Protocol of the Session on October 30, 2020

...... 7580

.......... 7582 Abg. Alexander Schweitzer, SPD:....... 7588 Abg. Michael Frisch, AfD:............ 7592 Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP:...... 7599, 7603 Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:..................... 7604 Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD:........... 7609 Abg. Gabriele Bublies-Leifert, fraktionslos:. 7609

Tagesordnungspunkt nach Aussprache erledigt......................... 7609

Mehrheitliche Ablehnung des Entschließungsantrags – Drucksache 17/13482 – in namentlicher Abstimmung................ 7610

Anlage...................... 7610

Präsidium:

Präsident Hendrik Hering.

Anwesenheit Regierungstisch:

Ministerprädidenten Malu Dreyer; Doris Ahnen, Ministerin der Finanzen, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, Ulrike Höfken, Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten, Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung, Roger Lewentz, Minister des Innern und für Sport, Herbert Mertin, Minister der Justiz, Anne Spiegel, Ministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz, Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur; Clemens Hoch, Staatssekretär.

Entschuldigt:

Vizepräsident Hans-Josef Bracht; Abg. Helga Lerch, fraktionslos, Abg. Ingeborg Sahler-Fesel, SPD, Abg. Michael Wagner, CDU.

112. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 30. Oktober 2020

Beginn der Sitzung: 14.00 Uhr

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Sie recht herzlich zur 112. Plenarsitzung des rheinland-pfälzischen Landtags begrüßen. Schriftführende Abgeordnete sind heute der Kollege Rommelfanger und die Kollegin Weller. Herr Kollege Rommelfanger wird die Redeliste führen. Entschuldigt fehlen heute Vizepräsident Bracht, die Abgeordnete Lerch, die Abgeordnete Sahler-Fesel und der Kollege Wagner.

Am heutigen Tag, am 30. Oktober, haben drei Kolleginnen und Kollegen Geburtstag. Sie dürfen also im Gegensatz zu vielen anderen mit uns gemeinsam den Geburtstag verbringen. 30 Jahre wird auf den heutigen Tag Frau Karina Wächter. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall im Hause)

Heute 37 Jahre wird Katharina Binz. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall im Hause)

Ein Jahr älter wird Sven Teuber. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

(Beifall im Hause)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, gegen die Tagesordnung dieser Sondersitzung gibt es keine Widersprüche. Damit gilt die Tagesordnung als festgestellt.

Einziger Punkt der Tagesordnung sind die Regierungserklärung der Ministerpräsidentin zu aktuellen CoronaBeschränkungen und die Aussprache hierzu. Wir sind heute mit das erste Landesparlament in Deutschland, das diese Debatte führt.

Das Jahr 2020 ist das Jahr der Zumutungen und Belastungen in allen Bereichen des sozialen, gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens. Insbesondere im Bereich Gesundheit und Pflege sind alle, die in diesem Bereich arbeiten, massiven Belastungen ausgesetzt.

Die Corona-Pandemie hat sich in den letzten Wochen auf dramatische Weise verschärft. Wir befinden uns in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, verbunden mit einer nie da gewesenen Einschränkung von Freiheitsrechten. Die Parlamente haben in dieser Situation eine besondere Verantwortung; denn Aufgabe von Politik ist es, Entscheidungen nach sorgfältiger Beratung zu treffen. Dies ist die gemeinsame Verantwortung von Regierung und Parlament.

Das über allem stehende Ziel ist einerseits, Leben zu retten und unser Gesundheitssystem vor dem Kollaps zu be

wahren, und andererseits, unsere Freiheit und unseren Wohlstand zu sichern. Dieser Drahtseilakt, diese Herkulesaufgabe, vor der wir seit Beginn dieser Pandemie stehen, kann nur gelingen, wenn Regierung und Parlament ihre jeweiligen Funktionen erfüllen.

Die Aufgabe der Regierung ist im Moment, Entscheidungen zu treffen und die genannten Ziele so gut und so schnell wie möglich zu erreichen. Die Aufgabe des Parlaments ist es, die Auseinandersetzung und Diskussion über die getroffenen Maßnahmen kontrovers zu führen; denn hier im Parlament ist der einzige Ort, an dem für alle nachvollziehbar alle wesentlichen Entscheidungen von allen Blickwinkeln aus beleuchtet, debattiert und erstritten werden.

