Protocol of the Session on February 16, 2017

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich spreche hier für die regierungstragende Koalition und möchte einfach einmal mit dem Grundsatz beginnen, nämlich dergestalt, dass Rechtsextremismus, Linksextremismus, religiöser Extremismus, also Extremismus jeder Art, gegen den Staat, gegen das Grundgesetz und gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung

gerichtet und daher vehement abzulehnen ist und mit allen zulässigen Möglichkeiten bekämpft werden muss.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der AfD)

Die Bundesregierung und alle Bundesländer hatten in den letzten Jahren viele staatliche Programme mit präventivem Ansatz insbesondere im Bereich Rechts- und Linksextremismus auf den Weg gebracht und ihren Fokus darauf gelegt, zuletzt auch noch einmal angepasst, weil wir Gewalttaten aus dem Bereich des Islamismus erleben mussten. Dementsprechend sind die Entwicklungen so, dass dies auch im Haushalt derzeit und in Zukunft – das ist heute Morgen schon angesprochen worden – Veränderungen haben wird, die dazu beitragen, dass dieser präventive Ansatz weiterhin gestärkt wird.

Aber unabhängig aller staatlichen Instrumente ist es uneingeschränkt notwendig, dass wir bürgerliche Initiativen benötigen, die ebenfalls den Schutz der freiheitlichdemokratischen Grundordnung im Fokus haben. Mit den Initiativen und allen Projekten von Bürgerinnen und Bürgern, von Vereinen, Verbänden und Organisationen, die primär in den Kommunen laufen, geschieht dies auch tatsächlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit erfolgt eine Stärkung der demokratischen Kultur von der Basis her, was für unser Miteinander ganz besonders wichtig ist. Was wäre unsere Gesellschaft ohne all die Menschen, die sich aufstellen, auf die Straße gehen, für die Demokratie demonstrieren und gegen Demokratiefeinde stehen?

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Was erleben wir aber immer wieder? Dass diese Menschen auch deswegen auf die Straße gehen, weil Rechtsextremismus alle Grenzen überzieht und staatsverachtende Thesen von Rechtsextremisten eine Gefahr für Land und Staat sind. Um dieses Engagement von Bürgerinnen und Bürgern zu verhindern oder zu erschweren, haben Sie diesen Antrag gestellt.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der AfD)

Meine Damen und Herren von der AfD, Sie wollen erreichen, dass immer weniger Menschen auf die Straßen gehen und gegen den Rechtsextremismus demonstrieren. Sie wollen Vereinen, Verbänden und Organisationen es immer schwerer machen, das Grundrecht der freien Meinungsäußerung auszuüben, und das Grundrecht der Versammlungsfreiheit ebenfalls einschränken.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Das ist doch lächerlich! – Weitere Zurufe von der AfD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere Gesellschaft lebt gut damit, dass der Staat seinen Bürgerinnen und Bürgern ein großes Vertrauen entgegenbringt. Er lebt gut damit, sie eben nicht unter einen generellen Verdacht zu stellen. Das Vertrauen ist entscheidende Grundlage für

unser gemeinsames Miteinander. Das Gegenteil, nämlich Misstrauen, erstickt zivilgesellschaftliche Bemühungen im Keim oder zerstört diese, und das ist das bedauerliche Ziel, das Sie hier mit diesem Antrag verfolgen.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Aber Sie haben nicht nur in Sachen Vertrauen ein Problem mit Bürgerinnen und Bürgern. Sie haben, und das erleben wir hier immer wieder in der Debatte, anscheinend mit den rechtsstaatlichen Instrumenten ein Problem. Sie fordern Mitspracherechte bei den Medien – Herr Paul hat hier gesagt, er will mitreden –, Sie sperren Medien aus, das haben wir in Koblenz erlebt, oder Sie fordern „Verhaftungswellen“, wo es überhaupt keinen Verdacht gibt. Das ist gegen den Rechtsstaat gerichtet, und deswegen ist das hier eine Fehlsituation.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Junge, wenn Sie den Antrag einmal genauer betrachten, dass ein jeder die Verantwortung für jede Äußerung übernehmen muss, wenn er einen Antrag zu dem Thema Extremismus stellt, dann, Herr Junge, haben Sie die Verantwortung für jede einzelne Äußerung Ihrer Kollegen hier im Hause.

