Wichtig ist, wir haben aus dem Frühjahr gelernt. Schulen und Kitas sollen so lange wie möglich offenbleiben. Unsere Kinder und Jugendlichen dürfen nicht zu den Verlierern der Krise werden! Um Schule in Präsenzform weiter zu ermöglichen, gilt deshalb landesweit ab Montag an al
len weiterführenden Schulen die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Schutzbedeckung auch im Unterricht. Damit in jeder Schule für den Notfall auch genug Masken und Desinfektionsmittel vorhanden sind, stellen wir den Schulen und Schulträgern noch einmal 500.000 Masken und 50.000 Liter Desinfektionsmittel zur Verfügung.
Altenheime und Krankenhäuser unterstützen wir durch Testungen, damit es nicht wieder zu einer Situation kommen muss, dass alte oder kranke Menschen wochenlang allein und ohne Besuch in einem Zimmer leben oder sich Angehörige nicht von Sterbenden verabschieden können. Auch unsere Unternehmen sollen so weit wie möglich den Betrieb aufrechterhalten. Geschäfte bleiben mit erweiterten Hygieneauflagen geöffnet.
Ich weiß, die Einschränkungen, die wir den Bürgern und Bürgerinnen im kommenden Monat abverlangen, sind einschneidend. Sie nehmen uns wieder vieles von dem, was das Leben schön macht: Geselligkeit, Sport mit anderen und Kulturveranstaltungen.
Ich weiß auch, die Maßnahmen betreffen alle, aber sie treffen nicht alle gleichermaßen hart. Für Gastronomen und Gastronominnen, Hoteliers, Künstler und Künstlerinnen und andere betroffene Bereiche kommt ein erheblicher materieller Schaden dazu. Die Corona-Pandemie stellt die Kunst und Kultur vor besondere Herausforderungen, obwohl wir sie doch gerade in einer Krise so sehr brauchen. Denn die Kultur öffnet Denkräume und ist der notwendige Spiegel der Gesellschaft. Deswegen ist mir wichtig, dass auch die Kulturschaffenden, die jetzt eine besondere Last tragen, unterstützt werden.
Viele Veranstalter, Gastronomen oder Hoteliers haben in den letzten Monaten Fantasie, Kraft und auch einiges an Geld in Hygienekonzepte gesteckt. Sie fragen jetzt zu Recht: War das alles umsonst? Wenn doch die Schutzmaßnahmen eingehalten werden und das Infektionsrisiko gering ist, warum sollen dann zum Beispiel das Restaurant oder die Kultur oder das Fitnessstudio geschlossen werden?
Die Antwort liegt nicht im Hygienekonzept, sondern im Charakter des Virus. Die Hygienepläne bleiben richtig und wichtig, aber wir können die zweite Welle der Corona-Pandemie nur brechen, wenn wir dem Virus die Möglichkeit nehmen, auf andere Personen überzuspringen. Deshalb müssen wir jetzt wieder für einen begrenzten Zeitraum auf eine flächendeckende Strategie umschwenken und die Zahl der Menschen, die sich begegnen, drastisch verringern. Es dürfen einfach nicht mehr so viele Menschen an einem Ort zusammenkommen, besonders nicht in geschlossenen Räumen ohne Maske.
All denen, die nun schon zum zweiten Mal in diesem Jahr coronabedingt ihre Türen schließen müssen, versichere ich aber, wir lassen sie nicht allein. Ich konnte dem Beschluss auch deshalb zustimmen, weil er die konkreten Hilfen für
unsere heimische Wirtschaft – für Unternehmen, Betriebe, Selbstständige, Vereine und Einrichtungen – umfasst. Dazu gehören auch die Soloselbstständigen. Diese konkreten Hilfen sind mir und meiner Landesregierung außerordentlich wichtig.
