(Zurufe von der CDU: Ui! – Abg. Thomas Roth, FDP: Sie hat’s verdient! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Zugetraut hätten wir es Ihnen! – Abg. Martin Haller, SPD: Verdient hätte sie es!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren in der Öffentlichkeit! Wir sind heute mit einem Tagesordnungspunkt befasst, den Herr Präsident Bracht schon sehr schön beschrieben hat. Es geht nämlich um unsere Geschäftsordnung als Parlament, es geht um die Geschäftsordnung des Landtags.
Die Drucksache liegt Ihnen vor, sie trägt die Nummer 17/3120. Dies ist die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses; das wurde schon gesagt. Darin sind die gefassten Beschlüsse des Unterausschusses enthalten, die der Rechtsausschuss seinerseits gebildet hatte, um die Dinge intensiv zu besprechen, die in fünf Sitzungen, beginnend mit dem 7. September 2016, erarbeitet wurden und die jetzt in diese Vorlage eingearbeitet worden sind als die Vorläufige Geschäftsordnung des Landtags, die wir uns am 18. Mai letzten Jahres gegeben haben.
Der Rechtsausschuss hat die Beratungen zur Geschäftsordnung erst vor wenigen Tagen in seiner 19. Sitzung am 24. Mai 2017 abgeschlossen. Eine Zusammenfassung des Beschlusses – ich glaube, dass darf ich sagen – finden Sie unter der „WID – Im Fokus Nr. 17/6“ sehr gut leserlich und damit auch für die Öffentlichkeit sehr gut nachvollziehbar.
Nachdem bereits in der Vorläufigen Geschäftsordnung sowohl die Redezeiten der Fraktionen als auch Struktur und Ablauf von Fragestunde und Aktueller Debatte angepasst wurden, sah der Unterausschuss von erneuten Änderungen hierzu ab. Keinen Änderungsbedarf sah der Unterausschuss auch hinsichtlich der Fachausschussgröße und des der Sitzverteilung zugrunde liegenden Verfahrens.
Die AfD-Fraktion hatte zu der Frage, ob sie als Fraktion durch die Festlegung der Fachausschussgröße und dem Verfahren nach D’Hondt benachteiligt wird, ein Gutachten vorgelegt, das zu dem Ergebnis kommt, die Verkleinerung der Ausschüsse und der Wechsel des Verfahrens auf D’Hondt sei verfassungswidrig.
Der Wissenschaftliche Dienst des Landtags wiederum kommt in seiner Stellungnahme hingegen zu dem Ergebnis, dass die aktuelle Ausschussbesetzung nicht zu beanstanden sei.
Im Unterausschuss haben auch die Fraktionen – abgesehen natürlich von der AfD-Fraktion – gemeinsam zum Ausdruck gebracht, dass sie der Argumentation des Wissenschaftlichen Dienstes folgen
Erstens: Ist der Landtag über die Wahlperiode hinaus an die Geschäftsordnung des Vorgängerlandtags gebunden? Das hätte zur Konsequenz, dass jede Abweichung von der Vorgängergeschäftsordnung künftig eine rechtfertigungsbedürftige Ausnahme wäre.
Zweitens: Hat der Landtag die AfD-Fraktion durch die Festlegung der Ausschussgröße und das Verfahren nach d’Hondt benachteiligt? – Die Mehrheit im Ausschuss, womit ich alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD meine, hat beide Fragen verneint. Ich hatte es schon gesagt.
Interessant ist in dem Zusammenhang der Hinweis, dass faktisch zum Beispiel gar kein Wechsel des Sitzverteilverfahrens gegeben ist, weil sich die Ausschüsse auch in der letzten Wahlperiode nach d’Hondt konstituiert haben. Damit will ich es aber schon bewenden lassen, weil die endgültige Entscheidung – so hat es die AfD angekündigt – der Verfassungsgerichtshof treffen soll.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Beratung im Unterausschuss gab es von Beginn an eine ganze Reihe von Vorschlägen zur Änderung der Geschäftsordnung – vonseiten der Fraktionen, aber auch der Landtagsverwaltung – unter Berücksichtigung der Erfahrungen der letzten Legislatur, aber auch technischer Entwicklungen und Entwicklungen in anderen Parlamenten, so zum Beispiel im Deutschen Bundestag. Dazu werden die Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen sicher noch etwas ausführen.
Doch nun zu den einzelnen Änderungen. In § 51 Abs. 3, § 53 Abs. 4 und § 61 Abs. 3 haben wir verankert, dass die Beratung von Gesetzen und Anträgen erleichtert werden soll. Die Landesregierung muss bei umfangreichen Gesetzesänderungsanträgen eine Synopse beifügen, und auf Antrag des Landtags soll die Landesregierung eine Gesetzesfolgenabschätzung durchführen sowie darüber Bericht erstatten.
Gemeinsam mit selbstständigen Anträgen können auch Alternativanträge an denselben Ausschuss zur Beratung überwiesen werden.
In § 78 Abs. 1 geht es darum, dass bei gemeinsamen Ausschusssitzungen der Antragsteller, der die gemeinsame Sitzung beantragt hat, in Zukunft festlegen oder beantragen kann, wer die Federführung und damit den Vorsitz hat, der die Vorbereitung und Leitung der Sitzung übernimmt.
