Protocol of the Session on May 31, 2017

Wir reden dann über andere Querschnitte, über Überholstreifen in den Steigungen und über planfreie Knotenpunkte. Wir reden dann auch über zusätzliche Verkehre und die nachteiligen Wirkungen für den Tourismus; denn es geht dann um Durchgangsverkehr, der durch das Tal geführt wird, und nicht um Ziel- und Quellverkehr aus den beiden Landkreisen, der der Region etwas bringen würde.

Frau Kollegin Wieland, deswegen ist es schon widersprüchlich, wenn Sie einerseits sagen, Ihnen gehe es um ein Standortförderungsinstrument, und Sie andererseits fordern, dass wir nicht regionale Verkehre miteinander verbinden sollen, sondern überregionale, also Verkehre von außerhalb der beiden Landkreise nach außerhalb der beiden Landkreise. Das bringt nun offensichtlich dem Standort nichts.

Meine Damen und Herren, wir würden auch, wenn wir über eine Landesstraße reden, über ganz andere Kostendimensionen nachdenken, nämlich die Kosten des Gesamtprojekts als überregionale Achse, was nach dem Landesstraßenrecht Voraussetzung für die Einstufung als Landesstraße ist. Wer eine Landesstraße fordert, fordert eine Durchgangsstraße und muss diese auch gesamthaft planen und bauen.

Man kann an dieser Stelle nicht herumtricksen. Das ist auch hier mehrfach schon gesagt worden. Das Landesstraßenrecht ist bindend. Man kann nicht eine Brücke als überregionale Verbindung fordern und dann sagen, wir bauen sie aber nur für den Kreisverkehr, also in kleinen Dimensionen, eigentlich als Kreisstraße.

Eine welterbeverträgliche Brücke kann aber nur eine lokale Verbindung sein. Planerisches und raumordnerisches Ziel muss daher die Herstellung genau dieser lokalen Lösung sein. Es sollte keine direkte Ost-West-Achse geschaffen werden.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Frage der Finanzierung der Mittelrheinquerung. Dabei ist zu berücksichtigen, – auch das wird immer wieder durcheinander geworfen –, Landes- und Kreisstraßenvorhaben werden nicht aus demselben Haushaltstopf finanziert. Als Landesbrücke müsste sich eine Mittelrheinquerung in die Reihe der vielen Projekte im Landesstraßenbauprogramm einordnen, und dann müsste sie, um überhaupt realisiert werden zu können, innerhalb dieser Priorisierung ganz nach oben rücken.

Die Priorität dieser Projekte orientiert sich nicht an den Verhandlungen zwischen einem Landkreis oder zwei Landkreisen und der Landesregierung, sondern sie orientiert

sich an der Nutzen-Kosten-Bewertung, und die legen wir nicht intransparent im Hinterzimmer fest; denn eines ist klar, wenn wir ein Landesstraßenprojekt nach oben setzen und sagen, das bevorzugen wir, heißt das, dass ein anderes Landesstraßenprojekt eine Stufe weiter zurückfällt.

Wir wären nicht gut beraten, oder wir könnten nicht die Interessen des gesamten Landes und der Bevölkerung des gesamten Landes Rheinland-Pfalz berücksichtigen, würden wir uns dann nicht an dem Nutzen-Kosten-Verhältnis orientieren.

Wenn wir dem Landrat zusagen, dass er prioritär eine Kreisstraße gefördert bekommt, ist darin nicht die Zusage enthalten, dass eine Landesstraße in höchster Priorität gebaut werden könnte, meine Damen und Herren. Dieser Irrtum wird bei der Argumentation hier offensichtlich immer wieder fortgeführt.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Priorität, ich betone es noch mal, orientiert sich am Nutzen-Kosten-Verhältnis aufgrund der zu erwartenden vergleichsweise geringen Verkehrszahlen. Vor allen Dingen, was den überregionalen Verkehr und die vergleichbar hohen Kosten der Mittelrheinbrücke angeht, wäre ein Baubeginn über Jahre hinweg nicht absehbar. Das heißt, die Vorstellung, dass man als Landesstraßenprojekt bei einem derart prognostizierten Nutzen-Kosten-Verhältnis mit Priorität 1 sofort in die Planungen und den Bau gehen könnte, ist ein fundamentaler Irrtum, meine Damen und Herren, den ich an dieser Stelle einmal endgültig ausräumen möchte.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als kommunale Brücke, kleiner dimensioniert, ohne überregionale Achse kann mit der Brücke dagegen sofort begonnen werden, wenn sich die Landkreise für den Bau entscheiden. Als kommunales Verkehrsprojekt steht die Brücke eben nicht in Konkurrenz mit anderen und muss sich durch ein günstiges Nutzen-Kosten-Verhältnis im Wettbewerb gegen andere Landesstraßenbauprojekte beweisen. Das ist der entscheidende Unterschied. Deswegen müssen diejenigen, die die Brücke schnell wollen, dafür kämpfen, dass sie als kommunale realisiert wird, um sie dem schwer zu bestehenden Wettbewerb mit den anderen Landesstraßenbauprojekten zu entziehen.

(Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe den beiden beteiligten Landkreisen zugesagt, dass ich oder die Landesregierung bereit ist, über das übliche Maß hinaus sowohl bei der Planung als auch beim Bau der Mittelrheinquerung mit einem sehr hohen Fördersatz von 80 % Unterstützung zu leisten. Das ist ein sehr großzügiger Fördersatz, und das ist angesichts der hohen Kosten, die in die Region fließen würden, ein außergewöhnliches Entgegenkommen für dieses kommunale Projekt, meine Damen und Herren.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Im Hinblick auf die Unstimmigkeiten hinsichtlich der Einstufung der Mittelrheinbrücke und der daraus resultierenden Baulastträgerschaft hatte der Präsident des Landesrechnungshofs in der Sitzung des Kreistags des RheinHunsrück-Kreises am 20. Februar den Vorschlag unterbreitet, ein Raumordnungsverfahren für die Mittelrheinquerung zunächst ohne Festlegung auf den konkreten Träger der Straßenbaulast einzuleiten.

Meine Damen und Herren, das ist nach meiner Einschätzung nicht umsetzbar. Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags bestätigt mich in dieser Auffassung, meine Damen und Herren. Ein Raumordnungsverfahren zur Mittelrheinbrücke kann nur dann eingeleitet werden, wenn hinter dem Projekt die Absicht steht, es verwirklichen zu wollen.

Diese Absicht hat der Rhein-Hunsrück-Kreis bisher nicht ausreichend erklärt, da er selbst nicht Träger des Vorhabens sein will. Das können Sie auch nicht dadurch lösen, dass Sie sagen, der Baulastträger und der Träger des Raumordnungsverfahrens müssen nicht identisch sein. Das stimmt, aber entschuldigen Sie mal, Ihr Gutachten gibt doch selbst preis, dass es mit den Grundsätzen der Verwaltungsökonomie nicht in Einklang zu bringen ist, 700.000 Euro auszugeben – und das steht dort wörtlich drin: 700.000 Euro auszugeben –, ohne die Frage zu klären, ob denn auch jemand diese kommunale Brücke bauen will; denn ausweislich der Verkehrsgutachten, die wir haben, ist das Nutzen-Kosten-Verhältnis für eine Landesstraße so gering und die Vereinbarkeit mit dem Weltkulturerbe offensichtlich nicht gegeben, dass eine Realisierung als Landesstraße jedenfalls nicht greifbar ist, meine Damen und Herren.

(Beifall der FDP und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wissen Sie, ein Raumordnungsverfahren ist ein Verfahren zur Prüfung der Raumverträglichkeit eines konkreten Straßenbauvorhabens. Die Raumverträglichkeit einer kommunalen Brücke, die nur kommunalen Verkehr steuert, ist doch etwas ganz anderes als die Raumverträglichkeit einer überregionalen Achse zur Durchleitung von Durchgangsverkehr. Das heißt, Sie müssten im Grunde genommen in dem Raumordnungsverfahren zwei unterschiedliche Verfahren prüfen. Das heißt, die Kosten würden noch höher werden, und am Ende wüssten Sie nicht, ob überhaupt jemand diese Brücke haben will.

Lesen Sie einmal ganz genau das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes. Dort steht ausdrücklich, dass es mit den Grundsätzen der Verwaltungsökonomie nicht vereinbar ist, ohne die Klärung der Bauabsicht ein Raumordnungsverfahren in Auftrag zu geben. Der Landesrechnungshof würde mir zu Recht um die Ohren hauen, würde ich eine Dreiviertelmillion Euro aus dem Fenster werfen, ohne mit der Sorgfalt vorzugehen, dass ich von vornherein kläre, ob überhaupt eine Realisierungsmöglichkeit für diese Brücke besteht.

Meine Damen und Herren, ich möchte betonen, das Raumordnungsverfahren kostet die Kreise nichts; denn ich habe Verständnis dafür geäußert, dass der Landrat des RheinHunsrück-Kreises mir gesagt hat, er möchte nicht in die

Vorfinanzierung gehen, ohne sicher zu sein, dass das Land später auch diese kommunale Brücke baut. Deswegen habe ich die Bereitschaft erklärt, die Raumordnungskosten für die beiden Landkreise vollständig vorzufinanzieren und sie dann auch mit dem gleichen Fördersatz zu bezuschussen, wenn es zum Bau kommt.

Das will heißen, wenn das Raumordnungsverfahren abgeschlossen ist und es am Ende nicht zum Bau der Brücke kommen sollte – aus welchen Gründen auch immer: durch politische Veränderungen oder anderes –, hätten die Kreise überhaupt kein Kostenrisiko zu tragen. Hier liegt ein unglaublich großzügiger Zuschuss des Landes auf dem Silbertablett. Es ist wahrscheinlich ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz, dass ein Landrat dieses viele Geld für seinen Landkreis so lange liegen lässt, ohne zuzugreifen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Richtig!)

