Protocol of the Session on May 4, 2017

Landesjugendring unterhält. Es werden klare Forderungen aufgestellt. Es ist viel Politik- und Demokratieinteresse dahinter.

Ich merke das auch derzeit, wenn ich mit Schulklassen oder Jugendgruppen unterwegs bin. Es ist politischer geworden.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das stimmt!)

Die aktuellen Herausforderungen zeigen, die Diskussionen sind sehr politisch, und die Jugend politisiert sich. Das ist eine gute Entwicklung. Gerade jetzt ist es wichtig, auch die Partizipation von jungen Leuten zu stärken und sie nicht nur in Alibibeteiligung vor Ort umzusetzen. Junge Menschen engagieren sich tatsächlich, wenn ihre Beteiligung auch wirkmächtig ist, wenn die Beteiligung also auch wirklich ernst gemeint ist. Deswegen ist es wichtig – ganz ernst –, das Wahlrecht ab 16 zu fordern. Wir merken, die jungen Leute sind politisiert. Sie sollen auch wählen gehen. In elf Bundesländern ist es der Fall, dass junge Leute bei den Kommunalwahlen wählen gehen können. Warum soll es in Rheinland-Pfalz nicht so sein? Das verstehe ich wirklich nicht.

(Glocke des Präsidenten)

Die Jugendverbände fordern es. Es wird immer gesagt, die Jugend würde es nicht fordern. Der Landesjugendring fordert es, der Schülerlandtag hat es gefordert. Die jungen Menschen fordern das also ein. Trauen wir den jungen Menschen in Rheinland-Pfalz einiges zu!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP – Abg. Christian Baldauf, CDU: Die sind auch alle 16! Der Landesjugendring besteht nur aus 16-Jährigen!)

Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Spiegel.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mehr als eine halbe Million RheinlandPfälzerinnen und Rheinland Pfälzer sind unter 17 Jahre alt. Das ist jeder sechste Mensch. Zu den 13- bis 17-Jährigen zählen rund 163.000 Mädchen und Jungen. Damit steht auch fest: Jugendpolitik ist keine Nischenpolitik. Es ist keine Beschäftigung mit einer zu vernachlässigenden Minderheit. Es ist eine Querschnittspolitik, die eine Vielzahl von jungen Menschen in unserem Land bei einer Vielzahl von Themen betrifft.

Deswegen ist es für mich auch selbstverständlich, dass wir die Perspektive und Sichtweise der jungen Menschen bei dem, was wir politisch machen, berücksichtigen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor zwölf Jahren war ich Deutschlands erste Jugenddelegierte bei den Vereinten Nationen. Mein Credo war damals wie heute dasselbe, dass ich nämlich Jugendliche in politische Themen einbeziehen möchte und es darum geht, nicht über junge Menschen zu sprechen, sondern mit jungen Menschen zu sprechen; denn sie sollen wissen, dass wir sie und ihre Sicht der Dinge auch ernst nehmen.

Wir ermutigen sie ausdrücklich, dass sie sich selbst ein Urteil bilden und das Selbstvertrauen haben, für ihre Meinung auch einzustehen.

Ich möchte, dass sich diese jungen Menschen einbringen und befähigt werden, dass sie ihren Lebensraum mitgestalten können, kurz, dass sie eben auch Rechte haben, an unserer Gesellschaft teilzuhaben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Durch unsere Jugendpolitik und die jugendpolitische Strategie JES! – Jung! Eigenständig! Stark! – schaffen wir hierfür in Rheinland-Pfalz auch die notwendigen Rahmenbedingungen. Der heutige Entschließungsantrag bestätigt mich in meinem Vorhaben, unsere Jugendpolitik weiterzuentwickeln und zu stärken. In diesem Sinne danke ich auch dem Landtag ausdrücklich für seine Unterstützung.

(Abg. Martin Haller, SPD: Kein Problem!)

