Protocol of the Session on January 26, 2017

Wir haben die Kompetenzanalyse in Rheinland-Pfalz zum Schuljahr 2015/2016 an 23 Schulen erprobt. Zum Schuljahr 2016/2017 sind weitere 47 Schulen dazugekommen.

Die Kompetenzanalyse ist Teil unseres Konzeptes zur Berufs- und Studienorientierung. Damit die Schülerinnen und Schüler eine gute und gut begründete Entscheidung über ihren späteren Berufsweg treffen können, müssen sie ihre Stärken kennen. Die Kompetenzanalyse hilft ihnen schon sehr früh in der Schullaufbahn, ihre eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen zu entdecken, und legt die

Grundlage zur individuellen Förderung durch Schule, Lehrkräfte und Eltern. Sie stärkt die Schülerinnen und Schüler, gibt Rückmeldung und Orientierung und informiert. Die Rückmeldung einer Schülerin fasst es so zusammen: Mir hat das so gut getan. Da konnte ich sehen, welche Stärke ich habe und was ich noch verbessern kann. –

Die Kompetenzanalyse ist ein wichtiges Instrument, damit Schülerinnen und Schüler besser informiert und schneller den passenden Ausbildungsweg finden. Eine fundierte und lang vorbereitete Berufs- und Studienentscheidung kann darüber hinaus einen wichtigen Beitrag dazu leisten, spätere Abbrüche von Ausbildung oder Studium zu reduzieren. Deshalb ist die Kompetenzanalyse auch Teil der Fachkräftestrategie des Landes, die vom Ovalen Tisch der Ministerpräsidentin verabschiedet wurde. Sie wird von den Partnern (Handwerkskammern, der Bundesagentur für Ar- beit) und den Schulen als pädagogisch wertvoll angesehen. Der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung begrüßte die Einführung des Kompetenzfeststellungsverfahrens an rheinland-pfälzischen Schulen als richtigen Schritt zur Fachkräftesicherung.

Ziel ist es, an den Schulen mit dem Bildungsgang Berufsreife – das sind die Realschulen plus, die Integrierten Gesamtschulen und die Fachoberschulen – das Kompetenzfeststellungsverfahren sukzessive einzuführen und es perspektivisch auch den Gymnasien zur Verfügung zu stellen.

Zu Frage 2: Die Kompetenzanalyse läuft wie folgt ab: Die Schülerinnen und Schüler absolvieren unterschiedliche Aufgaben und Tests, lösen zum Beispiel logische Probleme oder diskutieren ein Thema. So müssen sie etwa eine Bobbahn mit wenigen Materialien in einer vorgegebenen Zeit gemeinsam aufbauen. Bei dieser Übung werden Teamfähigkeit und Sozialkompetenz sowie das Problemlöseverhalten beobachtet. Lehrkräfte, sozialpädagogische Fachkräfte oder Vertreterinnen und Vertreter der Kammern beobachten sie dabei und beurteilen ihre Kompetenzen. Zusätzlich schätzen sich die Schülerinnen und Schüler auch selbst ein. Ergebnis ist ein individuelles Kompetenzprofil mit den Fremdbeurteilungen und Selbsteinschätzungen sowie qualitativen Erläuterungen.

Zu den erfassten Kompetenzen gehören beispielsweise die Sozialkompetenz, wie die Teamfähigkeit, Methodenkompetenzen, wie Problemlösung, personale Kompetenzen, wie Selbstständigkeit, kognitive Kompetenzen, wie räumliches Vorstellungsvermögen und berufsfeldbezogene Kompetenzen, wie zum Beispiel handwerkliche und technische Fähigkeiten. Darüber hinaus werden in einem Fragebogen Berufs- und Studieninteressen erfasst.

Zum Verfahren gehört ein individuelles Rückmeldegespräch, in dem die Lehrkräfte mit jeder einzelnen Schülerin und jedem einzelnen Schüler und den Eltern Förder- bzw. Berufsorientierungsmaßnahmen vereinbaren. Am Ende erhalten die Schülerinnen und Schüler einen Auswertungsbogen, der ihre Kompetenzen und die Fremd- wie Selbsteinschätzung aufzeigt.

