Protocol of the Session on May 4, 2017

Wie es weitergeht, entscheidet das Gericht. Das haben nicht wir zu entscheiden.

(Heiterkeit bei der CDU)

Bitte kommen Sie jetzt zum Ende.

Ich kann nur an alle appellieren, die richterliche Unabhängigkeit auch in dieser Frage zu akzeptieren.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Abgeordneter Schellhammer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, in Anbetracht der Tatsache, dass wir eine wirklich intensive öffentliche Diskussion haben und mich auch einige Zuschriften erreicht haben,

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Es ist gut, dass es eine Aktuelle Debatte gibt!)

ist es aufgrund des geplatzten Prozesses wichtig, dass wir hier die Gelegenheit haben, bestimmte Hintergründe zu erklären. Ich glaube, es ist ganz wichtig für diese Debatte, auch ein bisschen Verständnis dafür zu äußern, dass es an der Stelle zu einer wirklich öffentlichen Nachfrage kommt.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Christine Schneider, CDU)

An der Stelle kommt noch ein Aber. Ich möchte es vorwegschicken. Ein wesentlicher Aspekt, den wir immer vorausschicken müssen und den man auch nicht kritisieren darf, ist ganz klar die richterliche Unabhängigkeit. Das ist der Punkt, den wir erklären müssen.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Ralf Seekatz, CDU – Abg. Thomas Roth, FDP: So ist es!)

Diese richterliche Unabhängigkeit bezieht sich aber auch auf die personelle Besetzung bei einem Verfahren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Julia Klöckner, CDU: Hat der Herr Weiland gesagt!)

Herr Kollege Sippel hat ganz richtig erwähnt, dass zum Zeitpunkt der Benennung der Personalausstattung für die

ses Verfahren die Bedarfsabdeckung am Landgericht Koblenz 102 % betragen hat. Das heißt, die Kritik, die Sie im Hinblick auf die personelle Ausstattung der Justiz geäußert haben, führt ins Leere. Es war klar, dass Sie das miteinander verknüpfen wollen, aber sie führt ins Leere. Deswegen bitte ich auch an dieser Stelle wirklich um Zurückhaltung. Uns gebietet die Trennung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative, dass wir ganz klar auch als Parlament eine absolute Zurückhaltung an den Tag legen, in der Öffentlichkeit und gegenüber der Bevölkerung nicht einen falschen Eindruck erwecken und uns ganz klar an Fakten orientieren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Es entsteht Unsicherheit gegenüber dem Rechtsstaat, wenn diese Fakten, zum Beispiel die Personalabdeckung am Landgericht Koblenz, einfach ignoriert werden und dann versucht wird, daraus politisches Kapital zu schlagen. Zur Verantwortung gehört, das nicht zu tun.

Für mich ist es nachvollziehbar, dass es in der Öffentlichkeit zu Debatten führt, dass dieser Prozess geplatzt ist. Es ist sicherlich kein gutes Signal. Das kann ich verstehen. Wir müssen aber auch die Hintergründe – das haben wir eben auch erklärt – darstellen.

Von den ursprünglich 26 Personen sind nach der Abtrennung mehrerer Verfahren nur noch 17 Personen geblieben, von denen wir auch ohne Richterspruch ausgehen müssen, dass sie dem rechtsextremen Spektrum in Rheinland-Pfalz zuzuordnen sind. Die Vorwürfe gegen diese Beschuldigten – sie wurden auch schon genannt – sind wirklich erheblich. Sie gehen von Körperverletzung über Sachbeschädigung und Volksverhetzung bis hin zur Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Für den Kampf gegen Rechts war der Schlag gegen das „Aktionsbüro Mittelrhein“ im Jahr 2012 durch die Sicherheitsbehörden wirklich wichtig, und dass es zu einem Prozess kommt. Der Schlag gegen dieses Netzwerk war auch im Lichte der Aufdeckung des NSU genauso wichtig wie heute.

Heute noch werden wir immer wieder mit den Zahlen der rechtsextremen Straftaten konfrontiert. Wir müssen uns auch mit der Sorge tragen, dass sich rechtsterroristische Gruppierungen wie „Oldschool Society“ bilden können. Für alle, die sich in der Region, aber auch deutschlandweit gegen Nazis einsetzen – seien es zivilgesellschaftliche Gruppen oder unsere Sicherheitsbehörden –, schmerzt es, wenn wir sehen, dass ein solcher Prozess platzt.