Um finanzielle Ausfälle zu entschädigen, wird der Bund eine Nothilfe gewähren. Die Bundesregierung ist jetzt in der Verantwortung, die zugesagten Hilfen schnell und unbürokratisch zur Verfügung zu stellen. Dafür hat die Bundeskanzlerin den Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen, uns, ihr Wort gegeben. Darauf verlasse ich mich. Demnach bekommen Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten sowie alle Vorgenannten bis 75 % des Umsatzes des Vorjahresmonats erstattet. Hilfen gibt es auch für die mit über 50 Beschäftigten in einem etwas geringeren Maße.
Die Finanzhilfen werden insgesamt ein Volumen von bis zu 10 Milliarden Euro haben. Zudem wird der Schnellkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau erweitert und für sehr kleine Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern geöffnet. Gleichzeitig werden bereits bestehende Hilfen für hauptbetroffene Wirtschaftsbereiche über den Jahreswechsel hinaus verlängert und die Konditionen verbessert. Dabei geht es zum Beispiel um die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft sowie die Soloselbstständigen. Sobald der Bund die technischen und beihilferechtlichen Voraussetzungen geschaffen hat, können wir als Land unsere Gastronomie, die Hotels und Kultureinrichtungen in RheinlandPfalz, aber auch die Soloselbstständigen und viele Veranstalter unterstützen.
Meine sehr verehrten Herren und meine sehr verehrten Damen, lassen Sie mich noch ein Wort zu der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Maßnahmen, zu ihrer demokratischen Legitimation und der Beteiligung der Parlamente in dieser Pandemie-Situation sagen.
Auf der Basis wissenschaftlicher Expertise und in intensiver Beratung sind wir Länderchefs zusammen mit der Bundeskanzlerin zu dem Schluss gekommen, dass die jetzt eingeleiteten Maßnahmen die richtigen sind, um die Infektionszahlen in Deutschland wieder auf ein beherrschbares Maß zu senken. Sie sind geeignet, angemessen und erforderlich. Vor diesem Hintergrund halten wir diese Maßnahmen für den begrenzten Zeitraum von vier Wochen für verhältnismäßig und verfassungsgemäß.
Meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordnete, liebe Gäste, natürlich gilt aber auch, noch nie in der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat der Staat so lange und so tief in die Grundrechte seiner Bürger und Bürgerinnen eingegriffen. Deshalb habe ich großen Respekt vor anderen Auffassungen innerhalb des demokratischen Spektrums. Deshalb ist es gut und richtig, dass die rechtlichen Grundlagen für diese Eingriffe immer wieder durch die Parlamente und die Öffentlichkeit geprüft und debattiert werden. Das ist ein Zeichen der Stärke unserer
Ich begrüße deshalb, dass mehrere Fraktionen im Deutschen Bundestag das Bundesinfektionsschutzgesetz anpassen wollen, um Dauer und Eingriffstiefe der Maßnahmen Rechnung zu tragen.
Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken, dass Sie, verehrte Abgeordnete, in großer Mehrheit die bisherigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie begleitet und unterstützt haben. Ich habe seit März mehrere Regierungserklärungen abgegeben. Die Landesregierung hat regelmäßig mit den Fraktionsvorsitzenden im Ältestenrat des Landtags sowie in den Ausschüssen debattiert und an den Sitzungen der Enquete-Kommission „CoronaPandemie“ teilgenommen, die die längerfristige Perspektive im Umgang mit einer Pandemie verfolgt.
Sie als Herren und Damen Abgeordnete haben sich in vielen Sitzungen mit dem Corona-Nachtragshaushalt befasst. Der Haushalt ist eine der zentralen Handlungsgrundlagen der Regierung. Er wird hier im Parlament beschlossen. In Rheinland-Pfalz ist der Landtag zu den CoronaMaßnahmen also regelmäßig und umfassend beteiligt worden. Wer deshalb in diesem Parlament behauptet, er sei nicht einbezogen worden oder das Handeln der Regierung sei selbstherrlich, verbreitet wider besseren Wissens Fehlinformationen.
