus!)

Für eine Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Joa das Wort.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Können wir das nicht einmal abschaffen? – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Wir können Sie auch nicht mehr hören!)

Frau Becker, wissen Sie, Sie machen sich die Sache sehr einfach. Begriffe wie „Willkommenskultur“, „weltoffen“, „bunt“ – was versuchen Sie zu suggerieren?

(Zuruf des Abg. Thomas Roth, FDP)

Ich sage Ihnen einmal etwas. Ich habe Freunde und Bekannte auf der ganzen Welt.

(Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Sie haben Freunde?)

Viele von meinen Kollegen hier auch. Versuchen Sie nicht, es so darzustellen, als hätte die AfD irgendein Problem mit Menschen aus Russland, England, den USA oder sonst wo. Versuchen Sie das nicht.

Sie sprechen von Feindbildern und Vorurteilen. Ich will Ihnen einmal sagen, warum ich nach der Anzahl der Muslime gefragt habe. Ich bin in Germersheim zur Schule gegangen, falls Ihnen das etwas sagt. Gerade wenn wir uns das Thema „Türkei“ anschauen, wo 80 % Erdogan unterstützen, muss ich das Recht haben, habe ich sogar die Pflicht als Parlamentarier zu fragen, wie die Migrationserfahrungen in der Vergangenheit waren. Da stellt es sich für mich so dar, dass Migranten aus muslimischen Ländern eine Integration oder Anpassung an unsere Kultur und Lebensart viel schwerer fällt. Deshalb können Sie mich nicht diskreditieren als Ausländerfeind oder als sonst irgendetwas.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das hat niemand getan! Sie arbeiten mit Unterstellungen! – Abg. Katrin Anklam-Trapp, SPD: Sie sind doch Weltbürger!)

Überlegen Sie, was für einen Eindruck Sie hier zu erwecken versuchen.

(Beifall bei der AfD)

Zu einer Erwiderung spricht Frau Kollegin Becker.

Herr Joa, den Eindruck braucht man nicht zu erwecken, der ist da.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was bitte hat die Frage der Religionszugehörigkeit, das ist die Frage, wenn Sie nach Muslimen fragen, – –

(Abg. Michael Frisch, AfD: Hat er doch gerade gesagt! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Aktives Zuhören!)

Herr Bollinger, nicht immer das Gleiche, ich kann schon sehr gut zuhören –

(Zurufe von der AfD)

Frau Becker hat das Wort.

mit der Frage, wer Ausreisepflichtige sind, zu tun?

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Es geht um die Einreise! – Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Damit hat die Religion auch nichts zu tun!)

Damit hat die Religion überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Wer hier hereinkommt, ist Ihnen doch egal!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kollegin Binz.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich habe mich beim Durcharbeiten der Großen Anfrage zuerst gefragt, was die AfD-Fraktion mit dieser Großen Anfrage in dieser Form bezwecken möchte. Ich kann der Abgeordneten Rauschkolb nur zustimmen. Es scheint in erster Linie darum zu gehen, Angst zu schüren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir machen in Rheinland-Pfalz eine gute Asyl- und Integrationspolitik. Viele Menschen, viele Initiativen, Vereine und Unternehmen beteiligen sich daran.

Ja, es ist auch so, wie Sie in der Einführung ihrer Großen Anfrage schreiben, dass die Strukturen 2015 zuerst nicht in ausreichendem Maße für die Versorgung der vielen Menschen gegeben waren. Es hat einen riesengroßen Kraftakt benötigt, die Menschen, die vor allem 2015, aber auch Anfang 2016 zu uns gekommen sind, gut aufzunehmen, hier willkommen zu heißen und ihnen erst einmal eine gute Versorgung zukommen zu lassen.

Es hat einen riesengroßen Kraftakt von Politikerinnen und Politikern aller Couleur, von den Kommunen, der Landes

regierung und von vielen Menschen im Land, die geholfen haben, gebraucht. Jetzt, fast zwei Jahre später – es kommen immer noch Menschen zu uns –, hat sich der Fokus der Arbeit hin auf das Thema „Integration“ verschoben, wie wir die Menschen hier in unsere Gesellschaft integrieren können.

Sie allerdings legen Ihren Fokus und Ihre ganze Kraftanstrengung nur auf Themen wie „Abschiebung“, „Rückführung“, „Probleme“ etc., stellen in Ihrer Begründung Behauptungen auf und beschwören ein Bild herauf, dass es sich bei den zu uns geflüchteten Menschen um eine Gruppe von Personen handelt, die nur Probleme macht, die hier nicht hingehört und hier auch nicht bleiben soll, die vor allem Geld kostet und mehr als andere Gruppen kontrolliert und überwacht gehört.

Unser Menschenbild und unser Bild auf geflüchtete Menschen ist ein anderes. Wir sehen auch die Chancen und die Bereicherung, ohne uns vor den Problemen und vor der Herausforderung und den Konflikten wegzuducken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Lassen Sie mich noch zu einigen Ihrer Forderungen etwas sagen, zu den geforderten medizinischen Untersuchungen zur Altersfeststellung bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Ich bin sehr froh, dass die Landesregierung diese medizinischen Untersuchungen nicht unterstützt und ablehnt. Es ist mitnichten so, dass es keine andere Untersuchung oder kein anderes Verfahren gäbe, um das Alter festzustellen. Es gibt das sogenannte sozialpädagogische Verfahren, das auch angewandt wird.