Wir haben häufig genug erlebt, wie Sie herumlavieren, um eben nicht dazu zu stehen, was Ihre Kollegen hier im Einzelnen äußern, hier in diesem Hause und in der Presse. Deswegen ist es eben so, dass man nicht jeden Einzelnen in die Verantwortung nehmen kann.

Lassen Sie mich schließen mit einem Zitat des Generalsekretärs des Zentralrates der Juden.

(Glocke des Präsidenten)

„Die Tatsache, dass so viele Menschen in unserem Lande aufstehen und sich gegen Nazis und Rechtsextremisten engagieren, ist das deutlichste und emotionalste Bekenntnis zum Grundgesetz und zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, (...). Wer das nicht sieht, wem das nicht Bekenntnis genug ist, der hat wirklich nicht verstanden,

(Glocke des Präsidenten)

was Bürgergesellschaft und Demokratie ausmacht.“ –

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Junge von der Fraktion der AfD das Wort.

Sehr geehrter Herr Hüttner, ich muss ganz ehrlich sagen, das ist schon eine Form der Dreistigkeit, wenn gerade Sie sich hinstellen und uns oder mir unterstellen, wir

hätten ein Problem mit der Demokratie, der freiheitlichdemokratischen Rechtsordnung oder mit der freiheitlichdemokratischen Grundordnung. Sie gehörten zu denen, die bei uns auf unserem Parteitag mit der Antifa in einer Reihe gestanden haben.

(Beifall der AfD – Zuruf von der SPD: Was?)

Vor einer Hundertschaft Polizei mussten unsere Gäste, die nichts anders gemacht haben, als zu einem Parteitag zu kommen, vor einem Mob geschützt werden, und Sie waren dabei.

(Zurufe von der SPD)

Sie waren dabei.

Also wissen Sie, ich bin da hingegangen, ich wollte mit den Leuten reden. Ich bin mit Konfetti vollgespritzt worden und angespuckt worden.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das war der Rosenmontagszug!)

Nein, das ist nicht wahr. Das war nicht der Rosenmontagszug.

(Heiterkeit bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mein lieber Herr Schweitzer, Sie fordern Anstand, und Sie verallgemeinern.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ihr Lieber bin ich schon gar nicht!)

Sie sagen im Fernsehen, dass diese Fraktion da drüben in irgendeiner Form rassistisch sei. Das ist nicht in Ordnung.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ich bin nicht Ihr Lieber!)

Nein, das ist ganz sicher auch nur eine Floskel von mir.

Aber ich sage Ihnen eins, Sie selektieren Demokratieverständnis, und Sie selektieren auch das Verständnis von Freiheit und Recht.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Aber ich weiß, was Rosenmontagszug ist!)

Die Medien in Koblenz – und das versuchen Sie immer weiter auszuweiten – waren eben nicht, schon gar nicht von uns ausgeschlossen, sondern es waren über 300 Journalisten vor Ort. Es waren alle geladen.

(Zurufe von SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hören Sie auf. Lassen Sie das doch sein. Warum tun Sie das? Dieses „postfaktische Gerede“ ist doch Unsinn. Lassen Sie es sein!

(Beifall bei der AfD – Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Wer ist hier „postfaktisch“?)

Wir stehen wie keine andere Partei zur freiheitlichdemokratischen Grundordnung. Dazu bekennen wir uns. Wir halten uns an die Regeln. Und Sie tun es nicht.

(Heiterkeit und Zurufe von SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser Antrag, den wir hier eingereicht haben, soll doch nichts anderes bewirken, als dass wir nicht auf dem linken Auge blind sind, sondern dass wir anerkennen – und das haben Sie mit Ihrem Eingangssatz auch gesagt, das fand ich auch in Ordnung, da haben Sie auch Applaus von uns bekommen –, wir müssen den Extremismus von links und rechts bekämpfen.

(Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh Gott!)