Protocol of the Session on October 5, 2016

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier helfen keine monatelangen Bürgerdialoge. Hier müssen Sie Ihre Hausaufgaben machen.

Herr Kollege Braun, zur Finanzierung kann ich Ihnen nur empfehlen, sich Genossenschaftsmodelle, PPP-Modelle und viele andere Möglichkeiten außerhalb der staatlichen Finanzierung anzuschauen, was in Bayern schon lange läuft.

(Abg. Martin Haller, SPD: Alles Realität, Herr Kollege!)

Da Herr Kollege Haller hereinruft, alles sei schon Realität, möchte ich darauf hinweisen,

(Glocke des Präsidenten)

dass in Rheinland-Pfalz der Fortschritt dadurch beim Ausbau erfolgt – das ist mein letzter Satz –, dass Unternehmen, Telekommunikationsfirmen, Privatanbieter und engagierte Bürgermeister die digitale Infrastruktur auf Vordermann bringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist scheinheilig, wenn Sie sich das auf Ihre Fahnen schreiben.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU und der AfD)

Für die AfD-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Friedmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste! Schon im Jahr 2010 hat die CDU den laschen Ausbau des Breitbandes kritisiert und einen Antrag auf

Breitband überall eingebracht. Wörtlich heißt es: „Seit Jahren hinkt Rheinland-Pfalz bei der Breitbanderschließung des ländlichen Raums hinter den Flächenländern BadenWürttemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen hinterher.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Wir haben die schnellste Dynamik!)

Im Breitbandatlas des Bundes liegt Rheinland-Pfalz bei den westlichen Flächenländern insgesamt an letzter Stelle.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: So ist es!)

Die Ursache liegt darin, dass neben den Bundesprogrammen zur Breitbanderschließung und den EU-Mitteln keine wirksamen eigenen Landesprogramme zur Breitbandversorgung aufgelegt wurden.“

(Abg. Martin Haller, SPD: Das liegt daran, dass es jahrzehntelang kein Bundesprogramm gab!)

Das war 2010. Laut Breitbandatlas mit den Zahlen aus Mitte 2016 wurde zwar das Bundesland Bayern knapp überholt, aber Rheinland-Pfalz rangiert immer noch auf Platz 10 der 16 Bundesländer, was den Ausbau auf 50 Mbit/s angeht.

Wie aus dem Statusbericht des Breitbandkompetenzzentrums zum Ende der 16. Legislaturperiode hervorgeht, wurde in letzter Zeit zwar einiges für den Breitbandausbau getan, und es ist noch einiges in Planung, aber das war auch bitter nötig, nachdem die letzte Regierung in Rheinland-Pfalz den Aufsprung auf den Zug der Breitbandausweitung offensichtlich total verschlafen hat.

(Beifall der AfD)

Und genau um diese Planungen geht es, wenn RheinlandPfalz den Weg des technischen Fortschritts mitgehen möchte. Ich zitiere aus dem Programm der Landesregierung zum Thema Breitbandausbau:

„In ihrer Strategie für den Auf- und Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen hat die Landesregierung festgeschrieben, dass mittelfristig eine flächendeckende Breitbandversorgung von 50 Mbit/s bis zum Jahr 2018 erzielt werden soll. Bis zum Jahr 2018 sollen dafür 55 Millionen Euro plus den Erlösen aus der Digitalen Dividende II investiert werden. Gerade in Rheinland-Pfalz als einem ländlich geprägten Land mit einer starken Industrie wird die Leistungsfähigkeit des Internets immer bedeutsamer. Bandbreiten von 30, 50 oder 70 Mbit/s werden bald nicht mehr ausreichen. Deshalb wird die Landesregierung zusätzlich eine Machbarkeitsstudie durchführen, um damit eine Grundlage für das Ausbauziel 300 Mbit/s plus zu legen. Das ist so wichtig, weil sich schon heute die Zukunft für manche Regionen und manche Berufe am Zugang zum Internet entscheidet. Nur mit schnellem Internet haben unsere Regionen eine gute Zukunft.“ – So Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Jetzt kommt es aber darauf an, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Das Ausbauziel von 300 Mbit/s ist für die heutige Zeit wohl hinreichend, aber für den Ausblick auf Industrie

4.0 wohl eher nicht ausreichend.

Schon im Januar 2015 hat US-Präsident Obama die Netzgeschwindigkeit von einem Gbit/s gefordert. Er bezeichnete solche Breitbandanschlüsse nicht als Luxus, sondern als notwendig.

Im heutigen Zeitalter der rasch ansteigenden Internetindustrie ist es durchaus vorstellbar, dass ein Gbit/s in 10 bis 15 Jahren für die Wirtschaft unabdingbar ist und auch für den Hausgebrauch mit immer besser werdenden Auflösungen für TV und dergleichen 300 Mbit/s nicht mehr ausreichen werden.

Hier bedarf es für die weiteren Ausbaupläne genauer Überlegungen, wie Ziele in dieser Größenordnung erreicht werden können, damit in fünf Jahren keine neuen Planungen angestrebt werden müssen.

