Protocol of the Session on October 6, 2016

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Dr. Bollinger von der Fraktion der AfD.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und

Herren, liebe Kollegen, liebe Gäste! Die Fraktion der CDU weist in ihrem Antrag auf die Bedeutung des freien Handels und des Abbaus von Handelshemmnissen für die exportorientierte Wirtschaft in Deutschland und Rheinland-Pfalz hin. Dem können wir uns anschließen.

Auf dieser Basis möchte die CDU, dass der Landtag die Landesregierung auffordert, eine einheitliche, eindeutige und abgestimmte Position zu den Freihandelsabkommen TTIP und CETA festzulegen. Interessant wird diese Frage auch dadurch, dass die Bundesparteien der Ampelfraktionen zu den genannten Freihandelsabkommen gegensätzliche Standpunkte vertreten. Die Bundes-FDP ist für, die Grünen sind gegen beide Abkommen, und die SPD vertritt eine widersprüchliche Position, lehnt sie doch TTIP ab, befürwortet aber CETA, obwohl die Unterschiede minimal sind und CETA nicht zu Unrecht als Blaupause für TTIP bezeichnet wird.

Schließlich beantragt die CDU-Fraktion, dass der Landtag die Landesregierung dazu auffordern möge, sich für den erfolgreichen Abschluss von TTIP und CETA einzusetzen. Diese kranken trotz der fraglos vorhandenen Vorteile an den gleichen Mängeln. Die Freihandelsabkommen stellen Weichen in den Bereichen Wirtschaftspolitik und Verbraucherschutz, wurden bzw. werden aber in nicht öffentlichen Verfahren erarbeitet.

Änderungsbeschlüsse eines Parlaments sind außerdem nicht möglich. Die von Wirtschaftsminister Gabriel stattdessen geforderten Klarstellungen außerhalb des Abkommens sind nur ein juristisch zweifelhafter Ersatz für Änderungen. Das ist aus unserer Sicht undemokratisch.

Beim Investorenschutz hat zumindest CETA gegenüber früheren Handelsabkommen einige institutionelle Verbesserungen. Die Schiedsgerichtsverfahren sollen nun zum Beispiel öffentlich sein. Das ändert aber nichts an den grundsätzlichen Problemen des Investorenschutzes durch die Einrichtung von Schiedsgerichten. CETA und TTIP sind zum Beispiel voller unbestimmter und daher gefährlich interpretationsfähiger Rechtsbegriffe. Wann wird ein Investor fair und gerecht behandelt? Wann liegt eine indirekte Enteignung vor?

Als eine mexikanische Gemeinde die Betriebsgenehmigung für eine Sondermülldeponie verweigerte, wurde dies in einem Schiedsverfahren als indirekte Enteignung angesehen. Die Schiedsgerichte haben hier sehr viel, zu viel Entscheidungsspielraum.

(Beifall der AfD)

Wenn überhaupt Schiedsgerichte, dann nur, wenn auf der Beklagtenseite der Rechtsweg vor ordentliche Gerichte verbleibt. Alles andere würde bedeuten, die staatliche Souveränität zugunsten von CETA und TTIP auszuhöhlen. Das lehnen wir ab.

(Beifall der AfD)

Ein weiteres schwieriges Kapitel von CETA und TTIP ist das Prinzip der regulatorischen Kooperation. Die Vertreter der involvierten Staaten und verschiedenen Interessengruppen sollen sich mit dem Ziel der Vereinheitlichungen

über alle Regelungen zu Produktstandards austauschen. Dies betrifft auch Gesetzesvorhaben, die sich auf Standards auswirken. Durch ein Frühwarnsystem erhalten Lobbyisten die Möglichkeit, schon frühzeitig auf Gesetzgebungsverfahren einzuwirken. Es lässt vor diesem Hintergrund aufhorchen, wenn die kanadische Regierung darlegt, dass CETA eine frühe Einflussnahme auf regulatorische Entwicklungen erleichtere.

Unsere demokratischen Entscheidungsverfahren dürfen aber nicht durch die Interessen fremder Staaten oder Konzerne ausgehebelt werden. Im Übrigen gibt es schon einen internationalen Standard, auf den sich viele einigen können. Das ist die ISO. An dieser können sich auch Unternehmen ausrichten, die zwischen USA, Kanada und Europa handeln.

Vorsicht ist auch geboten, wenn die kanadische Regierung hofft, durch CETA unterschiedliche Denkansätze einzudämmen. Hier droht dem Vorsorgeprinzip und den hohen Verbraucher-, Arbeits- und Umweltschutzstandards in Deutschland Gefahr.