Die Landesregierung hat zur jugendpolitischen Strategie drei Leitziele festgelegt. Das ist erstens die faire und gleichberechtigte Teilnahme von allen jungen Menschen an den Ressourcen der Gesellschaft. Das sind zweitens die Sicherung und der Ausbau autonomer Gestaltungsräume für Jugendliche, drittens die Weiterentwicklung von Mitbestimmungsmöglichkeiten für junge Menschen. Das ist das programmatische Fundament dafür, auf Landesebene die Interessen, Anliegen und Bedarfe junger Menschen noch stärker als bisher in den Mittelpunkt zu rücken.

Wir haben das durch unsere Jugendstrategie im Rahmen verschiedener Veranstaltungen einem breiten Publikum aus Politik, Verwaltung sowie der Kinder- und Jugendhilfe vorgestellt. Wir sind dabei auf ein sehr großes Interesse gestoßen.

Wir werden diesen Dialog fortsetzen. In der kommenden Woche laden wir beispielsweise Expertinnen und Experten aus den Kommunen zu einer Tagung ein, um der Frage nachzugehen, wie wir Jugendpolitik noch stärker auch auf der kommunalen Ebene verankern können.

(Zuruf der Abg. Ellen Demuth, CDU)

Wir haben nicht nur die jugendpolitische Strategie JES!, sondern auch das bundesweit einmalige Praxisentwicklungsprojekt zur Profilierung der Jugendarbeit. Wir haben den zweiten Kinder- und Jugendbericht des Landes, in dem wir die Lebensphase Jugend ganz bewusst in den Mittelpunkt gestellt haben. Dadurch haben wir Impulse gesetzt.

Mit den vier Förderprogrammen, die mit den Mittelerhö

hungen des letzten Haushalts realisiert werden, wollen wir zum einen die Jugendarbeit im ländlichen Raum durch den Ausbau von mobilen Angeboten stärken. Wir wollen zweitens vor allen Dingen jungen Menschen in schwierigen Lebenssituationen über aufsuchende Jugendsozialarbeit auch Teilhabechancen eröffnen.

Wir wollen drittens eine eigenständige regionale bzw. kommunale Jugendpolitik und eine soziale Infrastruktur für die jungen Menschen fördern. Viertens wollen wir generell ihre Möglichkeiten der Beteiligung weiter stärken.

Zudem werden wir mit den Mittelerhöhungen die Stellen für Bildungsreferentinnen und Bildungsreferenten bei den Jugendverbänden einerseits und die Fachkräfteförderung in Jugendzentren anerkannter freier Träger andererseits absichern können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir zum Schluss noch eine Anmerkung zum Landesjugendplan, der vom Abgeordneten Herber erwähnt wurde. Der Landesjugendplan wird im Sommer veröffentlicht werden. Sehr geehrter Herr Herber, zunächst einmal musste der Haushalt verabschiedet werden. Sie kennen das Drehbuch, wann wir den Haushalt verabschiedet haben,

(Zuruf des Abg. Dirk Herber, CDU)

damit wir auch die finanziellen Rahmenbedingungen kennen, auf deren Basis wir den Landesjugendplan entwickeln können, der im Übrigen rein deskriptiv ist. Keine Maßnahme für junge Menschen in Rheinland-Pfalz scheitert daran, dass der Landesjugendplan erst im Sommer kommt. Wenn Ihnen zum Thema „Jugend“ und „Kritik an der Landesregierung“ nur einfällt, mich auf meine eigene Website hinzuweisen, dann wird mir nicht bange.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Martin Haller, SPD: Sehr gut!)

Aufgrund der längeren Redezeit der Ministerin steht allen Fraktionen noch eine zusätzliche Redezeit von jeweils 45 Sekunden zu der gegebenenfalls sonst noch verfügbaren Redezeit zu. Ich sehe keine Wortmeldungen mehr. Damit ist die Aussprache zum Antrag beendet. Ausschussüberweisung wurde nicht beantragt.

(Zuruf von der SPD: Doch! – Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ausschussüberweisung!)

In Ordnung. Die Ausschussüberweisung zu diesem Antrag ist beantragt. Wer der Ausschussüberweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Damit ist der Antrag bei einer Gegenstimme an den Ausschuss für Gesellschaft, Integration und Verbraucherschutz überwiesen.