In § 79 wird grundsätzlich die Berichterstattung über die bisherige Beratung eines Gesetzes durch ein Mitglied des Ausschusses entfallen,
und es wird dem jeweiligen Präsidenten bzw. der Präsidentin überlassen, künftig Informationen über das oder die
Meine Damen und Herren – wir haben das schon zweimal erprobt –, in § 101a ist die Orientierungsdebatte neu in unsere Geschäftsordnung aufgenommen worden. Ich glaube, ich brauche dazu keine weiteren Ausführungen zu machen. Das hat sich als Instrument schon bewährt, denke ich.
In § 81a – das will ich noch einmal ganz kurz ansprechen – geht es um Informations- und Beteiligungsverfahren. Das ist zunächst eine technische Lösung, die wir formuliert haben. Die Frage der Details und wie alles konkret umgesetzt werden soll, wird dem Landtagspräsidenten sowie dem Ältestenrat und dem Präsidium übertragen. Es wird darum gehen, dass die Bürgerinnen und Bürger in Zukunft über das, was wir beraten, sehr viel intensiver online informiert werden, sie aber auch in einem Ausschuss – wenn der Ausschuss das wünscht – tatsächlich in die Beratungen eingebunden werden und dies dann in das Ergebnis einfließen kann.
Meine Damen und Herren, zum Schluss vielleicht noch etwas zum Schmunzeln. Im Zuge der Debatte haben wir festgestellt, dass im alten § 48 stand, eine Wahl kann im Landtag – wenn kein Mitglied des Landtags widerspricht – durch Zuruf stattfinden.
Ja, das haben wir herausgenommen. Stattdessen haben wir geschrieben – wie wir das zumindest in den 25 Jahren, die ich schon hier bin, gehandhabt haben –, gewählt wird durch Handzeichen oder Aufstehen, also nicht mehr durch Zuruf.
Ich will ganz am Ende noch Dank sagen an die sieben Mitglieder des Unterausschusses, die sich intensiv um all die Fragen zu den Problemen gekümmert haben, die wir lösen oder auch nicht lösen konnten. Natürlich will ich auch dem Wissenschaftlichen Dienst danken, der die ganz wichtigen Vor- und Nachbereitungen unserer Sitzungen leisten musste, angefangen von der Direktorin Frau Molka bis zu Herrn Perne und Herrn Dr. Mensing.
Herzlichen Dank, dass wir das so geschafft haben. Es ist nun ein Jahr her seit der Konstituierung. Ich denke, es ist gut, dass wir zum Ende kommen.
Frau Abgeordnete Kohnle-Gros, vielen Dank für die umfassende Berichterstattung. Ich eröffne nun die Aussprache. Als Erster hat Herr Abgeordneter Haller von der Fraktion der SPD das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute die Geschäftsordnung für die 17. Wahlperiode. Ich möchte damit beginnen, dass ich mich ganz herzlich bei der Vorsitzenden Frau Kohnle-Gros für die Arbeit im Unterausschuss und auch beim Wissenschaftlichen Dienst bedanke.
Es war immer viel Arbeit für den Wissenschaftlichen Dienst, unsere Prüfaufträge im Nachgang der Sitzungen abzuarbeiten.
In insgesamt fünf Sitzungen hat sich ein Unterausschuss mit der Vorläufigen Geschäftsordnung beschäftigt und weitere Änderungsbedarfe identifiziert. Zur Erinnerung: Bereits in der Vorläufigen Geschäftsordnung wurden, wie in der Regel zu Beginn jeder Legislaturperiode, Änderungen vorgenommen. Diese betrafen zum Beispiel die Redezeiten, die Struktur sowie den Ablauf von Fragestunde und Aktueller Debatte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdem die Kollegin Kohnle-Gros die Änderungen der Geschäftsordnung bereits ausführlich dargestellt hat, möchte ich die aus unserer Sicht wesentlichen Punkte nochmals aufgreifen. Dazu gehört sicherlich, dass sich das Verhältnis von Parlament und Bürgerinnen und Bürgern grundlegend im Wandel befindet. Mit diesem Wandel hat sich in der vergangenen Legislaturperiode die Enquete-Kommission „Aktive Bürgerbeteiligung für eine starke Demokratie“ intensiv beschäftigt. Eine wesentliche Erkenntnis war, dass Partizipation – sowohl formeller aber auch vor allem informeller Art – die repräsentative Demokratie ergänzen und stärken kann.
Die Möglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger, sich auf Grundlage von soliden Informationen mit eigener Expertise einbringen zu können und eine eigene Positionierung und Meinungsbildung zu vollziehen, sind Anforderungen an ein zeitgemäßes parlamentarisches Arbeiten.
Die Fraktionen der Koalition und der CDU wollen mit ihren Änderungen der Geschäftsordnung des Landtags diesen Anforderungen an ein modernes Parlament Rechnung tragen. Daher soll der Landtag diesen Anforderungen durch ein Informations- und Beteiligungsportal nachkommen. Dieses Portal hat den Anspruch, Gesetzgebungsprozesse und parlamentarische Initiativen für die Bürgerinnen und
Bürger nachvollziehbar und transparent zu gestalten und sie in den noch offenen Gestaltungsprozess mit einzubeziehen.