Zu Frage 3: Die Schülerinnen und Schüler sind mit großem Interesse und Spaß bei der Sache. Mehr als 80 % der interviewten Schülerinnen und Schüler gaben an, gern noch

einmal an der Kompetenzanalyse teilnehmen zu wollen, weil das Verfahren Spaß gemacht hat und sie Veränderungen in ihren Kompetenzen entdecken wollen. Die Reaktionen zeigen, dass gerade für Schülerinnen und Schüler, die vielleicht nicht die besten Noten haben, die Ergebnisse ein Motivationsschub sein können.

Eltern erhalten fundierte Informationen über die Kompetenzen und vor allem die Stärken ihrer Kinder und bringen sich engagiert in die Rückmeldegespräche ein. Lehrkräfte lernen ihre Schüler, wie sie selbst sagen, von einer ganz neuen Seite kennen.

Die Schulen haben großes Interesse an der Kompetenzanalyse, weil sie den Nutzen für die individuelle Förderung erkennen. Das Verfahren selbst stößt auf eine gute Akzeptanz bei den Lehrerinnen und Lehrern. Auf der Grundlage ihrer Rückmeldung findet nun die schulartspezifische Ausgestaltung des Verfahrens statt, in die auch Verbesserungsvorschläge einfließen, z. B. zum Personalaufwand einzelner Aufgaben. Zum Abschluss der Implementierung wird eine Gesamtevaluation durchgeführt.

Zu Frage 4: Die Kompetenzanalyse ist mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit abgestimmt. Er hat keine datenschutzrechtlichen Bedenken. Die persönlichen Profile der Schülerinnen und Schüler sind auf einem Server beim Pädagogischen Landesinstitut anonymisiert und geschützt abgespeichert. Die Daten werden nach drei Monaten aus dem System gelöscht. So weit meine Antwort.

Vielen Dank.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Paul.

Frau Ministerin, vielen Dank für diese Ausführungen. Verspricht sich die Landesregierung mittel- oder langfristig von dieser Kompetenzanalyse, das Interesse an der dualen Ausbildung als Alternative zum Studium stärker zu wecken?

Herr Abgeordneter Paul, die Profilanalyse zielt genau darauf ab, im Land mehr Fachkräfte zu gewinnen und die Schülerinnen und Schüler, die die Berufsreife, also den früheren Hauptschulabschluss machen, gezielt in den Blick zu nehmen. Deshalb setzt die Kompetenzanalyse bei diesen Schülerinnen und Schülern schon in der 7. oder 8. Klasse an, um sie frühzeitig darauf vorzubereiten, welche Fähigkeiten und Stärken sie haben, in welche Richtung sie gehen können, wo sie noch gefördert werden müssen und wo sie selbst noch an sich arbeiten müssen, um in eine bestimmte Richtung gehen zu können. Im ersten Schritt geht es zunächst darum, dass die duale Ausbildung gefördert wird.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Schneid.

Frau Ministerin, gibt es zusätzliche Lehrerwochenstunden in der Phase, in der die Kompetenzanalyse durchgeführt wird?

Frau Abgeordnete Schneid, wir haben vorgesehen, dass es für bis zu zwei Klassen eine Lehrerwochenstunde gibt, wenn die Kompetenzanalyse durchgeführt wird. Wenn mehr als drei Klassen die Kompetenzanalyse an einer Schule durchführen, gibt es zwei Lehrerwochenstunden. Ab fünf Klassen gibt es drei Lehrerwochenstunden in der Schule.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Brück.

Frau Ministerin, vielen Dank für die Ausführungen. Ich habe gelesen, dass es auch eine neue Analysemethode gibt, um die beruflichen Neigungen, Fähigkeiten und Talente von Schülerinnen und Schülern mit Fluchterfahrungen zu fördern. Worin liegt der Unterschied zu der Profilanalyse AC? Warum gibt es eine besondere Analysemethode?