Ich rufe Punkt 17 der Tagesordnung auf:

Geänderte Zusammensetzung der Härtefallkommission Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/2909 –

dazu:

Asylrecht einhalten – Härtefallkommission reformieren Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU – Drucksache 17/2942 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Zur Begründung des Antrags darf ich dem Abgeordneten Frisch von der Fraktion der AfD das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor einigen Wochen hat der rheinland-pfälzische Städtetag mitgeteilt, dass er ebenso wie der Landkreistag seine Mitarbeit in der Härtefallkommission vorübergehend einstellen werde. Die Argumente und Perspektiven der Kommunen, so hieß es, fänden bei den Erörterungen der Kommission eine zu geringe Würdigung. Deren häufig positiven Entscheidungen torpedierten die Bemühungen der Gemeinden, abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimatländer zurückzuführen.

Die AfD-Fraktion hat volles Verständnis für diese Position. Im Jahr 2016 wurden 140 Fälle in der Härtefallkommission verhandelt. Fast 100 davon, also etwa 70 %, wurden positiv entschieden. In der Konsequenz bedeutet dies, dass Asylbewerber, deren Antrag nicht nur abgelehnt, sondern deren Ausreisepflicht auch durch sämtliche gerichtlichen Instanzen hindurch geprüft und bestätigt wurden, letztlich doch in Deutschland verbleiben dürfen.

Dabei handelte es sich zumeist um Bürger der Balkanstaaten, die bereits grundsätzlich als sichere Herkunftsländer eingestuft sind.

Für die betroffenen Kommunen sind mit einer solchen Entscheidung erhebliche, oft über Jahre und Jahrzehnte hinaus entstehende Kosten verbunden. Bei ungünstig verlaufender Integration dürften diese für einen einzigen Fall durchaus sechsstellige Größenordnungen annehmen, und das angesichts einer häufig desaströsen Finanzlage der Städte und Gemeinden, die oft kaum noch in der Lage sind, ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen, von den freiwilligen Leistungen für ihre Bürger ganz abgesehen.

Die im Vergleich zu anderen Bundesländern überaus hohe Quote positiver Entscheidungen – in Baden-Württemberg betrug sie zuletzt nur 10 %, in Nordrhein-Westfalen im 10-Jahres-Durchschnitt 20 % – hat ihre Ursache ganz offensichtlich in der unausgewogenen Zusammensetzung der Kommission.

Zwei Vertretern der kommunalen Spitzenverbände steht eine für Beschlüsse ausreichende Zweidrittelmehrheit aus Repräsentanten des Integrationsministerium und Beauftragten von Organisationen gegenüber, die sich für die

Interessen von Immigranten einsetzen. Anders als etwa in Hessen und Hamburg fehlen demokratisch gewählte Volksvertreter ganz.

Natürlich kann es einzelne Fälle geben, die im Ergebnis als besondere Härte erscheinen und daher einer weiteren Überprüfung jenseits juristischer Bewertung zugänglich sein sollten. Aber diese Fälle müssen absolute Ausnahmen sein. Selbst hier darf es nicht zur Regel werden, dass Gerichtsurteile im Nachhinein in ihr Gegenteil verkehrt werden. Wenn mehr als zwei Drittel aller Kommissionsentscheidungen nach Recht und Gesetz getroffene letztinstanzliche Urteile konterkarieren, dann werden damit falsche Signale ausgesendet,

(Beifall bei der AfD)

falsche Signale an diejenigen, die über die Härtefallkommission ihre Abschiebung zu verhindern hoffen, falsche Signale aber auch an die Bürger unseres Landes. Auch für sie führen Gesetze mitunter zu besonderen Härten, die sie jedoch in Respekt vor dem Recht tragen. Unsere gesetzestreuen Bürger haben daher wenig Verständnis dafür, wenn wir privilegierte Regelungen für eine bestimmte Gruppe installieren, anstatt der für alle gültigen Rechtsordnung konsequent Geltung zu verschaffen.

Mit der von uns vorgeschlagenen Neustrukturierung der Härtefallkommission sollten wir deshalb die Weichen so stellen, dass das Recht durchgesetzt und dabei gleichzeitig die Humanität gewahrt wird.

(Beifall der AfD)