Die Forderung, die Mittelrheinbrücke als Landesstraße zu realisieren, führt in eine Sackgasse. Meine Damen und Herren, ich habe es mehrfach betont, eine Landesstraße kostet weitaus mehr. Sie dient dem Durchgangsverkehr, bringt mehr Verkehr und Lärm in das Mittelrheintal. Das gefährdet den Welterbestatus. Die Mittelrheinbrücke kann daher nur als eine kommunale Brücke realisiert werden. Als solche wurde sie bestellt, und als solche wollen wir sie auch liefern.

Die Landesregierung hat das Projekt mit einer klaren Strategie, mit einem sorgfältig ausgearbeiteten Vorgehensvorschlag mit einem soliden Finanzierungskonzept auf den Weg gebracht. Sie hat den Kommunen die Hand weit ausgestreckt, um schnell voranzukommen. Für den Projektstopp und die täglich neuen Fallstricke ist das Land nicht verantwortlich, sondern diejenigen, die sich vor Ort nicht mehr entscheiden können, ob sie nun zugreifen wollen oder nicht.

Es liegt am Rhein-Hunsrück-Kreis, mit einem Beschluss für die Mittelrheinbrücke den Weg frei zu machen. Meine Damen und Herren, die Landesregierung steht zu ihrer Haltung für den Mittelrhein. Wir wollen diese Mittelrheinquerung haben. Unsere Hand bleibt ausgestreckt. Der Rhein-Lahn-Kreis hat das Angebot angenommen. Wenn der weitere Partner seine Verweigerungshaltung aufgibt, können wir loslegen. Daher appelliere ich an die Mitglieder des Kreistages des Rhein-Hunsrück-Kreises, eine Entscheidung zu fällen, ob sie diese Mittelrheinbrücke jetzt haben wollen.

Ich sage Ihnen noch einmal, als Landesstraße schicken Sie Ihr kommunales Projekt in die Konkurrenz mit Hunderten von Landesstraßen. Dort sind wichtige Straßen im Bau,

(Abg. Martin Haller, SPD: Zum Beispiel bei mir im Wahlkreis!)

die erforderlich sind, um große Verkehre zu leiten, um mit Umgehungsstraßen Menschen von Tausenden von Fahrzeugen am Tag zu entlasten, Verkehrsfragen, die sehr

prioritär sind.

(Abg. Martin Haller, SPD: So ist das!)

Das heißt, Sie schicken Ihr kommunales Projekt mit dieser Verweigerungshaltung in die Sackgasse, anstatt zuzugreifen.

Ich will zum Schluss noch eines anfügen. Wir haben eine historisch außerordentlich günstige Situation; denn die Finanzierungsmittel haben wir auch deswegen so großzügig zusagen können, weil wir Aufwüchse im Bereich des kommunalen Finanzausgleichs durch die in dieser Woche noch im Bundesrat zu verabschiedende Einigung über die Neuordnung des Bund-Länder-Finanzausgleichs haben. Sie haben jetzt dieses historisch günstige Zeitfenster, das Sie nicht beliebig oft öffnen können.

Deswegen lade ich uns alle ein, so wie wir auch parteiübergreifend einen Konsens bei der Neuordnung der BundLänder-Finanzbeziehungen hinbekommen haben, sollten wir auch Parteiinteressen zurückstellen und an die Interessen der Region denken. Wir können heute den Menschen helfen, ein Problem auf kommunaler Ebene zu lösen. Deswegen noch einmal: Ich appelliere an die Vernunft der Mitglieder des Rhein-Hunsrück-Kreistags. Greifen Sie zu, meine Damen und Herren, das Angebot kommt in besserer Form nicht wieder!

(Starker Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, aufgrund der langen Redezeit der Landesregierung ergibt sich für jede Fraktion eine neue zusätzliche Redezeit von neun Minuten und 30 Sekunden.

Als Erstes hat sich Frau Wieland von der Fraktion der CDU gemeldet.

Ja, da gibt es einiges, was so einfach nicht stehen bleiben kann.

(Beifall bei der CDU)

Ich beginne mit einer Kleinigkeit. Frau Groß, die AfD hat den Gordischen Knoten nicht durchschlagen. Der Kompromissvorschlag kommt vom Landesrechnungshof. Ich glaube noch nicht, dass Sie den Landesrechnungshof steuern. Ich glaube, das müssen wir klarstellen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Aber er ist bestätigt worden. Das ist völlig richtig.

Ich habe mich jetzt die ganze Zeit gefragt: Was sagen denn Ihre Parteifreunde in Bingen zu dieser Debatte?

(Beifall bei der CDU – Abg. Julia Klöckner, CDU: Ja!)

Denn nach dem, was ich von dort höre, wird dort die glei

che Diskussion in der umgekehrten Richtung mit unseren Argumenten geführt.

(Beifall bei der CDU – Abg. Michael Hüttner, SPD: Nein, nein!)