(Beifall des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Dieser Prozess ist wichtig, vor allem um die Akzeptanz in der Bevölkerung, die wir hier vertreten, zu erreichen. Erfolgreich bei der Bekämpfung der Pandemie werden wir dann sein, wenn wir alle als Bürgerinnen und Bürger die Maßnahmen nicht nur ertragen, sondern sie mittragen und unseren Beitrag im jeweiligen Verantwortungsbereich leisten.

(Beifall der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Verpflichtung gilt in dieser Krisensituation in herausragender Weise für uns als Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Wir tragen die Entscheidungen mit, indem wir uns mit der Begründung der Regierung für die getroffenen Maßnahmen hier an diesem Ort durch diskutieren, debattieren und streiten auseinandersetzen und die Interessen all derjenigen aussprechen, die das Gefühl haben, nicht gehört zu werden.

Auch in Krisensituationen ist nichts alternativlos. Gefundene Wege sind immer auch Kompromisse. Nach einer kritischen Debatte und der Entscheidung des Parlaments, von seinen Änderungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen oder eben nicht, sind die Maßnahmen parlamentarisch und damit demokratisch vollumfänglich legitimiert. Akzeptanz ist ein entscheidender Baustein beim Erfolg unseres Kampfes gegen die Pandemie. Durch die parlamentarische Begleitung, die der rheinland-pfälzische Landtag in einer intensiven Weise wie kaum ein anderes Landesparlament wahrnimmt, leisten wir einen wichtigen Beitrag für diese Akzeptanz.

Die Bewältigung dieser Krise wird zeigen, wie stark und leistungsfähig funktionierende Demokratien und insbesondere föderale Systeme sind. Landesparlamente und Landtagsabgeordnete sind hier ein wichtiger Baustein. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sind es, die seit Monaten den Menschen aus allen gesellschaftlichen Teilen und allen Branchen zuhören und mit ihnen sprechen. Damit verbreiten Sie Zuversicht und sorgen für Transparenz und sind im wahrsten Sinne des Wortes Volksvertreterinnen und Volksvertreter.

Wir alle haben es in der Hand, wie es weitergeht. Es liegt

an uns, in den Parlamenten das Vertrauen der Menschen mit Entscheidungen zu gewinnen. Ja, es ist frustrierend, schon wieder das gesellschaftliche Leben nach all den Entbehrungen in den letzten Monaten zurückzufahren. Ich persönlich bin aber davon überzeugt, wir werden gemeinsam erfolgreich sein, weil wir eine solidarische Gesellschaft sind und wissen, dass wir zusammenstehen, wenn es darauf ankommt, auch mit Abstand.

Wir haben viel über das Virus gelernt. Wir sind besser als im Frühjahr vorbereitet. Frühling und Sommer werden wieder kommen. Deshalb bin ich zuversichtlich und davon überzeugt, eine Gesellschaft, die zusammensteht, kann Außerordentliches leisten. Das werden wir tun.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der CDU, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Uwe Junge und Dr. Jan Bollinger, AfD)

Ich darf nunmehr der Ministerpräsidentin für die Regierungserklärung das Wort erteilen.

Einziger Punkt der Tagesordnung:

Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer Corona-Pandemie – Drucksache 17/13473 –

dazu: Parlamentarische Beteiligung an Corona-Maßnahmen sicherstellen, Notverordnungsregime beenden auf Antrag der Fraktion der AfD – Entschließung – – Drucksache 17/13482 –

Herr Präsident, meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordnete, sehr verehrte Gäste! Es ist gut, dass der Landtag von Rheinland-Pfalz zu einer Sondersitzung zusammenkommt. Zusammen mit den Fraktionen der Regierungskoalition habe ich um diese Sondersitzung gebeten; denn vor uns liegt eine riesige Kraftanstrengung. Mit vereinten Kräften müssen wir es schaffen, die zweite Welle der CoronaPandemie zu brechen.