(Beifall der AfD)

Neben den Folgen für Verbraucher, Arbeitnehmer und Umwelt würde dies auch zulasten des qualitätsorientierten deutschen Mittelstands gehen, der gleichzeitig Wettbewerbsvorteile verlieren und mit finanzstarker Konkurrenz aus Übersee konfrontiert würde.

(Beifall der AfD – Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Lieber Kollege Baldauf, es gibt durchaus auch Unternehmen, die das so sehen. Es gibt zum Beispiel eine Initiative „KMU gegen TTIP“. Das wird dadurch unterstrichen, dass aktuelle Entwicklungen zeigen, wie robust sich zum Beispiel die USA für ihre einheimischen Wirtschaftsinteressen einsetzen. Ein zivilrechtlicher Vergleich nach dem Dieselskandal kostete VW 15 Milliarden Dollar. Auf die Deutsche Bank kommen Strafzahlungen von bis zu 14 Milliarden Dollar zu. Michael Hüther, Direktor des Deutschen Instituts für Wirtschaft, sieht diese exzessiven Strafmaßnahmen als interessengeleitet und Teil der US-Standortpolitik.

(Beifall der AfD)

Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Deutschen Bundestag, Dr. Peter Ramsauer (CSU), attestiert ihnen gar wirtschaftskriegähnliche Züge.

Meine Damen und Herren, der internationale Handel ist eine Grundlage unseres Wohlstands. Wenn aber Handelsabkommen intransparent und nicht öffentlich sowie ohne Beteiligung des Bundestags verhandelt werden, ohne ausgewogene Interessenwahrung der beteiligten Parteien gestaltet sind und unzulässig in nationales Recht eingreifen, sind sie für uns nicht akzeptabel. Aus diesem Grund lehnen wir TTIP und CETA in ihrer aktuellen Form ab und damit auch den Antrag der CDU. Ja zum Freihandel – Nein zu CETA und TTIP in der aktuellen Form.

(Glocke der Präsidentin)

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Abgeordneten Frau Blatzheim-Roegler das Wort.

Vielen Dank. Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon heute Morgen ausführlich gehört, dass in Rheinland-Pfalz die Wirtschaft stark exportorientiert und auch stark ist und die Landesregierung dies mit vielfältigen Initiativen unterstützt. Nicht nur im Bereich des Handels ist es im hohen Interesse der Landesregierung, Kooperationen auf ganz verschiedenen Gebieten mit ausländischen Partnerinnen und Partnern zu fördern. Ich erwähne dabei durchaus einmal unseren regen Austausch mit den Partnerregionen in Osteuropa, Frankreich oder Ruanda.

Erlauben Sie mir auch, als Vorstandsmitglied der Atlantischen Akademie auf unsere guten Beziehungen und den guten Austausch mit unserem Partnerstaat South Carolina hinzuweisen, was zum Beispiel nicht nur den Handel mit Gütern angeht, sondern auch das Lernen und den Austausch von polizeilichen Maßnahmen. Auch das ist ein Teil der internationalen Bindung des Landes Rheinland-Pfalz.

Apropos Polizei: Dort ist es Usus, dass es mit europäischen Staaten Austausche während der Ausbildung der Studentinnen und Studenten der Hochschule der Polizei gibt. – Ich habe es selbst erlebt. Meine Tochter war während ihrer Ausbildung zur Polizeikommissarin eine Zeit lang in Estland. Genau das ist es, was die gegenseitige Akzeptanz und das gegenseitige Lernen fördert. Das ist etwas, was sich diese Landesregierung zum Ziel gemacht hat.

Kommen wir noch einmal zum Handel zurück. Wandel durch Handel – das ist schon gesagt worden. Das ist genau das Prinzip, nach dem die Handelswelt schon seit Jahrhunderten funktioniert. Es ist gut; denn wenn man miteinander handelt, spricht man in der Regel auch miteinander. Das war früher vielleicht mehr der Fall als heute in der Welt des Onlinehandels. Früher war es noch so, dass man sich auch über die Handelsergebnisse ausgetauscht hat.

Grundsätzlich – das sage ich ganz klar an dieser Stelle – brauchen wir natürlich Handels- und Freihandelsabkommen. Bei diesen Ausweitungen des Handels ist es immer auch ein Interesse gewesen, neue Märkte zu erschließen. Allerdings – ich habe hierzu fast von jeder Fraktion im Haus schon Einigkeit gehört – ist klar, dass sich auch das Land selbst gewisse Kriterien setzt. Dazu gehört, dass zum Beispiel europäische Standards bei solchen Handelsabkommen nicht gesenkt werden dürfen, die öffentliche Daseinsvorsorge nicht gefährdet sein darf und die Umweltund Kulturleistungen geschützt werden.