Als Regierung kommen wir unserer Verantwortung umfänglich nach. Rheinland-Pfalz erfüllt die Aufgaben, die uns das Bundesinfektionsschutzgesetz überträgt. Damit handeln wir klar auf der Basis der rechtsstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik.
Zum Schluss ist mir wichtig zu betonen, die Stärke unseres Landes in dieser Pandemie liegt auch in der Stärke unserer Städte und Kommunen. Ich bin mit unseren Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen und den Landräten und Landrätinnen, mit den Gesundheitsämtern und Krankenhäusern im engen Kontakt. Sie alle leisten Hervorragendes, oft bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Die Taskforces vor Ort, die vom Präsidenten des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung gesteuert werden, haben beste Arbeit gemacht. Für all das sage ich auch an dieser Stelle herzlichen Dank.
Meine sehr verehrten Herren und Damen, vor uns liegen leider harte Wochen. Es gibt aber auch Grund für Zuversicht. Zusätzlich zu den bekannten PCR-Tests liegen jetzt sogenannte Antigen-Schnelltests vor. Sie ermöglichen gerade in Einrichtungen der Pflege schnelle Basistests von Bewohnern und Bewohnerinnen, Beschäftigten und Besuchspersonen. Die Welt schaut auch mit großer Hoffnung auf die Mainzer Firma BioNTech, die bei der Entwicklung eines Impfstoffs schon sehr weit gekommen ist.
Vor allem aber setze ich auf Sie, auf die Menschen in Rheinland-Pfalz. Ich weiß, dass die Rheinland-Pfälzer und Rheinland-Pfälzerinnen zusammenhalten, wenn es darauf ankommt, dass sie nicht nur sich selbst sehen, sondern wissen, dass jeder und jede, der oder die sich nicht an die Schutzmaßnahmen hält, auch andere gefährdet.
Ich bedanke mich für das Engagement so vieler: bei den Ärzten und Ärztinnen, dem Pflegepersonal, den Busfahrern und Busfahrerinnen, den Verkäufern und Verkäuferinnen und den vielen, vielen Ehrenamtlichen. Wenn ich auf die Menschen in unserem Land schaue, bin ich zuversichtlich. Gemeinsam sind wir stärker als das Virus.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zusammenhalt: Dieses Wort hat für uns eine neue, eine andere Bedeutung erlangt. Wir halten zusammen, indem wir einander fernbleiben. Zusammenhalt bedeutet, auf Begegnungen, die nicht zwingend erforderlich sind, zu verzichten. Die Kurve muss erst wieder abflachen. Dieses Ziel ist es, das Bundeskanzlerin Angela Merkel Deutschland vorgegeben hat. Eine Notbremsung, die Infektionsraten dürfen nicht außer Kontrolle geraten.
Was die Bundesregierung gemeinsam mit den Länderchefs beschlossen hat, trifft jeden von uns. Ein schwieriger November steht an. Wieder fahren das öffentliche Leben und das private Leben runter und damit vieles, was für eine Gesellschaft gutes Leben ausmacht. Corona verbreitet sich dort, wo Menschen gern zusammen sind.
An die Stelle von Gemeinsamkeit treten deshalb soziale Distanz, Arbeits- und Kontaktverbote, Schutzvorkehrungen und viele Sorgen. Ich weiß, dass vorgestern Tränen geflossen sind, bei alten Menschen, die Angst vor einer weiteren Zeit der Einsamkeit und der Isolation haben, bei der Reinigungskraft im Hotel, das schließt, und bei Künstlern, die gestern Veranstaltungen absagen mussten.