Die Debatte heute ist wichtig, weil wir eine breite Beteiligung des Parlaments wollen und nur dann Erfolg haben, wenn die Bürger und Bürgerinnen die Schutzmaßnahmen mittragen. Die zweite Corona-Welle trifft Deutschland mit voller Wucht. Heute meldet das Robert Koch-Institut einen neuen Höchststand von über 18.600 Neuinfektionen in Deutschland. In Rheinland-Pfalz sind es über 600 jeden Tag. Die Zahlen steigen weiter in rasanter Geschwindigkeit. Noch vor zwei Wochen hatten wir nur einzelne CoronaHotspots. Mittlerweile ist fast die gesamte Landkarte rot. Stand heute werden bei uns schon mehr Menschen mit COVID-19 in den Krankenhäusern behandelt als im März.

Auch bei uns haben sich die Menschen, die mit Corona auf den Intensivstationen liegen, seit dem Sommer verzehnfacht. Noch dramatischer hat es unsere europäischen Nachbarn getroffen. Hier ist das Virus schon so weit verbreitet, dass dort nicht mehr jeder die medizinische Behandlung, die er braucht, bekommen kann.

Die kritische Marke, bei der die Gesundheitsämter die Ansteckungen noch nachverfolgen können, liegt bei 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner und Einwohnerinnen in sieben Tagen. Diese Marke haben wir auch in RheinlandPfalz an fast allen Orten überschritten. Eine wirksame Unterbrechung von Infektionsketten ist nicht mehr möglich.

Wenn wir die Welle jetzt nicht brechen, dann infizieren sich absehbar immer mehr Menschen. Immer mehr Menschen müssen in Quarantäne gehen, erkranken schwer oder sterben sogar durch COVID-19. Wenn die Infektionszahlen nicht gesenkt werden, halten wir durch die Erkrankung der Beschäftigten zum Beispiel bei der Polizei und im Rettungsund Gesundheitswesen unsere Infrastruktur auch personell nicht mehr aufrecht. Wir können dann nicht mehr garantieren, dass alle Kranken in den Krankenhäusern versorgt werden. Auch die Wirtschaft nimmt dann erheblichen Schaden.

Meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordnete, in eine solche Lage will ich unser Land nicht bringen. Das kann und will ich nicht verantworten. Meine Kollegen und Kolleginnen in den anderen Bundesländern, ganz gleich welcher Partei sie angehören, haben dieselbe Entscheidung getroffen. Deshalb haben die 16 Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen der Länder gemeinsam mit der Bundeskanzlerin am Mittwoch einstimmig den Beschluss gefasst, das persönliche Leben zum zweiten Mal drastisch einzuschränken.

Bund und Länder handeln gemeinsam, und sie handeln entschlossen. Wir müssen im November all unsere Kontakte auf ein Minimum beschränken; denn nur durch einen Verzicht auf direkte Begegnungen verhindern wir, dass sich das Virus weiter unkontrolliert verbreitet.

Konkret haben wir beschlossen, dass ab Montag im gesamten Bundesgebiet viele Einrichtungen geschlossen werden. Dazu zählen Theater, Kinos oder Freizeitparks ebenso wie Schwimmbäder oder Fitnessstudios. Cafés und Restaurants müssen wieder auf einen Abhol- und Lieferbetrieb umstellen. Der Profisport darf nur noch ohne Zuschauer stattfinden. Für den Alltag gelten strenge Kontaktbeschränkungen. Menschen dürfen sich nur noch mit einem weiteren Hausstand treffen. Insgesamt dürfen nicht mehr als zehn Personen zusammenkommen. Zu den einzelnen Maßnahmen wird noch heute die Rechtsverordnung veröffentlicht, die am Montag in Kraft tritt.

Wichtig ist, wir haben aus dem Frühjahr gelernt. Schulen und Kitas sollen so lange wie möglich offenbleiben. Unsere Kinder und Jugendlichen dürfen nicht zu den Verlierern der Krise werden! Um Schule in Präsenzform weiter zu ermöglichen, gilt deshalb landesweit ab Montag an al