Mittel- bis langfristig muss deshalb eine Lösung mit Glasfaserkabel angestrebt werden. Die Telekom tut sich hierbei noch etwas schwer und bietet vor allem das DSL Vectoring an, welches jedoch derzeit bei 100 Mbit/s begrenzt ist. Hier muss in Zusammenarbeit mit dem Bund eine nachhaltige Lösung gefunden werden, wie der weitere Ausbau von Breitbandanschlüssen durchgeführt werden kann.

Ziel muss eine flächendeckende Glasfaserverbindung sein.

Das Land Rheinland-Pfalz könnte hier mit gutem Beispiel vorangehen und die Rahmenbedingungen für eine leistungsfähige Infrastruktur setzen. Gründer, Fachhochschulen und Universitäten müssen gefördert werden,

(Glocke des Präsidenten)

um Innovationen setzen zu können. Wir brauchen hier ein Gründerklima und keine politischen Kleingeplänkel. Die AfD-Fraktion befürwortet den Digital-Dialog und hofft, dass die Landesregierung Nägel mit Köpfen macht und keine Luftnummern produziert.

Danke schön.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Wink das Wort.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste! Selbstfahrende Autos, sich selbst steuernde Fabriken oder Ärzte, die über Tausende Kilometer hinweg Operationen durchführen. – Was für viele Menschen bisher allenfalls ein Science-Fiction-Szenario war, könnte bald Wirklichkeit werden. Der digitale Fortschritt verändert unser Privatleben, unsere Arbeitswelt und unsere Wirtschaft nachhaltig.

Damit die Menschen die Chancen der Digitalisierung nutzen können, muss die Politik gezielt Zukunftsimpulse setzen. Eine unzureichende digitale Infrastruktur, zu starre

Arbeitsgesetze, mangelnde Datenschutzregelungen und mittelmäßige digitale Bildung würden den Fortschritt blockieren.

Wir als Ampelkoalition wollen sicherstellen, dass die Menschen in Rheinland-Pfalz die Chancen des digitalen Fortschritts ergreifen können. Voraussetzungen hierfür sind der flächendeckende Ausbau der digitalen Infrastruktur mittels Glasfasertechnologie und ein diskriminierungsfreier Internetzugang durch Netzneutralität.

Zudem setzen wir auf eine bessere rechtliche Rahmenbedingung für die digitale Ökonomie, flexible Arbeitszeitmodelle sowie den Schutz der informationellen Selbstbestimmung der Bürger.

Für uns ist die Digitalisierung ein ressortübergreifendes Querschnittsthema, das die Bürger zukünftig in allen Lebensbereichen betreffen wird. Für uns ist klar: keine Digitalisierung ohne digitale Kompetenz. Wir wollen dazu beitragen, dass die Menschen die Chancen, die sich durch die Digitalisierung bieten, nutzen und einen neuen Optimismus gegenüber den Errungenschaften des technischen Fortschritts entwickeln können; denn die Digitalisierung bietet neue Freiheiten. Lassen Sie uns den Bürgerinnen und Bürgern helfen, diese zarten Pflänzchen durch optimale Rahmenbedingungen zu großen Bäumen wachsen zu lassen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein fortschrittsorientierter Umgang mit der Digitalisierung, der den Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereiches ernst nimmt, den Bürgern die Hoheit über die eigenen Daten zurückgibt und den Weg bereitet, die sich daraus ergebenden Möglichkeiten zu ergreifen, ist unerlässlich, um Rheinland-Pfalz zu einem Land der Chancen werden zu lassen.

Wir werden den Bürgerinnen und Bürgern alle Hindernisse aus dem Weg räumen, um diese Chancen selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu ergreifen.

Wir werden den Menschen in Rheinland-Pfalz diese Möglichkeiten nicht von vornherein durch die Angst vor Missbrauch nehmen lassen. Daher begrüßen wir es ausdrücklich, dass die Landesregierung beim Digital-Dialog auch besonderes Augenmerk auf die Bereiche digitale Bildung und digitale Wissenschaft und Wirtschaft legt.

Wenn wir es erreichen, dass alle Kinder in unserem Land, egal, aus welcher Bildungsschicht sie kommen, vollumfänglich den Umgang mit den neuen Technologien leben, dann sind wir dort, wo wir hinwollen.

Bekanntlich hat beste Bildung für uns Priorität. Junge Menschen müssen befähigt werden, ihr Leben selbstbestimmt in die Hand nehmen zu können. Dazu gehört heute und in Zukunft umso mehr der souveräne und verantwortungsvolle Umgang mit digitalen Medien.

Mit dem allumfassenden Trend der Digitalisierung wird sich auch die Berufs- und Lebenswelt aller Menschen stark verändern. Digitale Kompetenzen erhalten den Rang einer

Kulturtechnik so wie das Lesen, Schreiben und Rechnen.

Digitale Technologien werden zu völlig neuen Geschäftsmodellen führen. Dabei werden auch in der Wirtschaft Kooperationen, Netzwerke und digitale Plattformen immer wichtiger.

Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb ist, dass möglichst jeder Betrieb über eine schnelle Internetverbindung verfügt. Handwerk oder Industrie 4.0 ohne Glasfaser ist in der Zukunft kaum konkurrenzfähig.