Selbstverständlich haben mich dazu auch Nachrichten erreicht, aber – das möchte ich noch einmal betonen – hier gilt die richterliche Unabhängigkeit, und das ist auch für meine Fraktion handlungsleitend. Deswegen werden wir keine Beurteilung dieses Vorgangs an den Tag legen. Dies verbietet uns auch einfach der Respekt vor dieser verfassungsrechtlichen Dimension der richterlichen Unabhängigkeit.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Selbstverständlich war zu erwarten – das habe ich auch schon eingangs gesagt –, dass die Opposition tatsächlich Verknüpfungen mit der personellen Ausstattung der Justiz vorträgt. Sie wissen aber auch, dass die regierungstragenden Fraktionen nicht zuletzt im Landeshaushalt erneut zusätzliche Stellen bei der Justiz geschaffen haben.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Riesenfortschritt!)

Wir haben insbesondere 15 zusätzliche Stellen für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte geschaffen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Daneben werden weitere Stellen bei den Rechtspflegern geschaffen, um diese zu entlasten.

(Zuruf des Abg. Gerd Schreiner, CDU)

Das sind wichtige Maßnahmen, aber sie haben nichts mit dem nun gescheiterten Prozess zu tun. Diese Verknüpfung ist, wie ich schon dargestellt habe, unzulässig.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Die Landesregierung tut alles, um gegen rechtsextreme Tendenzen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit vorzugehen. Wir haben auch in Rheinland-Pfalz ein umfangreiches Präventionsnetzwerk. Wir haben zahlreiche Erfolge auch im Kampf gegen Rechts. Ich möchte das Verbot der „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige“ oder das konsequente Vorgehen gegen die Terrorzelle „Oldschool Society“ nennen.

(Glocke des Präsidenten)

Wir gehen hier ganz klar gegen rechte Tendenzen vor. Da darf auch keine Irritation entstehen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Staatsminister Mertin das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Weiland, es ist mir genauso wie Ihnen bewusst, dass der Beschluss des Landgerichts vom Dienstag geeignet ist, das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat zu beschädigen. Dieses Vertrauen, welches sich der Rechtsstaat in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 1949 erworben hat, beruht aber auf zwei Prinzipien, die sich aus unserer Verfassung ableiten lassen. Das eine Prinzip ist das Prinzip des gesetzlichen Richters, und das andere ist die richterliche Unabhängigkeit. Ich betone es

deshalb, weil ich in den letzten Tagen eine Reihe von Vorschlägen gehört habe, wie man es hätte verhindern können.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Aber nicht von mir!)

Ich habe doch nicht gesagt, dass ich sie von Ihnen gehört habe.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Weil Sie mich eben angesprochen haben!)

Nein, ich habe nur zugestimmt, dass es geeignet ist, das Vertrauen zu erschüttern.

(Abg. Thomas Roth, FDP: Genau!)

Ich habe nicht gesagt, dass ich das von Ihnen gehört habe.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Danke für die Klarstellung!)

Darauf lege ich auch Wert, aber ich habe von anderswo eine Reihe von Vorschlägen gehört, die mit diesen Prinzipien nur schwer in Einklang zu bringen sind.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Einverstanden!)

Ich möchte diese jetzt nicht alle durchdeklinieren, aber ich bin gern bereit, im Rechtsausschuss über diese Dinge mit Ihnen zu sprechen.

Das Prinzip des gesetzlichen Richters bedeutet nämlich, dass seitens des Gerichtspräsidiums in richterlicher Unabhängigkeit generell abstrakt vorab festzulegen ist, welches Organ des Gerichts in einem Fall dann tätig sein wird, ohne dass man genau weiß, wie es am Schluss laufen wird, weil auch die Regeln festgelegt werden, nach denen der Geschäftsanfall verteilt wird. Das muss berücksichtigt werden, wenn man zum Beispiel Vorschläge hört, ob man nicht verhindern konnte, dass ein Richter, der schon 60 ist, das behandeln muss. Das ist aufgrund des Prinzips, das ich darstellte, mit einer gewissen Schwierigkeit behaftet. Weiter möchte ich das hier nicht ausführen.