Es ist in der Tat so. Wir haben die Profilanalyse schon im letzten Schuljahr eingeführt und sind damit innerhalb der Bundesrepublik nach Baden-Württemberg und Niedersachsen führend. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit der Potenzialanalyse gemacht, die sehr differenziert auf die beruflichen Fähigkeiten, sozialen Kompetenzen und kognitiven Fähigkeiten eingeht und sehr differenzierte Tests hat, die zum Teil anspruchsvoll sind und Sprache voraussetzen.

Es gibt eine Abwandlung dieser Module, die speziell auf Flüchtlinge und Menschen mit geringeren Sprachkenntnissen, die nach Deutschland gekommen sind, abzielt und extra dafür erarbeitet worden ist. Baden-Württemberg hat diese besondere Kompetenzanalyse, die den Titel „2P“ trägt. Wir haben die Namen sowohl bei der Potenzialanalyse als auch bei dieser Analyse „2P“ übernommen und in einem Pilotprojekt ausprobiert. Diese Analyse hat sieben Module, die jeweils eine Dreiviertelstunde dauern. Siewerden am Computer von den Schülerinnen und Schülern selbst durchgeführt. Sie sind nicht sprachintensiv, weil die Kinder in der Regel noch kein oder nur wenig deutsch können.

Diese Analyse zielt zum einen darauf ab festzustellen, wie die kognitiven Fähigkeiten, wie Merkfähigkeit und Denkfähigkeit, und die Vorkenntnisse gerade in Deutsch, Mathematik und Englisch sind, um den Lernstand etwas überprüfen zu können. Darüber hinaus geht es darum festzustellen,

wie die Sozialkompetenz ist. In einem Modul wird auch der biografische Hintergrund mit abgefragt.

Das Modellprojekt, das in Baden-Württemberg gefahren worden ist, hat dort sehr große Erfolge gehabt und ist von den Lehrkräften, aber auch von den Schülerinnen und Schülern sehr gut angenommen worden. Wir haben es uns angeschaut und haben aufgrund dieser positiven Ergebnisse entschieden, dass wir das auch in RheinlandPfalz zunächst einmal in fünf Schulen modellhaft erproben und haben das auch in diesem Schuljahr begonnen. Inzwischen haben wir gute und positive Rückmeldungen.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Lerch.

Frau Ministerin, ich habe eine Frage zu den Kosten des Verfahrens. Mit welchen Kosten rechnet die Landesregierung? Wer trägt die Kosten des Verfahrens, und werden eventuell sogar Schüler zur Kasse gebeten, die sich daran beteiligen?

Ich möchte die erste Frage beantworten, zumal wir Realschülerinnen und Realschüler da haben, die möglicherweise eine Potenzialanalyse machen. Die Schülerinnen und Schüler und deren Eltern werden nicht zur Kasse gebeten. Das Gute an der Potenzialanalyse ist, dass sie durch den Bund bzw. durch ESF-Mittel finanziert wird. Wir haben einmal die Kosten für diese Verfahrensplattform und die Software. Das sind bisher für die Potenzialanalyse 770.000 Euro gewesen. Diese hat das Bundesbildungsministerium finanziert.

Wir haben darüber hinaus die Lehrkräftequalifizierung in Rheinland-Pfalz, weil die Lehrkräfte, die die Potenzialanalyse machen, auch wissen müssen, wie sie das machen. Diese haben eine zweitägige Schulung. Die Schulung wird aus ESF-Mitteln finanziert. Das sind bislang 1,8 Millionen Euro, die wir dafür bekommen haben, sodass der Haushalt von Rheinland-Pfalz überhaupt nicht belastet wird. Die Kofinanzierung von Rheinland-Pfalz erfolgt durch die Lehrerwochenstunden, die ich schon genannt habe. Das heißt, wir haben nur einen ganz geringen Anteil an Kofinanzierung.

Ich möchte noch eine Bemerkung machen. Die Schulen bekommen neben den Lehrerwochenstunden eine Materialbox mit 200 Euro. Wenn es mehrere Klassen sind, kann der Betrag bis zu 500 Euro betragen. Wenn die Schulen für die Durchführung dieser Potenzialanalyse, die beim ersten Mal in einer Schule immer noch einmal durch ein Monitoring und die Firma, die die Schulung durchführt, begleitet wird, also das Coaching, zusätzlich Kräfte brauchen, kann das über PES-Mittel zusätzlich finanziert werden.