Da sind im Moment in Deutschland viele Menschen, die sich ungerecht behandelt fühlen und nicht verstehen, warum Schulen und Kindergärten aufbleiben dürfen und Theater, Opern, Kinos oder Fitnessstudios dicht machen müssen. Vor allem bei Betreibern und Mitarbeitern von Restaurants, Cafés und Kneipen macht sich existenzielle Angst breit. Viele fragen sich: Wie soll ich das nur schaffen? Wir haben uns so viel Mühe gegeben, Hygieneregeln eingehalten und umgebaut, ein neues Lüftungssystem, Infrarotstrahler und Trennwände. Jetzt soll das alles umsonst gewesen sein?
Jeden Abgeordneten erreichen verzweifelte E-Mails. Wir verstehen die Enttäuschung, gerade weil es um die wirtschaftliche Existenz und den Fortbestand des eigenen, manchmal über Generationen geführten Betriebs geht. Da hat man alle Kraft eingebracht, und dann wird zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres der Stecker gezogen. Ja, manche Maßnahmen treffen die einen härter als die anderen. Manche Maßnahmen mögen auch widersprüchlich sein. Das ist schwer zu ertragen.
Deshalb sind Überbrückungshilfen so wichtig. Deshalb ist es überlebensnotwendig, Beschränkungen und Umsatzeinbußen mit schnellen finanziellen Hilfen abzufedern, um Arbeitsplätze zu retten. Aber genauso klar ist, wir werden in den nächsten Wochen mit diesen Einschränkungen fertig werden müssen; denn wir stecken tief in der zweiten Pandemie-Welle. Die Zeit zu handeln ist jetzt und keine Woche später.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war die Situation für Bürgerinnen und Bürger, politische Entscheidungsträger so herausfordernd wie heute. Orange, rot, dunkelrot, überall verfärbt sich die Landkarte. Die Infektionszahlen gehen steil nach oben. Deshalb sind die Maßnahmen der Bundesregierung und der Länder notwendig, um Leben zu retten.
Natürlich diskutieren wir Entscheidungen. Das ist wichtig und geboten. Wir versuchen, Beschlüsse zu verbessern und machen Vorschläge für die nächsten Tage und Wochen, in die wir die aktuellen Entwicklungen mit einbeziehen. Doch wir dürfen die beschlossenen Einschränkungen aus heutiger Sicht nicht infrage stellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben im Moment doch gar nicht die Zeit, bis ins letzte Detail ausbalancierte Strategien zu erarbeiten. Wir haben dann offengestanden auch nicht das Wissen. Vielmehr stehen wir vor einem nationalen Kraftakt, für den es keine Blaupause gibt, nicht in der Politik, nicht in der Wissenschaft, nicht in der Wirtschaft. Deshalb brauchen wir immer wieder Analysen, Erkenntnisse, Studien und Vergleiche mit anderen Ländern. Auch das ist wichtiger Teil einer Bekämpfungsstrategie.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen in der Pflicht, den Kampf gegen Corona mit aller Kraft zu führen, den Kampf um die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger, um Sicherheit und Arbeitsplätze, um die Bildung unserer Kinder und jungen Menschen, um ihre Chancen und ihre Zukunft.
Die Dynamik des Infektionsgeschehens lässt uns keine andere Wahl. Die Zahl der Patienten, die intensivmedizinisch behandelt werden, hat sich binnen zehn Tagen verdop
pelt. Mediziner haben gestern deshalb eindringlich vor einer Überlastung der Kliniken gewarnt und zugleich die Beschlüsse von Mittwochabend begrüßt. Ginge die Dynamik so weiter, wäre die Intensivmedizin in wenigen Wochen überfordert. Das gilt es unter allen Umständen zu verhindern, Bilder von Sterbenden, die in Fluren liegen und nicht versorgt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dafür gibt es die harten Einschnitte. Während wir hier in der Halle diskutieren, sterben Menschen an Corona, Tausende weltweit. Wer immer noch meint, die Gefährlichkeit der CoronaPandemie zu leugnen, sollte sich schämen.
Ich war – und bin es immer noch – über den Auftritt von Alexander Gauland gestern im Bundestag erstaunt.