(Beifall des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist gut, wenn der freie Austausch von Gütern und Dienstleistungen dem Ziel dient, dass man hochwertige, auch ökologisch fair gehandelte Produkte und Dienstleistungen möglichst gut anbieten kann. Natürlich wissen wir auch, dass Zölle den Handel einschränken. Deswegen ist es auch in einem ureigenen Interesse, diese Bürokratie abzubauen.

Wir haben von den Kollegen der SPD und der FDP gehört, dass Arbeitnehmerrechte gesichert sein und Umweltstandards eingehalten werden müssen. Es muss auch eine Unabhängigkeit von Investitionsschiedsgerichten vorhanden sein.

Dann kommen wir zum Thema Transparenz. Bei aktuell diskutierten Handelsabkommen ist es so, dass eine große und breite gesellschaftliche Diskussion darüber entstanden ist, wie und in welcher Weise diese Handelsabkommen verhandelt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, hier ist die Beteiligung der Zivilgesellschaft, der Gewerkschaften, aber auch der Kirchen ein Punkt. Diese haben Sie nämlich in ihrer Aufzählung vergessen. Der andere Punkt ist ein breiter Diskurs innerhalb der Verbände und der Politik. Es ist zu begrüßen, dass es so etwas gibt.

(Glocke der Präsidentin)

Ich finde das sehr viel besser, als wenn im stillen Kämmerlein verhandelt wird. Es muss für uns ganz klar sein: Jedes Handelsabkommen muss auch im Rahmen der nationalen Parlamente ratifiziert werden.

Dann sehe ich kein Problem, dass Freihandel die Welt bereichern kann, und Wandel durch Handel ist ein gutes Ziel dieser Landesregierung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Becht.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Rheinland-Pfalz ist, wie kaum ein anderes Land, vom Export geprägt. Die Zahlen sind gefallen: 56 %. Wir hatten sie jetzt bei verschiedenen Tagesordnungspunkten genannt. Es ist auch unstreitig. Ich brauche sie, denke ich, nicht zu wiederholen.

Diese erfreuliche Bilanz ist das Ergebnis erfolgreicher Auslandsaktivitäten. Unsere Unternehmen begegnen dem globalen Wettbewerb durch Flexibilität, Optimierung der Geschäftsprozesse, Rekrutierung qualifizierter Fachkräfte, Nutzung des Innovations- und Technologievorsprungs und die konsequente Erschließung neuer Absatzmärkte.

Eine zukunftsorientierte Außenhandelspolitik stellt eine wichtige Komponente zur Ausweitung bestehender und Erschließung neuer Märkte dar. Eine florierende Wirtschaft

braucht offene Märkte, jedoch zu guten Regeln für alle Beteiligten. Genau dafür setzt sich die Landesregierung aktiv ein.

Der freie Austausch von Gütern und Dienstleistungen dient dem Ziel, den Konsumentinnen und Konsumenten qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen möglichst günstig anzubieten. Die geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Kanada, CETA, und den USA, TTIP, sollen auf beiden Seiten des Atlantiks zu einem erleichterten und vergünstigten Marktzugang verhelfen zur Erhöhung der Chancen auf höhere Gewinne, mehr Arbeitsplätze in Unternehmen und Wohlstand in der Region.

Grundsätzlich – dabei bleibt es – sind Freihandelsabkommen eine notwendige und wichtige Komponente zur Ausweitung bestehender und zur Erschließung neuer ausländischer Märkte. Das habe ich heute Morgen auf die Frage der Abgeordneten Wieland genau so geantwortet.

Die Wirtschaft ist daran interessiert, CETA und das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP zu einem positiven Abschluss zu bringen. Für viele rheinland-pfälzische Unternehmen steckt ein großes wirtschaftliches Potenzial in beiden Märkten. Diese Chancen können wir nutzen, natürlich möglichst ohne Risiken einzugehen.

Gerade Rheinland-Pfalz weist eine geeignete Wirtschaftsstruktur zur Exportausweitung aus und erhofft sich einen bedeutsamen Wirtschaftsimpuls bei einer Verwirklichung der Handelsabkommen nach diesen Bedingungen.

Deutsche Wirtschaftsverbände erwarten durch den Fall der Zollschranken weniger Bürokratie für den Mittelstand und mehr Geld für Investitionen. Hoffnungen liegen insbesondere auf Perspektiven für die deutsche Exportindustrie.