Um für uns die Kosten perspektivisch gering zu halten, planen wir, dass das Pädagogische Landesinstitut die Multiplikatoren selbst aus- und weiterbildet. Das läuft schon.

Wir haben für die Lehrkräfte beim Pädagogischen Landesinstitut die Servicestelle Berufsorientierung, die allen Schulen als Ansprechpartner, aber auch als Fort- und Weiterbildungspartner zur Verfügung steht, und gemeinsam mit den Schulen überlegt, wie man Konzepte entwickeln kann, die für die Schulen passen – es gibt zum Teil auch schon Profilanalysen in der Handwerkskammer; auch am Praxistag passiert das vor allen Dingen mit den Partnern der Wirtschaft –, und wie man zu einem guten Miteinander kommt und die Dinge ineinander passen, ohne dass Synergien verloren gehen.

Es liegen noch zwei Zusatzfragen vor. Dann betrachte ich die Anfrage als beantwortet.

Zunächst hat Frau Abgeordnete Schneid das Wort.

Frau Ministerin, führen Schulen mit „Jobfüxen“ oder anderen Berufsberatungsangeboten trotzdem eine Kompetenzanalyse durch, oder ist es dort gar nicht vorgesehen, weil diese ihre Berater vor Ort haben?

Frau Abgeordnete Schneid, genau in diesem Rahmen der Berufs- und Studienorientierung soll die Potenzialanalyse stattfinden. Das eine schließt das andere nicht aus, sondern wir möchten, dass später alle weiterführenden Schulen, die vor allem in die Richtung einer dualen Ausbildung führen, die Potenzialanalyse machen. Das sollen sie dann am Tag der Berufsorientierung ergänzend zu den „Jobfüxen“, zu „BOB“ und zu allen anderen Berufsorientierungsprogrammen machen, die es gibt.

Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Brück.

Frau Ministerin, 70 Schulen haben die Kompetenzanalyse schon durchgeführt. Sie haben ausgeführt, dass es weiter fortgesetzt werden soll. Gibt es zahlenmäßige Vorstellungen, in welchen Schritten diese Einführung flächendeckend erfolgen soll?

Frau Abgeordnete Brück, wir haben in Rheinland-Pfalz 300 Lehrkräfte bereits fort- und weitergebildet. Wir werden voraussichtlich noch einmal 400 Lehrkräfte, die sich schon angemeldet haben, weiterbilden, das heißt, wir gehen sozusagen mit guten Schritten voran. Wir haben mit den Realschulen plus – die Hauptpersonalräte müssen zustimmen –, mit den Förderschulen, mit den berufsbildenden Schulen Vereinbarungen, dass hier die Potenzialanalyse sozusagen perspektivisch überall durchgeführt werden kann. Es ist auch unser Ziel, es auszurollen. Mit dem

Hauptpersonalrat der Integrierten Gesamtschulen haben wir die Vereinbarung, dass die Schulen, die das machen möchten, es eben auch machen können. Ziel ist, dass wir bis 2021 dann in ganz Rheinland-Pfalz ein flächendeckendes Angebot für die Potenzialanalyse haben.

Es gibt keine weiteren Zusatzfragen. Damit ist die Frage beantwortet. Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Blatzheim-Roegler und Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Mehr Tierschutz durch eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung bei Lebensmitteln – Nummer 5 der Drucksache 17/2093 – betreffend, auf.

Wer trägt vor? – Herr Hartenfels, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Auswirkungen auf die aktuelle Situation bezüglich der Haltung von Legehennen und die Vermarktung von Eiern hatte die Einführung der verpflichtenden Kennzeichnung für Schaleneier?

2. Wie sieht die Landesregierung die Auswirkungen des Vorgehens der Bundesregierung und des von Bundesminister Schmidt im Rahmen der Grünen Woche vorgestellten Konzepts zur Einführung eines staatlichen Tierwohllabels auf Rheinland-Pfalz?

3. Welche Auswirkungen sind durch die Einführung einer Tierhaltungskennzeichnung für den Tierschutz zu erwarten?